{"title":"在占领","authors":"Mykola Homanyuk","doi":"10.35998/oe-2023-008","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Nach der Eroberung Wiens und der Besetzung durch alliierte Soldaten begann im April 1945 der Wiederaufbau demokratischer Strukturen in Österreich. Die NS-Polizei hatte sich aufgelöst. Die Sicherheitsverhältnisse waren chaotisch. Generalleutnant Alexej W. Blagodatow, der am 13. April 1945 Wien eingenommen hatte, wurde am 17. April sowjetischer Stadtkommandant von Wien. Er setzte Theodor Körner zum provisorischen Bürgermeister ein. Um die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten, richtete die sowjetische Besatzungsmacht in einigen Bezirken Polizeistellen ein. Deren Leiter waren meist Kommunisten und hatten vom Polizeidienst wenig Ahnung. Sie nahmen Freiwillige als Hilfspolizisten auf, Hauptvoraussetzung war die „politische Zuverlässigkeit“. Einige Hilfspolizisten plünderten im Dienst Wohnungen und verübten andere Straftaten. Polizeilicher Hilfsdienst. Der Kommunist Rudolf Hautmann, ein Schlosser, der nach Kriegsende in Wien-Simmering die Lebensmittelversorgung organisiert hatte, wurde von den Sowjets am 21. April 1945 zum Polizeichef von Wien ernannt. Er richtete über Auftrag der sowjetischen Kommandantur den „Polizeilichen Hilfsdienst“ ein. Die aus 7.200 Männern bestehende Truppe unterstand Generalleutnant Alexej W. Blagodatow. Die Hilfspolizisten erhielten Dienstlegitimationen und Armbinden mit dem Aufdruck „Polizeilicher Hilfsdienst für die Kommandantur der Stadt Wien“. Hautmann erließ am 28. Mai 1945 eine Anweisung an die Polizeichefs der Bezirke 1 bis 21 über die „Durchführung einer schlagkräftigen Verhaftungswelle“ und die „Aufstellung eines Spezialtrupps“ unter „Zuhilfenahme von Rotarmisten“. Tags zuvor hatte Hautmann seine Hilfspolizisten angewiesen, NS-Belastete zu verhaften. 5.500 Menschen wurden daraufhin in Wien festgenommen. Generalleutnant Blagodatow ließ auch eine 400 Mann starke Alarmabteilung aufstellen, mit Sitz in der Hofburg. Eine weitere Truppe mit Polizeiaufgaben nach Kriegsende in Wien bestand aus Antifaschisten, die in der jugoslawischen Armee im „zweiten österreichischen Freiheitsbataillon“ gedient hatten. Bataillonsangehörige dienten auch bei der Gendarmerie und im Grenzschutz an der tschechoslowakischen Grenze und bildeten den Wehrschutz in USIA-Betrieben. 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