{"title":"Die Umstände von Gewicht bei der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Eine Analyse von Mordurteilen im Zeitraum 2000–2020","authors":"Jonas Goldmann, U. Zähringer","doi":"10.1515/mks-2022-0035","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Zusammenfassung Mit dem 20. Strafrechtsänderungsgesetz vom 08.12.1981 wurde die »Besondere Schwere der Schuld« in das deutsche Strafgesetzbuch aufgenommen, um zu gewährleisten, dass besonders schwerwiegende Tötungsdelikte individualisiert bestraft werden können. Seit ihrer Einführung wird über diese Regelung in Literatur und Rechtsprechung diskutiert, wobei insbesondere die fehlende Bestimmtheit und Konkretisierung von Kriterien für eine Feststellung der besonderen Schuldschwere durch das Tatgericht kritisiert werden. Auch aufgrund entsprechender Forderungen wurde 2014 eine Expert:innengruppe vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zur Erarbeitung einer Reform der Tötungsdelikte berufen. Im entsprechenden Abschlussbericht wird empfohlen, das Schuldschweremerkmal »aus Gründen der Klarstellung und der gleichmäßigen Rechtsanwendung näher zu konkretisieren« – bisher wurde in der Gesetzgebung dieser Empfehlung jedoch keine Folge geleistet. Ziel dieses Beitrags ist es, die vom Bundesgerichtshof geforderten »Umstände von Gewicht« näher zu untersuchen und auf ihre Bedeutung für die Rechtsprechung hin zu analysieren. Dafür soll insbesondere betrachtet werden, welche Umstände im Rahmen der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld durch Tatgerichte Gewicht haben. Beleuchtet werden soll darüber hinaus, welche tat- und täter:innenbezogenen Faktoren in der Schuldschwerefeststellung erschwerend herangezogen werden. Zur Beantwortung dieser Fragen wurden 26 Mordurteile aus den Jahren 2000 bis 2020 analysiert, bei denen die besondere Schwere der Schuld durch das Tatgericht festgestellt wurde.","PeriodicalId":43577,"journal":{"name":"Monatsschrift Fur Kriminologie Und Strafrechtsreform","volume":"76 1","pages":"100 - 114"},"PeriodicalIF":0.6000,"publicationDate":"2023-04-28","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Monatsschrift Fur Kriminologie Und Strafrechtsreform","FirstCategoryId":"90","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1515/mks-2022-0035","RegionNum":4,"RegionCategory":"社会学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"Q4","JCRName":"CRIMINOLOGY & PENOLOGY","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Zusammenfassung Mit dem 20. Strafrechtsänderungsgesetz vom 08.12.1981 wurde die »Besondere Schwere der Schuld« in das deutsche Strafgesetzbuch aufgenommen, um zu gewährleisten, dass besonders schwerwiegende Tötungsdelikte individualisiert bestraft werden können. Seit ihrer Einführung wird über diese Regelung in Literatur und Rechtsprechung diskutiert, wobei insbesondere die fehlende Bestimmtheit und Konkretisierung von Kriterien für eine Feststellung der besonderen Schuldschwere durch das Tatgericht kritisiert werden. Auch aufgrund entsprechender Forderungen wurde 2014 eine Expert:innengruppe vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zur Erarbeitung einer Reform der Tötungsdelikte berufen. Im entsprechenden Abschlussbericht wird empfohlen, das Schuldschweremerkmal »aus Gründen der Klarstellung und der gleichmäßigen Rechtsanwendung näher zu konkretisieren« – bisher wurde in der Gesetzgebung dieser Empfehlung jedoch keine Folge geleistet. Ziel dieses Beitrags ist es, die vom Bundesgerichtshof geforderten »Umstände von Gewicht« näher zu untersuchen und auf ihre Bedeutung für die Rechtsprechung hin zu analysieren. Dafür soll insbesondere betrachtet werden, welche Umstände im Rahmen der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld durch Tatgerichte Gewicht haben. Beleuchtet werden soll darüber hinaus, welche tat- und täter:innenbezogenen Faktoren in der Schuldschwerefeststellung erschwerend herangezogen werden. Zur Beantwortung dieser Fragen wurden 26 Mordurteile aus den Jahren 2000 bis 2020 analysiert, bei denen die besondere Schwere der Schuld durch das Tatgericht festgestellt wurde.