H. Ullrich, G. Grupe, B. Herrmann, S. Kirchengast, U. Hossfeld, C. Niemitz, W. Henke
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Abstract
Angesichts der dramatischen Wirtschaftslage scheinen Wissenschaft und Politik in Deutschland zumindest kurzfristig zu einem durchaus keynesianisch zu nennenden Denken und Handeln zurückgefunden zu haben. Ob und wie lange diese Phase anhält, ist jedoch unklar. Es gibt daher genug Gründe, sich mit den Fehlern der deutschen wirtschaftspolitischen Debatte und der entsprechenden Politik der letzten Jahre vertieft auseinanderzusetzen. Wer dies tun möchte, dem sei das Buch »Aufschwung für Deutschland« empfohlen. Die Herausgeber sind Ronald Schettkat, Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Wuppertal, und Jochem Langkau, der ehemalige Leiter des wirtschaftsund sozialpolitischen Forschungsund Beratungszentrums der Friedrich-Ebert-Stiftung. Sie haben sechs Beiträge von acht international renommierten Ökonominnen und Ökonomen gesammelt, die sich kritisch zur deutschen ökonomischen Mainstreamtheorie und -politik der letzten Jahre äußern. Ermöglicht wurde das Buchprojekt durch die Friedrich-Ebert-Stiftung, finanziell unterstützt zudem durch die Hans-und-Traute-Matthöfer-Stiftung, die in der Vergangenheit schon häufig bedeutende progressive ökonomische Publikationen gefördert hat. Um das Buch richtig einordnen zu können, muss man sich in die Zeit der deutschen Stagnation von 2001 bis 2005 zurückversetzen, in der die deutsche wirtschaftspolitische Debatte von einer komplett einseitigen Sichtweise dominiert wurde. Schuld an der Krise seien ausschließlich die ›strukturellen Verkrustungen‹ des Arbeitsmarktes als angebliche Hauptursache der hohen Arbeitslosigkeit. Institutionen kollektiver Lohnbildung, gesetzliche und/oder tarifliche Regulierungen sowie das soziale Sicherungsund das Steuersystem wurden als Abweichungen vom reinen Markt und damit als Verursacher von Arbeitslosigkeit angesehen. Aus dieser Sicht gab es nur eine Konsequenz: Je weniger tarifliche, gesetzliche und sozialpolitische Regulierungen und Abweichungen vom vollkommenen Arbeitsmarkt es gibt, umso geringer wird die Arbeitslosigkeit ausfallen. Daher müsse der Arbeitsmarkt möglichst radikal dereguliert werden, und möglichst tiefe Einschnitte in die sozialen Sicherungssysteme seien notwendig. Wie wirkungsmächtig diese Sichtweise in Deutschland gerade auch unter sozialdemokratischer Führung in den vergangenen zehn Jahren war, bedarf angesichts, der unübersehbaren Entstaatlichungstendenzen, der ›Agenda 2010‹ sowie der resultierenden dramatischen Zunahme der Einkommensund Vermögensungleichheit keiner weiteren Erläuterung. Im ›Hamburger Appell‹ hatten 2005 über 250 deutsche Wirtschaftsprofessoren unter Berufung auf einen angeblich eindeutigen wissenschaftlichen Konsens weitere radikale Reformen ge-
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