Ausbau der Datenerhebungsbefugnisse von Sicherheitsbehörden – Lässt die wissenschaftliche Empirie Chilling-Effekte in der Bevölkerung erwarten?

IF 0.6 4区 社会学 Q4 CRIMINOLOGY & PENOLOGY Monatsschrift Fur Kriminologie Und Strafrechtsreform Pub Date : 2021-06-08 DOI:10.1515/mks-2021-0113
R. Moll, F. Schneider
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Abstract

Zusammenfassung Aufgrund der kontinuierlichen Ausweitung von Datenerhebungsbefugnissen für Sicherheitsbehörden wird ein häufig als »Chilling« bezeichneter Effekt befürchtet. Demnach führt die Sorge über ein mögliches Überwachtwerden dazu, dass freiheitliche Grundrechte nicht mehr ausgeübt werden. In der Rechtswissenschaft ist die Existenz eines Chilling-Effekts bzw. das Ausmaß seiner Auswirkungen auf Verhaltensänderungen jedoch umstritten. Der vorliegende Artikel gibt einen Überblick über die empirische Evidenz zum Chilling-Effekt. Hinzugezogen werden im ersten Teil Befunde aus verschiedenen Paradigmen und Traditionen, die den Chilling-Effekt nicht explizit untersuchen, jedoch Hinweise auf die dahinterstehenden Mechanismen geben (Asch-Paradigma, Watching Eyes-Paradigma, Befunde aus der Forschung zur Wirkung von Sicherheitskameras im öffentlichen Raum). Einschränkungen in der Übertragbarkeit der Ergebnisse werden jeweils diskutiert. Im zweiten Teil werden Untersuchungen skizziert, die den Chilling-Effekt direkt in Online-Kontexten untersuchen, wobei die methodischen Probleme der verschiedenen Ansätze diskutiert werden. Wir beleuchten abschließend die empirische Evidenz zu Argumenten, die häufig als Gegenbeweise zur Existenz von Chilling-Effekten angeführt werden. Wir kommen zu dem Ergebnis, dass es sich verdichtende Hinweise auf die Existenz eines Chilling-Effekts aufgrund von Datenerhebungsbefugnissen gibt, jedoch weitere empirische Forschung notwendig ist.
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