{"title":"Der andino-katholische Synkretismus im urbanen Bolivien am Beispiel der Motorfahrzeugsegnungen","authors":"M. Moser","doi":"10.4000/zjr.1408","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Der vorliegende Artikel basiert auf einer dreimonatigen Feldforschung im Jahre 2017 und tragt zum Bruch mit einer in religionswissenschaftlichen und anthropologischen Studien zu Lateinamerika verbreiteten Verlustperspektive bei, indem er nicht nach „Authentischem“ sucht, sondern nachzeichnet, wie die Bevolkerung im heutigen Bolivien eine moderne Errungenschaft wahrnimmt und interpretiert. Mittels partizipierenden Observationen an bolivianischen Motorfahrzeugsegnungen und narrativen und semi-strukturierten Interviews mit verschiedenen Fahrzeugfuhrern (leider konnte keine Fahrzeugfuhrerin interviewt werden, da diese im bolivianischen Verkehr stark unterreprasentiert sind) wird nachgewiesen, dass zwei Segnungsmethoden fur ein sicheres Vorwartskommen im bolivianischen Verkehr praktiziert werden: Die von katholischen Priestern ausgefuhrte Bendicion und die von den Fahrern selbst oder von einem professionellen Yatiri getatigte Ch’alla. Die dokumentierten Rituale werden mit dem andino-katholischen Synkretismusmodell nach Ina Rosing verglichen und ihrer These, dass die andine Religiositat mit der Urbanisierung verloren gehe, gegenubergestellt. Die diesen Ritualen zugesprochene Effizienz fur Schutz vor Unfallen und Pannen, und die Angst vor negativen Konsequenzen bei nachlassigen Segnungen zeigen, dass im heutigen Bolivien die Logik der Reziprozitat weitverbreitet ist, und auch „moderne“ Technologien, wie das Motorfahrzeug, von der bolivianischen Bevolkerung im Symbolsystem des andino-katholischen Synkretismus interpretiert werden.","PeriodicalId":30031,"journal":{"name":"Zeitschrift fur Junge Religionswissenschaft","volume":" ","pages":""},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2020-05-02","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Zeitschrift fur Junge Religionswissenschaft","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.4000/zjr.1408","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Der vorliegende Artikel basiert auf einer dreimonatigen Feldforschung im Jahre 2017 und tragt zum Bruch mit einer in religionswissenschaftlichen und anthropologischen Studien zu Lateinamerika verbreiteten Verlustperspektive bei, indem er nicht nach „Authentischem“ sucht, sondern nachzeichnet, wie die Bevolkerung im heutigen Bolivien eine moderne Errungenschaft wahrnimmt und interpretiert. Mittels partizipierenden Observationen an bolivianischen Motorfahrzeugsegnungen und narrativen und semi-strukturierten Interviews mit verschiedenen Fahrzeugfuhrern (leider konnte keine Fahrzeugfuhrerin interviewt werden, da diese im bolivianischen Verkehr stark unterreprasentiert sind) wird nachgewiesen, dass zwei Segnungsmethoden fur ein sicheres Vorwartskommen im bolivianischen Verkehr praktiziert werden: Die von katholischen Priestern ausgefuhrte Bendicion und die von den Fahrern selbst oder von einem professionellen Yatiri getatigte Ch’alla. Die dokumentierten Rituale werden mit dem andino-katholischen Synkretismusmodell nach Ina Rosing verglichen und ihrer These, dass die andine Religiositat mit der Urbanisierung verloren gehe, gegenubergestellt. Die diesen Ritualen zugesprochene Effizienz fur Schutz vor Unfallen und Pannen, und die Angst vor negativen Konsequenzen bei nachlassigen Segnungen zeigen, dass im heutigen Bolivien die Logik der Reziprozitat weitverbreitet ist, und auch „moderne“ Technologien, wie das Motorfahrzeug, von der bolivianischen Bevolkerung im Symbolsystem des andino-katholischen Synkretismus interpretiert werden.