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Abstract
Die deutschen Genossenschaften haben zahlreiche Väter. Einige sind bekannter, andere weniger. Mit dem Namen Raiffeisen können sicherlich viele etwas anfangen. Ebenso bekannt sind Raiffeisenund Volksbanken. Dies hat der Rezensent über viele Jahre durch stichprobenartige Umfragen in Lehrveranstaltungen auch bei Jüngeren immer wieder festgestellt. So verdienstvoll und erfolgreich die bürgerlichen Genossenschaften auch waren, ein einseitiger Blick auf Raiffeisen und Schulze-Delitzsch wird der ganzen Bandbreite der deutschen Genossenschaftspioniere nicht gerecht. Das deutsche Genossenschaftswesen hat eben auch Wurzeln in der Arbeiterbewegung und der Sozialdemokratie. Neben liberalen und christlich-konservativen Wurzeln gibt es auch sozialistische. Diese waren übrigens in anderen Ländern noch viel ausgeprägter und bekannter, beispielsweise in England (Robert Owen) oder besonders in Frankreich (Fourier und weitere Frühsozialisten), wo die Traditionen bis heute nachwirken. Die deutsche arbeiterbewegte Tradition ist hingegen einem breiteren Publikum weitgehend unbekannt. Das Hamburger Genossenschaftsmuseum hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen Traditionsstrang zu pflegen. Zum einen durch eine permanente Ausstellung, zum anderen durch umfangreiche publizistische und wissenschaftliche Arbeit. Beides ist in besonderem Maße mit Burchard Bösche, dem Leiter des Museums verbunden. Bösche kann auf eine lange Zeit des Wirkens in genossenschaftlichen Institutionen zurückblicken und ist wie kaum ein anderer geeignet, die historische, ökonomische und auch politische Dimension jener „sozialdemokratischen“ Genossenschaften aufzuarbeiten und einer breiteren Öffentlichkeit nahezubringen. Wirft man einen Blick auf die Sektoren mit enger Verbindung zur Arbeiterbewegung, so sind es nicht die Banken – und schon gar nicht die ländlichen Genossenschaften – sondern die Wohnungsgenossenschaften, die Konsumgenossenschaften und die Produktivgenossenschaften, die hier die Hauptrolle spielen.