{"title":"Zeitbezüge im Faschingskostüm","authors":"Lars Deile","doi":"10.14361/9783839453582-006","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Wie kommt es, dass »Cowboys und Indianer«, römische Legionäre oder Robin Hood heute kaum noch als Karnevalskostüme auftauchen? Germanen oder Astronauten sind eigentlich ganz verschwunden. Stattdessen dominieren Erdbeeren, Feuerwehrmänner oder Sondereinsatzkommandos das Geschehen um die Fünfte Jahreszeit? Dieser Artikel versucht, den Moden auf den Grund zu gehen, indem er die Veränderungen der Karnevalskostüme in den letzten 200 Jahren vor der Theorie des Geschichtlichkeitsregimes liest und interpretiert. François Hartog und andere haben die Veränderungen beschrieben, wie sich die Menschen im Zuge der Moderne in der Zeit konstruierten, wie sie ihre Gegenwart auf Vergangenheit und Zukunft bezogen. Die für die Moderne konstitutive Verschiebung vom Vergangenheits- zum Zukunftsbezug lässt sich auch bei der Wahl des Karnevalskostüms beobachten, wenn auch mit einer viel größeren zeitlichen Verzögerung, als bisher theoretisch gedacht. Der Artikel wirft einen exemplarischen Blick auf Postkarten, Fotosammlungen und Verkaufsranglisten. Zu beobachten ist jedoch ein Präsentismus, wie ihn Hartog herausgearbeitet hat, ein Einkeilen zwischen einer Vergangenheit, die nicht mehr zu erreichen ist, und einer Zukunft, die nicht mehr erreicht werden kann. Das scheinbar triviale Phänomen des Karnevalskostüms kann als alltagskulturelles Symbol für etwas gelesen werden, das bisher vor allem theoretisch beschrieben wurde. Zugleich wird deutlich, dass es alles andere als beliebig ist, was als Kostüm für die Karnevalsfeier gewählt wird.","PeriodicalId":184307,"journal":{"name":"Public History - Angewandte Geschichte","volume":"33 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2021-08-05","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Public History - Angewandte Geschichte","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.14361/9783839453582-006","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
Wie kommt es, dass »Cowboys und Indianer«, römische Legionäre oder Robin Hood heute kaum noch als Karnevalskostüme auftauchen? Germanen oder Astronauten sind eigentlich ganz verschwunden. Stattdessen dominieren Erdbeeren, Feuerwehrmänner oder Sondereinsatzkommandos das Geschehen um die Fünfte Jahreszeit? Dieser Artikel versucht, den Moden auf den Grund zu gehen, indem er die Veränderungen der Karnevalskostüme in den letzten 200 Jahren vor der Theorie des Geschichtlichkeitsregimes liest und interpretiert. François Hartog und andere haben die Veränderungen beschrieben, wie sich die Menschen im Zuge der Moderne in der Zeit konstruierten, wie sie ihre Gegenwart auf Vergangenheit und Zukunft bezogen. Die für die Moderne konstitutive Verschiebung vom Vergangenheits- zum Zukunftsbezug lässt sich auch bei der Wahl des Karnevalskostüms beobachten, wenn auch mit einer viel größeren zeitlichen Verzögerung, als bisher theoretisch gedacht. Der Artikel wirft einen exemplarischen Blick auf Postkarten, Fotosammlungen und Verkaufsranglisten. Zu beobachten ist jedoch ein Präsentismus, wie ihn Hartog herausgearbeitet hat, ein Einkeilen zwischen einer Vergangenheit, die nicht mehr zu erreichen ist, und einer Zukunft, die nicht mehr erreicht werden kann. Das scheinbar triviale Phänomen des Karnevalskostüms kann als alltagskulturelles Symbol für etwas gelesen werden, das bisher vor allem theoretisch beschrieben wurde. Zugleich wird deutlich, dass es alles andere als beliebig ist, was als Kostüm für die Karnevalsfeier gewählt wird.