Algorithmen des Theaters. Ein Arbeitsbuch ed. by Ulf Otto (review)

IF 0.1 4区 艺术学 0 THEATER FORUM MODERNES THEATER Pub Date : 2023-01-01 DOI:10.1353/fmt.2023.a908152
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Interessant erscheint mir hierbei, dass Algorithmen neue Formate hervorbringen, die sich weg von einer Stückentwicklung hin zu „Prinzipien der Spielentwicklung\" (56) bewegen, wie der Arbeitsbericht von Georg Werner treffend beschreibt. Überraschenderweise interessiert sich der erste Beitrag des Bandes aber nicht für das Theater, sondern für eine Inszenierungsgeschichte von Algorithmen in Performances. Martina Leeker gibt hier einen blitzlichtartigen Abriss der Geschichte des Performens von und mit Algorithmen seit den 1960er Jahren und zeigt, wie diese verborgen, vermieden und – in der Gegenwart – verharmlost werden. Nur eine Rekonstruktion dieser Geschichte sowie eine gegenwärtige Standortbestimmung könne, so die Autorin, eine Kritik an der Wirkmacht algorithmischer Gouvernementalität ermöglichen. Sowohl in diesem Beitrag als auch dem gesamten Sammelband wird ersichtlich, dass Algorithmen und Big Data dominante Machtformen unserer Zeit sind. Dem geht der Beitrag von Ulf Otto tiefgründig nach. So skizziert er infolge von Technologisierung einen gesamtgesellschaftlichen Umbruch, der seine Auswirkungen auch im Theater zeigt. Der Autor beschreibt ein Theater der Kontrollgesellschaft, das ein Theater der Disziplinarmacht verabschiedet habe. Sein Referenzbeispiel hierfür ist die Performance Algorithmen von Turbo Pascal. Diese [End Page 143] analysiert er sowohlals Reflexion als auch Bestandteil der Kontrollgesellschaft und kann um dieses Beispiel herum eine grobe, aber interessante These zur Verwobenheit von Theater, Gesellschaft, Macht und Technologie erbringen. Mit den technologischen Veränderungen, die sich auf den Theaterapparat auswirken, kommen auch gängige Methoden der Theaterwissenschaft (Semiotik, Phänomenologie) an ihre Grenzen, wie Ulf Otto überzeugend argumentiert. Diesen Aspekt bedenkt auch der Sammelband mit. Die verschiedenen Arbeitsberichte der Theatermacher*innen des Sammelbandes sind daher notweniger Bestandteil sowohl einer inhaltlichen als auch methodischen Bestandsaufnahme der Transformation von Theater infolge der Technologisierung. Deutlich wird auch, dass ethnographische Methoden geeignet sind, neues Wissen zum Theaterapparat zu genieren. So zeigt der ethnographisch angelegte Beitrag von Anna Königshofer, dass Theaterpraxis vor allem eine Praxis des Organisierens sei, in der Technologie eine zentrale Rolle spielt und als „gestaltende Akteurin\" (255) auftritt. Ein neues Verständnis von Arbeitsprozessen im Theater wird hier hervorgehoben. Künstlerische und nichtkünstlerische Arbeit haben beide einen ähnlichen Stellenwert, wodurch der Mythos des künstlerischen Schöpfers in Frage gestellt wird. Der Gleichrangigkeit von Technologie und Mensch geht auch der Beitrag von Jessica Hölzl und Jochen Lamb nach. Sie analysieren die Anwendung von Robotik im Figurentheater. Beide erläutern, dass Technologie zu einer eigenständigen Akteurin gerät, die neben und mit den Performer*innen eine handlungsmächtige Materialität in Performances besitzt. Hier zeigt sich eine bemerkenswerte Anschlussfähigkeit zum Wissensfeld Posthumanismus. Andere Beiträge des Sammelbandes wenden sich der dramaturgischen Verwendungen algorithmischer Modelle im Theater zu, was durchweg überzeugt und spannend zu lesen ist. So spricht Wolf-Dieter Ernst von einem „algorithmisch orientierten Inszenierungsansatz\" (314) in seiner Betrachtung der Performance My Square Lady von Gob Squad. Zwar kommen Algorithmen in der Inszenierung in Form eines KIRoboters vor. Allerdings untersucht der Essay die Nähe der von der Gruppe verwendeten Frageund Kommunikationstechniken zu algorithmischen Regelsätzen. Ähnlich ist der Beitrag von Michael Bachmann gelagert. Er arbeitet die formalen Regeln heraus, die die Dramaturgie von Dries Verhoevens Wanna Play? und Ontroerend Goeds A Game of You bestimmen. Deutlich wird in diesen Beiträgen, dass Algorithmen zu neuen Performanceformaten führen, die auf bestimmten Spiel-Regeln aufbauen. Auch der ausführliche Beitrag von Nina Tecklenburg ist hier einzuordnen und gibt der Debatte zudem neue Akzente. 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Abstract

Reviewed by: Algorithmen des Theaters. Ein Arbeitsbuch ed. by Ulf Otto Karina Rocktäschel (bio) Ulf Otto (Hg.): Algorithmen des Theaters. Ein Arbeitsbuch. Berlin: Alexander Verlag 2020, 326 Seiten. Ein Arbeitsbuch ist ein Buch, das zu einem bestimmten Thema wesentliches Wissen versammelt. In diesem von Ulf Otto herausgegebenen Arbeitsbuch trifft das Thema Technologie – in Gestalt von Algorithmen – auf das Theater, dessen Ästhetik und Arbeitsweisen. 13 Beiträge gehen diesem Thema aus unterschiedlichen Perspektiven nach. Theatertheoretische und -ästhetische Essays sowie Arbeitsberichte von Theatermacher*innen kommen hier gleichermaßen vor. Sie geben Einblicke in gegenwärtige Theorie und Praxis, in die vielfältigen Arten und Weisen, wie Algorithmen im Theater zur Anwendung kommen. Interessant erscheint mir hierbei, dass Algorithmen neue Formate hervorbringen, die sich weg von einer Stückentwicklung hin zu „Prinzipien der Spielentwicklung" (56) bewegen, wie der Arbeitsbericht von Georg Werner treffend beschreibt. Überraschenderweise interessiert sich der erste Beitrag des Bandes aber nicht für das Theater, sondern für eine Inszenierungsgeschichte von Algorithmen in Performances. Martina Leeker gibt hier einen blitzlichtartigen Abriss der Geschichte des Performens von und mit Algorithmen seit den 1960er Jahren und zeigt, wie diese verborgen, vermieden und – in der Gegenwart – verharmlost werden. Nur eine Rekonstruktion dieser Geschichte sowie eine gegenwärtige Standortbestimmung könne, so die Autorin, eine Kritik an der Wirkmacht algorithmischer Gouvernementalität ermöglichen. Sowohl in diesem Beitrag als auch dem gesamten Sammelband wird ersichtlich, dass Algorithmen und Big Data dominante Machtformen unserer Zeit sind. Dem geht der Beitrag von Ulf Otto tiefgründig nach. So skizziert er infolge von Technologisierung einen gesamtgesellschaftlichen Umbruch, der seine Auswirkungen auch im Theater zeigt. Der Autor beschreibt ein Theater der Kontrollgesellschaft, das ein Theater der Disziplinarmacht verabschiedet habe. Sein Referenzbeispiel hierfür ist die Performance Algorithmen von Turbo Pascal. Diese [End Page 143] analysiert er sowohlals Reflexion als auch Bestandteil der Kontrollgesellschaft und kann um dieses Beispiel herum eine grobe, aber interessante These zur Verwobenheit von Theater, Gesellschaft, Macht und Technologie erbringen. Mit den technologischen Veränderungen, die sich auf den Theaterapparat auswirken, kommen auch gängige Methoden der Theaterwissenschaft (Semiotik, Phänomenologie) an ihre Grenzen, wie Ulf Otto überzeugend argumentiert. Diesen Aspekt bedenkt auch der Sammelband mit. Die verschiedenen Arbeitsberichte der Theatermacher*innen des Sammelbandes sind daher notweniger Bestandteil sowohl einer inhaltlichen als auch methodischen Bestandsaufnahme der Transformation von Theater infolge der Technologisierung. Deutlich wird auch, dass ethnographische Methoden geeignet sind, neues Wissen zum Theaterapparat zu genieren. So zeigt der ethnographisch angelegte Beitrag von Anna Königshofer, dass Theaterpraxis vor allem eine Praxis des Organisierens sei, in der Technologie eine zentrale Rolle spielt und als „gestaltende Akteurin" (255) auftritt. Ein neues Verständnis von Arbeitsprozessen im Theater wird hier hervorgehoben. Künstlerische und nichtkünstlerische Arbeit haben beide einen ähnlichen Stellenwert, wodurch der Mythos des künstlerischen Schöpfers in Frage gestellt wird. Der Gleichrangigkeit von Technologie und Mensch geht auch der Beitrag von Jessica Hölzl und Jochen Lamb nach. Sie analysieren die Anwendung von Robotik im Figurentheater. Beide erläutern, dass Technologie zu einer eigenständigen Akteurin gerät, die neben und mit den Performer*innen eine handlungsmächtige Materialität in Performances besitzt. Hier zeigt sich eine bemerkenswerte Anschlussfähigkeit zum Wissensfeld Posthumanismus. Andere Beiträge des Sammelbandes wenden sich der dramaturgischen Verwendungen algorithmischer Modelle im Theater zu, was durchweg überzeugt und spannend zu lesen ist. So spricht Wolf-Dieter Ernst von einem „algorithmisch orientierten Inszenierungsansatz" (314) in seiner Betrachtung der Performance My Square Lady von Gob Squad. Zwar kommen Algorithmen in der Inszenierung in Form eines KIRoboters vor. Allerdings untersucht der Essay die Nähe der von der Gruppe verwendeten Frageund Kommunikationstechniken zu algorithmischen Regelsätzen. Ähnlich ist der Beitrag von Michael Bachmann gelagert. Er arbeitet die formalen Regeln heraus, die die Dramaturgie von Dries Verhoevens Wanna Play? und Ontroerend Goeds A Game of You bestimmen. Deutlich wird in diesen Beiträgen, dass Algorithmen zu neuen Performanceformaten führen, die auf bestimmten Spiel-Regeln aufbauen. Auch der ausführliche Beitrag von Nina Tecklenburg ist hier einzuordnen und gibt der Debatte zudem neue Akzente. Ihr Beitrag ist vielschichtig, da er eine Theorie der Narration im Theater als Reflexion auf die digitale Kultur erbringt und zusätzlich Einblicke in die Arbeiten ihres Performance...
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还有剧院的算法*剧终谢谢观赏
剧场算法新书:剧院的算法。一个Arbeitsbuch .柏林:亚历山大出版社2020年,326页。一本书本是一本围绕某个主题汇集知识的书。在乌尔夫·奥托的这本新书中,以算法形式的技术直面了剧院、其审美和工作方式。13种贡献来自不同角度。戏剧理论和美学作品以及戏剧制作人的论文它揭示了当代理论和实践中关于在剧院应用算法的各种方式和方式。对此我觉得很有趣,如维尔纳的论文中所恰如的那样,计算结果产生了新的格式,并从零散发展向“游戏发展原则”(56)。奇怪的是,最早的作品不是关于戏剧,而是关于一个演算法的版本玛蒂娜·Leeker从20世纪60年代以来就以各种算法对穿孔历史进行了闪现的排解并展示了如何隐藏的、避免的并在今天被淡化作者说,只有重建这个故事,以及确认目前的地点,才能促使对算法治理性的批判。在这一文章和整个系列中,我们都看到了算法和大数据是我们这个时代的主导力量。这正是乌尔夫·奥托的贡献这样,他利用技术来描述社会的总体变化,在剧院也有这样的影响。作者描述了控制公司的一所剧院,这所剧院已经由纪律权力的剧院发行。他的参照点是涡轮Pascal算法这样,他从社会中分析了这一观点,又把它作为控制社会的一种部分,围绕着这个例子,他提出了一项关于剧场、社会、权力和技术混合的粗略而有趣的论文。通过影响剧场机器的技术变革,普通的戏剧科学方法(符理学,现象学)也已经到达了极限,如乌尔夫·奥托说服力的所说。当然这方面也是我们这方面的囊括因此,这卷戏剧作者的不同工作报告*在编辑过程中不需构成相关的内容和技术改造方法。有一点也证明了,单单是人种方法可以学到剧场的新技术。的确,安娜·肯尼生霍夫作了一篇笔下的文章,表明戏剧实践主要是组织的工作,在其中技术起了中心作用,并成为了“设计者”(255)。这里强调对剧院工作流程的新的理解以弗所书6:2,5)艺术和非艺术的活动都有类似的价值,所以也质疑这位艺术家的神话。一种优雅的技术与人性化。这也要归功于杰西卡·欧兹尔和乔森·兰姆的文章。他们分析了在图板上机器人的应用两种都提到过自己的脱媒科技本身就是一个单独的玩家有自己的脱媒这证明了超自然现象集的其他文章将应用于戏剧化的算法模型,这是有说服力和趣味的。因为沃尔夫·迪特尔非常正确地指出:“314”是的以樱桃机器人的形式进行算法然而,该论文分析了该群体使用的问题和通信技术是否接近算法句子。旁边也存放着Michael Bachmann的作品你确定吗?并认定了自己的游戏先从折腾上能看出,曾造成新的表现形式,在游戏规则的基础上尼娜·特克伦堡的研究报告也很合逻辑,也给了辩论增添了口音。
本文章由计算机程序翻译,如有差异,请以英文原文为准。
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Editorial Editorial Lotte Schüßler: Theaterausstellungen. Spielräume der Geisteswissenschaften um 1900. Göttingen: Wallstein 2022, 289 Seiten Karin Nissen-Rizvani, Martin Jörg Schäfer (Hg.): TogetherText. Prozessual erzeugte Texte im Gegenwartstheater. Recherchen 155. Berlin: Theater der Zeit 2020 Ulf Otto (Hg.): Algorithmen des Theaters. Ein Arbeitsbuch. Berlin: Alexander Verlag 2020, 326 Seiten
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