Kai Seyffarth, Entscheidung in Aleppo. Walter Rößler (1871–1929). Helfer der verfolgten Armenier. Eine Biografie, Bremen: Donat 2015, 352 S. (= Geschichte und Frieden, 32), EUR 16,80 [ISBN 978‑3‑943425‑53‑6]

IF 0.1 4区 历史学 Q4 HISTORY MILITARGESCHICHTLICHE ZEITSCHRIFT Pub Date : 2019-05-08 DOI:10.1515/MGZS-2019-0043
Rolf Hosfeld
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Abstract

Am 24. Juni 1915 attestierte der österreichisch-ungarische Konsul Dandini in einer an den k.u.k. Außenminister István Baron Burian gerichteten Depesche den Deutschen im damals osmanischen Aleppo eine auf Gewinnung der Sympathien der Christen gerichtete Politik und warf ihnen vor, ahnungslos der »Wühlarbeit« der Entente einen großen Dienst zu erweisen und damit die Kriegsanstrengungen der Mittelmächte zu untergraben. Dieses Urteil steht in bemerkenswertem Kontrast zu Meldungen der Londoner »Times« vom 27. September, die dem deutschen Konsulat in Aleppo unterstellte, im Frühjahr 1915 türkische Massaker an Armeniern im Taurusgebiet angestiftet zu haben, eine Meldung, die auch in der französischen Presse die Runde machte und selbst von Arnold Toynbee, zu dieser Zeit Berater des britischen War Propaganda Bureau, für wahr befunden wurde. Seitdem wurde das Thema der deutschen Rolle beim Völkermord an den Armeniern zu einem Gegenstand der Kriegspropaganda und interessengeleiteter Nachkriegsdebatten. Zum einflussreichsten und bis heute vielfach wirksamsten Nachkriegsnarrativ entwickelte sich dabei die noch vor Kriegsende 1918 von Henry Morgenthau – dem amerikanischen Botschafter in Istanbul (1913–16) – überlieferte Ansicht, die jungtürkische Deportationspolitik sei von den Deutschen inspiriert worden, sowie dessen Schlussfolgerung, nur das Deutsche Reich hätte den Völkermord an den Armeniern verhindern können. Während der Versailler Verhandlungen 1919 kam auf deutscher Seite der Zurückweisung dieser Anschuldigungen eine gewisse Bedeutung zu. Neuere Forschungen über die Rolle der Deutschen im Osmanischen Reich während des Ersten Weltkriegs zeichnen ein deutlich komplexeres und differenzierteres Bild, zu dem auch Seyffarths Biografie des deutschen Konsuls in Aleppo, Walter Rößler, einige wichtige Nuancen beiträgt. Die alte syrische Handelsstadt Aleppo entwickelte sich in den frühen Sommermonaten 1915 zu einem Knotenpunkt für die am Ende tödlichen Deportationen, denen die osmanischen Armenier der östlichen Provinzen Kleinasiens seit dem Frühjahr unterworfen waren und die sich zu einem umfassenden Genozid auswuchsen. Aleppo – unter anderem ein Bahnkreuz, in dem die Linien des MGZ 78/1 (2019): 252–255 OLDENBOURG
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Kai Seyffarth,阿勒颇的决定。Walter Rßler(1871-1929)。受迫害的亚美尼亚人的帮助者。埃因传记,不来梅:捐赠2015,352 S.(=历史与和平,32),16.80欧元[ISBN 978‑3‑943425‑53‑6]
241915年6月,奥匈帝国领事丹迪尼在致帝国外交部长伊斯特万·布里安男爵的一封信中,向当时的奥斯曼帝国阿勒颇的德国人证明了一项旨在赢得基督徒同情的政策,并指责他们无意中为“偷猎”协约国做出了巨大贡献,从而破坏了中央大国的战争努力。这一判决和27日《伦敦时报》的新闻形成了鲜明对比。9月,指控德国驻阿勒颇领事馆煽动土耳其于1915年春天在金牛座地区屠杀亚美尼亚人,这篇报道也在法国媒体上流传开来,甚至被时任英国战争宣传局顾问的阿诺德·汤因比发现是真的。从那时起,德国在亚美尼亚种族灭绝中的作用成为战争宣传和战后利益驱动的辩论的对象。1918年战争结束前,美国驻伊斯坦布尔大使亨利·摩根索(1913-16)认为,年轻的土耳其驱逐政策受到了德国人的启发,他的结论是,只有德意志帝国才能阻止亚美尼亚的种族灭绝。在1919年凡尔赛谈判期间,拒绝这些指控对德国方面具有一定的重要性。最近关于德国人在第一次世界大战期间在奥斯曼帝国中的作用的研究描绘了一幅更加复杂和差异化的画面,Seyffarth关于德国驻阿勒颇领事Walter Rößler的传记为其提供了一些重要的细微差别。1915年初夏,叙利亚古老的贸易城市阿勒颇发展成为最终致命的驱逐中心,小亚细亚东部省份的奥斯曼亚美尼亚人自春季以来一直遭受驱逐,并演变成一场全面的种族灭绝。阿勒颇——除其他外,MGZ 78/1(2019):252–255 OLDENBOURG线路的铁路枢纽
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