{"title":"精神振作的前台女人的灵药","authors":"Emma Louise Brucklacher","doi":"10.1515/anab-2019-0012","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Satirische Beschreibungen der Frau, zumeist aus der Perspektive von Männern, sind in der Literatur der Frühen Neuzeit ubiquitär.1 Während sich im Zuge der Aufklärung die essentialistische Vorstellung zweier ‹natürlicher› und unwandelbarer Geschlechter weitgehend durchsetzte, galt die Frau zuvor vorrangig als defizitäre Version des Mannes, woraus ihre ontologische Inferiorität abgeleitet wurde.2 Das 17. Jahrhundert repräsentiert die Hochphase der Querelle des Sexes im deutschsprachigen Raum, des Geschlechterstreits, in welchem der moralische Rang, der Wert sowie die intellektuellen Fähigkeiten von Frauen zunehmend kontrovers diskutiert wurden.3 Frauensatiren zielen auf Eigenschaften und Verhaltensweisen weiblicher Figuren, die einer gesellschaftlich kodierten gender-Norm nicht entsprechen und insofern auch ‹den Mann› mitteloder unmittelbar betreffen. So stellen ‹böse Frauen› eine Herausforderung für die Männer dar, wie Balthasar Kindermann in seiner prosimetrischen Satire Die Böse Sieben (1662) – frei nach Salomon – paradigmatisch zum Ausdruck bringt: «Denn ich mich/ in Wahrheit/ für den bösen Weibern ärger fürchte/ als für allen ThiegerThieren in gantz Lybien».4 Insofern, als die wirkungsästhetische Funktion der Frauensatire darin besteht, mit der übersteigerten Repräsentation weiblichen Unwesens die gegenderte Norm zu affirmieren, reagiert die Frauensatire auf die in der Querelle des Sexes artikulierte Infragestellung vermeintlich gottgegebener männlicher Überlegenheit.5 Doch neben der dargestellten","PeriodicalId":42033,"journal":{"name":"ANTIKE UND ABENDLAND","volume":"65-66 1","pages":"244 - 265"},"PeriodicalIF":0.1000,"publicationDate":"2020-09-10","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/anab-2019-0012","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Semonides-Rezeption in der Frühen Neuzeit. Literarische Indienstnahmen des Weiberiambos\",\"authors\":\"Emma Louise Brucklacher\",\"doi\":\"10.1515/anab-2019-0012\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"Satirische Beschreibungen der Frau, zumeist aus der Perspektive von Männern, sind in der Literatur der Frühen Neuzeit ubiquitär.1 Während sich im Zuge der Aufklärung die essentialistische Vorstellung zweier ‹natürlicher› und unwandelbarer Geschlechter weitgehend durchsetzte, galt die Frau zuvor vorrangig als defizitäre Version des Mannes, woraus ihre ontologische Inferiorität abgeleitet wurde.2 Das 17. Jahrhundert repräsentiert die Hochphase der Querelle des Sexes im deutschsprachigen Raum, des Geschlechterstreits, in welchem der moralische Rang, der Wert sowie die intellektuellen Fähigkeiten von Frauen zunehmend kontrovers diskutiert wurden.3 Frauensatiren zielen auf Eigenschaften und Verhaltensweisen weiblicher Figuren, die einer gesellschaftlich kodierten gender-Norm nicht entsprechen und insofern auch ‹den Mann› mitteloder unmittelbar betreffen. So stellen ‹böse Frauen› eine Herausforderung für die Männer dar, wie Balthasar Kindermann in seiner prosimetrischen Satire Die Böse Sieben (1662) – frei nach Salomon – paradigmatisch zum Ausdruck bringt: «Denn ich mich/ in Wahrheit/ für den bösen Weibern ärger fürchte/ als für allen ThiegerThieren in gantz Lybien».4 Insofern, als die wirkungsästhetische Funktion der Frauensatire darin besteht, mit der übersteigerten Repräsentation weiblichen Unwesens die gegenderte Norm zu affirmieren, reagiert die Frauensatire auf die in der Querelle des Sexes artikulierte Infragestellung vermeintlich gottgegebener männlicher Überlegenheit.5 Doch neben der dargestellten\",\"PeriodicalId\":42033,\"journal\":{\"name\":\"ANTIKE UND ABENDLAND\",\"volume\":\"65-66 1\",\"pages\":\"244 - 265\"},\"PeriodicalIF\":0.1000,\"publicationDate\":\"2020-09-10\",\"publicationTypes\":\"Journal Article\",\"fieldsOfStudy\":null,\"isOpenAccess\":false,\"openAccessPdf\":\"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/anab-2019-0012\",\"citationCount\":\"0\",\"resultStr\":null,\"platform\":\"Semanticscholar\",\"paperid\":null,\"PeriodicalName\":\"ANTIKE UND ABENDLAND\",\"FirstCategoryId\":\"1085\",\"ListUrlMain\":\"https://doi.org/10.1515/anab-2019-0012\",\"RegionNum\":4,\"RegionCategory\":\"历史学\",\"ArticlePicture\":[],\"TitleCN\":null,\"AbstractTextCN\":null,\"PMCID\":null,\"EPubDate\":\"\",\"PubModel\":\"\",\"JCR\":\"0\",\"JCRName\":\"CLASSICS\",\"Score\":null,\"Total\":0}","platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"ANTIKE UND ABENDLAND","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1515/anab-2019-0012","RegionNum":4,"RegionCategory":"历史学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"0","JCRName":"CLASSICS","Score":null,"Total":0}
Semonides-Rezeption in der Frühen Neuzeit. Literarische Indienstnahmen des Weiberiambos
Satirische Beschreibungen der Frau, zumeist aus der Perspektive von Männern, sind in der Literatur der Frühen Neuzeit ubiquitär.1 Während sich im Zuge der Aufklärung die essentialistische Vorstellung zweier ‹natürlicher› und unwandelbarer Geschlechter weitgehend durchsetzte, galt die Frau zuvor vorrangig als defizitäre Version des Mannes, woraus ihre ontologische Inferiorität abgeleitet wurde.2 Das 17. Jahrhundert repräsentiert die Hochphase der Querelle des Sexes im deutschsprachigen Raum, des Geschlechterstreits, in welchem der moralische Rang, der Wert sowie die intellektuellen Fähigkeiten von Frauen zunehmend kontrovers diskutiert wurden.3 Frauensatiren zielen auf Eigenschaften und Verhaltensweisen weiblicher Figuren, die einer gesellschaftlich kodierten gender-Norm nicht entsprechen und insofern auch ‹den Mann› mitteloder unmittelbar betreffen. So stellen ‹böse Frauen› eine Herausforderung für die Männer dar, wie Balthasar Kindermann in seiner prosimetrischen Satire Die Böse Sieben (1662) – frei nach Salomon – paradigmatisch zum Ausdruck bringt: «Denn ich mich/ in Wahrheit/ für den bösen Weibern ärger fürchte/ als für allen ThiegerThieren in gantz Lybien».4 Insofern, als die wirkungsästhetische Funktion der Frauensatire darin besteht, mit der übersteigerten Repräsentation weiblichen Unwesens die gegenderte Norm zu affirmieren, reagiert die Frauensatire auf die in der Querelle des Sexes artikulierte Infragestellung vermeintlich gottgegebener männlicher Überlegenheit.5 Doch neben der dargestellten
期刊介绍:
The ANTIKE UND ABENDLAND yearbook was founded immediately after the Second World War by Bruno Snell as a forum for interdisciplinary discussion of topics from Antiquity and the history of their later effects. The Editorial Board contains representatives from the disciplines of Classical Studies, Ancient History, Germanic Studies, Romance Studies and English Studies. Articles are published on classical literature and its reception, the history of science, Greek myths, classical mythology and its European heritage; in addition, there are contributions on Ancient history, art, philosophy, science, religion and their significance for the history of European culture and thought.