{"title":"Simone Schultz-Balluff. 2018. Wissenswelt ‚triuwe‘. Kollokationen – Semantisierung – Konzeptualisierung (Germanistische Bibliothek 59). Heidelberg: Winter, 434 S.","authors":"D. Busse","doi":"10.1515/zrs-2020-2037","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Anzuzeigen ist ein Werk, das die Chance hat, zu einem Standardwerk zu werden. Die Bochumer Habilitationsschrift von Simone Schultz-Balluff zielt nicht nur auf eine möglichst umfassende Darstellung der – wie schon länger bekannt ist und sich auch in den Untersuchungen des Bandes deutlich zeigt – ziemlich komplexen Semantik des Ausdrucks triuwe (in allen seinen lautlichen und graphematischen Varianten und Verwendungskontexten) in Texten der ahd. und mhd. Sprachepochen. Sie geht ihren Gegenstand auch mit einem innovativen Methoden-Setting an, das beispielgebend für viele weitere Studien werden könnte. Angesichts der großen Funktionsbreite der quellentextlichen Ausdrücke, die der Forschung und den Versuchen einer zusammenfassenden semantischen Beschreibung in der Vergangenheit schon immer erhebliche Probleme bereitet hat, ist es nur konsequent, wenn die Verfasserin ihre Arbeit mit Wissenswelt ‚triuwe‘ übertitelt, statt im Fach bislang eher übliche Betitelungen wie etwa „Zur historischen Semantik von triuwe“ oder „Begriffsgeschichte von triuwe“ zu wählen. Denn eines lehren die Ergebnisse der in diesem Werk reportierten Studien der Verfasserin: Dass die Verwendungsweisen von triuwe in den zugrundegelegten Quellen sich – trotz des Vorhandenseins einzelner gemeinsamer epistemischer Kernelemente – jeglichen Versuchen der Formulierung einer (in der diachronen Semantik des 19. und 20. Jahrhunderts von vielen favorisierten) einheitlichen oder Abstrakt-Bedeutung entziehen. Stattdessen, so argumentiert die Verfasserin überzeugend, muss es einer Tiefe und Breite zugleich anstrebenden Untersuchung darum gehen, die Verwendungsbreite und Vielfalt der triuwe-Ausdrücke in Hinblick auf alle wirksamen textfunktionalen und ‐situativen Faktoren in ihrem ganzen Umfang und ihrer Differenziertheit angemessen zu erfassen und darzustellen. Die Arbeit entstand in der sog. „Altgermanistik“, die mithin einem Teilfach der Germanistik angehört, deren Vertreterinnen und Vertretern man wohl nicht zu nahe tritt, wenn man konstatiert, dass sie in ihrer überwiegenden Mehrzahl dieses schon lange vornehmlich als Literaturwissenschaft (oder breiter als textbezogene Kulturwissenschaft) der älteren deutschen Sprachepochen begreifen. ZRS 2020; 12(1–2): 49–56","PeriodicalId":32266,"journal":{"name":"Zeitschrift fur Rezensionen zur Germanistischen Sprachwissenschaft","volume":"12 1","pages":"49 - 56"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2020-08-12","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/zrs-2020-2037","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Zeitschrift fur Rezensionen zur Germanistischen Sprachwissenschaft","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1515/zrs-2020-2037","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Anzuzeigen ist ein Werk, das die Chance hat, zu einem Standardwerk zu werden. Die Bochumer Habilitationsschrift von Simone Schultz-Balluff zielt nicht nur auf eine möglichst umfassende Darstellung der – wie schon länger bekannt ist und sich auch in den Untersuchungen des Bandes deutlich zeigt – ziemlich komplexen Semantik des Ausdrucks triuwe (in allen seinen lautlichen und graphematischen Varianten und Verwendungskontexten) in Texten der ahd. und mhd. Sprachepochen. Sie geht ihren Gegenstand auch mit einem innovativen Methoden-Setting an, das beispielgebend für viele weitere Studien werden könnte. Angesichts der großen Funktionsbreite der quellentextlichen Ausdrücke, die der Forschung und den Versuchen einer zusammenfassenden semantischen Beschreibung in der Vergangenheit schon immer erhebliche Probleme bereitet hat, ist es nur konsequent, wenn die Verfasserin ihre Arbeit mit Wissenswelt ‚triuwe‘ übertitelt, statt im Fach bislang eher übliche Betitelungen wie etwa „Zur historischen Semantik von triuwe“ oder „Begriffsgeschichte von triuwe“ zu wählen. Denn eines lehren die Ergebnisse der in diesem Werk reportierten Studien der Verfasserin: Dass die Verwendungsweisen von triuwe in den zugrundegelegten Quellen sich – trotz des Vorhandenseins einzelner gemeinsamer epistemischer Kernelemente – jeglichen Versuchen der Formulierung einer (in der diachronen Semantik des 19. und 20. Jahrhunderts von vielen favorisierten) einheitlichen oder Abstrakt-Bedeutung entziehen. Stattdessen, so argumentiert die Verfasserin überzeugend, muss es einer Tiefe und Breite zugleich anstrebenden Untersuchung darum gehen, die Verwendungsbreite und Vielfalt der triuwe-Ausdrücke in Hinblick auf alle wirksamen textfunktionalen und ‐situativen Faktoren in ihrem ganzen Umfang und ihrer Differenziertheit angemessen zu erfassen und darzustellen. Die Arbeit entstand in der sog. „Altgermanistik“, die mithin einem Teilfach der Germanistik angehört, deren Vertreterinnen und Vertretern man wohl nicht zu nahe tritt, wenn man konstatiert, dass sie in ihrer überwiegenden Mehrzahl dieses schon lange vornehmlich als Literaturwissenschaft (oder breiter als textbezogene Kulturwissenschaft) der älteren deutschen Sprachepochen begreifen. ZRS 2020; 12(1–2): 49–56