{"title":"Angefeindet und bekämpft: die schwedische Homöopathin Klara Fransén und die Pandemie 1918","authors":"S. Jahn","doi":"10.1055/a-1972-9436","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Zusammenfassung Die gesellschaftspolitischen Auswirkungen der Spanischen Grippe ab dem Jahr 1918 lassen sich mit denen der aktuellen Coronapandemie vergleichen. Am Ende eines Weltkriegs versuchten die Menschen, sich zusätzlich noch in einer pandemischen Krise zurechtzufinden. Soziale, psychische, ökonomische und gesundheitliche Fragen prägten private und öffentliche Debatten. Medizinische Errungenschaften standen nur einem Teil der Menschen zur Verfügung. Bereits damals waren komplementäre Verfahren gefragt und wurden teils aus Mangel an Alternativen genutzt. Die Homöopathie war zur Zeit der Spanischen Grippe in vielen Ländern verbreitet. Konventionelle Mediziner nutzten ergänzend naturheilkundliche Verfahren. Die Integration körperlicher und psychischer Symptome, eine ganzheitlichere Behandlung und Patientenzentrierung sowie häufig bessere Verträglichkeit sorgten für Beliebtheit der komplementären Methoden in der Bevölkerung. Der im Jahr 1910 in den USA veröffentlichte Flexner Report führte dazu, dass die ärztliche Ausbildung reformiert und Qualitätskriterien unterzogen wurde. Die US-amerikanischen Universitäten etablierten die 3 Bereiche Praxis, Lehre und Forschung. Ausbildungsstätten mit Unterricht in nichtkonventionellen Medizinrichtungen wurden als unwissenschaftlich eingestuft und mussten schließen. Pejorative Bezeichnungen wie „Scharlatan“ und „Quacksalber“ für Ärzte und Praktiker komplementärer Verfahren gab es damals wie heute. In Schweden war das Verhältnis zwischen konventionellen Ärzt*innen und Homöopath*innen besonders zerrüttet. Am Beispiel der nichtärztlichen Homöopathin Klara Fransén lässt sich exemplarisch darstellen, welchen Anfeindungen Vertreter*innen komplementärer Verfahren ausgesetzt waren. Dabei wird außer Acht gelassen, dass sich Homöopath*innen am medizinischen und wissenschaftlichen Diskurs beteiligen, Forschung betreiben und sich mit ihrem Wissen einbringen – vor 100 Jahren wie auch heute.","PeriodicalId":185947,"journal":{"name":"Allgemeine Homöopathische Zeitung","volume":"515 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2023-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Allgemeine Homöopathische Zeitung","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1055/a-1972-9436","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Zusammenfassung Die gesellschaftspolitischen Auswirkungen der Spanischen Grippe ab dem Jahr 1918 lassen sich mit denen der aktuellen Coronapandemie vergleichen. Am Ende eines Weltkriegs versuchten die Menschen, sich zusätzlich noch in einer pandemischen Krise zurechtzufinden. Soziale, psychische, ökonomische und gesundheitliche Fragen prägten private und öffentliche Debatten. Medizinische Errungenschaften standen nur einem Teil der Menschen zur Verfügung. Bereits damals waren komplementäre Verfahren gefragt und wurden teils aus Mangel an Alternativen genutzt. Die Homöopathie war zur Zeit der Spanischen Grippe in vielen Ländern verbreitet. Konventionelle Mediziner nutzten ergänzend naturheilkundliche Verfahren. Die Integration körperlicher und psychischer Symptome, eine ganzheitlichere Behandlung und Patientenzentrierung sowie häufig bessere Verträglichkeit sorgten für Beliebtheit der komplementären Methoden in der Bevölkerung. Der im Jahr 1910 in den USA veröffentlichte Flexner Report führte dazu, dass die ärztliche Ausbildung reformiert und Qualitätskriterien unterzogen wurde. Die US-amerikanischen Universitäten etablierten die 3 Bereiche Praxis, Lehre und Forschung. Ausbildungsstätten mit Unterricht in nichtkonventionellen Medizinrichtungen wurden als unwissenschaftlich eingestuft und mussten schließen. Pejorative Bezeichnungen wie „Scharlatan“ und „Quacksalber“ für Ärzte und Praktiker komplementärer Verfahren gab es damals wie heute. In Schweden war das Verhältnis zwischen konventionellen Ärzt*innen und Homöopath*innen besonders zerrüttet. Am Beispiel der nichtärztlichen Homöopathin Klara Fransén lässt sich exemplarisch darstellen, welchen Anfeindungen Vertreter*innen komplementärer Verfahren ausgesetzt waren. Dabei wird außer Acht gelassen, dass sich Homöopath*innen am medizinischen und wissenschaftlichen Diskurs beteiligen, Forschung betreiben und sich mit ihrem Wissen einbringen – vor 100 Jahren wie auch heute.