{"title":"Grundständige akademische Ausbildung der Physiotherapeuten in Deutschland – ein Sommerlochthema?","authors":"K.-F Heise1","doi":"10.1055/s-0028-1109710","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Korrespondenzadresse Kirstin-Friederike Heise, MSc Neurophysiotherapy, BSc, PT Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistr. 52 20246 Hamburg kheise@uke.uni-hamburg.de Umrahmt von der Regierungserklärung der deutschen Bundeskanzlerin zum G8-Gipfel und einem bunten Strauß an Themen wie gleichgeschlechtliche Ehe, Genmais und zukünftige Energieaußenpolitik hat der deutsche Bundestag am 3. Juli dieses Jahres als Tagesordnungspunkt Nr. 26 über den vom deutschen Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Modellklausel in die Berufsgesetze der Hebammen, Logopäden, Physiotherapeuten und Ergotherapeuten beraten [3]. Dieser vom Bundestag schließlich in 2. und 3. Beratung angenommene Entwurf für die Änderung des Masseurund Physiotherapeutengesetz liest sich jetzt folgendermaßen: Artikel 4 Änderung des Masseurund Physiotherapeutengesetzes Das Masseurund Physiotherapeutengesetz vom 26. Mai 1994 (BGB1. I S. 1084), das zuletzt durch [...] geändert worden ist, wird wie folgt geändert: § 9 wird wie folgt geändert: Der Wortlaut wird Absatz 1 Die folgenden Absätze 2 bis 4 werden angefügt: „(2) Zur Erprobung von Ausbildungsangeboten, die der Weiterentwicklung des Physiotherapeutenberufs unter Berücksichtigung der berufsfeldspezifischen Anforderungen sowie moderner berufspädagogischer Erkenntnisse dienen sollen, können die Länder von Absatz 1 Satz 2 erster Halbsatz abweichen. Abweichungen von der Ausbildungsund Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten sind nur zulässig, soweit sie den theoretischen und praktischen Unterricht in § 1 Absatz 1 sowie die Anlage1 BuchstabeA der Verordnung betreffen. Im Übrigen gilt die Verordnung unverändert mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Schule die Hochschule tritt. Durch die Erprobung darf das Erreichen des Ausbildungsziels nicht gefährdet werden. Die Vereinbarkeit der Ausbildung mit der Richtlinie 2005/36/EG ist zu gewährleisten. (3) Ziele, Dauer, Art und allgemeine Vorgaben zur Ausgestaltung der Modellvorhaben sowie die Bedingungen für die Teilnahme sind jeweils von den Ländern festzulegen. Die Länder stellen jeweils eine wissenschaftliche Begleitung und Auswertung der Modellvorhaben im Hinblick auf die Erreichung der Ziele sicher. Diese erfolgt auf der Grundlage von Richtlinien, die das Bundesministerium für Gesundheit bis zum 30. November 2009 im Bundesanzeiger bekannt macht. (4) Das Bundesministerium für Gesundheit erstattet dem Deutschen Bundestag bis zum 31. Dezember 2015 über die Ergebnisse der Modellvorhaben nach Absatz 2 Bericht. Absatz 3 Satz 3 gilt entsprechend. Die Länder übermitteln dem Bundesministerium für Gesundheit die für die Erstellung dieses Berichts erforderlichen Ergebnisse der Auswertung.“ 2. §19 wird wie folgt gefasst: „§19 §9 Absatz 2 bis 4 tritt am 31. Dezember 2017 außer Kraft. Ausbildungen nach §9 Absatz 2, die vor dem 31. Dezember 2017 begonnen worden sind, werden nach dieser Bestimmung abgeschlossen.“ (01.07.2009 – BT-Drucksache 16/ 13652). Was da im Bundestag in einer müden Sommersitzung beschlossen wurde, hat für unsere Berufsgruppen eine weitreichende Bedeutung. Auf der Basis der Modellklausel darf also nun jedes Bundesland die Ausbildung für die sogenannten nicht medizinischen Heilberufe als grundständiges Hochschulstudium anbieten. Die Modellprojekte sollen bis zum Jahr 2017 zeitlich begrenzt sein und einer sorgfältigen Evaluation unterliegen. Im Rahmen der Sachverständigenanhörung äußerten sich die Herren Heinz Christian Esser und Bodo Schlag kurz und bündig: „Der ZVK unterstützt uneingeschränkt die längst überfällige Initiative des Landes NRW und bittet die Beschlussgremien dringendst, der Vorlage des Bundesrates zuzustimmen. Der Begründung der Vorlage ist uneingeschränkt zuzustimmen“ (20.5.2009 [2]). Dieser Schritt wird auch vom Verband Physikalische Therapie (VPT) als sehr positiv bewertet; doch nicht in allen Bereichen ruft die Gesetzesinitiative Begeisterungsstürme hervor. Die vorläufige Stellungnahme der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) zum Gesetzentwurf ist äußerst kritisch und zeigt unübersehbar eine eher durch wirtschaftliche Interessen beeinflusste Argumentation: „Insofern ist diese Gesetzesinitiative, die auf eine weitere Akademisierung der nichtärztlichen Gesundheitsberufe abstellt, nach Auffassung der DKG nicht zwingend notwendig. [...] Eine potentielle Überforderung der Auszubildenden durch Konzentration auf theoretische Inhalte mit entsprechenden (berufs-)politischen Ansprüchen wird sicherlich langfristig nicht dazu führen, die geschaffenen Qualitätsstandards adäquat weiter zu entwickeln. 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Abstract
Korrespondenzadresse Kirstin-Friederike Heise, MSc Neurophysiotherapy, BSc, PT Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistr. 52 20246 Hamburg kheise@uke.uni-hamburg.de Umrahmt von der Regierungserklärung der deutschen Bundeskanzlerin zum G8-Gipfel und einem bunten Strauß an Themen wie gleichgeschlechtliche Ehe, Genmais und zukünftige Energieaußenpolitik hat der deutsche Bundestag am 3. Juli dieses Jahres als Tagesordnungspunkt Nr. 26 über den vom deutschen Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Modellklausel in die Berufsgesetze der Hebammen, Logopäden, Physiotherapeuten und Ergotherapeuten beraten [3]. Dieser vom Bundestag schließlich in 2. und 3. Beratung angenommene Entwurf für die Änderung des Masseurund Physiotherapeutengesetz liest sich jetzt folgendermaßen: Artikel 4 Änderung des Masseurund Physiotherapeutengesetzes Das Masseurund Physiotherapeutengesetz vom 26. Mai 1994 (BGB1. I S. 1084), das zuletzt durch [...] geändert worden ist, wird wie folgt geändert: § 9 wird wie folgt geändert: Der Wortlaut wird Absatz 1 Die folgenden Absätze 2 bis 4 werden angefügt: „(2) Zur Erprobung von Ausbildungsangeboten, die der Weiterentwicklung des Physiotherapeutenberufs unter Berücksichtigung der berufsfeldspezifischen Anforderungen sowie moderner berufspädagogischer Erkenntnisse dienen sollen, können die Länder von Absatz 1 Satz 2 erster Halbsatz abweichen. Abweichungen von der Ausbildungsund Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten sind nur zulässig, soweit sie den theoretischen und praktischen Unterricht in § 1 Absatz 1 sowie die Anlage1 BuchstabeA der Verordnung betreffen. Im Übrigen gilt die Verordnung unverändert mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Schule die Hochschule tritt. Durch die Erprobung darf das Erreichen des Ausbildungsziels nicht gefährdet werden. Die Vereinbarkeit der Ausbildung mit der Richtlinie 2005/36/EG ist zu gewährleisten. (3) Ziele, Dauer, Art und allgemeine Vorgaben zur Ausgestaltung der Modellvorhaben sowie die Bedingungen für die Teilnahme sind jeweils von den Ländern festzulegen. Die Länder stellen jeweils eine wissenschaftliche Begleitung und Auswertung der Modellvorhaben im Hinblick auf die Erreichung der Ziele sicher. Diese erfolgt auf der Grundlage von Richtlinien, die das Bundesministerium für Gesundheit bis zum 30. November 2009 im Bundesanzeiger bekannt macht. (4) Das Bundesministerium für Gesundheit erstattet dem Deutschen Bundestag bis zum 31. Dezember 2015 über die Ergebnisse der Modellvorhaben nach Absatz 2 Bericht. Absatz 3 Satz 3 gilt entsprechend. Die Länder übermitteln dem Bundesministerium für Gesundheit die für die Erstellung dieses Berichts erforderlichen Ergebnisse der Auswertung.“ 2. §19 wird wie folgt gefasst: „§19 §9 Absatz 2 bis 4 tritt am 31. Dezember 2017 außer Kraft. Ausbildungen nach §9 Absatz 2, die vor dem 31. Dezember 2017 begonnen worden sind, werden nach dieser Bestimmung abgeschlossen.“ (01.07.2009 – BT-Drucksache 16/ 13652). Was da im Bundestag in einer müden Sommersitzung beschlossen wurde, hat für unsere Berufsgruppen eine weitreichende Bedeutung. Auf der Basis der Modellklausel darf also nun jedes Bundesland die Ausbildung für die sogenannten nicht medizinischen Heilberufe als grundständiges Hochschulstudium anbieten. Die Modellprojekte sollen bis zum Jahr 2017 zeitlich begrenzt sein und einer sorgfältigen Evaluation unterliegen. Im Rahmen der Sachverständigenanhörung äußerten sich die Herren Heinz Christian Esser und Bodo Schlag kurz und bündig: „Der ZVK unterstützt uneingeschränkt die längst überfällige Initiative des Landes NRW und bittet die Beschlussgremien dringendst, der Vorlage des Bundesrates zuzustimmen. Der Begründung der Vorlage ist uneingeschränkt zuzustimmen“ (20.5.2009 [2]). Dieser Schritt wird auch vom Verband Physikalische Therapie (VPT) als sehr positiv bewertet; doch nicht in allen Bereichen ruft die Gesetzesinitiative Begeisterungsstürme hervor. Die vorläufige Stellungnahme der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) zum Gesetzentwurf ist äußerst kritisch und zeigt unübersehbar eine eher durch wirtschaftliche Interessen beeinflusste Argumentation: „Insofern ist diese Gesetzesinitiative, die auf eine weitere Akademisierung der nichtärztlichen Gesundheitsberufe abstellt, nach Auffassung der DKG nicht zwingend notwendig. [...] Eine potentielle Überforderung der Auszubildenden durch Konzentration auf theoretische Inhalte mit entsprechenden (berufs-)politischen Ansprüchen wird sicherlich langfristig nicht dazu führen, die geschaffenen Qualitätsstandards adäquat weiter zu entwickeln. Bei einer (sachlich nicht begründbaren) generellen Akademisierung der nichtärztlichen Gesundheitsberufe besteht mithin die Gefahr der Verteuerung der medizinischen und pflegerischen Versor-