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摘要

西塞洛》的一篇杂志访问了斯坦福大学的学者伊恩·莫里斯,他讨论了为何历史研究让他发觉战争让整个世界变得更富裕、更安全。战争的故事是一个很险恶的故事不过,莫里斯指出,快乐的作用远超过痛苦但是,要实现这一纪录,历史学家必须有自己的看法。莫里斯说:“我设法不去注意细节,尽量跟各人争战,着眼于全局。”——莫里斯2013年就这么简单就像试图达到国际收支平衡的一个关键目的时,他就会在一个模糊的小细节在浩瀚无边的全景都感兴趣主要Bewegungsrichtung在关注人类的一切optimierungsbedürftigen过去的喜用在研发了一种未来在Leichensaldo Geschichtsbuchhalter莫里斯的理由足以使teleologisch zweckdienliche作用将战争的赞美.可是,在这一永恒不变的变革过程中,个人却只是“贪婪无名的杀手”。在历史资料里,“在这么多人的热潮中,个人生命已微不足道”。——《多年来,对这类历史学说的每一次批评都受到批评。显然,约翰·卢贝克也听到了这些显然令他吃惊的、一根根不可言喻的异议意见。他的怪医
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Ein bloßer Leitfaden – aber ohne jede Alternative
In einem Interview mit der Zeitschrift Cicero erörterte der Stanford-Gelehrte Ian Morris kürzlich, warum ihn seine historischen Studien zu der Erkenntnis geführt haben, dass Kriege die Welt insgesamt reicher und sicherer gemacht hätten. Zwar sei die Geschichte des Krieges eine sehr böse Geschichte. Aber, so Morris, die positiven Effekte überwögen das Elend bei weitem. Um zu dieser Bilanz zu gelangen, muss der Historiker freilich einen bestimmten Standpunkt einnehmen. Morris sagt: „Ich versuche einfach den Blick weg vom Detail, weg von den einzelnen Kriegen, hin auf das große Ganze zu richten“ (Morris 2013). So einfach ist das. Je weitschweifender der Blick, je subjektvergessener die Perspektive, desto weniger werden die historischen Bilanzierungsbemühungen verstört durch schmutzige kleine Details. Vor dem gewaltigen Panorama des großen Ganzen interessiert vor allem die Bewegungsrichtung, bei der sich die Menschheit, aus einer optimierungsbedürftigen Vergangenheit kommend, mit allen Mitteln in eine Zukunft hinein entwickelt, bei der das Leichensaldo dem Geschichtsbuchhalter Morris Anlass genug ist, die teleologisch ungemein zweckdienliche Rolle des Krieges zu preisen. Der einzelne Mensch freilich gerät in dieser unendlichen Transformationsbewegung zum bloßen „Funktionär der Unmerklichkeit des Zugewinns“, eingebettet in ein Geschichtsbild „von solcher Großräumigkeit, daß das einzelne Leben darin nichts mehr zu bedeuten“ scheint (Blumenberg 1986, S. 225). Es ist dieser, wie Pier Paolo Pasolini treffend bemerkt, „unerträgliche Siegerblick auf die Wirklichkeit“ (Pasolini 2011, S. 123), an dem sich seit jeher jede Kritik an geschichtsphilosophischen Systemen dieses Typs entzündet. Natürlich kennt auch Johannes Rohbeck diese, offenbar zu seinem Erstaunen, nicht verstummen wollenden Einwände. Seine Apologie der Kantischen
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