{"title":"\"物质\"的概念,马克思","authors":"Ulrich Ruschig","doi":"10.1515/zksp-2017-0004","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Zusammenfassung Durchsucht man Marxens Schriften daraufhin, wo und in welchem Zusammenhang ‚Substanz‘ vorkommt, dann stellt man irritiert zweierlei fest: – ‚Substanz‘ findet sich an zentralen Stellen und ist mit einem für die Marxsche Theorie grundlegenden Begriff, dem des Werts, in eminenter Weise verbunden – und obendrein mit dem des sich verwertenden Werts, dem des Kapitals. – Wiewohl der Begriff des Werts eine herausragende Rolle spielt, verwendet der so systematische Marx ‚Substanz‘ in auffälliger Weise uneinheitlich. Diese Uneinheitlichkeit sollte nicht als Marginalie eines misslicherweise ausgerechnet in diesem entscheidenden Punkt unklaren Autors abgetan werden. Sie hat vielmehr einen Grund in der Sache; kann die Uneinheitlichkeit geklärt werden, wird die Sache geklärt. In Marxens Texte gehen Bestimmungen des aristotelischen, eben metaphysischen Substanzbegriffs konstitutiv ein. Zugleich enthalten die Texte eine diesen Substanzbegriff als unwahr zurückweisende Kritik. Für Marxens Aufnahme des Hegelschen Substanzbegriffs, der ja nicht minder metaphysisch ist, gilt Analoges: So wesentlich Hegels Reflexionen über die Substanz für Marxens Kritik der politischen Ökonomie sind, so wesentlich ist zugleich die eine solche Substanz bestreitende Hegel-Kritik. Diese Antinomie ist – theoretisch – nicht zu schlichten, denn sie verdankt sich dem Gegenstand der Kritik der politischen Ökonomie, der kapitalistischen Produktionsweise. Mithin werden weder der Substanzbegriff noch die aufklärerische Kritik desselbigen überflüssig oder gar nichtig: Dialektik ergreift einen zentralen Begriff wie den der Substanz des Werts, der abstrakt menschlichen Arbeit. Deren Antinomie ist Anweisung auf Politik, spezieller den Eingriff in die Geschichte, den Griff des in dem gespenstigen Zug fortschreitender Kapitalakkumulation reisenden Menschengeschlechts nach der Notbremse.","PeriodicalId":250691,"journal":{"name":"Zeitschrift für kritische Sozialtheorie und Philosophie","volume":"9 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2017-10-10","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Der Begriff der Substanz bei Marx\",\"authors\":\"Ulrich Ruschig\",\"doi\":\"10.1515/zksp-2017-0004\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"Zusammenfassung Durchsucht man Marxens Schriften daraufhin, wo und in welchem Zusammenhang ‚Substanz‘ vorkommt, dann stellt man irritiert zweierlei fest: – ‚Substanz‘ findet sich an zentralen Stellen und ist mit einem für die Marxsche Theorie grundlegenden Begriff, dem des Werts, in eminenter Weise verbunden – und obendrein mit dem des sich verwertenden Werts, dem des Kapitals. – Wiewohl der Begriff des Werts eine herausragende Rolle spielt, verwendet der so systematische Marx ‚Substanz‘ in auffälliger Weise uneinheitlich. Diese Uneinheitlichkeit sollte nicht als Marginalie eines misslicherweise ausgerechnet in diesem entscheidenden Punkt unklaren Autors abgetan werden. Sie hat vielmehr einen Grund in der Sache; kann die Uneinheitlichkeit geklärt werden, wird die Sache geklärt. In Marxens Texte gehen Bestimmungen des aristotelischen, eben metaphysischen Substanzbegriffs konstitutiv ein. Zugleich enthalten die Texte eine diesen Substanzbegriff als unwahr zurückweisende Kritik. Für Marxens Aufnahme des Hegelschen Substanzbegriffs, der ja nicht minder metaphysisch ist, gilt Analoges: So wesentlich Hegels Reflexionen über die Substanz für Marxens Kritik der politischen Ökonomie sind, so wesentlich ist zugleich die eine solche Substanz bestreitende Hegel-Kritik. Diese Antinomie ist – theoretisch – nicht zu schlichten, denn sie verdankt sich dem Gegenstand der Kritik der politischen Ökonomie, der kapitalistischen Produktionsweise. Mithin werden weder der Substanzbegriff noch die aufklärerische Kritik desselbigen überflüssig oder gar nichtig: Dialektik ergreift einen zentralen Begriff wie den der Substanz des Werts, der abstrakt menschlichen Arbeit. Deren Antinomie ist Anweisung auf Politik, spezieller den Eingriff in die Geschichte, den Griff des in dem gespenstigen Zug fortschreitender Kapitalakkumulation reisenden Menschengeschlechts nach der Notbremse.\",\"PeriodicalId\":250691,\"journal\":{\"name\":\"Zeitschrift für kritische Sozialtheorie und Philosophie\",\"volume\":\"9 1\",\"pages\":\"0\"},\"PeriodicalIF\":0.0000,\"publicationDate\":\"2017-10-10\",\"publicationTypes\":\"Journal Article\",\"fieldsOfStudy\":null,\"isOpenAccess\":false,\"openAccessPdf\":\"\",\"citationCount\":\"0\",\"resultStr\":null,\"platform\":\"Semanticscholar\",\"paperid\":null,\"PeriodicalName\":\"Zeitschrift für kritische Sozialtheorie und Philosophie\",\"FirstCategoryId\":\"1085\",\"ListUrlMain\":\"https://doi.org/10.1515/zksp-2017-0004\",\"RegionNum\":0,\"RegionCategory\":null,\"ArticlePicture\":[],\"TitleCN\":null,\"AbstractTextCN\":null,\"PMCID\":null,\"EPubDate\":\"\",\"PubModel\":\"\",\"JCR\":\"\",\"JCRName\":\"\",\"Score\":null,\"Total\":0}","platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Zeitschrift für kritische Sozialtheorie und Philosophie","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1515/zksp-2017-0004","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
Zusammenfassung Durchsucht man Marxens Schriften daraufhin, wo und in welchem Zusammenhang ‚Substanz‘ vorkommt, dann stellt man irritiert zweierlei fest: – ‚Substanz‘ findet sich an zentralen Stellen und ist mit einem für die Marxsche Theorie grundlegenden Begriff, dem des Werts, in eminenter Weise verbunden – und obendrein mit dem des sich verwertenden Werts, dem des Kapitals. – Wiewohl der Begriff des Werts eine herausragende Rolle spielt, verwendet der so systematische Marx ‚Substanz‘ in auffälliger Weise uneinheitlich. Diese Uneinheitlichkeit sollte nicht als Marginalie eines misslicherweise ausgerechnet in diesem entscheidenden Punkt unklaren Autors abgetan werden. Sie hat vielmehr einen Grund in der Sache; kann die Uneinheitlichkeit geklärt werden, wird die Sache geklärt. In Marxens Texte gehen Bestimmungen des aristotelischen, eben metaphysischen Substanzbegriffs konstitutiv ein. Zugleich enthalten die Texte eine diesen Substanzbegriff als unwahr zurückweisende Kritik. Für Marxens Aufnahme des Hegelschen Substanzbegriffs, der ja nicht minder metaphysisch ist, gilt Analoges: So wesentlich Hegels Reflexionen über die Substanz für Marxens Kritik der politischen Ökonomie sind, so wesentlich ist zugleich die eine solche Substanz bestreitende Hegel-Kritik. Diese Antinomie ist – theoretisch – nicht zu schlichten, denn sie verdankt sich dem Gegenstand der Kritik der politischen Ökonomie, der kapitalistischen Produktionsweise. Mithin werden weder der Substanzbegriff noch die aufklärerische Kritik desselbigen überflüssig oder gar nichtig: Dialektik ergreift einen zentralen Begriff wie den der Substanz des Werts, der abstrakt menschlichen Arbeit. Deren Antinomie ist Anweisung auf Politik, spezieller den Eingriff in die Geschichte, den Griff des in dem gespenstigen Zug fortschreitender Kapitalakkumulation reisenden Menschengeschlechts nach der Notbremse.