Editorial – Gender und Kritik

IF 0.1 4区 艺术学 0 THEATER FORUM MODERNES THEATER Pub Date : 2021-12-16 DOI:10.1353/fmt.2021.0002
R. Brucher, Jenny Schrödl
{"title":"Editorial – Gender und Kritik","authors":"R. Brucher, Jenny Schrödl","doi":"10.1353/fmt.2021.0002","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Verschiedene Auseinandersetzungenmit der Kategorie ‚Geschlecht‘ in den szenischen Künsten in Gegenwart und Geschichte verstehen sich selbst als kritisch oderwerdenmit dem Anspruch verbunden, hegemoniale Normen von Geschlechtlichkeit zu durchbrechen oder zu unterminieren. Die Strategien und Formen der Kritik sind äußerst heterogen und reichen von sogenannten Genderperformances – etwa in Form von Geschlechter-Parodie, Maskerade oder Cross-Dressing – über inhaltliche Auseinandersetzungen, sprachliche oder ästhetische Prozesse der Dekonstruktion, bis hin zu Figuren des Dritten, wie etwa Cyborgs oder Monster. Ebenso vielfältig sind die Gegenstände der Kritik, die bestimmte dominierende Bilder von Weiblichkeit, Männlichkeit oder Geschlechtlichkeit ebenso einschließen wie Zweigeschlechtlichkeit, Heterosexualität bzw. Heteronormativität, Ungleichheiten oder Diskriminierungen bzw. Privilegierungen. Häufig betreffen sie neben Gender auch andere Identitätskategorien (race, class, age, dis/ability etc.). Zudem werden im Zuge dieser kritischen Auseinandersetzungen alternative Formen geschlechtlich-sexuellen Seins präsentiert, die hegemonialePerspektivenkonsequentüberschreiten. In den darstellenden Künsten sind auf diese Weise diverse Möglichkeiten der Kritik an normativen Setzungen entstanden wie auch Utopien zur Überschreitung von Geschlechtergrenzen oder zu anderen Formen geschlechtlicher Existenz. Derartige geschlechtliche Inszenierungen verweisen stets auf eine konstitutive Brüchigkeit und Ambivalenz von Kritik selbst. In diesem Sinne stellt beispielsweise Judith Butler bereits in Gender Trouble fest, dass Genderperformances im Sinne von Parodie, Travestie oder Drag nicht per se als subversiv gewertet werden dürfen. „Die Parodie an sich ist nicht subversiv.“1 Zudem scheint sich Kritik immer in einem Verhältnis zur Norm bewegen zu müssen, die sie auch noch im kritischen Gestus der Verwerfung perpetuiert und so letztlich erhält. Aus diesem Grund wird vielfach von einer Krise der Kritik gesprochen. Die Modelle einer möglichen kritischen Praxis vervielfältigen sich.2 Blieb lange unhinterfragt, dass Kritik Fragen nach den Bedingungen der Möglichkeit und nach den Grundlagen für die Gestaltung und Veränderung von Wirklichkeit stellt und damit eine intellektuelle Distanzierungstechnik ist, so schlägt beispielsweise Bruno Latour einen anderen Kritikbegriff vor. „Der Kritiker [sic!] ist nicht derjenige, der entlarvt, sondern der, der versammelt.“3 In den Arenen der Versammlung können und sollen sich dann alle Betroffenen mit Dingen von Belang („matters of concern“) auseinandersetzen. In der Queer Theory wiederum wird kritisches Denken mehr und mehr als ein „fabulierendes Neuerfinden“4 oder Erschaffen konträrer Epistemologien5 verstanden, wobei mit der Kategorie Gender ein vielfältiges Ensemble an lebendigen, hybriden und minoritären Subjektivitäten bezeichnet wird. Kritik als imaginative Kraft ist hier nicht mehr allein theoretische Analyse, sondern ist als wirksame Praxis längst auch in den Bereich der Affekte und Emotionen vorgedrungen, der im Sinne der „Public Feelings“6 durchaus als öffentlicher Raum verstanden wird.7 Für das Theater sind all diese Dimensionen – die rationale Distanznahme, die Versammlung der Betroffenen, das minori-","PeriodicalId":55908,"journal":{"name":"FORUM MODERNES THEATER","volume":"32 1","pages":"29 - 30"},"PeriodicalIF":0.1000,"publicationDate":"2021-12-16","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"FORUM MODERNES THEATER","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1353/fmt.2021.0002","RegionNum":4,"RegionCategory":"艺术学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"0","JCRName":"THEATER","Score":null,"Total":0}
引用次数: 0

Abstract

Verschiedene Auseinandersetzungenmit der Kategorie ‚Geschlecht‘ in den szenischen Künsten in Gegenwart und Geschichte verstehen sich selbst als kritisch oderwerdenmit dem Anspruch verbunden, hegemoniale Normen von Geschlechtlichkeit zu durchbrechen oder zu unterminieren. Die Strategien und Formen der Kritik sind äußerst heterogen und reichen von sogenannten Genderperformances – etwa in Form von Geschlechter-Parodie, Maskerade oder Cross-Dressing – über inhaltliche Auseinandersetzungen, sprachliche oder ästhetische Prozesse der Dekonstruktion, bis hin zu Figuren des Dritten, wie etwa Cyborgs oder Monster. Ebenso vielfältig sind die Gegenstände der Kritik, die bestimmte dominierende Bilder von Weiblichkeit, Männlichkeit oder Geschlechtlichkeit ebenso einschließen wie Zweigeschlechtlichkeit, Heterosexualität bzw. Heteronormativität, Ungleichheiten oder Diskriminierungen bzw. Privilegierungen. Häufig betreffen sie neben Gender auch andere Identitätskategorien (race, class, age, dis/ability etc.). Zudem werden im Zuge dieser kritischen Auseinandersetzungen alternative Formen geschlechtlich-sexuellen Seins präsentiert, die hegemonialePerspektivenkonsequentüberschreiten. In den darstellenden Künsten sind auf diese Weise diverse Möglichkeiten der Kritik an normativen Setzungen entstanden wie auch Utopien zur Überschreitung von Geschlechtergrenzen oder zu anderen Formen geschlechtlicher Existenz. Derartige geschlechtliche Inszenierungen verweisen stets auf eine konstitutive Brüchigkeit und Ambivalenz von Kritik selbst. In diesem Sinne stellt beispielsweise Judith Butler bereits in Gender Trouble fest, dass Genderperformances im Sinne von Parodie, Travestie oder Drag nicht per se als subversiv gewertet werden dürfen. „Die Parodie an sich ist nicht subversiv.“1 Zudem scheint sich Kritik immer in einem Verhältnis zur Norm bewegen zu müssen, die sie auch noch im kritischen Gestus der Verwerfung perpetuiert und so letztlich erhält. Aus diesem Grund wird vielfach von einer Krise der Kritik gesprochen. Die Modelle einer möglichen kritischen Praxis vervielfältigen sich.2 Blieb lange unhinterfragt, dass Kritik Fragen nach den Bedingungen der Möglichkeit und nach den Grundlagen für die Gestaltung und Veränderung von Wirklichkeit stellt und damit eine intellektuelle Distanzierungstechnik ist, so schlägt beispielsweise Bruno Latour einen anderen Kritikbegriff vor. „Der Kritiker [sic!] ist nicht derjenige, der entlarvt, sondern der, der versammelt.“3 In den Arenen der Versammlung können und sollen sich dann alle Betroffenen mit Dingen von Belang („matters of concern“) auseinandersetzen. In der Queer Theory wiederum wird kritisches Denken mehr und mehr als ein „fabulierendes Neuerfinden“4 oder Erschaffen konträrer Epistemologien5 verstanden, wobei mit der Kategorie Gender ein vielfältiges Ensemble an lebendigen, hybriden und minoritären Subjektivitäten bezeichnet wird. Kritik als imaginative Kraft ist hier nicht mehr allein theoretische Analyse, sondern ist als wirksame Praxis längst auch in den Bereich der Affekte und Emotionen vorgedrungen, der im Sinne der „Public Feelings“6 durchaus als öffentlicher Raum verstanden wird.7 Für das Theater sind all diese Dimensionen – die rationale Distanznahme, die Versammlung der Betroffenen, das minori-
查看原文
分享 分享
微信好友 朋友圈 QQ好友 复制链接
本刊更多论文
性别与批评
各Auseinandersetzungenmit‚性别范畴嘴里的梦艺在现在和历史,明白自己是批评oderwerdenmit获得连结起来的颠覆和标准从Geschlechtlichkeit打破.策略和形式的批评十分heterogen从所谓Genderperformances——比如Geschlechter-Parodie形式出现,其中之一或Cross-Dressing内容争论和语言或Dekonstruktion的美观的进程,到第三次的人物,如半机械人或怪物.另一个问题是性歧视,其主要表现形式是两性平等、异性性别或直性、不平等、不平等和歧视。现在的问题是我们为什么要问此外,在这一激烈争论中,性、性别等另类表现形式,从而超越霸权带来的持续性。在表演艺术方面,已经出现了对规范主张的广泛批评,比如跨越性别界限和其他形式的性别生活的乌托邦。这些性情景一般都指向一种先天的脆弱性,也包括批评本身的矛盾。从某种意义上说,朱迪思·巴特勒已经在“性别问题”上指出了冷漠、戏剧化或Drag之类的“颠覆性”行为。模仿本身并不是颠覆1此外,批评人士似乎必须与标准相交,而在批判性的大环境中,他们也要使批评永久化并因此获得了最终的通过。这就是许多人称之为批评危机的原因。有效实践的模型复制了。2在很长一段时间内,人们事后都会质疑批评的内容,质疑它带给人的生活选择和塑造现实的依据。为什么您这么说?恶人们,不是暴露的,是集合的。3在竞技场上,所有关心的人都要参与有关的事务。(《而在魁北克神学中,对批判性思维的阐述不止于“严谨地重新编排”4或缔造辩论性的史诗5,其中性别类是由生活经验丰富的混血儿和少数民族组成的实体活动。批评是一种假想的力量,但并非纯粹从理论分析中而来,而是一种切实可行的实践。在“公共利益”6的理解范围内,批评已经进入了情感和情感领域。7在戏剧里,所有这些层面都代表了理性的距离
本文章由计算机程序翻译,如有差异,请以英文原文为准。
求助全文
约1分钟内获得全文 去求助
来源期刊
CiteScore
0.10
自引率
0.00%
发文量
41
期刊最新文献
Editorial Editorial Lotte Schüßler: Theaterausstellungen. Spielräume der Geisteswissenschaften um 1900. Göttingen: Wallstein 2022, 289 Seiten Karin Nissen-Rizvani, Martin Jörg Schäfer (Hg.): TogetherText. Prozessual erzeugte Texte im Gegenwartstheater. Recherchen 155. Berlin: Theater der Zeit 2020 Ulf Otto (Hg.): Algorithmen des Theaters. Ein Arbeitsbuch. Berlin: Alexander Verlag 2020, 326 Seiten
×
引用
GB/T 7714-2015
复制
MLA
复制
APA
复制
导出至
BibTeX EndNote RefMan NoteFirst NoteExpress
×
×
提示
您的信息不完整,为了账户安全,请先补充。
现在去补充
×
提示
您因"违规操作"
具体请查看互助需知
我知道了
×
提示
现在去查看 取消
×
提示
确定
0
微信
客服QQ
Book学术公众号 扫码关注我们
反馈
×
意见反馈
请填写您的意见或建议
请填写您的手机或邮箱
已复制链接
已复制链接
快去分享给好友吧!
我知道了
×
扫码分享
扫码分享
Book学术官方微信
Book学术文献互助
Book学术文献互助群
群 号:481959085
Book学术
文献互助 智能选刊 最新文献 互助须知 联系我们:info@booksci.cn
Book学术提供免费学术资源搜索服务,方便国内外学者检索中英文文献。致力于提供最便捷和优质的服务体验。
Copyright © 2023 Book学术 All rights reserved.
ghs 京公网安备 11010802042870号 京ICP备2023020795号-1