Paritätsverteilungen nach Geburtsjahrgängen, Lebensformen und Bildung bei besonderer Beachtung von Kinderlosigkeit und Kinderreichtum: eine demografisch-soziologische Analyse:
{"title":"Paritätsverteilungen nach Geburtsjahrgängen, Lebensformen und Bildung bei besonderer Beachtung von Kinderlosigkeit und Kinderreichtum: eine demografisch-soziologische Analyse:","authors":"J. Dorbritz","doi":"10.3224/ZFF.V27I3.21276","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Zusammenfassung In dem vorliegenden Beitrag wird erstens anhand der Daten des Mikrozensus 2012 nach besonderen Fertilitatsmustern in Deutschland gesucht. Einbezogen sind die Merkmale Lebensform, Bildung und die West-Ost-Unterschiede. Eine besondere Fokussierung der Analysen erfolgt auf die Auspragung von Kinderlosigkeit und Kinderreichtum. Es zeigt sich, dass die genannten Merkmale die durchschnittlichen Kinderzahlen und die Paritatsverteilungen enorm differenzieren. So haben Verheiratete und niedriger Qualifizierte deutlich mehr Kinder geboren. In der Kombination der Merkmale verstarken sich die Kontraste. Verheiratete Frauen ohne beruflichen Abschluss haben durchschnittlich 2,11 Kinder geboren. Dagegen sind es bei den Frauen, die ohne Partner im Haushalt leben und uber einen Hochschulabschluss oder eine Promotion verfugen, nur 0,67 Kinder (Geburtsjahrgange 1964-1968). Der Mikrozensus liefert aufgrund der hohen Fallzahlen exakte Befunde uber die Merkmale Kinderlosigkeit und Kinderreichtum. Nicht verfugbar sind Daten, die individuelle Einstellungen abbilden. Daher wurden zweitens auf der Grundlage des Familienleitbildsurveys 2012 des Bundesinstituts fur Bevolkerungsforschung weitere Einflussfaktoren auf Kinderlosigkeit und Kinderreichtum unter Einbeziehung von Einstellungsindikatoren untersucht. Ausgangspunkt sind die im Mikrozensus aufgefundenen Differenzierungen. Dabei konnte der Zusammenhang von Ehe und Partnersituationsowie Bildung zu Kinderlosigkeit und Kinderreichtum bestatigt werden. Die Analysen zu den Leitbildern zeigen, dass Familienleitbilder und das generative Verhalten eng miteinander verknupft sind. Als charakteristisch fur Deutschland gilt, dass sich Leitbilder etabliert haben, die Kinderlosigkeit stutzen und Kinderreichtum behindern. Kinderlosigkeit ist einerseits gesellschaftlich akzeptiert und hat eine gewisse Attraktivitat erlangt (Kinderlose konnen sich mehr leisten und ein selbstbestimmteres Leben fuhren). Andererseits wird eine Diskriminierung gegenuber Kinderreichen wahrgenommen. Hier spielt das Leitbild der verantworteten Elternschaft eine wichtige Rolle. Es wird angenommen, dass sich Kindereiche nicht mehr ausreichend genug um das einzelne Kind kummern konnen. Es sind insbesondere die Hochqualifizierten, die von einer gesellschaftlichen Stigmatisierung Kinderreicher ausgehen. Signifikante West-Ost-Unterschiede wurden nicht aufgefunden. Schlagworter: Geburten, Kinderlosigkeit, Kinderreichtum, Lebensformen, Bildung, West-Ost- Differenzierungen, Familienleitbilder, Geburtsjahrgange, endgultige Kinderzahl ------ Abstract Parity distributions according to birth cohorts, family status and education with special attention given to childlessness and large families This article initially looks for specific fertility patterns in Germany based on data from the 2012 Microcensus taking the characteristics ‘family status’, ‘education’ and ‘west/east differences’ into account. In particular, the analyses focus on the manifestations of childless couples and large families, revealing that these attributes differentiate the average numbers of children and the parity distributions to a large extent. For example, married persons and those with lower educational levels have far more children. When the attributes are combined, the contrasts intensify. Married women without vocational training had 2.11 children on average. By contrast, women who live without a partner in their household and have a university degree had only 0.67 children (birth cohorts 1964-1968). Because of its high case numbers, the Microcensus provides exact findings about the characteristics of childless couples and large families, but there are no data available that reveal individual attitudes. Therefore, in a second step we analysed additional determinants of childless couples and large families, concentrating on attitudes measured on the basis of the survey on family-related leitbilder conducted by the German Federal Institute for Population Research in 2012. With the differentiations found in the Microcensus serving as starting point, we were able to confirm the correlation of marriage and relationship status as well as education with childlessness or forming a large family, respectively. The analyses based on familyrelated leitbilder show that these are closely related to fertility behaviour. In Germany, typical leitbilder have evolved that encourage childlessness, while at the same time restrain the formation of large families. On the one hand, childlessness is generally accepted by the public at large and has become more attractive (i.e. it is said that childless couples are able to afford more and live a more self-determined life). On the other hand, large families are sometimes perceived as being anti-social. This is closely related to the notion of responsible and accountable parenthood. People assume that parents with many children cannot provide sufficient care for the individual child. Particularly the highly educated respondents assume that a social stigma exists for large families. There are no marked differences between eastern and western Germany. Keywords: births, childlessness, large families, family status, education, west/east differentiations, family leitbilder, birth cohorts, final number of children ----- Bibliographie: Dorbritz, Jurgen: Paritatsverteilungen nach Geburtsjahrgangen, Lebensformen und Bildung bei besonderer Beachtung von Kinderlosigkeit und Kinderreichtum, ZfF, 3-2015, S. 45-69. https://doi.org/10.3224/zff.v27i3.21276","PeriodicalId":273006,"journal":{"name":"Zeitschrift Fur Familienforschung","volume":"36 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2015-10-12","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"3","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Zeitschrift Fur Familienforschung","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.3224/ZFF.V27I3.21276","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Zusammenfassung In dem vorliegenden Beitrag wird erstens anhand der Daten des Mikrozensus 2012 nach besonderen Fertilitatsmustern in Deutschland gesucht. Einbezogen sind die Merkmale Lebensform, Bildung und die West-Ost-Unterschiede. Eine besondere Fokussierung der Analysen erfolgt auf die Auspragung von Kinderlosigkeit und Kinderreichtum. Es zeigt sich, dass die genannten Merkmale die durchschnittlichen Kinderzahlen und die Paritatsverteilungen enorm differenzieren. So haben Verheiratete und niedriger Qualifizierte deutlich mehr Kinder geboren. In der Kombination der Merkmale verstarken sich die Kontraste. Verheiratete Frauen ohne beruflichen Abschluss haben durchschnittlich 2,11 Kinder geboren. Dagegen sind es bei den Frauen, die ohne Partner im Haushalt leben und uber einen Hochschulabschluss oder eine Promotion verfugen, nur 0,67 Kinder (Geburtsjahrgange 1964-1968). Der Mikrozensus liefert aufgrund der hohen Fallzahlen exakte Befunde uber die Merkmale Kinderlosigkeit und Kinderreichtum. Nicht verfugbar sind Daten, die individuelle Einstellungen abbilden. Daher wurden zweitens auf der Grundlage des Familienleitbildsurveys 2012 des Bundesinstituts fur Bevolkerungsforschung weitere Einflussfaktoren auf Kinderlosigkeit und Kinderreichtum unter Einbeziehung von Einstellungsindikatoren untersucht. Ausgangspunkt sind die im Mikrozensus aufgefundenen Differenzierungen. Dabei konnte der Zusammenhang von Ehe und Partnersituationsowie Bildung zu Kinderlosigkeit und Kinderreichtum bestatigt werden. Die Analysen zu den Leitbildern zeigen, dass Familienleitbilder und das generative Verhalten eng miteinander verknupft sind. Als charakteristisch fur Deutschland gilt, dass sich Leitbilder etabliert haben, die Kinderlosigkeit stutzen und Kinderreichtum behindern. Kinderlosigkeit ist einerseits gesellschaftlich akzeptiert und hat eine gewisse Attraktivitat erlangt (Kinderlose konnen sich mehr leisten und ein selbstbestimmteres Leben fuhren). Andererseits wird eine Diskriminierung gegenuber Kinderreichen wahrgenommen. Hier spielt das Leitbild der verantworteten Elternschaft eine wichtige Rolle. Es wird angenommen, dass sich Kindereiche nicht mehr ausreichend genug um das einzelne Kind kummern konnen. Es sind insbesondere die Hochqualifizierten, die von einer gesellschaftlichen Stigmatisierung Kinderreicher ausgehen. Signifikante West-Ost-Unterschiede wurden nicht aufgefunden. Schlagworter: Geburten, Kinderlosigkeit, Kinderreichtum, Lebensformen, Bildung, West-Ost- Differenzierungen, Familienleitbilder, Geburtsjahrgange, endgultige Kinderzahl ------ Abstract Parity distributions according to birth cohorts, family status and education with special attention given to childlessness and large families This article initially looks for specific fertility patterns in Germany based on data from the 2012 Microcensus taking the characteristics ‘family status’, ‘education’ and ‘west/east differences’ into account. In particular, the analyses focus on the manifestations of childless couples and large families, revealing that these attributes differentiate the average numbers of children and the parity distributions to a large extent. For example, married persons and those with lower educational levels have far more children. When the attributes are combined, the contrasts intensify. Married women without vocational training had 2.11 children on average. By contrast, women who live without a partner in their household and have a university degree had only 0.67 children (birth cohorts 1964-1968). Because of its high case numbers, the Microcensus provides exact findings about the characteristics of childless couples and large families, but there are no data available that reveal individual attitudes. Therefore, in a second step we analysed additional determinants of childless couples and large families, concentrating on attitudes measured on the basis of the survey on family-related leitbilder conducted by the German Federal Institute for Population Research in 2012. With the differentiations found in the Microcensus serving as starting point, we were able to confirm the correlation of marriage and relationship status as well as education with childlessness or forming a large family, respectively. The analyses based on familyrelated leitbilder show that these are closely related to fertility behaviour. In Germany, typical leitbilder have evolved that encourage childlessness, while at the same time restrain the formation of large families. On the one hand, childlessness is generally accepted by the public at large and has become more attractive (i.e. it is said that childless couples are able to afford more and live a more self-determined life). On the other hand, large families are sometimes perceived as being anti-social. This is closely related to the notion of responsible and accountable parenthood. People assume that parents with many children cannot provide sufficient care for the individual child. Particularly the highly educated respondents assume that a social stigma exists for large families. There are no marked differences between eastern and western Germany. Keywords: births, childlessness, large families, family status, education, west/east differentiations, family leitbilder, birth cohorts, final number of children ----- Bibliographie: Dorbritz, Jurgen: Paritatsverteilungen nach Geburtsjahrgangen, Lebensformen und Bildung bei besonderer Beachtung von Kinderlosigkeit und Kinderreichtum, ZfF, 3-2015, S. 45-69. https://doi.org/10.3224/zff.v27i3.21276