Diagnostik von Lernstörungen: Zeit zum Umdenken

IF 1.8 4区 心理学 Q3 PSYCHOLOGY, EDUCATIONAL Zeitschrift Fur Padagogische Psychologie Pub Date : 2020-11-02 DOI:10.1024/1010-0652/a000291
Claudia Mähler
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Abstract

Zusammenfassung. Lernschwierigkeiten beim Erwerb der Schriftsprache oder des Rechnens gehört für ca. ein Drittel aller Grundschulkinder zum schulischen Alltag. Wenn diese Schwierigkeiten länger andauern, wird von Lernschwächen, Lernstörungen oder Lernbehinderungen gesprochen. Die begriffliche Abgrenzung wird aktuell durch verschiedene Klassifikationskriterien in verschiedenen Klassifikationssystemen (ICD-10/11, DSM-5 oder AWMF Leitlinien) sehr erschwert, was Unsicherheiten in der Diagnostik und auch divergierende pädagogische Konsequenzen zur Folge hat. Eine besondere Rolle spielt dabei das sogenannte doppelte Diskrepanzkriterium für die Diagnose einer Lernstörung: Die Leistung eines Kindes muss unter dem nach dem Alter bzw. der Beschulung und der Intelligenz zu erwartenden Niveau liegen. Die Schulleistung muss also erwartungswidrig ausfallen – das betroffene Kind bleibt hinter den für die Klassenstufe typischen Leistungen und auch hinter den eigenen allgemeinen kognitiven Fähigkeiten zurück. Das Kriterium der Diskrepanz der Schulleistung zur Intelligenz wird seit langem kontrovers diskutiert und ist in den Klassifikationssystemen unterschiedlich verankert. Seine Anwendung hat sowohl für die diagnostische als auch für die pädagogische Praxis weitreichende Konsequenzen. Es führt dazu, dass Kinder mit Diskrepanz zwischen Schulleistung und Intelligenz die Diagnose „Lernstörung“ erhalten, Kinder ohne diese Diskrepanz haben eine „Lernschwäche“, beide Gruppen erfahren unterschiedliche schulische und außerschulische Lernförderung. Der vorliegende Beitrag stellt die Berechtigung dieses Kriteriums der Diskrepanz zwischen Schulleistung und Intelligenz anhand empirischer Evidenz in Frage und beleuchtet Konsequenzen sowohl für die bislang gängige Anwendung des doppelten Diskrepanzkriteriums als auch für den Verzicht darauf. Das Fazit dieser Erörterung rät zum Umdenken.
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摘要.对大约三分之一的小学生来说,学习字文以及计算数学是日常教育的一部分。如果这些困难持续得更长,就会出现学习障碍、学习障碍或学习障碍。与杜威分类法相关的分类标准(icd /11、dsm / 5或“AWMF准则”)进一步加剧了与杜威分类法相关的分歧,导致原理和分歧造成了常规学习和分歧。另一个特别之处则是所谓的诊断出学习障碍的双分界性:儿童的表现必须低于预期的年龄/念及智力水平。孩子的上学能力必须降低,同时还不超过全班代表的能力和认知能力。学校表现与智力对比的标准一直存在争议,与杜威分类系统区分。其应用涉及范围广泛的诊断和实践。结果,表现不匹配的孩子被诊断为“学习障碍”。本文通过经验证据质疑了这一教学结果和智力差距差距的合理性,揭示了迄今为止普遍应用双变性标准并不必区分的因果关系。这些讨论的结论鼓励大家重新思考。
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Zeitschrift Fur Padagogische Psychologie
Zeitschrift Fur Padagogische Psychologie PSYCHOLOGY, EDUCATIONAL-
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期刊介绍: Die Zeitschrift publiziert Beiträge aus dem Gesamtgebiet der Pädagogischen Psychologie. Alle eingereichten Beiträge werden einem anonymen Begutachtungsverfahren unterzogen ("blind peer-review").
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