{"title":"Das Lambert-Eaton-Myasthenie-Syndrom: ein Überblick","authors":"S. Kohler, A. Meisel","doi":"10.1055/s-0043-118410","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Zusammenfassung Das Lambert-Eaton-Myasthenie-Syndrom (LEMS) hat eine Prävalenz von etwa 5/1 000 000 und ist damit im Vergleich zur Myasthenia gravis (MG) ca. 10 – 20-mal seltener. Obwohl LEMS viele Ähnlichkeiten zur Myasthenia gravis aufweist, gibt es wichtige Unterschiede. Klinisch besteht eine vorwiegend proximal betonte belastungsabhängige Muskelschwäche, die bis hin zu einer respiratorischen Insuffizienz führen kann und häufig mit autonomen Störungen assoziiert ist. Ursächlich dafür sind Auto-Antikörper, welche gegen spannungsabhängige Kalziumkanäle (VGCC) vom P/Q-Typ an der Präsynapse gerichtet sind. Die Diagnosesicherung beruht vor allem auf der Detektion des pathologischen anti-VGCC Antikörpers sowie dem spezifischen Nachweis eines Inkrements von mindestens 60 % in der elektrophysiologischen Untersuchung eines betroffenen Muskels. Ein Inkrement ist dabei durch eine Steigerung des in Ruhe reduzierten Muskelsummenaktionspotenzials entweder nach maximaler Willkürinnervation oder hochfrequenter (≥ 20 Hz) Stimulation definiert. In einem Drittel der Patienten ist das LEMS paraneoplastischer Ätiologie, eine umfassende Tumorsuche nach Diagnosestellung ist daher notwendig. Klinisch gibt es einige Unterschiede zwischen dem paraneoplastischen (pLEMS) und dem rein autoimmunen (aiLEMS) Lambert-Eaton-Syndrom, die Hinweise geben können für die Ätiologie. Einen Anhalt dafür liefert der DELTA-P-Score und der SOX1-Antikörperstatus. Die häufigste zugrunde liegende Tumorerkrankung ist das kleinzellige Lungenkarzinom. Die Therapie basiert zunächst auf der Unterscheidung zwischen paraneoplastischer und autoimmuner Genese. pLEMS erfordert die Therapie der Tumorerkrankung. In der Regel profitieren aiLEMS- wie pLEMS-Patienten von einer symptomatischen Therapie mittels 3,4-Diaminopyridin (3,4-DAP), ggf. ergänzend Pyridostigmin sowie einer immunsuppressiven Langzeit-Therapie. Krisenhafte Verschlechterungen werden analog zur Myasthenia gravis mit Immunglobulinen, Plasmapherese oder Immunadsorption behandelt. Basierend auf positiven Erfahrungsberichten können auch moderne immunmodulatorische Ansätze, z. B. mit therapeutischen Antikörpern wie dem anti-CD20-Antikörper Rituximab, bei therapierefraktären Verläufen sinnvoll sein. Die Langzeitprognose des autoimmunen LEMS für eine klinische Stabilisierung mit weitgehender (pharmakologischer) Remission ist unserer Erfahrung nach gut, allerdings bestehen bei etwa 75 % deutliche Einschränkungen der Lebensqualität. Die Prognose der tumorassoziierten Form wird zu einem großen Teil von der Tumorerkrankung selbst und deren Therapie bestimmt. Kurative Verläufe der Tumorerkrankung und weitgehende Remission des pLEMS sind nicht selten.","PeriodicalId":50832,"journal":{"name":"Aktuelle Neurologie","volume":"45 1","pages":"298 - 304"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2018-05-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1055/s-0043-118410","citationCount":"5","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Aktuelle Neurologie","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1055/s-0043-118410","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"Q4","JCRName":"Medicine","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Zusammenfassung Das Lambert-Eaton-Myasthenie-Syndrom (LEMS) hat eine Prävalenz von etwa 5/1 000 000 und ist damit im Vergleich zur Myasthenia gravis (MG) ca. 10 – 20-mal seltener. Obwohl LEMS viele Ähnlichkeiten zur Myasthenia gravis aufweist, gibt es wichtige Unterschiede. Klinisch besteht eine vorwiegend proximal betonte belastungsabhängige Muskelschwäche, die bis hin zu einer respiratorischen Insuffizienz führen kann und häufig mit autonomen Störungen assoziiert ist. Ursächlich dafür sind Auto-Antikörper, welche gegen spannungsabhängige Kalziumkanäle (VGCC) vom P/Q-Typ an der Präsynapse gerichtet sind. Die Diagnosesicherung beruht vor allem auf der Detektion des pathologischen anti-VGCC Antikörpers sowie dem spezifischen Nachweis eines Inkrements von mindestens 60 % in der elektrophysiologischen Untersuchung eines betroffenen Muskels. Ein Inkrement ist dabei durch eine Steigerung des in Ruhe reduzierten Muskelsummenaktionspotenzials entweder nach maximaler Willkürinnervation oder hochfrequenter (≥ 20 Hz) Stimulation definiert. In einem Drittel der Patienten ist das LEMS paraneoplastischer Ätiologie, eine umfassende Tumorsuche nach Diagnosestellung ist daher notwendig. Klinisch gibt es einige Unterschiede zwischen dem paraneoplastischen (pLEMS) und dem rein autoimmunen (aiLEMS) Lambert-Eaton-Syndrom, die Hinweise geben können für die Ätiologie. Einen Anhalt dafür liefert der DELTA-P-Score und der SOX1-Antikörperstatus. Die häufigste zugrunde liegende Tumorerkrankung ist das kleinzellige Lungenkarzinom. Die Therapie basiert zunächst auf der Unterscheidung zwischen paraneoplastischer und autoimmuner Genese. pLEMS erfordert die Therapie der Tumorerkrankung. In der Regel profitieren aiLEMS- wie pLEMS-Patienten von einer symptomatischen Therapie mittels 3,4-Diaminopyridin (3,4-DAP), ggf. ergänzend Pyridostigmin sowie einer immunsuppressiven Langzeit-Therapie. Krisenhafte Verschlechterungen werden analog zur Myasthenia gravis mit Immunglobulinen, Plasmapherese oder Immunadsorption behandelt. Basierend auf positiven Erfahrungsberichten können auch moderne immunmodulatorische Ansätze, z. B. mit therapeutischen Antikörpern wie dem anti-CD20-Antikörper Rituximab, bei therapierefraktären Verläufen sinnvoll sein. Die Langzeitprognose des autoimmunen LEMS für eine klinische Stabilisierung mit weitgehender (pharmakologischer) Remission ist unserer Erfahrung nach gut, allerdings bestehen bei etwa 75 % deutliche Einschränkungen der Lebensqualität. Die Prognose der tumorassoziierten Form wird zu einem großen Teil von der Tumorerkrankung selbst und deren Therapie bestimmt. Kurative Verläufe der Tumorerkrankung und weitgehende Remission des pLEMS sind nicht selten.