{"title":"Galileis Verbrechen: Kepler, Galilei und das crimen laesae humanitatis","authors":"Andreas Kleinert","doi":"10.1002/bewi.202100012","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"<p>Der Übergang vom Lateinischen zu den Volkssprachen in der wissenschaftlichen Literatur war eine markante Zäsur in der Geschichte der Naturwissenschaften und in der Sprachgeschichte. Dass eine von der jeweiligen Muttersprache unabhängige, den Gebildeten Europas gemeinsame <i>lingua franca</i> ohne Not aufgegeben wurde, hat sicher nicht allen mit dem Lateinischen vertrauten Wissenschaftlern gefallen, aber es gibt keine Zeugnisse für Bestrebungen von Gelehrten der Frühen Neuzeit, diese Entwicklung aufzuhalten oder auch nur zu kritisieren. Soweit bekannt, hat erst d'Alembert 1751 im Vorwort zur <i>Encyclopédie</i> den Verlust des Latein als Sprache der Wissenschaft beklagt, da man bald sieben oder acht verschiedene Sprachen lernen müsse, um sich über neue Entdeckungen informieren zu können. Eine Rückkehr zum Latein hielt er zwar für wünschenswert, aber für illusorisch: „Il seroit donc à souhaiter qu'on rétablit cet usage: mais il n'y a pas lieu de l'espérer.“<sup>1</sup></p><p>Der einzige prominente Wissenschaftler des 17. Jahrhunderts, der sich in scharfer Form gegen die Verwendung moderner Sprachen in wissenschaftlichen Publikationen geäußert haben soll, ist Johannes Kepler. Nachdem Galileo Galilei über ein physikalisches Thema eine italienische Publikation verfasst hatte, habe Kepler ihm vorgeworfen, ein <i>crimen laesae humanitatis</i> begangen zu haben.</p><p>Zahlreiche renommierte Sprachwissenschaftler argumentieren in ihren Arbeiten zur Geschichte der Wissenschaftssprachen mit dieser Anklage Keplers, als handle es sich dabei um eine zweifelsfrei feststehende Tatsache. So schreibt der Germanist Uwe Pörksen:</p><p>Johannes Kepler beklagte sich über Galileis Wahl der Muttersprache. Er verstand nicht Italienisch. Die europäische Universalsprache und die in ihr realisierte geistige Gemeinschaft der Gelehrten zerbrach. Kepler sprach von einem „crimen laesae humanitatis“.<sup>2</sup></p><p>Und Kepler habe sehr wohl gewusst, wovon er sprach, als er Galilei beim Übergang ins Italienische ein <i>crimen laesae humanitatis</i> vorwarf.<sup>3</sup> Der Latinist Wilfried Stroh hebt hervor, dass Kepler bei seinem Angriff auf Galilei bewusst mit der doppelten Bedeutung von <i>humanitas</i> jongliert habe, und wie Pörksen unterstellt er ihm mangelnde Sprachkenntnisse als zusätzliches Motiv für den Ärger über seinen berühmten italienischen Zeitgenossen:</p><p>Als Galilei zuerst in seiner Muttersprache statt auf Lateinisch publizierte, protestierte der Deutsche Kepler, der kein Italienisch verstand, und sprach, in unvergleichlicher doppeldeutiger Formulierung, von einem <i>crimen laesae humanitatis</i>, einem Verbrechen sowohl gegen die „Mitmenschlichkeit“ als auch gegen die „Bildung“.<sup>4</sup></p><p>Auch für die skandinavischen Sprachhistoriker Hans Helander und Per Pippin Aspaas war der Vorwurf des <i>crimen laesae humanitatis</i> ein authentischer Ausspruch Keplers:</p><p>When Galileo published his works in Italian, Kepler protested with indignation. This was a <i>crimen laesae humanitatis</i>, he exclaimed.<sup>5</sup></p><p>Johannes Kepler, who was unable to read Italian, reacted to Galileo's switch from Latin to Italian by arguing that Galileo had commited “a crime against humanity” (<i>crimen laesae humanitatis</i>).<sup>6</sup></p><p>Auch aus dem Bereich der romanischen Sprachen lassen sich Belege für diese Lesart finden. So finden wir das angebliche Kepler-Zitat in der in zahlreichen Auflagen erschienenen und oft nachgedruckten <i>Storia della lingua italiana</i> von Bruno Migliorini, bei María José Rodrigo Mora und bei Georges Mounin, der den Zorn des „alten Kepler“ auch auf Descartes ausdehnt.<sup>7</sup></p><p>Auffallend ist, dass niemand verrät, wann und wo Kepler gegenüber Galilei den Vorwurf eines <i>crimen laesae humanitatis</i> erhoben haben soll. Verfolgt man die Quellenangaben zurück, gelangt man direkt oder auf Umwegen<sup>8</sup> zu Leonardo Olschki, der von 1924 bis zu seiner Entlassung durch die Nationalsozialisten 1933 als Ordinarius für Romanische Philologie an der Universität Heidelberg lehrte. In dem 1922 unter dem Titel <i>Bildung und Wissenschaft im Zeitalter der Renaissance in Italien</i> erschienenen zweiten Band seiner <i>Geschichte der neusprachlichen wissenschaftlichen Literatur</i> schreibt Olschki:</p><p>Als Galilei seine italienischen Schriften herausgab, klagte Kepler über dieses crimen laesae humanitatis; er verstand es nicht und fühlte als erster die Folgen, die die Aufgabe des Latein in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit sich führen mußte.<sup>9</sup></p><p>Der Ausdruck <i>crimen laesae humanitatis</i>, der Kepler zugeschrieben wird, ist bei Olschki weder durch Anführungszeichen noch durch Kursivschreibung als Zitat gekennzeichnet, was vermuten lässt, dass die Formulierung nicht von Kepler, sondern von Olschki selbst stammt. Dafür spricht auch, dass sich mit den heute zur Verfügung stehenden elektronischen Suchhilfen <i>crimen laesae humanitatis</i> weder in den als durchsuchbares PDF vorliegenden <i>Gesammelten Werken</i> Keplers<sup>10</sup> noch an anderer Stelle in der neulateinischen Literatur des 17. Jahrhunderts nachweisen lässt. Den ersten Beleg dafür, dass ein Verbrechen so bezeichnet wird, fand ich im Titel einer an der Universität Lund entstandenen Dissertation von 1771, deren Verfasser diese Formulierung in Anlehnung an den in der juristischen Literatur verbreiteten Ausdruck <i>crimen laesae majestatis divinae et humanae</i> (Verbrechen der Beleidigung göttlicher und menschlicher Majestät) gebildet hat.<sup>11</sup></p><p>Auch die von Olschki aufgestellte und von Pörksen, Stroh und Aspaas übernommene Behauptung, Kepler habe Galileis italienische Schriften aufgrund mangelnder Sprachkenntnis nicht lesen können, ist falsch. Dass Kepler sehr wohl italienische Bücher las, wissen wir aus einem Anfang 1618 geschriebenen Brief an Matthäus Wacker von Wackenfels. Dort berichtet Kepler, dass er sich für eine lange Schiffsreise auf der Donau den <i>Dialogo della musica antica e moderna</i> von Vincenzo Galilei (dem Vater des Physikers) als Reiselektüre mitgenommen und trotz des ungewohnten Idioms drei Viertel davon mit großem Vergnügen gelesen habe.<sup>12</sup></p><p>Da Olschki keine Quelle angibt (und folglich streng genommen nicht zitierfähig ist), können wir nur vermuten, wie er zu dieser Aussage gekommen ist. In Galileis Korrespondenz gibt es tatsächlich einen Brief, in dem im Zusammenhang mit einer von ihm auf Italienisch verfassten Schrift von Kepler die Rede ist. Diese Passage befindet sich jedoch nicht in Galileis Korrespondenz mit Kepler. Nach seinem Wechsel von Padua nach Florenz, wo die Inquisition mächtiger war als in der Republik Venedig, war es Galilei zu riskant, mit einem Protestanten zu korrespondieren; daher gibt es aus dieser Zeit keine direkt an Kepler gerichteten Briefe. Vielmehr erfolgte der Austausch mit Kepler von da an indirekt und mit Diplomatenpost über den Florentiner Botschafter in Prag, Giuliano de’ Medici.<sup>13</sup> Diesem schickte Galilei am 23. Juni 1612 ein Exemplar seiner soeben erschienenen Schrift über schwimmende Körper<sup>14</sup> und fügte hinzu „Es tut mir sehr leid, dass Herr Kepler, der unsere Sprache nicht beherrscht, nicht imstande sein wird, es sich anzusehen.“<sup>15</sup></p><p>Olschki hat also offenbar etwas durcheinandergeworfen. Es war nicht Kepler, der sich über den Gebrauch des Italienischen bei Galilei beklagt hat, sondern es war Galilei selbst, der in Unkenntnis von Keplers tatsächlichen Sprachkenntnissen bedauerte, dass dieser seine auf Italienisch verfasste Abhandlung über schwimmende Körper nicht würde lesen können. Es ist daher abwegig, Kepler unter Berufung auf ein nicht belegtes Zitat aus einer Sekundärquelle als Kronzeugen für eine unter Wissenschaftlern ausgetragene Kontroverse über die Frage „pro oder contra Latein“ zu bemühen. Es ist sogar fraglich, ob eine solche Debatte überhaupt stattgefunden hat. Wie Kepler hat auch Galilei Arbeiten, die schnell international bekannt werden sollten, auf Latein publiziert; andererseits hat auch Kepler wissenschaftliche Texte in seiner deutschen Muttersprache verfasst und so zum Entstehen einer deutschen astronomischen Fachsprache beigetragen.<sup>16</sup></p>","PeriodicalId":55388,"journal":{"name":"Berichte zur Wissenschaftsgeschichte","volume":"44 3","pages":"325-329"},"PeriodicalIF":0.6000,"publicationDate":"2021-07-24","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1002/bewi.202100012","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Berichte zur Wissenschaftsgeschichte","FirstCategoryId":"98","ListUrlMain":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/bewi.202100012","RegionNum":2,"RegionCategory":"哲学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"Q2","JCRName":"HISTORY & PHILOSOPHY OF SCIENCE","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Der Übergang vom Lateinischen zu den Volkssprachen in der wissenschaftlichen Literatur war eine markante Zäsur in der Geschichte der Naturwissenschaften und in der Sprachgeschichte. Dass eine von der jeweiligen Muttersprache unabhängige, den Gebildeten Europas gemeinsame lingua franca ohne Not aufgegeben wurde, hat sicher nicht allen mit dem Lateinischen vertrauten Wissenschaftlern gefallen, aber es gibt keine Zeugnisse für Bestrebungen von Gelehrten der Frühen Neuzeit, diese Entwicklung aufzuhalten oder auch nur zu kritisieren. Soweit bekannt, hat erst d'Alembert 1751 im Vorwort zur Encyclopédie den Verlust des Latein als Sprache der Wissenschaft beklagt, da man bald sieben oder acht verschiedene Sprachen lernen müsse, um sich über neue Entdeckungen informieren zu können. Eine Rückkehr zum Latein hielt er zwar für wünschenswert, aber für illusorisch: „Il seroit donc à souhaiter qu'on rétablit cet usage: mais il n'y a pas lieu de l'espérer.“1
Der einzige prominente Wissenschaftler des 17. Jahrhunderts, der sich in scharfer Form gegen die Verwendung moderner Sprachen in wissenschaftlichen Publikationen geäußert haben soll, ist Johannes Kepler. Nachdem Galileo Galilei über ein physikalisches Thema eine italienische Publikation verfasst hatte, habe Kepler ihm vorgeworfen, ein crimen laesae humanitatis begangen zu haben.
Zahlreiche renommierte Sprachwissenschaftler argumentieren in ihren Arbeiten zur Geschichte der Wissenschaftssprachen mit dieser Anklage Keplers, als handle es sich dabei um eine zweifelsfrei feststehende Tatsache. So schreibt der Germanist Uwe Pörksen:
Johannes Kepler beklagte sich über Galileis Wahl der Muttersprache. Er verstand nicht Italienisch. Die europäische Universalsprache und die in ihr realisierte geistige Gemeinschaft der Gelehrten zerbrach. Kepler sprach von einem „crimen laesae humanitatis“.2
Und Kepler habe sehr wohl gewusst, wovon er sprach, als er Galilei beim Übergang ins Italienische ein crimen laesae humanitatis vorwarf.3 Der Latinist Wilfried Stroh hebt hervor, dass Kepler bei seinem Angriff auf Galilei bewusst mit der doppelten Bedeutung von humanitas jongliert habe, und wie Pörksen unterstellt er ihm mangelnde Sprachkenntnisse als zusätzliches Motiv für den Ärger über seinen berühmten italienischen Zeitgenossen:
Als Galilei zuerst in seiner Muttersprache statt auf Lateinisch publizierte, protestierte der Deutsche Kepler, der kein Italienisch verstand, und sprach, in unvergleichlicher doppeldeutiger Formulierung, von einem crimen laesae humanitatis, einem Verbrechen sowohl gegen die „Mitmenschlichkeit“ als auch gegen die „Bildung“.4
Auch für die skandinavischen Sprachhistoriker Hans Helander und Per Pippin Aspaas war der Vorwurf des crimen laesae humanitatis ein authentischer Ausspruch Keplers:
When Galileo published his works in Italian, Kepler protested with indignation. This was a crimen laesae humanitatis, he exclaimed.5
Johannes Kepler, who was unable to read Italian, reacted to Galileo's switch from Latin to Italian by arguing that Galileo had commited “a crime against humanity” (crimen laesae humanitatis).6
Auch aus dem Bereich der romanischen Sprachen lassen sich Belege für diese Lesart finden. So finden wir das angebliche Kepler-Zitat in der in zahlreichen Auflagen erschienenen und oft nachgedruckten Storia della lingua italiana von Bruno Migliorini, bei María José Rodrigo Mora und bei Georges Mounin, der den Zorn des „alten Kepler“ auch auf Descartes ausdehnt.7
Auffallend ist, dass niemand verrät, wann und wo Kepler gegenüber Galilei den Vorwurf eines crimen laesae humanitatis erhoben haben soll. Verfolgt man die Quellenangaben zurück, gelangt man direkt oder auf Umwegen8 zu Leonardo Olschki, der von 1924 bis zu seiner Entlassung durch die Nationalsozialisten 1933 als Ordinarius für Romanische Philologie an der Universität Heidelberg lehrte. In dem 1922 unter dem Titel Bildung und Wissenschaft im Zeitalter der Renaissance in Italien erschienenen zweiten Band seiner Geschichte der neusprachlichen wissenschaftlichen Literatur schreibt Olschki:
Als Galilei seine italienischen Schriften herausgab, klagte Kepler über dieses crimen laesae humanitatis; er verstand es nicht und fühlte als erster die Folgen, die die Aufgabe des Latein in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit sich führen mußte.9
Der Ausdruck crimen laesae humanitatis, der Kepler zugeschrieben wird, ist bei Olschki weder durch Anführungszeichen noch durch Kursivschreibung als Zitat gekennzeichnet, was vermuten lässt, dass die Formulierung nicht von Kepler, sondern von Olschki selbst stammt. Dafür spricht auch, dass sich mit den heute zur Verfügung stehenden elektronischen Suchhilfen crimen laesae humanitatis weder in den als durchsuchbares PDF vorliegenden Gesammelten Werken Keplers10 noch an anderer Stelle in der neulateinischen Literatur des 17. Jahrhunderts nachweisen lässt. Den ersten Beleg dafür, dass ein Verbrechen so bezeichnet wird, fand ich im Titel einer an der Universität Lund entstandenen Dissertation von 1771, deren Verfasser diese Formulierung in Anlehnung an den in der juristischen Literatur verbreiteten Ausdruck crimen laesae majestatis divinae et humanae (Verbrechen der Beleidigung göttlicher und menschlicher Majestät) gebildet hat.11
Auch die von Olschki aufgestellte und von Pörksen, Stroh und Aspaas übernommene Behauptung, Kepler habe Galileis italienische Schriften aufgrund mangelnder Sprachkenntnis nicht lesen können, ist falsch. Dass Kepler sehr wohl italienische Bücher las, wissen wir aus einem Anfang 1618 geschriebenen Brief an Matthäus Wacker von Wackenfels. Dort berichtet Kepler, dass er sich für eine lange Schiffsreise auf der Donau den Dialogo della musica antica e moderna von Vincenzo Galilei (dem Vater des Physikers) als Reiselektüre mitgenommen und trotz des ungewohnten Idioms drei Viertel davon mit großem Vergnügen gelesen habe.12
Da Olschki keine Quelle angibt (und folglich streng genommen nicht zitierfähig ist), können wir nur vermuten, wie er zu dieser Aussage gekommen ist. In Galileis Korrespondenz gibt es tatsächlich einen Brief, in dem im Zusammenhang mit einer von ihm auf Italienisch verfassten Schrift von Kepler die Rede ist. Diese Passage befindet sich jedoch nicht in Galileis Korrespondenz mit Kepler. Nach seinem Wechsel von Padua nach Florenz, wo die Inquisition mächtiger war als in der Republik Venedig, war es Galilei zu riskant, mit einem Protestanten zu korrespondieren; daher gibt es aus dieser Zeit keine direkt an Kepler gerichteten Briefe. Vielmehr erfolgte der Austausch mit Kepler von da an indirekt und mit Diplomatenpost über den Florentiner Botschafter in Prag, Giuliano de’ Medici.13 Diesem schickte Galilei am 23. Juni 1612 ein Exemplar seiner soeben erschienenen Schrift über schwimmende Körper14 und fügte hinzu „Es tut mir sehr leid, dass Herr Kepler, der unsere Sprache nicht beherrscht, nicht imstande sein wird, es sich anzusehen.“15
Olschki hat also offenbar etwas durcheinandergeworfen. Es war nicht Kepler, der sich über den Gebrauch des Italienischen bei Galilei beklagt hat, sondern es war Galilei selbst, der in Unkenntnis von Keplers tatsächlichen Sprachkenntnissen bedauerte, dass dieser seine auf Italienisch verfasste Abhandlung über schwimmende Körper nicht würde lesen können. Es ist daher abwegig, Kepler unter Berufung auf ein nicht belegtes Zitat aus einer Sekundärquelle als Kronzeugen für eine unter Wissenschaftlern ausgetragene Kontroverse über die Frage „pro oder contra Latein“ zu bemühen. Es ist sogar fraglich, ob eine solche Debatte überhaupt stattgefunden hat. Wie Kepler hat auch Galilei Arbeiten, die schnell international bekannt werden sollten, auf Latein publiziert; andererseits hat auch Kepler wissenschaftliche Texte in seiner deutschen Muttersprache verfasst und so zum Entstehen einer deutschen astronomischen Fachsprache beigetragen.16
期刊介绍:
Die Geschichte der Wissenschaften ist in erster Linie eine Geschichte der Ideen und Entdeckungen, oft genug aber auch der Moden, Irrtümer und Missverständnisse. Sie hängt eng mit der Entwicklung kultureller und zivilisatorischer Leistungen zusammen und bleibt von der politischen Geschichte keineswegs unberührt.