Anna Beraldi, Sylvia Brathuhn, Pia Heussner, Volker König, Barbara Lawrenz
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Abstract
Menschen im AYA-Alter wollen sich vom Elternhaus losen, entsprechend wichtig sind ihnen Werte wie Unabhangigkeit, Selbstbestimmtheit und Anerkennung durch Gleichaltrige. In dieser Phase der Neuorientierung wird eine Krebserkrankung als Stagnation bzw. Ruckschritt empfunden, als ein Geschehen, das alte Abhangigkeiten wiederherstellt und zur ungewollten Fremdbestimmung fuhrt. Das geanderte Bindungsbedurfnis der AYA – weg von den Eltern, hin zu Freunden bzw. einem Partner – sollte von Arzten nicht unterschatzt werden. Junge Menschen identifizieren sich mit Attributen wie aktiv, jung, dynamisch, gesund und lebenshungrig. Die korperliche Unversehrtheit ist in diesen Lebensjahren die tragende und treibende Kraft des Lebens; jedes Sichtbarwerden korperlicher und psychischer Schwachen (durch Narben, Haarverlust, Depressionen, Angste unter anderem) wird als Makel empfunden. Dem Hunger nach Leben entzieht der Krebs die Nahrung, er macht den Korper passiv und schwach. «Ich empfinde mich als anders, als Sonderling, als Storfall», beschrieb uns eine junge Frau mit Hautkrebs ihre Lebenssituation. Wie gehen junge Krebspatienten mit ihrer Krankheit um? Wer den Boden unter den Fusen verliert, stellt Fragen nach den existenziellen Werten des eigenen Lebens, besonders dann, wenn das Identitatsgefuhl altersbedingt noch im Aufbau ist. Wer bin ich, was sind meine Wurzeln, wo ist mein Platz, wer tragt mich? Diese Sinnsuche wird von den zutiefst verunsicherten Patienten oft durch auffallige Coolness uberspielt, eine Strategie, die ja auch von gesunden jungen Menschen in der Phase der Personlichkeitsfindung angewendet wird. Die Krebserkrankung verstarkt die Identitatsunsicherheit, soeben gefundene oder als erstrebenswert erachtete Lebensziele mussen wieder uberdacht werden, neue Fragen drangen sich auf. Die Situation stellt sich von nun an so dar: Der bisher als fast unendlich lang erscheinenden Zukunft mit ihren unzahligen verlockenden Moglichkeiten sind auf einmal Besondere Betreuungsnotwendigkeiten aus der Perspektive der Selbsthilfe Verantwortliche Autorin: Sylvia Brathuhn, Bonn