[Die Zukunft der Homöopathie].

Forschende Komplementarmedizin Pub Date : 2016-01-01 Epub Date: 2016-08-22 DOI:10.1159/000448970
Harald Walach
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Abstract

«Hat Homöopathie eine Zukunft?», fragt der informierte und aufgeklärte Geist, der weiß, dass ab einer D12/C24 keine Wirkstoffmoleküle mehr in einer homöopathischen Zubereitung sind, und sagt: «Nein, natürlich nicht». Mit der Regelmäßigkeit von nassen Westströmungen rauschen solche Wellen von «Die Homöopathie ist tot und wir sagen’s der ganzen Welt»-Bewegungen übers Land, einmal in England, dann in Österreich, dann wieder in Deutschland oder in Frankreich. Und mit der Regelmäßigkeit des Wetterwechsels trocknen die Güsse wieder ab. Vor nicht allzu langer Zeit hat Weymayr mit seiner «Homöopathielüge» und dann mit einem vermeintlich wissenschaftlichen Konzept der «Szientabilität» darauf hinarbeiten wollen, dass man die Homöopathie, trotz positiver empirischer Befunde, wissenschaftlich nicht ernst nehmen dürfe, weil sie in ihren theoretischen Fundamenten dem wissenschaftlichen Weltbild oder was man dafür halten mag zuwiderlaufe [1]. Dass die Homöopathie mit ihrer Doktrin der hochpotenzierten Arzneien dem momentan gültigen Dogma widerspricht, pharmakologische Wirkung könne nur dort auftreten, wo eine molekulare Substanz einen Rezeptor aktiviere, braucht nicht groß diskutiert zu werden; das ist offensichtlich. Aus diesem Grunde haben ja Homöopathen schon früher versucht, den Stein des Anstoßes porös zu machen, indem sie die Losung ausgaben, vor allem tiefe und mittlere Potenzen zu benutzen. Mit großer Regelmäßigkeit hat eine solche Anbiederungsbewegung von Seiten der Homöopathie historisch gesehen zu 3 Reaktionen Anlass gegeben: 1) Die konventionelle Medizin hat sich trotzdem keinen Deut um die Homöopathie geschert, 2) die Effektivität der Behandlungen schien zurückgegangen zu sein und 3) irgendwann wendete sich die Gunst des Schicksals erneut, und die «Klassiker», die sich wieder auf Hahnemann, die hohen Potenzen, die Einzelmittelgabe, ja vielleicht gar auf die Gabe von Q-Potenzen besannen, bekamen Oberwasser. Dass die Homöopathie mit ihren therapeutischen Prinzipien dem Hauptstrom der Wissenschaft immer schon zuwiderlief, ist völlig unbestritten, und darin hat Weymayr recht. Aber auf dieser Tatsache ein regelrechtes «Forschungsverbot» aufbauen zu wollen, wie es das Szientabilitätskonzept vorsieht, das ist nicht nur wissenschaftstheoretisch absolut falsch, wie wir in einer Replik gezeigt haben [2], sondern offenbart auch eine dogmatische und unwissenschaftliche Einstellung. Wenn man die Sache nüchtern sieht, ist die Homöopathie – wissenschaftstheoretisch betrachtet – eine Anomalie [3]: Empirische Daten belegen, dass immer wieder und insgesamt häufiger als zufällig erwartet Effekte auftreten. Das zeigen Meta-Analysen placebokontrollierter klinischer Studien [4–6]. Und das zeigt sich sowohl in unseren eigenen Arzneimittel-Prüfungen [7], die im Übrigen den erst neuerdings entwickelten Standards gut entsprechen [8], als auch in neueren Prüfungen [9]. Auch in Tierexperimenten [10–13] und in Pflanzenstudien [14–16] treten Effekte in solcher Häufigkeit auf. Entgegen oft gehörten Äußerungen gibt es durchaus auch Modelle, die replizierte Effekte ergeben – etwa das Modell homöopathischer Behandlung von Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätssyndrom [17, 18], das gerade repliziert wird [19]. Immer wieder gibt es qualitativ hochwertige Pilotstudien, wie die unlängst publizierte von Gassmann et al. [20], die zeigen, dass unerwartete Effekte auch unter höheren Potenzen und dokumentiert mit objektiven Methoden zu beobachten sind. Homöopathie erweist sich in großen pragmatischen Studien, von denen es allerdings viel zu wenige gibt, als nützlich [21–23]. Und nicht Published online: August 22, 2016
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