{"title":"专家小组主席的新年贺词","authors":"Prof. Dr. Claudia Bohrmann-Linde","doi":"10.1002/ckon.202300061","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"<p>Liebe Fachgruppenmitglieder,</p><p>der diesjährige Neujahrsgruß soll anders als die Grüße der vergangenen drei Jahre ohne weitere Referenzen auf die Coronapandemie auskommen. Nichtsdestotrotz sind die Zeiten nicht aufgewühlter und weniger herausfordernd geworden. Kriege in Europa und im Nahen Osten verbunden mit verstärkter Migrationsbewegung, sich aufheizender Stimmung und geäußertem Antisemitismus sowie Islamhass in Deutschland wühlen den Alltag von uns allen auf. Wir dürfen nicht müde werden, eine offene, auf demokratischen Prinzipien beruhende Diskussionskultur dringend zu fördern und der Entwicklung von Toleranz und Haltung Raum zu geben – jede und jeder von uns in dem jeweiligen Wirkungskreis.</p><p>Fast vergessen über gewaltsam gefochtene Krisen scheint darüber die Klimakrise, die sich leiser aber auch bei uns zunehmend sichtbarer vollzieht. 2023 gilt als das bisher wärmste gemessene Jahr in der Geschichte. Laut UN-Umweltprogramm (UNEP) wird bis Ende des 21. Jahrhunderts die globale Durchschnittstemperatur sogar bei einem Einhalten der 2015 in Paris beschlossenen Klimaziele um 2,5 bis 2,9 Grad Celsius steigen. Die Tatsache, dass die zwanzig führenden Industrie- und Schwellenländer rund drei Viertel der weltweiten Treibhausgasemissionen verursachen, aber die ärmste Weltbevölkerung überproportional von Klimakatastrophen wie Dürren oder Überschwemmungen betroffen ist, muss noch stärker in das Bewusstsein von uns allen dringen und unbedingt zu Konsequenzen im Handeln eines Jeden von uns führen. Hier kann BNE einen wertvollen Beitrag liefern bzw. ein Weg sein, über das Erkennen und Bewerten schließlich zum Handeln zu kommen. Über BNE können wir unsere Schüler:innen, aus denen die Forschenden und Entscheidungsträger:innen von morgen rekrutiert werden, erreichen, wenn wir in Schule – und auch Hochschule – diesen Bildungsauftrag ernstnehmen.</p><p>Ein weiteres Thema, das jeden von uns trifft, ist der Personalmangel, nicht nur in MINT-Fächern und der entsprechenden Industrie, sondern auch in ganzer Breite in Erziehung und Bildung sowie allen weiteren Lebensbereichen. In den Schulen werden Quer- und Seiteneinsteiger:innen gewonnen sowie Studierende teils in sehr frühen Phasen ihres Studiums als selbstständig agierende Vertretungslehrkräfte eingesetzt. Nicht grundständig ausgebildete oder adäquat fortgebildete Chemielehrkräfte können nur schwerlich guten und sicheren experimentorientierten Chemieunterricht erteilen. Hier sind Kreativität und Kooperation gefragt sowie Weitsicht und didaktische Begleitung, um einer Deprofessionalisierung entgegenzuwirken. Dass die Bekämpfung des Lehrkräftemangels eine zentrale Aufgabe ist, wurde nicht zuletzt auch im MINT-Report vom Herbst 2023 deutlich, der das Thema zum Schwerpunkt gemacht hat. Auch Arbeitgeber haben erkannt, dass ohne guten Chemieunterricht letztlich kein Personal für die Branche gewonnen werden kann. Wir Chemiedidaktiker:innen können alle einen Beitrag leisten, indem wir eine fundierte chemiedidaktische Ausbildung mit relevantem Anteil an schulexperimentellen Inhalten und Praktika anbieten und die Lehramtsstudierenden auf ihrem Weg unterstützen und motivieren. Dazu gehört auch eine Öffnung für Quer- bzw. Seiteneinsteiger:innen.</p><p>Die GDCh-Lehrkräftefortbildungszentren bieten ein breites Angebot an Fortbildungen, ebenso verschiedene fachdidaktische Standorte. Hier wäre eine engere Vernetzung mit den staatlichen Angeboten wünschenswert, ebenso eine deutlich größere Verbindlichkeit bezüglich regelmäßiger Fortbildungen, die selbstverständlicher Teil der Tätigkeit von Lehrkräften werden müssen. Es existieren viele tolle Fortbildungsangebote, die teilweise dank Digitalisierung deutschlandweit zugänglich werden, allerdings noch stärker unter den Chemielehrkräften bekannt gemacht werden müssten. Das gilt ebenso für die Fülle an auf vielen Didaktik-Homepages kostenlos verfügbar gemachten Materialien für den Chemieunterricht, seien es Videos, Animationen, Simulationen, Unterrichtseinheiten, Arbeitsblätter oder andere digitale Lernumgebungen.</p><p>„Es gibt sie noch, die guten Dinge“ war unlängst ein Titel eines Beitrags in der Süddeutschen Zeitung. Ein Titel, der sich angesichts der sonstigen Berichterstattung angenehm positiv las. Im Beitrag ging es um viele schon grundsätzlich funktionierende „Bausteine zur Klimawende“, Ansätze, die ohne Wissen über Chemie nicht möglich wären. Eigentlich sollte dieser Neujahrsgruß so verfasst werden, dass ich einfach einmal nur über Positives berichte. Damit lässt sich aber unsere aktuelle Situation nicht erfassen und wir können uns auch vor Negativem nicht verschließen. Es gilt allerdings auch, Chancen sichtbar zu machen und es ist eine Aufgabe, bei uns und unseren Schüler:innen Resilienzen und Bereitschaft zum Handeln aufzubauen. Und tatsächlich: es gibt sie noch, die guten Dinge, auch in unserer Community. Und es gibt Chancen, die wir gemeinsam ergreifen sollten, um den Chemieunterricht weiter nach vorn zu bringen und unsere Schüler:innen für Chemie zu begeistern – wollen wir sie alle in 2024 ergreifen!</p><p>Claudia Bohrmann-Linde, ausgebildete Chemie- und Englischlehrerin, von 2016 - 2018 Professorin für Didaktik der Chemie an der Universität Tübingen, ist seit Oktober 2018 Professorin für Didaktik der Chemie an der Universität Wuppertal. Ihre Forschungsschwerpunkte sind u.a. die experimentell-konzeptionelle Erschließung innovativer und zukunftsträchtiger Entwicklungen im Bereich Energie und Energieumwandlungen für den Chemieunterricht, die Entwicklung und Optimierung digitaler Lehr-Lernressourcen, die Entwicklung BNE-bezogener Unterrichtsmaterialien und bilingualer Chemieunterricht.</p>","PeriodicalId":43673,"journal":{"name":"ChemKon","volume":"31 1","pages":"5"},"PeriodicalIF":0.4000,"publicationDate":"2024-01-17","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1002/ckon.202300061","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Neujahrsgrüße der Fachgruppenvorsitzenden\",\"authors\":\"Prof. Dr. Claudia Bohrmann-Linde\",\"doi\":\"10.1002/ckon.202300061\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"<p>Liebe Fachgruppenmitglieder,</p><p>der diesjährige Neujahrsgruß soll anders als die Grüße der vergangenen drei Jahre ohne weitere Referenzen auf die Coronapandemie auskommen. 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Fast vergessen über gewaltsam gefochtene Krisen scheint darüber die Klimakrise, die sich leiser aber auch bei uns zunehmend sichtbarer vollzieht. 2023 gilt als das bisher wärmste gemessene Jahr in der Geschichte. Laut UN-Umweltprogramm (UNEP) wird bis Ende des 21. Jahrhunderts die globale Durchschnittstemperatur sogar bei einem Einhalten der 2015 in Paris beschlossenen Klimaziele um 2,5 bis 2,9 Grad Celsius steigen. Die Tatsache, dass die zwanzig führenden Industrie- und Schwellenländer rund drei Viertel der weltweiten Treibhausgasemissionen verursachen, aber die ärmste Weltbevölkerung überproportional von Klimakatastrophen wie Dürren oder Überschwemmungen betroffen ist, muss noch stärker in das Bewusstsein von uns allen dringen und unbedingt zu Konsequenzen im Handeln eines Jeden von uns führen. Hier kann BNE einen wertvollen Beitrag liefern bzw. ein Weg sein, über das Erkennen und Bewerten schließlich zum Handeln zu kommen. Über BNE können wir unsere Schüler:innen, aus denen die Forschenden und Entscheidungsträger:innen von morgen rekrutiert werden, erreichen, wenn wir in Schule – und auch Hochschule – diesen Bildungsauftrag ernstnehmen.
Ein weiteres Thema, das jeden von uns trifft, ist der Personalmangel, nicht nur in MINT-Fächern und der entsprechenden Industrie, sondern auch in ganzer Breite in Erziehung und Bildung sowie allen weiteren Lebensbereichen. In den Schulen werden Quer- und Seiteneinsteiger:innen gewonnen sowie Studierende teils in sehr frühen Phasen ihres Studiums als selbstständig agierende Vertretungslehrkräfte eingesetzt. Nicht grundständig ausgebildete oder adäquat fortgebildete Chemielehrkräfte können nur schwerlich guten und sicheren experimentorientierten Chemieunterricht erteilen. Hier sind Kreativität und Kooperation gefragt sowie Weitsicht und didaktische Begleitung, um einer Deprofessionalisierung entgegenzuwirken. Dass die Bekämpfung des Lehrkräftemangels eine zentrale Aufgabe ist, wurde nicht zuletzt auch im MINT-Report vom Herbst 2023 deutlich, der das Thema zum Schwerpunkt gemacht hat. Auch Arbeitgeber haben erkannt, dass ohne guten Chemieunterricht letztlich kein Personal für die Branche gewonnen werden kann. Wir Chemiedidaktiker:innen können alle einen Beitrag leisten, indem wir eine fundierte chemiedidaktische Ausbildung mit relevantem Anteil an schulexperimentellen Inhalten und Praktika anbieten und die Lehramtsstudierenden auf ihrem Weg unterstützen und motivieren. Dazu gehört auch eine Öffnung für Quer- bzw. Seiteneinsteiger:innen.
Die GDCh-Lehrkräftefortbildungszentren bieten ein breites Angebot an Fortbildungen, ebenso verschiedene fachdidaktische Standorte. Hier wäre eine engere Vernetzung mit den staatlichen Angeboten wünschenswert, ebenso eine deutlich größere Verbindlichkeit bezüglich regelmäßiger Fortbildungen, die selbstverständlicher Teil der Tätigkeit von Lehrkräften werden müssen. Es existieren viele tolle Fortbildungsangebote, die teilweise dank Digitalisierung deutschlandweit zugänglich werden, allerdings noch stärker unter den Chemielehrkräften bekannt gemacht werden müssten. Das gilt ebenso für die Fülle an auf vielen Didaktik-Homepages kostenlos verfügbar gemachten Materialien für den Chemieunterricht, seien es Videos, Animationen, Simulationen, Unterrichtseinheiten, Arbeitsblätter oder andere digitale Lernumgebungen.
„Es gibt sie noch, die guten Dinge“ war unlängst ein Titel eines Beitrags in der Süddeutschen Zeitung. Ein Titel, der sich angesichts der sonstigen Berichterstattung angenehm positiv las. Im Beitrag ging es um viele schon grundsätzlich funktionierende „Bausteine zur Klimawende“, Ansätze, die ohne Wissen über Chemie nicht möglich wären. Eigentlich sollte dieser Neujahrsgruß so verfasst werden, dass ich einfach einmal nur über Positives berichte. Damit lässt sich aber unsere aktuelle Situation nicht erfassen und wir können uns auch vor Negativem nicht verschließen. Es gilt allerdings auch, Chancen sichtbar zu machen und es ist eine Aufgabe, bei uns und unseren Schüler:innen Resilienzen und Bereitschaft zum Handeln aufzubauen. Und tatsächlich: es gibt sie noch, die guten Dinge, auch in unserer Community. Und es gibt Chancen, die wir gemeinsam ergreifen sollten, um den Chemieunterricht weiter nach vorn zu bringen und unsere Schüler:innen für Chemie zu begeistern – wollen wir sie alle in 2024 ergreifen!
Claudia Bohrmann-Linde, ausgebildete Chemie- und Englischlehrerin, von 2016 - 2018 Professorin für Didaktik der Chemie an der Universität Tübingen, ist seit Oktober 2018 Professorin für Didaktik der Chemie an der Universität Wuppertal. Ihre Forschungsschwerpunkte sind u.a. die experimentell-konzeptionelle Erschließung innovativer und zukunftsträchtiger Entwicklungen im Bereich Energie und Energieumwandlungen für den Chemieunterricht, die Entwicklung und Optimierung digitaler Lehr-Lernressourcen, die Entwicklung BNE-bezogener Unterrichtsmaterialien und bilingualer Chemieunterricht.