{"title":"Umweltbezogene Gesundheitsstörungen","authors":"M. Bullinger","doi":"10.1055/s-0028-1090032","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Zu den Bereichen, die die Beziehung zwischen Medizin und Psychologie in besonderer Weise beleuchten, gehört das Leiden an der Umwelt. Pa− rallel zu den Bemühungen um eine Reduktion von Umweltbelastungen wird fast tagtäglich in den Medien die Versehrtheit unserer Lebenswelt eindrücklich präsentiert. Von den ersten Ausei− nandersetzungen um die 1Startbahn West“ des Frankfurter Flughafens über die vehementen De− monstrationen gegen die Castortransporte bis hin zu den prognostizierten Folgen des Klima− wandels verfolgt viele Menschen im Lande die Sorge um schädliche Auswirkungen von Umwelt− faktoren. Dies ist sicherlich auch Folge eines ge− stiegenen Umweltbewusstseins: Repräsentative Bevölkerungsumfragen zum Thema zeigen, dass der Schutz der Umwelt im Verhältnis zu anderen politischen Problemfeldern (z. B. Arbeitslosig− keit) zwar nicht den ersten, aber immerhin den dritten Platz inne hat [1]. Die zunehmende Erkenntnis, dass Umwelt ein schützenswertes Gut ist und die natürliche Um− welt durch vom Menschen initiierte Aktivitäten negativ verändert wird, hat zu umweltbewusste− rem Verhalten und zu einer höheren Sensibilität für mögliche Gefahren aus der Umwelt geführt. Immerhin wird die Gefahr, an umweltbedingten Gesundheitsstörungen zu erkranken, von über 45% der Befragten einer Münchener Public Health Studie als eher 1sehr hoch“ bewertet, wo− bei besonders Umweltfaktoren wie Schadstoffbe− lastung in der 1Nahrung“ und im 1Autoverkehr“ als störend und gesundheitsabträglich gewertet werden [2]. Die potenzielle Bedrohlichkeit, die von diesen Veränderungen ausgeht, hat sich auch in verstärkten Befürchtungen um negative Effekte von Umweltfaktoren auf die Gesundheit geäußert. Die Frage, ob die Umwelt krank macht, bewegt die Gemüter [3]. Allerdings werden Erkrankun− gen durch Umweltfaktoren nicht nur befürchtet, sondern auch real erlebt. Dieses reale Erleben, das Gefühl oder die Vermutung, körperliche oder psychische Beschwerden aufgrund von Um− weltfaktoren erleiden zu müssen, führt zu einer Verunsicherung, gepaart mit dem Versuch, ärzt− lichen Rat zu suchen. Dazu ein Fallbeispiel: Eine 46−jährige Frau berichtet ihrer Zahnärztin, dass sie schon lange und aktuell zunehmend unter Symptomen wie Kopfschmerz, Abgeschlagenheit und Konzentrationsstörungen leidet. Die vorerst unerklärlichen Symptome schreibt sie ihren Amalgamfüllungen zu, seit sie vor einigen Tagen eine Fernsehsendung zu diesem Thema gesehen hat. Sie bittet um Entfernung der ± ohnehin schon erneuerungsbedürftigen ± Amalgamfül− lungen, worin die Ärztin auch einwilligt. Die Pa− tientin berichtet bei der Nachuntersuchung über eine fast vollständige Beschwerdefreiheit, die die Ärztin verblüfft. Diese hat nämlich gerade einen Enquete−Bericht zum Thema gelesen, nachdem von Amalgamfüllungen keine Gesundheitsschä− digung ausgeht. Mit solchen oder ähnlichen Fällen beschäftigt sich das Fach Umweltmedizin, das aufgrund gesi− cherter, wissenschaftlicher Erkenntnisse die mögliche Verursachung von gesundheitlichen Störungen durch Umweltschadstoffe erforscht [4]. Die Umweltmedizin hat mehrere Identitäten: Die erste ist eine deskriptiv−epidemiologische, wobei es hier um bevölkerungsbezogene Daten Gestiegenes Umweltbewusstsein.","PeriodicalId":345802,"journal":{"name":"Psychother Psych Med","volume":"13 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2008-10-31","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"2","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Psychother Psych Med","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1055/s-0028-1090032","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Zu den Bereichen, die die Beziehung zwischen Medizin und Psychologie in besonderer Weise beleuchten, gehört das Leiden an der Umwelt. Pa− rallel zu den Bemühungen um eine Reduktion von Umweltbelastungen wird fast tagtäglich in den Medien die Versehrtheit unserer Lebenswelt eindrücklich präsentiert. Von den ersten Ausei− nandersetzungen um die 1Startbahn West“ des Frankfurter Flughafens über die vehementen De− monstrationen gegen die Castortransporte bis hin zu den prognostizierten Folgen des Klima− wandels verfolgt viele Menschen im Lande die Sorge um schädliche Auswirkungen von Umwelt− faktoren. Dies ist sicherlich auch Folge eines ge− stiegenen Umweltbewusstseins: Repräsentative Bevölkerungsumfragen zum Thema zeigen, dass der Schutz der Umwelt im Verhältnis zu anderen politischen Problemfeldern (z. B. Arbeitslosig− keit) zwar nicht den ersten, aber immerhin den dritten Platz inne hat [1]. Die zunehmende Erkenntnis, dass Umwelt ein schützenswertes Gut ist und die natürliche Um− welt durch vom Menschen initiierte Aktivitäten negativ verändert wird, hat zu umweltbewusste− rem Verhalten und zu einer höheren Sensibilität für mögliche Gefahren aus der Umwelt geführt. Immerhin wird die Gefahr, an umweltbedingten Gesundheitsstörungen zu erkranken, von über 45% der Befragten einer Münchener Public Health Studie als eher 1sehr hoch“ bewertet, wo− bei besonders Umweltfaktoren wie Schadstoffbe− lastung in der 1Nahrung“ und im 1Autoverkehr“ als störend und gesundheitsabträglich gewertet werden [2]. Die potenzielle Bedrohlichkeit, die von diesen Veränderungen ausgeht, hat sich auch in verstärkten Befürchtungen um negative Effekte von Umweltfaktoren auf die Gesundheit geäußert. Die Frage, ob die Umwelt krank macht, bewegt die Gemüter [3]. Allerdings werden Erkrankun− gen durch Umweltfaktoren nicht nur befürchtet, sondern auch real erlebt. Dieses reale Erleben, das Gefühl oder die Vermutung, körperliche oder psychische Beschwerden aufgrund von Um− weltfaktoren erleiden zu müssen, führt zu einer Verunsicherung, gepaart mit dem Versuch, ärzt− lichen Rat zu suchen. Dazu ein Fallbeispiel: Eine 46−jährige Frau berichtet ihrer Zahnärztin, dass sie schon lange und aktuell zunehmend unter Symptomen wie Kopfschmerz, Abgeschlagenheit und Konzentrationsstörungen leidet. Die vorerst unerklärlichen Symptome schreibt sie ihren Amalgamfüllungen zu, seit sie vor einigen Tagen eine Fernsehsendung zu diesem Thema gesehen hat. Sie bittet um Entfernung der ± ohnehin schon erneuerungsbedürftigen ± Amalgamfül− lungen, worin die Ärztin auch einwilligt. Die Pa− tientin berichtet bei der Nachuntersuchung über eine fast vollständige Beschwerdefreiheit, die die Ärztin verblüfft. Diese hat nämlich gerade einen Enquete−Bericht zum Thema gelesen, nachdem von Amalgamfüllungen keine Gesundheitsschä− digung ausgeht. Mit solchen oder ähnlichen Fällen beschäftigt sich das Fach Umweltmedizin, das aufgrund gesi− cherter, wissenschaftlicher Erkenntnisse die mögliche Verursachung von gesundheitlichen Störungen durch Umweltschadstoffe erforscht [4]. Die Umweltmedizin hat mehrere Identitäten: Die erste ist eine deskriptiv−epidemiologische, wobei es hier um bevölkerungsbezogene Daten Gestiegenes Umweltbewusstsein.