{"title":"Meier, Franziska (Hrsg.), Dante’s Convivio. Or how to restart a career in exile, Bern, Peter Lang 2018 (Leeds Studies on Dante), 286 S.","authors":"C. Ott","doi":"10.1515/dante-2019-0011","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Einleitend bietet die Herausgeberin einen prägnanten Überblick über die Convivio-Forschung der letzten Jahrzehnte und arbeitet zugleich das Ziel des vorliegenden Bandes heraus: anstelle eines teleologischen Narrativs, das das Convivio einer mittleren, philosophischen Phase in Dantes kontinuierlicher Entwicklung hin zum sacrato poema zuschreibt, will der Band sich auf einen klar eingegrenzten Zeitraum fokussieren (1304–1308) und dabei die Frage stellen, ob und in welchem Ausmaß Dante mit dem Convivio einen Neubeginn in seinem bisherigen Denken und Schaffen wagen wollte – und inwiefern ihn gar äußere Umstände dazu gezwungen haben könnten (1). Sie betont den Eindruck, dass dem Convivio weder mit einer rein philosophiegeschichtlichen noch einer rein literaturwissenschaftlichen – und allgemeiner einer rein textimmanenten – Perspektive beizukommen sei. Entsprechend stellen sich die Beiträge des Bandes der angesichts der Quellenlage großen Herausforderung einer präzise(re)n historischen Kontextualisierung des Convivio. Der Beitrag von Zygmunt G. Barański fungiert gleichsam als Einführung. Mit Blick auf die neuesten Forschungen zum Convivio geht der Autor hier auf die Definitionsschwierigkeiten ein, die sich durch die stilistische und gattungstypologische Hybridität des Werkes notwendig einstellen und durch Dante – wie Barański mit Verweis auf die einschlägigen metatextuellen Passagen zeigt – durchaus reflektiert werden. Das Convivio kann weder als rein philosophischer Traktat noch als Kommentar oder aber als Satura betrachtet werden: drei Typologien, die im Mittelalter üblicherweise nicht im Verbund auftreten (11). Da die Vorstellung von textuellen Ordnungen und Hierarchien aber auch für dieses Dante’sche Werk bestimmend seien, dürfe man seinen eklektizistischen Charakter nicht überbetonen (12). Andererseits dürfe man das Convivio nicht als rein rational-philosophischen Traktat mit Aristoteles als Gewährsmann betrachten, träten doch neben diesen auch christliche Konzepte von Offenbarung, Weisheit und eines »emotionalen Verstehens« (13). Das Bewusstsein eines hierarchisch strukturierten, zugleich aber auch in verschiedene Wissensbereiche fragmentierten Wissens drücke sich in Dantes Hohelied-Zitat über die zahllosen Dienerinnen der Theologie aus (14) – aber auch in der Qualifikation des Werkes als »quasi comento« (15). Anders als mittelalterliche Kommentare oder compilationes verstehe sich das Convivio aber – Barański beruft sich auf Russell Ascoli – wiederum nicht als ein dienendes, fremde Autoritäten kommentarlos wiedergebendes Werk, sondern als eines, das durch die Auseinandersetzung mit anderen Ansichten","PeriodicalId":11276,"journal":{"name":"Deutsches Dante-Jahrbuch","volume":"8 1","pages":"190 - 198"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2019-09-23","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"1","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Deutsches Dante-Jahrbuch","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1515/dante-2019-0011","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
引用次数: 1
Abstract
Einleitend bietet die Herausgeberin einen prägnanten Überblick über die Convivio-Forschung der letzten Jahrzehnte und arbeitet zugleich das Ziel des vorliegenden Bandes heraus: anstelle eines teleologischen Narrativs, das das Convivio einer mittleren, philosophischen Phase in Dantes kontinuierlicher Entwicklung hin zum sacrato poema zuschreibt, will der Band sich auf einen klar eingegrenzten Zeitraum fokussieren (1304–1308) und dabei die Frage stellen, ob und in welchem Ausmaß Dante mit dem Convivio einen Neubeginn in seinem bisherigen Denken und Schaffen wagen wollte – und inwiefern ihn gar äußere Umstände dazu gezwungen haben könnten (1). Sie betont den Eindruck, dass dem Convivio weder mit einer rein philosophiegeschichtlichen noch einer rein literaturwissenschaftlichen – und allgemeiner einer rein textimmanenten – Perspektive beizukommen sei. Entsprechend stellen sich die Beiträge des Bandes der angesichts der Quellenlage großen Herausforderung einer präzise(re)n historischen Kontextualisierung des Convivio. Der Beitrag von Zygmunt G. Barański fungiert gleichsam als Einführung. Mit Blick auf die neuesten Forschungen zum Convivio geht der Autor hier auf die Definitionsschwierigkeiten ein, die sich durch die stilistische und gattungstypologische Hybridität des Werkes notwendig einstellen und durch Dante – wie Barański mit Verweis auf die einschlägigen metatextuellen Passagen zeigt – durchaus reflektiert werden. Das Convivio kann weder als rein philosophischer Traktat noch als Kommentar oder aber als Satura betrachtet werden: drei Typologien, die im Mittelalter üblicherweise nicht im Verbund auftreten (11). Da die Vorstellung von textuellen Ordnungen und Hierarchien aber auch für dieses Dante’sche Werk bestimmend seien, dürfe man seinen eklektizistischen Charakter nicht überbetonen (12). Andererseits dürfe man das Convivio nicht als rein rational-philosophischen Traktat mit Aristoteles als Gewährsmann betrachten, träten doch neben diesen auch christliche Konzepte von Offenbarung, Weisheit und eines »emotionalen Verstehens« (13). Das Bewusstsein eines hierarchisch strukturierten, zugleich aber auch in verschiedene Wissensbereiche fragmentierten Wissens drücke sich in Dantes Hohelied-Zitat über die zahllosen Dienerinnen der Theologie aus (14) – aber auch in der Qualifikation des Werkes als »quasi comento« (15). Anders als mittelalterliche Kommentare oder compilationes verstehe sich das Convivio aber – Barański beruft sich auf Russell Ascoli – wiederum nicht als ein dienendes, fremde Autoritäten kommentarlos wiedergebendes Werk, sondern als eines, das durch die Auseinandersetzung mit anderen Ansichten