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Abstract
»Kommt die nächste Miss Schweiz aus dem Kongo?«, fragte die Schweizer Boulevardzeitung Blick auf ihrer Titelseite im Vorfeld der Wahlen zur »Miss Schweiz« 2004.1 Neben dieser in großen, fettgedruckten Lettern gestellten Frage ist die Porträtaufnahme einer jungen Frau zu sehen (siehe Abb. 1). Sie blickt die Leserinnen und Leser direkt an und schenkt ihnen ein offenes, ruhiges Lächeln. Sie hat dunkelbraune Augen, ihr Haar ist zu zahlreichen langen Rastazöpfen geflochten. Der durch das Lächeln leicht geöffnete Mund gibt den Blick auf strahlend weiße, regelmäßige Zähne frei, das Gesicht ist rund und ebenmäßig, die Haut makellos – und nicht weiß. Zumindest nicht so weiß, wie dass viele Leserinnen und Leser des Blick im Jahr 2004 von einer Bewerberin für die »Miss Schweiz« offenbar erwartet hatten. Mit der 24 Jahre alten Jeanette Bally, die in Kongo-Kinshasa geboren und aufgewachsen und deren Mutter Kongolesin und deren Vater Schweizer ist, war die mediale Farbenlehre durcheinander geraten. Dunkelhaarige, »rassige« Schönheiten aus der Westschweiz oder dem Tessin waren von den Schweizerinnen und Schweizern bei solchen Wahlen schon lange gern gesehen. Und auch an die Kandidatinnen mit binationaler Herkunft, die einen schweizerischen und zum Beispiel einen südeuropäischen Elternteil hatten, war man mittlerweile gewöhnt. Aber eine mögliche »Afro-Miss«2 war eine Zäsur im alljährlichen Medienspektakel um die neue »Miss Schweiz«. Das belegen die zahlreichen Fotoreportagen in verschiedenen Printmedien über die Kandidatinnen, die sich speziell mit der Herkunft und Biographie Jeanette Ballys auseinandersetzten und die Leserreaktionen in vielen Zeitungen.3