{"title":"Karl-Friedrich Bonhoeffer zum Gedenken","authors":"K. Clusius","doi":"10.1515/zna-1957-0520","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Obwohl ich von der Erkrankung KARL-FRIEDRICH BONHOEFFERS gerüchtweise Kunde erhalten hatte, traf die Nachricht von seinem am 15. Mai 1957 erfolgten Tode seine Freunde und die wissenschaftliche Welt wie ein unerwarteter Schlag. Noch sehe ich ihn vor mir bei unserem letzten Zusammentreffen in Göttingen anfangs November vergangenen Jahres, lebhaft, herzlich, unruhig und nervös gespannt wie immer, dabei voller Pläne für die Ausgestaltung seines Institutes, die Förderung verdienter Mitarbeiter und die Abfassung eines Buches über Passivität, dessen historische Aspekte er angeregt diskutierte, dann wieder gewisse Auswüchse des modernen Betriebs der Wissenschaft mit jener kompromißlosen Deutlichkeit verurteilend, die seine Freunde an ihm schätzten und etwaige Widersacher fürchteten. „Aber der Tod kümmert sich nicht um unsere Entwürfe, noch um den Fortschritt der Wissenschaften\" — wie der 50-jährige LEIBNIZ schwermütig in einem Briefe schrieb. BONHOEFFER, der am 13. Januar 1899 in Breslau geboren wurde, erhielt seine wissenschaftliche Ausbildung in Berlin. Nach der Promotion wechselte er aus der Werkstatt von NERNST, aus der so viele hervorragende Forscher hervorgegangen sind, in das unter FRITZ HABERS Leitung stehende Kaiser-Wilhelm-Institut für Physikalische Chemie über. Die dort großzügig zur Verfügung stehenden Mittel hat er ausgezeichnet zu nutzen gewußt. Weitere Stationen bildeten die Berufungen an die Universitäten von Frankfurt a. M. und Leipzig, denen er Folge leistete. Nach dem Zweiten Weltkrieg fand er nach einem kurzen Zwischenhalt in Berlin schließlich eine würdige Arbeitsstätte in dem neu geschaffenen Max-Planck-Institut für Physikalische Chemie in Göttingen. Seine Interessen durchmaßen verschiedene Gebiete der physikalischen Chemie: Von NERNST rührt noch die anfängliche Beschäftigung mit photochemischen Fragen her, die bald durch eine genauere Erforschung des Primärprozesses bei der Lichtabsorption im Zusammenhang mit der Prädissoziation vertieft wurden. Es folgten ausführliche Arbeiten über die NH3-Spaltung, die Wasserbildung und die Eigenschaften des atomaren Wasserstoffs. Die Thermodynamik instabiler Verbindungen wurde spektroskopisch untersucht, so das OH-Radikal und die Hydride AgH, AuH. Die Frankfurter und noch die Leipziger Zeit fanden BONHOEFFER und seine Mitarbeiter eifrig mit der Chemie des Deuteriums beschäftigt. Vorgänge an der Oberfläche von Elektroden und der Zusammenhang der Passivitätserscheinungen mit den Rätseln der Nervenleitung, sowie die biologisch so bemerkenswerten rhythmischen Reaktionszyklen, wie der Herzschlag, fesselten ihn bis zuletzt.","PeriodicalId":54395,"journal":{"name":"Zeitschrift Fur Naturforschung Section A-A Journal of Physical Sciences","volume":"1 1","pages":""},"PeriodicalIF":1.8000,"publicationDate":"1957-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Zeitschrift Fur Naturforschung Section A-A Journal of Physical Sciences","FirstCategoryId":"101","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1515/zna-1957-0520","RegionNum":4,"RegionCategory":"物理与天体物理","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"Q4","JCRName":"CHEMISTRY, PHYSICAL","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Obwohl ich von der Erkrankung KARL-FRIEDRICH BONHOEFFERS gerüchtweise Kunde erhalten hatte, traf die Nachricht von seinem am 15. Mai 1957 erfolgten Tode seine Freunde und die wissenschaftliche Welt wie ein unerwarteter Schlag. Noch sehe ich ihn vor mir bei unserem letzten Zusammentreffen in Göttingen anfangs November vergangenen Jahres, lebhaft, herzlich, unruhig und nervös gespannt wie immer, dabei voller Pläne für die Ausgestaltung seines Institutes, die Förderung verdienter Mitarbeiter und die Abfassung eines Buches über Passivität, dessen historische Aspekte er angeregt diskutierte, dann wieder gewisse Auswüchse des modernen Betriebs der Wissenschaft mit jener kompromißlosen Deutlichkeit verurteilend, die seine Freunde an ihm schätzten und etwaige Widersacher fürchteten. „Aber der Tod kümmert sich nicht um unsere Entwürfe, noch um den Fortschritt der Wissenschaften" — wie der 50-jährige LEIBNIZ schwermütig in einem Briefe schrieb. BONHOEFFER, der am 13. Januar 1899 in Breslau geboren wurde, erhielt seine wissenschaftliche Ausbildung in Berlin. Nach der Promotion wechselte er aus der Werkstatt von NERNST, aus der so viele hervorragende Forscher hervorgegangen sind, in das unter FRITZ HABERS Leitung stehende Kaiser-Wilhelm-Institut für Physikalische Chemie über. Die dort großzügig zur Verfügung stehenden Mittel hat er ausgezeichnet zu nutzen gewußt. Weitere Stationen bildeten die Berufungen an die Universitäten von Frankfurt a. M. und Leipzig, denen er Folge leistete. Nach dem Zweiten Weltkrieg fand er nach einem kurzen Zwischenhalt in Berlin schließlich eine würdige Arbeitsstätte in dem neu geschaffenen Max-Planck-Institut für Physikalische Chemie in Göttingen. Seine Interessen durchmaßen verschiedene Gebiete der physikalischen Chemie: Von NERNST rührt noch die anfängliche Beschäftigung mit photochemischen Fragen her, die bald durch eine genauere Erforschung des Primärprozesses bei der Lichtabsorption im Zusammenhang mit der Prädissoziation vertieft wurden. Es folgten ausführliche Arbeiten über die NH3-Spaltung, die Wasserbildung und die Eigenschaften des atomaren Wasserstoffs. Die Thermodynamik instabiler Verbindungen wurde spektroskopisch untersucht, so das OH-Radikal und die Hydride AgH, AuH. Die Frankfurter und noch die Leipziger Zeit fanden BONHOEFFER und seine Mitarbeiter eifrig mit der Chemie des Deuteriums beschäftigt. Vorgänge an der Oberfläche von Elektroden und der Zusammenhang der Passivitätserscheinungen mit den Rätseln der Nervenleitung, sowie die biologisch so bemerkenswerten rhythmischen Reaktionszyklen, wie der Herzschlag, fesselten ihn bis zuletzt.
期刊介绍:
A Journal of Physical Sciences: Zeitschrift für Naturforschung A (ZNA) is an international scientific journal which publishes original research papers from all areas of experimental and theoretical physics. Authors are encouraged to pay particular attention to a clear exposition of their respective subject, addressing a wide readership. In accordance with the name of our journal, which means “Journal for Natural Sciences”, manuscripts submitted to ZNA should have a tangible connection to actual physical phenomena. In particular, we welcome experiment-oriented contributions.