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Abstract
Zusammenfassung Der Artikel untersucht organisationskulturelle Praktiken der Technikkritik im Kontext der „Industrie 4.0“. Empirische Grundlage ist die ethnographische Untersuchung der Aneignung algorithmischer Arbeitssteuerung durch Produktionsbeschäftigte in zwei Industrieunternehmen. Als Analyserahmen für die geteilten kulturellen Bezüge der Beschäftigten auf die digitalen Technologien wird der Begriff der organisationalen Technokulturen vorgeschlagen. Dabei können offizielle Technokulturen kontrastiert werden mit Technokulturen der Kritik. Während erstere eine Techniknutzung entsprechend den Organisationszielen propagieren, grenzen sich letztere von diesen ab und stellen stattdessen den Eigensinn der Akteure ins Zentrum. Inwiefern sich diese Technokulturen manifestieren, ist stark kontextabhängig. In Situationen, in denen das Management der untersuchten Unternehmen nicht anwesend war, manifestierte sich die Kritik der Beschäftigten in expliziten und vehementen Anklagen digitaler Würdeverletzungen. Aber auch im Arbeitsalltag kam es zu kritischen Aneignungspraktiken. Diese nahmen vor allem die weitgehend gefahrlose Form des subversiven Humors an. Entgegen einer Position, die Beschäftigte als passive Objekte oder als ‚Komplizen‘ digitaler Kontrollregime versteht, kann hier gezeigt werden, dass die Beschäftigten spezifische interpretative Kompetenzen entwickeln, um Freiheitsräume auszumachen und Kritik zu üben.