Der Agon im Text: Literarische Agonistik und performative Siegesakte in der griechischen Dichtung

IF 0.1 4区 历史学 0 CLASSICS ANTIKE UND ABENDLAND Pub Date : 2020-09-10 DOI:10.1515/anab-2019-0001
Maximilian Höhl
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Abstract

Kaum ein Konzept ist im Spektrum zwischen Antike und Abendland so unterschiedliche Wege gegangen wie das Prinzip der Agonistik. Einen Grundstein unseres heutigen Begriffsverständnisses (häufig auch: Agonalität) hat Lyotard mit seiner prominenten Zuspitzung von Wittgensteins Idee des ‹Sprachspiels› «daß Sprechen Kämpfen im Sinne des Spielens ist und daß Sprechakte einer allgemeinen Agonistik angehören»1 gelegt. Lyotard (1986), der sich in seinem bekannten Essay mit dem Titel La condition postmoderne kulturkritisch mit der Legitimität der Wissenschaft und den gesellschaftlichen Entwicklungen, die er einem Zeitalter ungebändigten technischen Fortschritts und den damit verbundenen «Informatisierungsprozessen» zuordnete, auseinandergesetzt hat, bewegt sich freilich in einer Tradition, in der der Performativitätsund Agonalitätsbegriff eng zusammengerückt sind, und steht geradezu prototypisch für eine dem Abendland zugeordnete Interpretation von Agonistik.2 Die griechische Agonistik wird trotz gemeinsamer Wurzeln meist scharf von ihr abgegrenzt. «Ein Phänomen sui generis»3 – so bezeichnet Flaig (2019) in seiner Interpretation des Scheiterns im griechischen Kulturraum die griechische Agonistik und bezieht dabei erneut Position in der oft diskutierten Debatte, in keiner anderen Kultur sei das einst von Jacob Burckhardt formulierte Prinzip der Agonistik stärker verankert als im antiken Griechenland.4 Burckhardt, der «alles höhere Leben der Griechen, das äußere wie das geistige»5 als Agon im Einklang mit den Werten einer als ideal verstandenen Heroenzeit verstand, erfasste mit dem Begriff des Agon erstmals den Wettkampf als ein kulturelles Phänomen, das sich in verschiedenen Lebensbereichen manifestierte, und formulierte so eine omnipräsente, vom Streben nach Idealen geleitete Vorstellung vom «Kampf ohne utilitaristischen Nebenzweck».6 Trotz seiner kulturpessimistischen und idealisierenden Funktionalisierung prägte Burckhardt so mit der Annahme einer spezifischen griechischen Agonistik einen Begriff, der in den Altertumswissenschaften immer noch eine grundsätz liche, aber auch eine sehr enge und weitgehend unveränderte Bedeutung besitzt. Gerade in den Literaturwissenschaften scheint der Begriff bis heute nur in einem sehr engen Kontext gebraucht zu
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直接写着《文学不可知论》希腊文学作品
在古代和西方之间,几乎没有任何其他概念像痛苦主义原则那样走上如此不同的道路。利奥塔突出地强化了维特根斯坦关于“语言游戏”的观点,“说话是在游戏的意义上进行的斗争,言语行为属于一般的痛苦”,为我们理解今天的术语(通常也是:痛苦)奠定了基础。Lyotard(1986)在其著名的题为《后现代条件》的文章中,批判性地审视了科学的合法性和社会发展,他将其归因于一个无节制的技术进步和相关的“信息化进程”的时代,其中表演性和痛苦性的概念是紧密一致的,几乎是西方对痛苦主义的典型解释。2尽管有着共同的根源,但希腊的痛苦主义通常与之截然不同。“一种独特的现象”3——这就是Flaig(2019)在解释希腊文化空间中的失败时描述希腊痛苦主义的方式,从而在经常争论的辩论中再次表明了一种立场,即痛苦主义原则曾经由Jacob Burckhardt制定,比在古希腊更牢固地植根于任何其他文化中,“希腊人的所有高等生活,包括外在和精神生活”5被理解为阿贡,符合被理解为理想的英雄时代的价值观,阿贡的概念首次将竞争视为一种表现在不同生活领域的文化现象,从而形成了一种无所不在的、,尽管伯克哈特在文化上持悲观态度,并将功能化理想化,但他因此在特定希腊痛苦主义的假设下创造了一个在古代研究中仍然是基本概念的概念。但也有一个非常狭窄且基本上没有变化的含义。特别是在文学研究中,迄今为止,这个词似乎只在非常狭窄的背景下使用。
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期刊介绍: The ANTIKE UND ABENDLAND yearbook was founded immediately after the Second World War by Bruno Snell as a forum for interdisciplinary discussion of topics from Antiquity and the history of their later effects. The Editorial Board contains representatives from the disciplines of Classical Studies, Ancient History, Germanic Studies, Romance Studies and English Studies. Articles are published on classical literature and its reception, the history of science, Greek myths, classical mythology and its European heritage; in addition, there are contributions on Ancient history, art, philosophy, science, religion and their significance for the history of European culture and thought.
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