{"title":"自拍中的上帝","authors":"K. Tetzlaff","doi":"10.1515/nzsth-2023-0012","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Zusammenfassung Am Beispiel der häufig zum Symptom eines narzisstischen Zeitalters erklärten Selfie-Praxis wird in diesem Text das Verhältnis von Selbstdarstellung und Verkündigung bedacht. Das in den Sozialen Medien verbreitete Phänomen, sich selbst zum Bild zu machen und anderen Bilder von sich selbst zu präsentieren, tritt dabei als ein religiös grundiertes Unterfangen vor Augen. Eine Sehnsucht nach unvergänglicher Gegenwart lässt sich in der Selfie-Praxis ebenso artikuliert finden wie ein Bewusstsein für die undarstellbare Dimension des individuellen Selbst. Beide Aspekten werden zudem als Versuch eines produktiven Umgangs mit herausfordernden Entwicklungen der Moderne verstanden: mit der durch den sozialen Beschleunigungsdruck hervorgerufenen Gegenwartsschrumpfung auf der einen und dem Zwang zur digitalen Selbstpräsentation auf der anderen Seite. Mithin lässt sich das im Selfie zum Ausdruck kommende Bewusstsein auf die Rede von Gott beziehen: auf Gott als Korrelat jener Sehnsucht nach unvergänglicher Gegenwart und als Inbegriff einer dem menschlichen Selbst unsichtbar eingeschriebenen Lebendigkeit. In dieser ihm innewohnenden Verweisstruktur lässt sich das Selfie selbst als verkündigungsförmig ansehen, was den auch in der Theologie verbreiteten Narzissmusvorwurf gegenüber religiösen Selbstdarstellungspraktiken nicht nur in der Predigtarbeit entkräften sollte.","PeriodicalId":51975,"journal":{"name":"NEUE ZEITSCHRIFT FUR SYSTEMATISCHE THEOLOGIE UND RELIGIONSPHILOSOPHIE","volume":"65 1","pages":"55 - 75"},"PeriodicalIF":0.2000,"publicationDate":"2023-03-27","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Gott im Selfie\",\"authors\":\"K. Tetzlaff\",\"doi\":\"10.1515/nzsth-2023-0012\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"Zusammenfassung Am Beispiel der häufig zum Symptom eines narzisstischen Zeitalters erklärten Selfie-Praxis wird in diesem Text das Verhältnis von Selbstdarstellung und Verkündigung bedacht. Das in den Sozialen Medien verbreitete Phänomen, sich selbst zum Bild zu machen und anderen Bilder von sich selbst zu präsentieren, tritt dabei als ein religiös grundiertes Unterfangen vor Augen. Eine Sehnsucht nach unvergänglicher Gegenwart lässt sich in der Selfie-Praxis ebenso artikuliert finden wie ein Bewusstsein für die undarstellbare Dimension des individuellen Selbst. Beide Aspekten werden zudem als Versuch eines produktiven Umgangs mit herausfordernden Entwicklungen der Moderne verstanden: mit der durch den sozialen Beschleunigungsdruck hervorgerufenen Gegenwartsschrumpfung auf der einen und dem Zwang zur digitalen Selbstpräsentation auf der anderen Seite. Mithin lässt sich das im Selfie zum Ausdruck kommende Bewusstsein auf die Rede von Gott beziehen: auf Gott als Korrelat jener Sehnsucht nach unvergänglicher Gegenwart und als Inbegriff einer dem menschlichen Selbst unsichtbar eingeschriebenen Lebendigkeit. In dieser ihm innewohnenden Verweisstruktur lässt sich das Selfie selbst als verkündigungsförmig ansehen, was den auch in der Theologie verbreiteten Narzissmusvorwurf gegenüber religiösen Selbstdarstellungspraktiken nicht nur in der Predigtarbeit entkräften sollte.\",\"PeriodicalId\":51975,\"journal\":{\"name\":\"NEUE ZEITSCHRIFT FUR SYSTEMATISCHE THEOLOGIE UND RELIGIONSPHILOSOPHIE\",\"volume\":\"65 1\",\"pages\":\"55 - 75\"},\"PeriodicalIF\":0.2000,\"publicationDate\":\"2023-03-27\",\"publicationTypes\":\"Journal Article\",\"fieldsOfStudy\":null,\"isOpenAccess\":false,\"openAccessPdf\":\"\",\"citationCount\":\"0\",\"resultStr\":null,\"platform\":\"Semanticscholar\",\"paperid\":null,\"PeriodicalName\":\"NEUE ZEITSCHRIFT FUR SYSTEMATISCHE THEOLOGIE UND RELIGIONSPHILOSOPHIE\",\"FirstCategoryId\":\"1085\",\"ListUrlMain\":\"https://doi.org/10.1515/nzsth-2023-0012\",\"RegionNum\":4,\"RegionCategory\":\"哲学\",\"ArticlePicture\":[],\"TitleCN\":null,\"AbstractTextCN\":null,\"PMCID\":null,\"EPubDate\":\"\",\"PubModel\":\"\",\"JCR\":\"0\",\"JCRName\":\"PHILOSOPHY\",\"Score\":null,\"Total\":0}","platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"NEUE ZEITSCHRIFT FUR SYSTEMATISCHE THEOLOGIE UND RELIGIONSPHILOSOPHIE","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1515/nzsth-2023-0012","RegionNum":4,"RegionCategory":"哲学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"0","JCRName":"PHILOSOPHY","Score":null,"Total":0}
Zusammenfassung Am Beispiel der häufig zum Symptom eines narzisstischen Zeitalters erklärten Selfie-Praxis wird in diesem Text das Verhältnis von Selbstdarstellung und Verkündigung bedacht. Das in den Sozialen Medien verbreitete Phänomen, sich selbst zum Bild zu machen und anderen Bilder von sich selbst zu präsentieren, tritt dabei als ein religiös grundiertes Unterfangen vor Augen. Eine Sehnsucht nach unvergänglicher Gegenwart lässt sich in der Selfie-Praxis ebenso artikuliert finden wie ein Bewusstsein für die undarstellbare Dimension des individuellen Selbst. Beide Aspekten werden zudem als Versuch eines produktiven Umgangs mit herausfordernden Entwicklungen der Moderne verstanden: mit der durch den sozialen Beschleunigungsdruck hervorgerufenen Gegenwartsschrumpfung auf der einen und dem Zwang zur digitalen Selbstpräsentation auf der anderen Seite. Mithin lässt sich das im Selfie zum Ausdruck kommende Bewusstsein auf die Rede von Gott beziehen: auf Gott als Korrelat jener Sehnsucht nach unvergänglicher Gegenwart und als Inbegriff einer dem menschlichen Selbst unsichtbar eingeschriebenen Lebendigkeit. In dieser ihm innewohnenden Verweisstruktur lässt sich das Selfie selbst als verkündigungsförmig ansehen, was den auch in der Theologie verbreiteten Narzissmusvorwurf gegenüber religiösen Selbstdarstellungspraktiken nicht nur in der Predigtarbeit entkräften sollte.
期刊介绍:
The Neue Zeitschrift für Systematische Theologie und Religionsphilosophie which is published in three annual issues of 112 pages each, examines the exciting dialogue between Lutheran-Reformed theology and philosophy in the broadest sense, seeks to keep open a breadth of responsible thought in the controversial issue of contemporary theology, and offers a variety of ways to formulate questions. Through its international editorial board, it guarantees an exchange of theological research in German and English. Each issue features a review of periodicals which serve to keep the reader abreast of new research in the field.