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Abstract
Bücher haben bekanntlich ihre Schicksale, über die nicht nur Interesse und Auffassungsgabe ihrer Leserinnen und Leser, sondern auch die vielen Funktionen des Buchs entscheiden. Zweifellos gehören Lektüre und Interpretation zu seinen primären Aufgaben; über dem Lesen als der eigentlichen Bestimmung darf jedoch nicht vergessen werden, dass Bücher zu allen Zeiten auch ganz anders genutzt und an ihnen meist symbolische Gesten vollzogen wurden: „Bücher waren nie nur Bücher, sondern im buchstäblichen wie symbolischen Sinne immer schon auch Gefäß, Spielzeug, Objekt der Verehrung, Instrument apotropäischer Rituale und Anlass für Zorn, Grabbeigabe, Sammelgegenstand, Attribut, Symbol und Metapher.“ (Moldehn 1996, 11) Einzeln oder in ihrer Fülle dienen sie als politische und religiöse Instrumente und können von der Lektüre weitgehend abgelöste offizielle und nicht-offizielle Funktionen wie Machtund Herrschaftssicherung oder auch konservierende Schriftund Gedächtnisfunktionen einnehmen (Chartier und Cavallo 1999, 42). In Notzeiten werden Bücher schon mal als Brennmaterial verwendet oder, wo Schreibunterlagen knapp oder verboten sind, von ihren Rändern her beschrieben. Nicht einmal Zauberbücher sind vor den vielfältigen Umgangsweisen gefeit, kein noch so fesselnder Geist kann für seine materielle Fortdauer in Buchform garantieren; folglich ist es sein robustes, aber nichtsdestotrotz für Zerstörung aller Art anfälliges, dreidimensionales Format, das großen Einfluss auf seine Geschichte, Fortexistenz und Dauer hat. Verantwortlich für den Mehrfachgebrauch und das Überleben der Bücher sind neben Faktoren wie Portabilität und Weitergabe vor allem die medialen Gegebenheiten: die spezifisch räumliche Struktur der Buchseite, die Ausdehnung des Buchs und die Standardisierung des Blätterns. Produkt eines Zusammenwirkens von Papier, Druck und Endfertigung,