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Abstract
Das Volksmärchen L’Arbre du Bœuf (‚Baum des Rindes/Ochsenbaum’) vom Typ ATU 511 [Ein-, Zwei-, Dreiäuglein] ist nach P. Delarue und M.-L. Tenèze das einzige französische Märchen, welches dem Subtyp AT 511 A [Kleiner Roter Ochse] angehört. L’Arbre du Bœuf ist darüber hinaus aufgrund einiger Motive besonders interessant, weil sie vermutlich aus archaischen Glaubensvorstellungen stammen: So ist die mystische „Reise zur Sonne“ ein bestimmendes Thema, welches seinen Ursprung im indoeuropäischen Mythos findet. Der Weltbaum als Axis Mundi und die Seelenbrücke sind Verbindungen zwischen dem Dies- und Jenseits, die der Märchenheld ebenso wie der Schamane bei seiner ekstatischen Reise in die lichte Himmelswelt benutzt. Magische Tier- und Helferwesen treten im Zaubermärchen auf und sind integrale Bestandteile schamanistischer Glaubenswelten. Wenn im Märchen auf oder aus dem geopferten Ochsen als heiliges Tier der Weltbaum sprießt, so findet dieses Sujet Entsprechungen in urtümlichen Kosmogonien. Damit ideell verwandt ist vielleicht das Motiv vom „Tierhorn als Weltbaum“, welches sich in archaischen kosmologischen Vorstellungen findet und sich von da her womöglich ebenso in die Märchenwelten eingemischt hat.