Heavenly Fatherland: German Missionary Culture and Globalization in the Age of Empire. By Jeremy Best. Toronto: University of Toronto Press, 2021. xiv + 322 pages + 5 b/w illustrations + 4 b/w maps. $79.00 hardcover, $75.05 eBook.
{"title":"Heavenly Fatherland: German Missionary Culture and Globalization in the Age of Empire. By Jeremy Best. Toronto: University of Toronto Press, 2021. xiv + 322 pages + 5 b/w illustrations + 4 b/w maps. $79.00 hardcover, $75.05 eBook.","authors":"A. Blackler","doi":"10.3368/m.115.2.290","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"ebenso gewinnbringend gewesen wie der genaue Blick auf die Funktion spezifischer literarischer Formen. Fragen wirft vor diesem Hintergrund auch der Begriff der ,,Kultur“ auf, der sich im Titel des Bandes findet, allerdings ebenfalls nicht explizit reflektiert wird. Implizit gelingt es bereits den Beiträgen der ersten Sektion, den Blick nicht auf die Literatur zu verengen, sondern diese in ihren vielfältigen Kontexten zu verorten. Umso mehr gilt das für die vier spezifischen Zugänge zur ,,Kultur“, die die Beiträge der zweiten Sektion des Bandes eröffnen; allerdings wirkt die Auswahl der Bereiche etwas zufällig. Während sich die Beiträge kundig den politischen Schriften Jean Pauls (Helmut J. Schneider) und Saul Aschers (Bernd Fischer), den Verbindungen der napoleonischen Kampagnen mit den Naturwissenschaften (Mary Orr) und dem in ganz Europa adaptierten Modell der Écoles Polytechniques widmen (Andrew Cusack), bleiben Bereiche wie die Archäologie (für die die Ägypten-Kampagne Napoleons wichtig war), das Militär oder das Recht weitgehend unbeachtet. Ein blinder Fleck bleibt auch die politische Funktionalisierung Napoleons im Vormärz; letzterer wird dann im Titel der dritten Sektion – ,,from Vormärz to the Present“ (259) – zwar aufgerufen, aber untersucht werden die Napoleon-Rezeption im naturalistischen Drama (Michael White), in der Musik (Wolf Kittler) und im Film (Susanne Kord). In Susanne Kords Beitrag zu Napoleon als ,,Screen Icon“ (303) steht die Zeichenhaftigkeit der Figur Napoleon explizit zur Diskussion und Kord stellt zu Recht heraus, dass es sich bei dieser Figur um ein äußerst flexibles Zeichen handle, ein ,,empty vessel“ (322), das sogar gegensätzliche politische Haltungen ausdrücken kann. Die Bandbreite dieses Zeichens führen die vielfältigen Einschätzungen Napoleons, die die Beiträge des Bandes zitieren, eindrücklich vor. Insgesamt ermöglicht der Band informierte und vielgestaltige Einblicke in die ambivalente deutschsprachige Napoleon-Rezeption, bleibt allerdings manchmal zu sehr biografischen und einflussgeschichtlichen Modellen verpflichtet. Zu kurz kommen dabei die Reflexion auf die Funktionsweisen des einleitend lediglich schlagwortartig benannten ,,German cultural imaginary“ (2) und der Einbezug der medialen Dimensionen dieser Rezeptionsprozesse, die Napoleon als Medienspektakel (s.o.) verdient hätte. Als gewinnbringend stellen sich hingegen die in vielen Beiträgen diskutierten Bezugnahmen auf Eroberungs-, Gewaltund Besatzungserfahrungen dar, die dem Band von 2021 und seinem Thema zudem eine ungeahnte Aktualität verleihen, sind doch solche Erfahrungen auch im Europa der Jahre 2022 und 2023 wieder alltäglich.","PeriodicalId":54028,"journal":{"name":"Monatshefte","volume":"115 1","pages":"290 - 293"},"PeriodicalIF":0.1000,"publicationDate":"2023-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Monatshefte","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.3368/m.115.2.290","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"0","JCRName":"LITERATURE, GERMAN, DUTCH, SCANDINAVIAN","Score":null,"Total":0}
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Abstract
ebenso gewinnbringend gewesen wie der genaue Blick auf die Funktion spezifischer literarischer Formen. Fragen wirft vor diesem Hintergrund auch der Begriff der ,,Kultur“ auf, der sich im Titel des Bandes findet, allerdings ebenfalls nicht explizit reflektiert wird. Implizit gelingt es bereits den Beiträgen der ersten Sektion, den Blick nicht auf die Literatur zu verengen, sondern diese in ihren vielfältigen Kontexten zu verorten. Umso mehr gilt das für die vier spezifischen Zugänge zur ,,Kultur“, die die Beiträge der zweiten Sektion des Bandes eröffnen; allerdings wirkt die Auswahl der Bereiche etwas zufällig. Während sich die Beiträge kundig den politischen Schriften Jean Pauls (Helmut J. Schneider) und Saul Aschers (Bernd Fischer), den Verbindungen der napoleonischen Kampagnen mit den Naturwissenschaften (Mary Orr) und dem in ganz Europa adaptierten Modell der Écoles Polytechniques widmen (Andrew Cusack), bleiben Bereiche wie die Archäologie (für die die Ägypten-Kampagne Napoleons wichtig war), das Militär oder das Recht weitgehend unbeachtet. Ein blinder Fleck bleibt auch die politische Funktionalisierung Napoleons im Vormärz; letzterer wird dann im Titel der dritten Sektion – ,,from Vormärz to the Present“ (259) – zwar aufgerufen, aber untersucht werden die Napoleon-Rezeption im naturalistischen Drama (Michael White), in der Musik (Wolf Kittler) und im Film (Susanne Kord). In Susanne Kords Beitrag zu Napoleon als ,,Screen Icon“ (303) steht die Zeichenhaftigkeit der Figur Napoleon explizit zur Diskussion und Kord stellt zu Recht heraus, dass es sich bei dieser Figur um ein äußerst flexibles Zeichen handle, ein ,,empty vessel“ (322), das sogar gegensätzliche politische Haltungen ausdrücken kann. Die Bandbreite dieses Zeichens führen die vielfältigen Einschätzungen Napoleons, die die Beiträge des Bandes zitieren, eindrücklich vor. Insgesamt ermöglicht der Band informierte und vielgestaltige Einblicke in die ambivalente deutschsprachige Napoleon-Rezeption, bleibt allerdings manchmal zu sehr biografischen und einflussgeschichtlichen Modellen verpflichtet. Zu kurz kommen dabei die Reflexion auf die Funktionsweisen des einleitend lediglich schlagwortartig benannten ,,German cultural imaginary“ (2) und der Einbezug der medialen Dimensionen dieser Rezeptionsprozesse, die Napoleon als Medienspektakel (s.o.) verdient hätte. Als gewinnbringend stellen sich hingegen die in vielen Beiträgen diskutierten Bezugnahmen auf Eroberungs-, Gewaltund Besatzungserfahrungen dar, die dem Band von 2021 und seinem Thema zudem eine ungeahnte Aktualität verleihen, sind doch solche Erfahrungen auch im Europa der Jahre 2022 und 2023 wieder alltäglich.