Vereinheitlichung des Erbkollisionsrechts in Europa Eine kritische Würdigung des Kommissionsvorschlags zur Erbrechtsverordnung Erster Teil (wird in Heft 4/2010 fortgesetzt)
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Abstract
Am 14. Oktober 2009 hat die Kommission den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen und öffentlichen Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses vorgelegt. Vorausgegangen war ihm eine vom Deutschen Notarinstitut in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Paul Lagarde (Paris I Panthéon-Sorbonne) und Prof. Dr. Heinrich Dörner (Münster) im Herbst 2002 fertig gestellte Studie über das materielle Erbrecht und das Erbkollisionsrecht in den seinerzeit 15 Mitgliedstaaten. Auf dieser Grundlage veröffentlichte die Kommission am 1. März 2005 ihr Grünbuch zum Erbund Testamentsrecht. Parallel dazu fertigte der Berichterstatter des Rechtsausschusses, Giuseppe Gargani, im Anschluss an die Expertenanhörung im Europäischen Parlament einen – aufgrund seiner ungewöhnlich detaillierten Vorgaben an einen Verordnungsentwurf erinnernden – Berichtsentwurf, den das Plenum mit Entschließung vom 16. November 2006 billigte und der fortan als Grundlage für die Arbeiten der Kommission an ihrem Textvorschlag diente. Obwohl er ursprünglich für April 2009 angekündigt worden war, hielten Sorgen über den Ausgang des irischen Referendums über den Vertrag von Lissabon (so die offizielle Sprachfassung), in Wirklichkeit aber wohl der politische Druck des Vereinigten Königreichs, das in der inoffiziell verlautbarten Textfassung zu wenig Übereinstimmung mit dem angelsächsischen Recht erkannte, die Kommission von einer termingerechten Vorlage des Vorschlags ab. So erfolgte die offizielle Präsentation des Textes erst am 14. Oktober 2009 im Anschluss an die Neuwahlen zum Europäischen Parlament. Ermächtigungsgrundlage bildet nach Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon zum 1. Dezember 2009 Art. 81 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. a, c und d AEU. Danach erlassen das Parlament und der Rat Maßnahmen, um die gegenseitige Anerkennung und die Vollstreckung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen zwischen den Mitgliedstaaten sowie die Vereinbarkeit der dort geltenden Kollisionsnormen und Vorschriften zur Vermeidung von Kompetenzkonflikten sicherzustellen. Für diese Harmonisierungsmaßnahmen ist das – nun so genannte – ordentliche Gesetzgebungsverfahren vorgesehen. Da das Erbrecht in den allermeisten mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen mit Ausnahme der nordischen Länder als eine gegenüber dem Familienrecht autonome Rechtsmaterie eingeordnet wird, gilt für das Gesetzgebungsprojekt nicht das Einstimmigkeitsprinzip im Rat (vgl. Art. 81 Abs. 3 S. 2 AEU). Neu eingeführt hat der Lissabon-Vertrag zur Stärkung des Grundsatzes der Subsidiarität ein institutionelles VorschaltVerfahren, mit dem die nationalen Parlamente einen Gesetzgebungsvorschlag wegen Missachtung des SubsidiaritätsprinGrundfragen – Buschbaum/Kohler, Vereinheitlichung des Erbkollisionsrechts in Europa 106 GPR 3/10