{"title":"3. Die Psychologie vom empirischen Standpunkte: Ein „gescheiterter“ Klassiker?","authors":"","doi":"10.1515/9783110595925-004","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"ZuOstern erscheintderersteBandmeinerPsychologie,obwohlichviellieberdiePublikation auf Jahre hinausschieben würde. Ich habe dem Drängen von Stumpf nachgegeben, da ich Ihren Bemerkungen nichts entgegenzusetzen hatte, dass auch nach Jahren Vieles unreif erscheinen würde so wie es jetzt erscheint.¹ Rahmen hinauswuchsen. Obwohl sie genaue Beobachtung und Beschreibung des psychischen Verhaltens voraussetzen, hatten sie doch Selbständigkeit erlangt und sich so her-ausgebildet, dass sie mehr dem Gebiet der Erkenntnistheorie als der Psychologie zuzu-rechnen gewesen wären. Es kam hinzu, dass Brentanos Theorien sich jahrzehntelang in ständiger Entwicklung befanden, und als sie um die Jahrhundertwende zum Abschluss gelangt waren, die zunehmende Behinderung durch ein Augenleiden ihnvon der Abfassung eines so umfangreichen Werkes, das auch entsprechende Korrekturen der ersten beiden Bücher verlangt hätte, abhielt.¹² ⁹ Was ich sage, ist nicht so zu verstehen, als ob ich glaubte, man solle es sich als Aufgabe stellen, die höchsten Gesetze psychischer Sukzession aus Gesetzen physiologischer und in weiterer Folge vielleicht gar chemischer und in engerem Sinne physischer Phänomene ab-zuleiten. Das wäre eine Torheit. Es gibt unüberschreitbare Grenzen der Naturerklärung, und auf eine solche Grenze stösst man, wie J. St. Mill ganz richtig lehrt, wo es sich um den Übergang vom physischen Gebiet in das der psychischen Phänomene handelt.¹ ⁴⁵ zusammenbestehend innerlich wahrgenommen werden, sämtlich zu einer einheitlichen Realitätgehören; dass sie als Teilphänomene ein psychisches Phänomen ausmachen, wovon die Bestandteile nicht verschiedene Dinge oder Teile verschiedener Dinge sind, sondern zu einer realen Einheit gehören. Dies ist, was zur Einheit des Bewusstseins not-wendig ist; ein Weiteres aber verlangt sie nicht.¹ und Geologie). Die eine weist die sämtlichen letzten psychischen Bestandteile auf, aus deren Kombination die Gesamtheit der psychischen Erscheinungen wie die Gesamtheit der Worte aus den Buchstaben sich ergibt. [ … ] Die andere belehrt uns über die Gesetze, nach welchen die Erscheinungen kommen und schwinden. Da die Bedingungenwegen der unleugbaren Abhängigkeit der psychischen Funktionenvon den Vorgängen im Nervensystem großenteils physiologische sind, so sieht man, wie hier die psychologischen Untersuchungen mit den physiologischen sich verflechten müssen. Eher könnte man von einer Psychognosie vermuten, dass sie vom Physiologischen ganz absehen und darum auch aller instrumentalen Hilfsmittel entraten könne. Aber schon die eben erwähnte Analyse der Empfindungen, sei es auf dem Gebiete des Gehörs, sei es auf dem des Gesichts oder gar der niederen Sinneserscheinungen (einem Gebiete, wo sie bisher äußerst unvollkommen geführt worden ist), kann ihre wesentlichsten Erfolge nur mittels sinnreich erdachter instrumentaler Hilfsmittel erzielen; und diese Arbeit ist eine psychognostische.²","PeriodicalId":346918,"journal":{"name":"Franz Brentano und sein philosophischer Nachlass","volume":"54 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2019-12-31","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Franz Brentano und sein philosophischer Nachlass","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1515/9783110595925-004","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
ZuOstern erscheintderersteBandmeinerPsychologie,obwohlichviellieberdiePublikation auf Jahre hinausschieben würde. Ich habe dem Drängen von Stumpf nachgegeben, da ich Ihren Bemerkungen nichts entgegenzusetzen hatte, dass auch nach Jahren Vieles unreif erscheinen würde so wie es jetzt erscheint.¹ Rahmen hinauswuchsen. Obwohl sie genaue Beobachtung und Beschreibung des psychischen Verhaltens voraussetzen, hatten sie doch Selbständigkeit erlangt und sich so her-ausgebildet, dass sie mehr dem Gebiet der Erkenntnistheorie als der Psychologie zuzu-rechnen gewesen wären. Es kam hinzu, dass Brentanos Theorien sich jahrzehntelang in ständiger Entwicklung befanden, und als sie um die Jahrhundertwende zum Abschluss gelangt waren, die zunehmende Behinderung durch ein Augenleiden ihnvon der Abfassung eines so umfangreichen Werkes, das auch entsprechende Korrekturen der ersten beiden Bücher verlangt hätte, abhielt.¹² ⁹ Was ich sage, ist nicht so zu verstehen, als ob ich glaubte, man solle es sich als Aufgabe stellen, die höchsten Gesetze psychischer Sukzession aus Gesetzen physiologischer und in weiterer Folge vielleicht gar chemischer und in engerem Sinne physischer Phänomene ab-zuleiten. Das wäre eine Torheit. Es gibt unüberschreitbare Grenzen der Naturerklärung, und auf eine solche Grenze stösst man, wie J. St. Mill ganz richtig lehrt, wo es sich um den Übergang vom physischen Gebiet in das der psychischen Phänomene handelt.¹ ⁴⁵ zusammenbestehend innerlich wahrgenommen werden, sämtlich zu einer einheitlichen Realitätgehören; dass sie als Teilphänomene ein psychisches Phänomen ausmachen, wovon die Bestandteile nicht verschiedene Dinge oder Teile verschiedener Dinge sind, sondern zu einer realen Einheit gehören. Dies ist, was zur Einheit des Bewusstseins not-wendig ist; ein Weiteres aber verlangt sie nicht.¹ und Geologie). Die eine weist die sämtlichen letzten psychischen Bestandteile auf, aus deren Kombination die Gesamtheit der psychischen Erscheinungen wie die Gesamtheit der Worte aus den Buchstaben sich ergibt. [ … ] Die andere belehrt uns über die Gesetze, nach welchen die Erscheinungen kommen und schwinden. Da die Bedingungenwegen der unleugbaren Abhängigkeit der psychischen Funktionenvon den Vorgängen im Nervensystem großenteils physiologische sind, so sieht man, wie hier die psychologischen Untersuchungen mit den physiologischen sich verflechten müssen. Eher könnte man von einer Psychognosie vermuten, dass sie vom Physiologischen ganz absehen und darum auch aller instrumentalen Hilfsmittel entraten könne. Aber schon die eben erwähnte Analyse der Empfindungen, sei es auf dem Gebiete des Gehörs, sei es auf dem des Gesichts oder gar der niederen Sinneserscheinungen (einem Gebiete, wo sie bisher äußerst unvollkommen geführt worden ist), kann ihre wesentlichsten Erfolge nur mittels sinnreich erdachter instrumentaler Hilfsmittel erzielen; und diese Arbeit ist eine psychognostische.²