"历史是感性的 "编程语言历史大会,1978 年。

IF 0.6 2区 哲学 Q2 HISTORY & PHILOSOPHY OF SCIENCE Berichte zur Wissenschaftsgeschichte Pub Date : 2024-07-24 DOI:10.1002/bewi.202300032
Amelie Mittlmeier
{"title":"\"历史是感性的 \"编程语言历史大会,1978 年。","authors":"Amelie Mittlmeier","doi":"10.1002/bewi.202300032","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"<p>Im Jahr 1967 feierte die Association for Computing Machinery (ACM) ihr 20-jähriges Bestehen. Die zu diesem Zeitpunkt größte und älteste US-amerikanische Computer-Gesellschaft lud ausgewählte Pioniere des Faches nach Washington D. C. ein, um auf die eigene Geschichte zurückzublicken. Mit Hilfe eines Audiorecorders zeichnete man die Sitzung auf und überlieferte so die Anekdoten und Erinnerungen der anwesenden Pioniere für die Nachwelt.<sup>1</sup> Eine solche Selbsthistorisierung wissenschaftlicher Gesellschaften war und ist nichts Ungewöhnliches. Jubiläen und Jahrestage bieten häufig Anlass, sich mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen, und sie tragen so zur „Ausbildung eines fachkulturellen Gedächtnisses“ bei.<sup>2</sup></p><p>Ab Mitte der 1970er Jahre startete ein weiteres Projekt, bei dem die Informatik auf ihre Vergangenheit zurückblickte.<sup>3</sup> Gut zehn Jahre nach der Jubiläumsfeier der ACM, im Mai 1978, fand in Los Angeles die erste History of Programming Languages Conference (im Folgenden HOPL-Konferenz) statt. Organisiert wurde die Tagung von einer Gruppe InformatikerInnen, und das Programm umfasste die Vorträge ausgewählter Pioniere, die von der Entwicklung besonders bedeutsamer Programmiersprachen berichten sollten. Obwohl die Veranstaltung auf den ersten Blick Parallelen zu dem Jubiläum von 1967 aufweist (die Pioniere des Faches erzählen „ihre“ Geschichte), war ein solcher Zugang genau das, was die OrganisatorInnen mit ihrer Konferenz <i>nicht</i> im Sinn hatten. Dies betonten sie, noch bevor das Vorhaben einen Namen trug: „This [planned history conference] is <span>not</span> supposed to be a group of people just coming together to provide a set of reminiscences.“<sup>4</sup></p><p>Tatsächlich unterschied sich die HOPL-Konferenz wesentlich von anderen Selbsthistorisierungsprojekten – wie etwa der Jubiläumsfeier 1967. Im Folgenden soll gezeigt werden, dass es der Anspruch der OrganisatorInnen war, aus einer möglichst objektiven Perspektive auf die eigene Vergangenheit zu blicken, sie zu erforschen und eine detailreiche, umfassende sowie korrekte Darstellung der Geschichte zu präsentieren; es ging also gerade nicht darum, das eigene Mitwirken an den vergangenen Entwicklungen zu erinnern, wie im Fall der erzählenden Pioniere. Bemerkenswert ist dieses Vorhaben nicht nur durch seine Abgrenzung zu anderen Selbsthistorisierungsprojekten. Der Anspruch der HOPL-OrganisatorInnen, einen Beitrag zur Wissenschaftsgeschichte zu leisten, verortet die Konferenz in den Kontext der sich wandelnden Wissenschaftsgeschichte jener Zeit. Der folgende Text soll daher auch eine neue Perspektive auf die Geschichte der akademischen Wissenschaftsgeschichte eröffnen.</p><p>Bei der Vorbereitung der HOPL-Konferenz kam es bald zu Diskussionen, in denen Herausforderungen einer (wissenschafts−)geschichtlichen Arbeit zur Sprache kamen. Die umfassend überlieferte Dokumentation der Veranstaltung<sup>5</sup> bietet nicht nur Einblicke in die Auseinandersetzungen unter den Beteiligten, sondern zeigt auch, dass es einen Austausch zwischen den OrganisatorInnen der Konferenz und professionellen HistorikerInnen gab. Letztere reagierten jedoch skeptisch auf das Vorhaben der InformatikerInnen. Die detaillierte Rekonstruktion der Vergangenheit, wie sie auf der HOPL-Konferenz präsentiert wurde, genügte offenbar nicht den Ansprüchen der professionalisierten Wissenschaftsgeschichte.</p><p>Dass es einen Zusammenhang zwischen solchen Selbsthistorisierungsprojekten verschiedener Wissenschaftsdisziplinen und der Entwicklung der Wissenschaftsgeschichte gab, wurde erst kürzlich von Anke te Heesen in ihrer Monographie <i>Revolutionäre im Interview</i> gezeigt. Die Autorin befasst sich darin mit dem Sources for History of Quantum Physics Project (SHQP), welches Ende der 1950er Jahre von PhysikerInnen initiiert und zwischen 1961 und 1964 unter der Leitung von Thomas S. Kuhn durchgeführt wurde. Im Zentrum des Projekts stand die Sammlung von Interviews mit bedeutenden VertreterInnen der Physik. Die Arbeit mit den Pionieren stellte Kuhn und sein Team vor Probleme, die neue Lösungen forderten. Die Oral History-Interviews boten den WissenschaftlerInnen eine bislang unbekannte Bühne innerhalb der ergebnisorientierten Wissenschaftsgeschichte.<sup>6</sup> Durch die Interviews wurden sie auf neue Art in den Arbeitsprozess der Geschichtswissenschaft integriert, was von vielen HistorikerInnen als besondere Herausforderung wahrgenommen wurde. In ihren Versuchen, mit dieser Herausforderung umzugehen, weisen das SHQP und die HOPL-Konferenz auffallende Parallelen auf.</p><p>Kuhns Projekt etablierte die Oral History als eine neue Methode in der Wissenschaftsgeschichte und führte mit dem transkribierten Interview eine neue Art historischen Dokuments ein. Te Heesen arbeitet in ihrer Studie heraus, wie sehr das innovative Vorgehen die Entwicklung der Wissenschaftsgeschichte beeinflusste.<sup>7</sup> Die Veränderungen des Fachs werden auch mit Blick auf den Austausch und die Konflikte zwischen den InformatikerInnen der HOPL-Konferenz und den professionellen HistorikerInnen greifbar. Für Letztere bot die Konferenz – wie die Oral History-Interviews auch – zunächst einmal Quellenmaterial zur weiteren Auswertung, nicht jedoch einen bereits reflektierten, ohne weiteres anschlussfähigen Beitrag zur Disziplin der Wissenschaftsgeschichte. Das Interesse der HistorikerInnen galt den politischen und wirtschaftlichen Einflüssen auf das Wissenschaftsgeschehen und dessen Einbettung in die Gesellschaft. Die Analyse einzelner Erkenntnisschritte und deren chronologische Darstellung dagegen erfüllten nicht die Anforderungen, die die HistorikerInnen einer professionalisierten Wissenschaftsgeschichte an ihre Zunft stellten.</p><p>Bislang wurden die Zusammenhänge zwischen den Umbrüchen in der Wissenschaftsgeschichte und den verschiedenen Selbsthistorisierungsprojekten, die ab den 1950er Jahren angestoßen wurden, kaum in der Literatur erörtert.<sup>8</sup> Weitere Forschung verspricht ein besseres Verständnis sowohl für die jeweiligen Fachgeschichten als auch für die Geschichte der Wissenschaftsgeschichte. Exemplarisch soll im Folgenden die HOPL-Konferenz in den Blick genommen werden, wobei besonders die Frage interessiert, wie sich die Computer-Fachwelt eine Veranstaltung vorstellte, die sich mit der eigenen Geschichte befasste. Welches Programm legten die OrganisatorInnen fest? Welche Kriterien bestimmten sie für ihre Auswahl? Und welches Format wählten sie? Anschließend ist auf die Herausforderungen einzugehen, denen sich die TeilnehmerInnen schon bald gegenübersahen. Welche Lösungen überlegte man sich, um etwa mit der eigenen Befangenheit umzugehen? In einem nächsten Schritt schließlich werden die Konflikte zwischen den Beteiligten beschrieben, bei denen unterschiedliche Auffassungen aufeinanderstießen, wie mit der eigenen Vergangenheit umgegangen werden sollte. Mit dem Anspruch, einen <i>historiographischen</i> Beitrag zur Informatikgeschichte zu liefern, suchten die OrganisatorInnen gezielt den Anschluss an die Wissenschaftsgeschichte. Dem daraus erwachsenen Austausch zwischen den Computer-Fachleuten und professionellen HistorikerInnen ist daher ein weiteres Kapitel gewidmet. Abschließend werden Überlegungen angestellt, inwiefern sich die HOPL-Konferenz in einen breiteren Kontext einbetten lässt und damit Einblicke in die Geschichte der Wissenschaftsgeschichte bieten kann.</p><p>Die Idee, eine Konferenz über die Geschichte der Programmiersprachen auszurichten, reichte bis in das Jahr 1971 zurück. Jean E. Sammet, zu diesem Zeitpunkt Informatikerin bei der International Business Machines Corporation (IBM), erinnerte sich in einem Brief 1975, dass der Anstoß dazu ein Vortrag war, den sie an der University of California (UCLA) halten sollte, und zwar „on how and why COBOL was designed“.<sup>9</sup> Sammet war Teil der Arbeitsgruppe gewesen, die die Programmiersprache COBOL Ende der 1950er Jahre entwickelt hatte. In ihrem Brief von 1975 berichtete sie, dass</p><p>even without really adequate preparation and even without having the proper documentation on hand, it was possible to describe enough historical material to interest a random group of [computer science] students who had no particular motivation to be interested at all!!!<sup>10</sup></p><p>Aus dieser Erfahrung folgerte Sammet, dass es womöglich ein breiteres Interesse an der Geschichte von Programmiersprachen geben könnte. Sie wandte sich kurze Zeit später an die Special Interest Group on Programming Languages (SIGPLAN), einen Arbeitsausschuss der ACM, und schlug vor, eine Geschichts-Konferenz zu organisieren.</p><p>Sammets Idee stieß nicht nur bei den Mitgliedern der SIGPLAN auf positive Resonanz. Anfang 1972 kontaktierte sie Walter M. Carlson, der ihr die finanzielle Unterstützung der American Federation of Information Processing Society (AFIPS) in Aussicht stellte.<sup>11</sup> Carlson empfahl außerdem, dass sich Sammet an Henry S. Tropp wenden solle, der seit 1970 als „principal investigator“ in einem Oral-History-Projekt der AFIPS tätig war.<sup>12</sup> Tropp arbeitete als Professor für Mathematik an der Humboldt State University in Arcata, Kalifornien, und hatte in den 1970er Jahren mehrere Aufsätze für die Zeitschrift <i>Historia Mathematica</i> verfasst, darunter auch über die Bedeutung von Oral History.<sup>13</sup> Mit diesem Hintergrund war er für Sammet ein geeigneter Kandidat, die Rolle des „Historical Consultant“<sup>14</sup> zu übernehmen.</p><p>Obwohl alle Seiten ihr Interesse an dem Vorhaben bekräftigten, verzögerte sich dessen Realisierung, sodass es erst am 19. Mai 1977 zu einem (offiziellen) Planungstreffen kam.<sup>15</sup> Möglicherweise trug eine andere Konferenz dazu bei, Sammets Vorhaben wieder ins Rollen zu bringen:<sup>16</sup>1976 fand die International Research Conference on the History of Computing in Los Alamos, New Mexico, statt. Dies war die erste große Veranstaltung, die die Computer-Fachwelt der Geschichte des eigenen Fachs widmete. Als Ziele der Tagung nannte eine Ankündigung die folgenden drei Punkte:</p><p>1) it [i. e., the conference] will encourage research of high quality into the history of computing; 2) it will record „living history“ in the context of discussions among the pioneers in the origins of electronic computing; and 3) it will provide computer scientists – especially those who are pursuing historical interests – with an insight into the discipline of historiography.<sup>17</sup></p><p>Hervorragende Arbeiten zur Geschichte des „computing“ wurden ebenso versprochen wie die Möglichkeit, durch bloße Anwesenheit selbst Geschichte zu schreiben. Darüber hinaus stellte die Anzeige Einblicke in die „discipline of historiography“ in Aussicht – wohl mit dem Hintergedanken, dem/der interessierten InformatikerIn dadurch das Werkzeug in die Hand zu geben, die eigene Vergangenheit zu erforschen und zu dokumentieren. Die Konferenz stieß auf großes Interesse. Zahlreiche Pioniere des Faches reisten an den geschichtsträchtigen Ort, um sich drei Tage lang mit Geschichte auseinanderzusetzen.</p><p>Sammets Vorhaben unterschied sich durch den Anspruch, eine objektive, möglichst neutrale Perspektive auf die Vergangenheit zu präsentieren. Demgegenüber wurde auf der Konferenz in Los Alamos ausgiebig die Frage verhandelt, wem oder was die Ehre zukam, Priorität und Originalität beanspruchen zu können: Welches Land entwickelte die ersten modernen Computer? Welche Maschine war der erste moderne Computer? Wer hatte den ersten modernen Computer entwickelt und wer ihn das erste Mal programmiert?<sup>18</sup></p><p>Auf dem ersten Planungstreffen der HOPL-OrganisatorInnen im Mai 1977 war die Frage nach geeigneten RednerInnen zentrales Thema. Eine „[c]ritical Mass of Speakers [was] needed“, denn „[u]nlike other conferences, there are very few substitute speakers who can be used for this one.“ Dass die Konferenz „unusual“ war, lag an ihrer „general philosophy“: ein ausgewählter Kreis an RednerInnen sollte über die Geschichte einer ausgewählten Reihe von Programmiersprachen berichten.<sup>19</sup> Dieses Format hatte sich Sammet ausgedacht, wie ihre Notizen von 1971/72 belegen.<sup>20</sup> Sammet hatte schon vorab viele Aspekte der Konferenz (in Eigenregie) festgelegt. Beispielsweise geht aus einem Brief an den Programmausschuss in spe hervor, dass sie bereits mehrere KandidatInnen für die Vorträge kontaktiert hatte: „The criteria I used […] was simply that both the language and the speaker were so obvious that nobody would challenge their necessity“. Nur bei jenen „more questionable“ Personen, wollte sie die Entscheidung dem Programmausschuss der Konferenz überlassen.<sup>21</sup></p><p>Dabei lag die Auswahl der Programmiersprachen für die Konferenz nicht unbedingt auf der Hand. Das zeigt ein Blick auf die Situation um 1977. Zu diesem Zeitpunkt existierte eine Vielzahl an „Sprachen“, mit denen die Programme geschrieben wurden, die den Computern sagten, was sie tun sollten. Noch zwanzig Jahre zuvor sah die Lage anders aus. Ende der 1950er Jahre wurden die Maschinen häufig noch „von Hand“ mit Befehlen „gefüttert“. Anweisung für Anweisung musste hierfür in einer zuvor festgelegten Menge an Zeichen codiert werden – wobei das Set an zugelassenen Zeichen meist nur für eine spezifische Maschine galt. Dies machte die Programmierung zu einer zeitintensiven und fehleranfälligen Aufgabe. Darüber hinaus verhinderten die maschinen-gebundenen Sprachen den Austausch innerhalb der Fachcommunity über die jeweils ausgearbeiteten Programme. Dies führte zu Versuchen, die Menge an Zeichen sowie die Regeln zu ihrer Verwendung zu vereinheitlichen. Sogenannte höhere Programmiersprachen wurden entwickelt. Mit ihnen konnten nun Programme geschrieben werden, die nicht mehr nur auf einer spezifischen Maschine bzw. einem Maschinentyp liefen, sondern im Prinzip auf allen Computern – deren Anzahl und Verbreitung kontinuierlich anstieg. Doch der Wunsch der Fachwelt, <i>eine</i> allgemeingültige Programmiersprache zu entwickeln, erfüllte sich nicht. Ganz im Gegenteil, die Entwicklung der ersten höheren Programmiersprachen – allen voran FORTRAN, ALGOL und COBOL – rief alsbald Kritik und Verbesserungsvorschläge hervor. In der Folge entstanden immer weitere, neue Programmiersprachen – alle von ihnen mit eigenen Besonderheiten, Vor- und Nachteilen und meist mit einem mehr oder weniger festumgrenzten Kreis an überzeugten BenutzerInnen.<sup>22</sup></p><p>Es war also alles andere als eindeutig, welche Programmiersprachen für die Konferenz ausgewählt werden sollten. Als Kriterien schlug Sammet vor, dass die Sprachen „(a) are in use today directly or by way of dialects or descendants and (b) were developed before 1967“.<sup>23</sup> Die umständliche Formulierung deutet an, dass es sich bei den Kriterien um einen Kompromiss handelte: Sie waren notwendig, um das Programm der Konferenz zu rechtfertigen – selbstverständlich waren sie jedoch nicht. Noch verzwickter war die Lage bei der Auswahl der RednerInnen. Denn in den meisten Fällen waren die Programmiersprachen nicht das Ergebnis der Arbeit einer einzelnen Person, sondern vielmehr einer Gruppe oder gar eines Komitees. Einen öffentlichen Aufruf zur Teilnahme scheinen die OrganisatorInnen nicht erwogen zu haben; stattdessen legten sie nach einigem Hin und Her die RednerInnen eigenhändig fest. Das Ergebnis dieses Vorgehens waren Reaktionen wie etwa: „Two other names missing from the list of participants“<sup>24</sup>; oder auch „I was disappointed at not being invited to become involved“<sup>25</sup>.</p><p>In der ersten Bekanntmachung formulierte man das Ziel der Konferenz:</p><p>The purpose of the conference is to create a permanent historical record of the significant events that created the need for the development of the individual languages, of the environment in which decisions were made, and of the rationale behind the decisions which lead to the particular language style.<sup>26</sup></p><p>Der breite Fokus der Veranstaltung wird hier deutlich: Es sollten die soziale oder institutionelle Umgebung der Entwicklungen ebenso in den Blick genommen werden wie die verschiedenen Beweggründe der Beteiligten. Das Programm, mit dem man dieses Ziel erreichen wollte, umfasste 13 Sitzungen, die jeweils einer Sprache gewidmet waren. Im Zentrum jeder Sitzung standen Aufsätze, die von einer/einem der EntwicklerInnen im Voraus geschrieben und während der Konferenz vorgestellt werden sollten. Nach den Vorträgen sollten Diskussionen stattfinden, in denen teils vorbereitete und teils vom Publikum eingebrachte Fragen beantwortet werden konnten. Gerahmt wurde das Programm von einer Eröffnungsansprache der Informatikerin Grace Murray Hopper und einem „Banquet“ mit „Anekdoten“. Die gesamte Konferenz sollte als Video aufgezeichnet werden, ebenfalls geplant war die Herausgabe eines Tagungsberichts im Anschluss an die Konferenz.<sup>27</sup></p><p>Von Anfang an kamen Fragen zum Umgang mit der eigenen Fachgeschichte auf. Im August 1977 gestand Ralph E. Griswold, eingeladener Redner für die Programmiersprache SNOBOL, dass ihm die Anfertigung seines Aufsatzes Schwierigkeiten bereitete:</p><p>I immediately ran into a major policy and philosophical problem, which can be characterized as “level of candor”. Certainly in my material, and doubtlessly in others, there are sensitive areas with respect to persons and organizations. On the one hand, historical accuracy dictates discussion of conflicts and situations that were truly relevant to the development of the languages. On the other hand, some of this material may be potentially embarrassing to the persons and organizations involved and subsequently may lead to bad feelings. Since many authors are involved and likely to face this problem on different levels, it would be helpful to have a policy statement from you on how to handle this matter […]. I'll abide by your decision on this matter. For my part I would prefer historical accuracy, as matter-of-fact as possible, but without personality overtones.<sup>28</sup></p><p>Griswold, der SNOBOL gemeinsam mit zwei Kollegen entwickelt hatte, sah sich mit der Herausforderung konfrontiert, die „sensitive areas“ seiner Geschichte darzustellen. Wie waren historische Genauigkeit vereinbar mit dem Anliegen, niemanden in schlechtem Licht dastehen zu lassen? Bei einem solch zeithistorischem Thema – dessen AkteurInnen zumeist noch am Leben waren – erschien die Sorge vor „bad feelings“ nicht unbegründet. Ungeachtet dieser Schwierigkeiten, so Griswolds Schlussworte in seinem Brief an Sammet, sei die Arbeit an dem Aufsatz aber äußerst spannend: „As I get into the writing, I become more and more interested and at the same time more and more conscious of the effort that is needed.“<sup>29</sup></p><p>Von Anfang an boten Sammet und der Programmausschuss den eingeladenen RednerInnen an, sie bei ihrer Aufgabe zu unterstützen. Einen Aufsatz über ein geschichtliches Thema zu schreiben, war für die InformatikerInnen Neuland. Zum einen sollten sogenannte „Language Coordinators“ bei der Auswahl des Materials für die Aufsätze helfen.<sup>30</sup> Allen RednerInnen wurden jeweils zwei Personen zur Seite gestellt, die ebenfalls an der Entwicklung der jeweiligen Programmiersprache beteiligt gewesen waren und insofern über das nötige (Fach−)Wissen verfügten. Ihre Rolle erklärte Sammet den KoordinatorInnen wie folgt: „While the speakers are in some sense the ‚stars‘ of the performance, the Language Coordinators are the essential supporting cast.“ Ihre Aufgabe läge insbesondere darin, eine „neutrale“ Perspektive auf die Geschichte(n) der Sprachen einzubringen. Entsprechend riet sie den KoordinatorInnen, dass sie Fragen entwickeln sollten, selbst wenn sie die Antworten bereits kannten: „Remember that you are not trying to elicit information for yourselves, but rather you are trying to help the speaker provide a valid permanent record of the thinking which went into the original language development.“<sup>31</sup></p><p>Zum anderen hatte der Programmausschuss einen umfangreichen Fragebogen erstellt. Den Plan zu einem solchen Katalog hatte Sammet früh gefasst.<sup>32</sup> Aus einer Notiz geht hervor, dass die Entwicklung von Fragen zu den Kernaufgaben des Programmausschusses gehören sollte.<sup>33</sup> Diese zentrale Rolle gründete auf der Vorstellung davon, worum es bei der Konferenz gehen sollte (und worum nicht). In dem Fragebogen wurden die RednerInnen aufgefordert, vor der Beantwortung der Fragen Dokumente zu prüfen und KollegInnen zu konsultieren.<sup>34</sup> Bei den Aufsätzen und Vorträgen sollte es sich nicht um individuelle Rückblicke handeln, anders formuliert, nicht Memoiren waren das Ziel, sondern eine möglichst vollständige Sammlung aller wichtigen Quellen und Sachverhalte: „Wherever possible, please quote from original documents and indicate the source.“ Und Sammet begründete dies so: „[…] this is the best time to elicit this detailed information so it is available for future historians.“<sup>35</sup> Der Bogen umfasste Fragen nach der finanziellen Förderung ebenso wie nach den „Language Design Principles“. Dieses Vorgehen erinnert an die Methoden der Oral History-Interviews. Die Fragen zielten darauf, dass die InformatikerInnen trotz ihrer persönlichen Befangenheit mit wissenschaftlicher Distanz auf die Vergangenheit blickten. Sammet und der Programmausschuss griffen damit auf eine Methode zurück, die sich seit den 1960er Jahren zunehmend in der Geschichtswissenschaft etabliert und auch in der professionalisierten Wissenschaftsgeschichte Einzug gehalten hatte.<sup>36</sup> Und dennoch sollte die HOPL-Konferenz nur zurückhaltend von professionellen HistorikerInnen aufgenommen werden. Die Gründe hierfür lassen sich nicht mit Verweis auf das methodische Vorgehen der HOPL-VeranstalterInnen erklären. Es waren vielmehr die unterschiedlichen Vorstellungen von Geschichtsschreibung, die einer Verständigung zwischen den AkteurInnen im Weg standen.</p><p>Dass die Computer-Fachleute Anachronismen als Problem erkannten, wie etwa im Fall jener „Language Design Principles“, legt eine Notiz nahe, die auf den 20. Juni 1977 datiert und mit „Prepared by John Goodenough“<sup>37</sup> überschrieben ist. Darin heißt es:</p><p>In understanding how any scientific field has developed, it is necessary to understand what issues were considered important at each [any given] point in the field's development. […] The idea would be to distill, from individual designers’ recollections of why certain design decisions were made, an understanding of influences, both technical and sociological<sup>38</sup>, on language design and how these influences have changed over the years.<sup>39</sup></p><p>Die ZeitzeugInnen sollten nicht nur ihre persönlichen, individuellen Motive, sondern auch mögliche äußere Einflussfaktoren benennen. Eine Unterscheidung traf Goodenough hierbei zwischen „technischen“ und „soziologischen“ Einflüssen, wobei zu letzteren beispielsweise Faktoren wie „who had the stronger personality and dominated decisions, the background of dominant decision makers, etc.“ zählten. Den OrganisatorInnen war klar, dass diese „soziologischen“ Faktoren eine Rolle spielten bei der Entwicklung von Programmiersprachen. Die meisten wussten aus eigener Erfahrung, dass Auseinandersetzungen nicht immer durch überzeugendere Argumente entschieden wurden. Solche Aspekte aus einer historischen Betrachtung außen vor zu lassen, „is likely to make the design process sound more rational than it really is“.<sup>40</sup></p><p>Die historiographische Aufarbeitung der Vergangenheit sollte in einen strengen Rahmen eingebettet werden: Die RednerInnen wurden ausgewählt und hatten zur Aufgabe, klaren Richtlinien und einem Fragebogen folgend, die Geschichte der Programmiersprachen zu dokumentieren. Mit dieser Methode wollten die Beteiligten das Ziel erreichen, die Vergangenheit nachvollziehbar und detailliert zu rekonstruieren.<sup>41</sup></p><p>Weder die OrganisatorInnen der Konferenz noch die RednerInnen nahmen die Aufgabe, über die eigene Geschichte zu schreiben, auf die leichte Schulter. Sammet reagierte in einem ausführlichen Brief auf die Bitte Griswolds nach weiterer Unterstützung. Darin sicherte sie Griswold zu, gemeinsam mit dem Programmausschuss allgemeine Richtlinien zu entwickeln. Ihrer Meinung nach hatte bezüglich der „historical accuracy“ die <i>Vollständigkeit</i> der Berichte oberste Priorität – wenn möglich, solle aber auf abwertende Bemerkungen verzichtet werden.<sup>42</sup></p><p>Nach mehreren Anläufen lieferte Tropp den RednerInnen schließlich „Suggested Guidelines for Sensitive Materials“.<sup>43</sup> Er plädierte dafür, auch „sensibles Material“ nicht zurückzuhalten. Es sei insbesondere wichtig, zwischen Sachverhalten zu unterscheiden, die dokumentiert waren, und solchen, die ausschließlich auf den Erinnerungen der Beteiligten beruhten – letztere „may be faulty“.<sup>44</sup> Er empfahl außerdem, nicht über die Motive der Involvierten zu spekulieren: „Stick to the facts, and leave the probing of motivation for the reader and future scholar.“ Es sei wichtig, „to give a balanced picture of the contributions“. Tropp schließt seine Richtlinien mit dem Hinweis darauf, dass „the only thing that is absolutely prohibited is the use of a paper as a vehicle for a personal attack on a specific individual or an organization“.<sup>45</sup></p><p>Sowohl Tropp als auch Sammet betonten die Bedeutung von „historical accuracy“. Diese Priorisierung begründete auch, weshalb „decisions related to the treatment of sensitive materials cannot be made by regulation or by committee. The author must be the final judge of what appears.“<sup>46</sup> Als ZeitzeugInnen standen die RednerInnen vor anderen Herausforderungen als diejenigen, die später aus zeitlicher Distanz über die Geschichte der Programmiersprachen schreiben würden. Es blieb Tropp demnach nichts anderes übrig, als auf „future scholars“ zu verweisen, die sich aus einer solchen, d. h. unbeteiligten Perspektive dem Gegenstand nähern. Die HOPL-VeranstalterInnen entwickelten verschiedene Strategien für den Umgang mit der eigenen Geschichte. Allerdings bemerkten die Involvierten schnell, dass sie mit diesen nur einige, jedoch nicht alle Probleme lösen konnten.</p><p>Die RednerInnen wussten, dass sie in einer mitunter verzwickten Lage steckten. Sie betonten wiederholt, dass vieles, was „heute“, d. h. 1977/78, ganz selbstverständlich sei, den AkteurInnen von damals – also ihnen selbst – nicht bewusst war. Beispielsweise schrieb John Backus in seinem Aufsatz über FORTRAN: „In our naїve unawareness of language design problems – of course we knew nothing of many issues which were later thought to be important“<sup>47</sup> – und charakterisierte damit seinen damaligen Kenntnisstand beinahe entschuldigend als „naiv“. Den AutorInnen war klar, dass sie nicht unbefangen über die Geschichte ihrer jeweiligen Programmiersprache berichten konnten und kommunizierten dies auch explizit in ihren Aufsätzen.<sup>48</sup> Es war vor allem die Frage der Anerkennung wissenschaftlicher Leistung („credits“), die die eigene Befangenheit in den Augen der AutorInnen zum Problem werden ließ. In John McCarthys Aufsatz heißt es etwa: „Except where I give credit to someone else for an idea or decision, I should be regarded as tentatively claiming credit for it or else regarding it as a consequence of previous decisions. However, I have made mistakes about such matters in the past […].“<sup>49</sup></p><p>Der Anspruch der VeranstalterInnen, eine geschichtswissenschaftliche Konferenz zu halten und keine Feier zu Ehren der Pioniere, wird besonders deutlich in einer Auseinandersetzung zwischen Sammet und dem Präsidenten der ACM Herbert J. Grosch. Als Sammet im Juni 1977 darum bat, Finanzmittel von dritter Seite zu beantragen, lehnte Grosch dies ab.<sup>50</sup> Stattdessen ermutigte er Sammet, „to make a major and important expansion of plan, or contraction of title and present scope. The expansion is what I would prefer, but I think it improper to force it on you.“<sup>51</sup> Außerdem stellte Grosch eine Liste von Personen auf, die an der Konferenz teilnehmen sollten. Sammet war offenbar irritiert von Groschs Vorstoß und schickte ihm als Reaktion weitere Informationen bezüglich ihrer Planungen.<sup>52</sup></p><p>Doch damit sollte die Sache noch nicht erledigt sein: Die Vorstellungen der beiden, welche Geschichte auf der Konferenz präsentiert werden sollte, klafften zu weit auseinander. Dies geht aus Groschs Antwortschreiben hervor:</p><p>But Jean, both as a history buff, and as an ACM officer and a professional deeply concerned for the honesty, and the <span>appearance</span> of honesty, of what our Association does, I have to plead with you to be more responsive to the suggestions I've made already […].</p><p>[…] To say to a Charlie Phillips, „Come – at your own expense, of course, and we haven't arranged for you to say anything, but come“ is pretty close to an insult. And he won't come: The Father of COBOL!</p><p>You will remember the Silver Anniversary ACM party. Everybody knew Ed Berkeley would make a scene, and he did. But we invited him anyhow; how could you have a Founder's Day without the founder? Now, how can you have a history program without Bob Bemer? You can't! Sure, he has lots of enemies, including probably some of your program committee. But you have to honor him anyhow. […]</p><p>I've never been a software man myself, but I was there when the breed appeared. Several of the pioneers worked for me. I want to see the honors distributed fairly, not just reserved for a select group. I want it for the profession; I want it for ACM.</p><p>I can hear you say, „This isn't an honors convocation; it's a technical conference.“ History is different, Jean; every paper, every meeting, every piece of publicity is touchy. Even the very best efforts will generate some ill-feeling; you and your people can yet do a great deal more to minimize the amount. Please, try!<sup>53</sup></p><p>Für Grosch war klar, dass Geschichtsschreibung bedeutete, Anerkennung zu verteilen und den historischen AkteurInnen Ehren für ihre Verdienste zukommen zu lassen. Daher war die Frage der Fairness zentral, und ebenso galt es mögliche (emotionale) Konsequenzen zu berücksichtigen. Ein weiterer Punkt, in dem sich Sammets und Groschs Vorstellungen fundamental unterschieden, betraf das Thema, für wen die Konferenz veranstaltet werden sollte. Für Grosch richtete sie sich an die eigene Fachwelt; Sammet dagegen zielte darauf, ein möglichst breites Publikum für die Geschichte der Informatik zu gewinnen.</p><p>Den Brief an Sammet verschickte Grosch zeitgleich mit einem offenen Schreiben an die Mitglieder des Programmausschusses sowie weitere ACM-AmtsträgerInnen. Darin wiederholte er seine Forderung, die Konferenz anders zu gestalten. Insbesondere plädierte er dafür, die Auswahl der Programmiersprachen zu überdenken und früher entwickelte Sprachen mit aufzunehmen sowie die Liste der Eingeladenen auszuweiten – denn, „history is touchy“.<sup>54</sup> Sollte sich Grosch erhofft haben, Unterstützung für sein Anliegen von Seiten des Adressatenkreises zu erhalten, so erfüllte sich dieser Wunsch nicht. Die Antworten der anderen machen deutlich, dass Grosch mit seinen Plänen für die Konferenz allein dastand. Diplomatisch meinte etwa ein Mitglied des Programmausschusses, Grosch und die VeranstalterInnen hätten sehr unterschiedliche Zielvorstellungen, aber er stimme dem Präsidenten zu, dass „[w]e must indeed ‚carefully record … the explanation of the choice of languages‘ and speakers“.<sup>55</sup></p><p>Weniger diplomatisch fiel die Reaktion Robert M. Grahams aus, Vorsitzender der SIGPLAN-Gruppe. Er sei „schockiert“ von Groschs Vorgehen, in dem er die Ausübung präsidialen Drucks auf den Programmausschuss erkennen könne.<sup>56</sup> Grosch verstünde offensichtlich die „Philosophie“ der Konferenz nicht, „to <span>avoid</span> bestowing any honors on anyone“.<sup>57</sup> Auch ein weiterer Adressat von Groschs Brief sah sich genötigt, die „Philosophie“ der Konferenz zu erklären und listete hierfür auf, was die Konferenz <i>nicht</i> sein solle. Wiederholt betonten die OrganisatorInnen, dass es sich um eine „technische“ Veranstaltung handle – ohne dies jedoch weiter zu erläutern.</p><p>Grosch fühlte sich offenbar missverstanden, und auch den Vorwurf Grahams, seine Position als Präsident der ACM zu missbrauchen, wollte er nicht auf sich sitzen lassen. In einem weiteren Brief verteidigte er sich. Er habe sehr wohl die „Philosophie“ der Konferenz verstanden – „that the world began in 1957, Hallelujah!“ –, allerdings sei „the part that went before […] the part that is in danger of being lost“.<sup>58</sup> Schließlich, und damit hielt Grosch den Finger auf einen wunden Punkt, sei die Frage der Anerkennung nicht gänzlich zu umgehen: „There is an honored guest list. You may not call it that; the people not on it will do so.“<sup>59</sup> Wie erwähnt, sahen sich mit diesem Aspekt auch die AutorInnen der zu präsentierenden Aufsätze wiederholt konfrontiert. Die eigene Beteiligung und die zeitliche Nähe zu den Ereignissen erschwerten es ihnen, einen angemessenen Umgang mit der Vergangenheit auszuloten; der Grat zwischen neutraler Darstellung und (subjektiver) Beurteilung war in der Wahrnehmung der AutorInnen denkbar schmal.</p><p>Grosch ging in seinem Schreiben auch auf die Motive für seinen Einsatz in der Angelegenheit ein: „Bob [i. e., Robert M. Graham], I don't have a personal stake in this. I'm not a software man or a software pioneer. But, unlike you, and long before Jean, I was <span>there</span>“. Die Angelegenheit betraf Grosch, weil er „dabei gewesen war“ – und nicht nur er: „every oldster in the business will be stirred up“<sup>60</sup>.</p><p>Wie sehr Grosch betroffen war, wird an seinem weiteren Vorgehen deutlich: Er bat Victor Schneider, Herausgeber des SIGPLAN-Rundbriefs, einen offenen Brief in der Oktoberausgabe drucken zu lassen. Damit weitete er das Publikum der Kontroverse aus. Auch in diesem Schreiben brachte er seine Bedenken („History is touchy stuff“) bezüglich des geplanten Programms zum Ausdruck, ging dann jedoch einen Schritt weiter:</p><p>This letter is a protest. You – that is, SIGPLAN – have a wonderful idea: to contribute to the history of software. […] But to focus on the minutiae of ALGOL and APL, and ignore the human scene of the late Forties and early Fifties, is technology, not history. Poets look out across the ruins of the Forum and sigh, „Ah, if these stones could only speak!“ Well, dammit, one of them has. Is anybody listening?<sup>61</sup></p><p>Dieses Vorgehen von Grosch stieß auf teils heftige Gegenreaktionen. Schneider erklärte sich zwar bereit, den offenen Brief zu drucken, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass Grosch seine Formulierungen abschwächte.<sup>62</sup> Darüber hinaus wollte er den OrganisatorInnen der Konferenz die Gelegenheit geben, eine Antwort vorzubereiten, die zusammen mit Groschs Brief gedruckt werden sollte. Doch Grosch weigerte sich, seinen „well-known, perhaps even notorious, style“<sup>63</sup> aufzugeben und drohte damit, den Brief stattdessen in der Zeitschrift der ACM, die einen „President's Letter space“ vorsah, zu veröffentlichen: „This makes Bob Graham's complaint come true after all, of course: use of presidential power! But then, it only follows use of editorial power, doesn't it?”<sup>64</sup> Um eine weitere Eskalation des Konflikts zu verhindern, lenkte der Leiter von SIGPLAN – unter Protest – schließlich ein, Groschs Brief in der Dezemberausgabe zu drucken.<sup>65</sup></p><p>Nun meldete sich auch Sammet wieder zu Wort, die auf den vorherigen Brief von Grosch geschwiegen hatte. Ihr Vorwurf lautete, dass es Grosch nicht um konstruktive Kritik gehe, sondern darum, die eigenen Vorstellungen durchzusetzen; Grosch sei nicht dazu bereit, „to recognize that there are other good ways to do things than your way“,<sup>66</sup> und solange dies der Fall sei, würde Sammet ihn wohl oder übel ignorieren müssen: „I […] will try very hard to ignore your future outbursts on this.“<sup>67</sup> Zeitgleich bereitete sie ihre Antwort auf Groschs offenen Brief für den Newsletter vor. Einen Entwurf hierfür verschickte sie an die Mitglieder des Programmausschusses mit der Bitte um Kommentare, wobei sie daran erinnerte: „[I]t is important to realize that the circulation of SIGPLAN Notices is over 7,000 and this is a permanent archival publication in practice if not in theory.“<sup>68</sup> Dieses Geschichtsbewusstsein findet sich erneut im Post Skriptum ihres Briefes, in dem sie anfügte: „To the extent that the documentation for the preparation of the conference itself is of historical importance […], I would just as soon [sic] not have this type of nonsense included.“<sup>69</sup> Die Vorstellung, dass auch der Konflikt mit Grosch, in den (für ein Archiv vorgesehenen) Unterlagen wiederzufinden sein könnte, gefiel Sammet wohl weniger.<sup>70</sup></p><p>Obwohl sich Sammet Grosch gegenüber in ihrem Vorhaben unbeirrt zeigte, gingen ihr seine Einwände anscheinend doch nahe. So konsultierte sie etwa einen früheren Kollegen, um dessen Bestätigung für ihren eigenen Aufsatz zur Geschichte der Programmiersprache COBOL einzuholen.<sup>71</sup> Es war eben doch keinem der Beteiligten sofort klar, wer nun eine Programmiersprache „erfunden“ hatte, wer dies beurteilen sollte und ob dies überhaupt die entscheidenden Fragen waren. So erklärte Grosch: „I never thought of Charlie Phillips as having written any of COBOL […]. But he <span>is</span> thought of as the Father of the Language, the man who got it rolling“; und führte weiter aus: „I said in my very first letters […] that the <span>appearance</span> of fairness, the being above suspicion, was vital. You have had your head down, watching the furrow, reading the records, balancing the books. That isn't enough! You're on camera; people will be watching: it's history.“<sup>72</sup> Die Konferenz, so Grosch, <i>behandle</i> Geschichte, das heißt, vergangene Ereignisse; doch damit <i>mache</i> sie auch Geschichte – und hierbei galt es, fair zu sein.</p><p>Als im Dezember 1977 der SIGPLAN Newsletter erschien, nahm der Streit darüber, wie HOPL veranstaltet werden solle, ganze neun Seiten in Anspruch. Gedruckt war der zweiseitige Brief Groschs, dem verschiedene Beiträge der OrganisatorInnen sowie weiterer Beteiligter folgten. In ihrem vierseitigen Beitrag („I apologize in advance for its length“) setzte sich Sammet in neun Punkten mit den Vorwürfen Groschs auseinander, nachdem sie darauf hingewiesen hatte, dass „we [i. e., the program committee] know history is particularly touchy“. Der erste Punkt befasste sich mit der Frage nach Fairness – die im Auge des Betrachters liege. Die Wahl der Sprachen und Vortragenden, so Sammet, sei zum Teil schwierig gewesen – „but most were obvious“. Sammet „belegt“ diese Aussage mit dem Ergebnis einer Befragung von „people who are not deeply involved with languages“. Herausgestellt hatte sich hierbei, dass „in most cases they made between 75 % and 90 % of the choices made by the Program Committee“.<sup>73</sup></p><p>In den weiteren Punkten widersprach sie dem Vorwurf, sie sei nicht auf Groschs Einwände eingegangen, erklärte, warum Groschs Vorschläge dem Projekt nicht „dienlich“ seien, und betonte, dass es keine „Ehrengäste“ auf ihrer Konferenz geben würde. Die Veranstaltung sei dazu da, „to impart information to the attendees and the readers of the papers; it is <span>not</span> meant to provide glorification to anyone“.<sup>74</sup></p><p>Besonders der achte Punkt in Sammets Beitrag fällt ins Auge. Dort schreibt sie:</p><p>Finally, it should be obvious to everyone that there is much work to be done in describing and recording history. Nobody associated with this conference would claim this is the only way, and I certainly hope it is not the last conference to be held on the history of programming languages. It is <span>one</span> way of obtaining valuable historical information; it is only a beginning.<sup>75</sup></p><p>Vor dem Hintergrund der dargestellten Kontroverse wirkt die Behauptung Sammets, es sei <i>offensichtlich</i>, dass die Auseinandersetzung mit der Geschichte herausfordernd sei und es hierbei verschiedene Perspektiven und Zugänge gebe, fragwürdig. Es lässt sich eher beobachten, dass eben erst der Konflikt zwischen Grosch und den KonferenzplanerInnen diese Einsichten zu Tage förderte.</p><p>In einem Leserbrief heißt es in Reaktion auf die Diskussion im SIGPLAN-Rundbrief: „Are computer people really historians or only interested in personal enhancement, now?“ Dem Leser zufolge musste Ersteres verneint werden: Computer-Fachleute waren keine HistorikerInnen. Denn, so die Begründung des Lesers, da die Computer-Fachleute meistens an ihren eigenen historischen Darstellungen weitgehend festhielten („Will the coordinators continue to add to the record after the conference or will they go on to other things as has been done historically?“), bleibe es eben bei <i>einer</i> Darstellung, was die Tatsache verschleiere, dass es mehrere Perspektiven auf die Vergangenheit gebe.<sup>76</sup></p><p>Grosch hätte auf die Frage des Lesers wohl geantwortet, dass Computer-Fachleute nicht anders <i>konnten</i>, als bei der Darstellung der eigenen Geschichte auch an einer „persönlichen Besserstellung“ interessiert zu sein. Man kam aus der Position des Zeitzeugen eben nicht heraus und damit konnte man (nur) historiographische Darstellungen liefern, die auch nach Fairness beurteilt werden mussten. Sammet und der Programmausschuss verfolgten den Anspruch, eine „technische“ Konferenz zu veranstalten, auf der sie mittels ihrer <i>technischen</i> Expertise, die vergangenen <i>technischen</i> Entwicklungen rekonstruieren wollten. Dass sie hierbei „soziologische“ Aspekte zu berücksichtigen hatten, stellte die AutorInnen der Konferenzbeiträge vor Herausforderungen. Zumindest wird diese Einschätzung durch ihr Ringen beim Schreiben der Aufsätze nahegelegt. In anderen Worten, sie kamen zu der Einsicht, dass ihnen eben (nur) „<span>one</span> way of obtaining valuable historical information“<sup>77</sup> zur Verfügung stand.</p><p>Die zahlreichen „offenen“ Briefe in der Dezemberausgabe des Newsletters versetzte die SIGPLAN-Mitglieder offensichtlich nicht groß in Aufruhr. Ende Januar 1978 berichtete der Vorsitzende der SIGPLAN an Sammet, dass „[t]o date I have received exactly one letter with respect to Herb Grosch's comment […]. I held up sending it out expecting others but none have arrived. I therefore presume the issue is dead.“<sup>78</sup></p><p>Nachdem sich die Streitereien mit Grosch beruhigt hatten, verliefen die ausstehenden Vorbereitungen weitgehend reibungslos. Im Juli 1978 sollte die HOPL-Konferenz nun endlich stattfinden: um die 350 Computer-Fachleute aus den USA und Europa lockte die Tagung nach Los Angeles; den Audiotranskripten lässt sich entnehmen, dass die Diskussion in den Sitzungen lebhaft verlief und sich die Anwesenden mit Fragen und Kommentaren rege beteiligten. Das Format kam bei den InformatikerInnen gut an und so folgte 1993 HOPL II, wieder mit Sammet und Lee im Programmausschuss.<sup>79</sup></p><p>Allerdings liefen die Bemühungen der VeranstalterInnen, Aufmerksamkeit für ihr Anliegen unter professionellen HistorikerInnen zu bekommen, ins Leere. Soweit ersichtlich, war unter den Teilnehmenden nur eine Vertreterin der Zunft vor Ort. Die Technik- und Wirtschaftshistorikerin Nancy Stern arbeitete an der State University of New York at Stony Brook und veröffentlichte im Anschluss der Tagung einen Bericht. Darin hob sie hervor, dass „the proceedings and recording of this conference will undoubtedly become a major source of primary material for future historians attempting to trace the development of programming languages“ – und das trotz der „obvious biases“ der Vortragenden. Die Tagung hätte ein Forum eröffnet, auf dem die Pioniere „a relatively accurate account“ über die Entwicklung der gewählten Programmiersprachen präsentiert hätten – auf deren Inhalte Stern in ihrem Bericht jedoch nicht weiter einging.<sup>80</sup> Stern beendete im Jahr der Konferenz ihre Dissertation,<sup>81</sup> in den Worten eines Rezensenten „the first book on the history of computers to be written by a ‚professional‘ historian“.<sup>82</sup> Darin hatte sie unter anderem mit Oral History-Interviews gearbeitet und war wohl zu dem Schluss gekommen, dass die Pioniere in der Regel mit „obvious biases“ auf die Vergangenheit blickten.</p><p>Entsprechend verflocht sie die HOPL-Konferenz mit einer „significant controversy among historians as to the validity and accuracy of the recollections of pioneers in any development“<sup>83</sup>. Laut Stern stand hierbei zur Debatte, welche Bedeutung die Beiträge jener hatten, die in das Geschehene involviert gewesen waren. Es war die Frage nach „the objectivity of Newton and Leibniz when reporting on the development of their respective calculi.“ An dieser Stelle nun behauptete Stern, dass es die Pioniere selbst waren – in diesem Fall die RednerInnen der HOPL-Konferenz – die erkannten, dass sie (nur) <i>eine</i> Perspektive auf die Geschichte bieten – und insofern auch nicht „objektiv“ von der Vergangenheit berichten konnten. Stern untermauerte mit dieser Feststellung offensichtlich ihre eigene Position in der angesprochenen Kontroverse. Sie tat dies noch an anderer Stelle mit der Bemerkung: „Moreover, many speakers seemed to <i>inherently realize</i> that history is not so much the study of facts and dates as it is the understanding of the <i>process</i> which gives rise to important developments.“<sup>84</sup> Stern vertrat die Auffassung, dass sich die Wissenschaftsgeschichte mit Prozessen befasste, in Abgrenzung zu technischen Details, und untermauerte ihre Sicht, indem sie auf das „historische Gespür“ der RednerInnen verwies, die zu derselben Einsicht gelangt seien. Letzten Endes spielte damit die Validität der ZeitzeugInnen-Berichte nur eine untergeordnete Rolle. Denn Sterns Interesse richtete sich nicht auf die akkurate Abfolge technischer Entwicklungsschritte, sondern auf die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Prozesse, die das Wissenschaftsgeschehen beeinflussten. Auch in ihrer Dissertation hatte sie ihren Fokus auf „externe Faktoren“<sup>85</sup> gelegt, indem sie der Frage nachging, welche Rolle Vermarktung und Finanzierung bei der Entwicklung der Computer gespielt hatten.<sup>86</sup></p><p>Wie ließen sich wissenschaftliche Entwicklungen – zum Beispiel die Gestaltung einer Programmiersprache – historiographisch aufarbeiten und beschreiben? Welche Rolle spielten, in den Worten Goodenoughs, die „technischen“, welche die „soziologischen“ Faktoren? Aus welcher Perspektive sollte die Vergangenheit erzählt werden? Oder in anderen Worten: Wer konnte und sollte die Geschichte der Wissenschaften schreiben? Sterns Bemerkung über eine „significant controversy among historians“ deutet an, dass nicht nur die OrganisatorInnen der HOPL-Konferenz Antworten auf diese Fragen auszuhandeln hatten – sondern sich auch die Wissenschaftsgeschichte diesbezüglich positionieren musste.<sup>87</sup> Für Stern zumindest war klar, dass die Bedeutung der Veranstaltung weniger darin begründet lag, nun eine historiographische Darstellung der Geschichte von Programmiersprachen zu haben: „Rather, the distinction made here between history and sources for historians represents an effort to remind audiences that what they hear from a participant or read in a proceedings is not a total picture but one side of an often complex story.“<sup>88</sup> Insofern sei die Konferenz bedeutsam für „future historians“, die nun an der Reihe seien, den nächsten Schritt zu gehen, „toward understanding the total picture“.<sup>89</sup></p><p>Stern war bereits im Vorfeld in die Planung der Konferenz involviert gewesen. Sie hatte auf die Bitte Sammets den Aufsatzentwurf über die Geschichte der Programmiersprache APL gegengelesen. Ihren ausführlichen Kommentar hatte sie in fünf Abschnitte gegliedert: Unter der Überschrift „Usefulness“ klärte sie Sammet auf, dass „to the historian, it [i. e., the paper] is not, in and of itself, history“.<sup>90</sup> So liefere der Aufsatz zwar „nützliche“ Hinweise, doch biete er letzten Endes lediglich eine subjektive Perspektive auf die Geschehnisse. Darüber hinaus sei „the emphasis on rational reconstruction […] decidedly ahistorical“ – HistorikerInnen versuchten nicht zu erklären, wie man in der Gegenwart angekommen sei, sondern beschrieben die vergangenen Situationen und Gegebenheiten, um dadurch ein Verständnis für die damals getroffenen Entscheidungen und Handlungen der AkteurInnen zu bekommen. Bezüglich der Frage nach „Technical Detail in Historical Work“ belehrte Stern Sammet, dass in der Wissenschaftsgeschichte zwischen internalistischer und externalistischer Geschichtsschreibung unterschieden werde – den Aufsatz zählte sie offensichtlich zu ersterer Sorte. Sammet konnte offenbar nicht viel mit Sterns Rückmeldung anfangen. So fände sie die Kommentare zwar „interesting“ und werde sie an die Autoren weiterleiten, doch rückte sie von ihrem ursprünglichen Plan ab, den Aufsatz mit Sterns Bemerkungen an die anderen OrganisatorInnen als Vorlage weiterzuleiten: „it would only confuse matters“.<sup>91</sup></p><p>Auch an den Historiker Robert P. Multhauf wandten sich die OrganisatorInnen. Multhauf war bereits seit 1967 in die historischen Aktivitäten der InformatikerInnen involviert. Als Direktor des National Museum of History and Technology in Washington D. C. leitete er das AFIPS-Smithsonian Oral-History-Projekt, bei dem auch Tropp mitgearbeitet hatte.<sup>92</sup> Sammet bat Multhauf, ob er sich die Aufsätze der AutorInnen für den Tagungsband ansehen könne. In ihrem Brief hob sie wiederholt hervor, dass „[e]verybody involved with this conference, except for Hank [i. e., Henry] Tropp, is an absolute amateur in trying to document scientific history and we certainly can use all the advice we can get“.<sup>93</sup></p><p>Sein Antwortschreiben begann Multhauf mit der Feststellung, dass „[i]t didn't take long to discover that I could not make the kind of critique that you apparently had in mind“.<sup>94</sup> Er als Historiker könne die Aufsätze nicht beurteilen, da es sich um keine historiographischen Arbeiten handle. Wie bereits Stern unterstrich Multhauf, dass die Texte „reconstructions“ seien, die vor allem auf den Erinnerungen der Beteiligten beruhten. „Contributions of this kind“, führte er fort, „can only be criticized for being unclear or conspicuously biased“. Mit dieser Aussage griff Multhauf einen Aspekt auf, der bereits in den Auseinandersetzungen zwischen Sammet und Grosch aufgekommen war: Der Historiker vertrat an dieser Stelle die Haltung Groschs, nämlich dass für die Beurteilung der Arbeiten Kriterien wie Fairness und Vorurteilsfreiheit anzulegen seien.</p><p>Multhauf sprach auch Sterns Hinweis an, dass es sich bei den Texten um wichtige <i>Quellen</i> handle, die den interessierten HistorikerInnen sicherlich von Nutzen sein würden. Auffallend ist, dass Multhauf die Arbeit professioneller und nicht-professioneller HistorikerInnen anhand anderer Kriterien als Stern unterschied. Während diese vor allem den „ahistorischen“ Ansatz der ZeitzeugInnen und deren internalistische Geschichtsschreibung als Unterscheidungsmerkmal benannte, sah Multhauf als wesentliches Kriterium die <i>Verständlichkeit</i> der Darstellungen. Eine professionelle Geschichte des Computers „would be an analysis, <i>shorn of jargon</i>, of how the computer came about and of its consequences for the world at large“.<sup>95</sup> Die Aufsätze der HOPL-Konferenz „are intended for insiders“. Zwar könne selbst er als „Laie“ erkennen, dass „there surely is a history here“, doch sei der „exponentielle“ Anstieg an „Jargon“ Anlass zur Sorge. Denn, so schloss er seinen Brief, „science and technology are not self-sufficient“.<sup>96</sup> Multhauf sah demnach die Arbeit des/der HistorikerIn darin, die Geschichte (der Technik und der Wissenschaften) zu analysieren und von esoterischem „Jargon“ zu befreien, um so deren Sinn und Nutzen auch dem Laien verständlich zu machen. Multhaufs eigene Arbeiten bestätigen, dass das Interesse des Historikers auf den <i>Auswirkungen</i> von Wissenschaft und Technik auf andere Bereiche des Lebens lag. Beispielsweise befasste er sich mit der Geschichte des Salzes und mit der Frage, welche Rolle die Entwicklung von Salzförderung und -verwertung auf die Gesellschaft hatten.<sup>97</sup> Die Wissenschaftsgeschichte, die Multhauf hier betrieb, war keine auf Ideen fokussierte Fachgeschichte der Chemie. Die HOPL-Konferenz präsentierte jedoch genau das: eine Fachgeschichte der Informatik von InformatikerInnen für InformatikerInnen.</p><p>Wie bereits im Fall von Sterns Kommentaren war Sammet wohl nicht zufrieden mit den Rückmeldungen des Historikers. In ihrer Antwort an Multhauf heißt es entsprechend kühl:</p><p>Thank you for your interesting letter […]. I can well understand why you might be unable to provide detailed critiques for them, and I certainly appreciate your trying. Obviously you were able to elicit some basic information from them judging from the comments on page 2 of your letter. Since the preprints are not likely to do you much good in the future I would appreciate it if you could return them.<sup>98</sup></p><p>Ob Sammet Multhaufs Haltung tatsächlich verstand oder diese schlicht nicht teilte, lässt sich nicht feststellen. Es wird jedoch deutlich, dass sich der Austausch zwischen Sammet und professionellen HistorikerInnen insgesamt schwierig gestaltete. Sammets Anspruch, einen genuinen Beitrag zur historiographischen Aufarbeitung der Geschichte der Programmiersprachen zu leisten, wurde von Stern und Multhauf zurückgewiesen. Diese skeptische Reaktion ist bezeichnend, muss sie doch als Hinweis darauf gewertet werden, dass sich das Verständnis von Wissenschaftsgeschichte offenkundig gewandelt hatte. Stern und Multhauf wollten eine andere Geschichte – die auch nur von anderen, also von professionellen HistorikerInnen geschrieben werden konnte. Nach Meinung der beiden lieferten Sammet und die HOPL-Konferenz zwar wertvolles Quellenmaterial, welches dann jedoch erst durch die Analyse und in der Darstellung eines/einer professionellen Historikers/in zu einer objektiven, wissenschaftshistorischen Geschichtsschreibung verarbeitet werden könne.</p><p>Die HOPL-Konferenz zeigt eindrucksvoll, wie viel Zeit und Arbeit die Fachleute in die Erforschung und Präsentation ihrer eigenen Vergangenheit investierten. Sie zeigt darüber hinaus die verschiedenen Meinungen dazu, wie man hierbei vorgehen sollte. Sammet zielte auf eine objektive Rekonstruktion der Vergangenheit. Grosch dagegen wies diese Bemühungen mit der Begründung zurück, dass es den Beteiligten an zeitlicher und emotionaler Distanz mangele. Tropp, der ein eigenes Oral-History-Projekt geleitet hatte und in dieser Funktion „beratender Historiker“ der Konferenz war, teilte wohl am ehesten die Auffassung der beiden professionellen HistorikerInnen Stern und Multauf. In einem Brief an Sammet bemerkte er, dass die Konferenz die Fakten bereitstellen würde, die er („if I were a historian“) bräuchte, um die Geschichte einer Programmiersprache erzählen zu können. Für die Computer-Fachwelt biete die Konferenz die Gelegenheit zusammenzukommen, wobei „[a]n important, but unpredictable result, will be the resulting interaction. This part may be the most important to historical research, but it is also the most unpredictable. […] This aspect is so tenuous that it's impossible to create proper formal structure.“<sup>99</sup> Tropp sollte Recht behalten. Wie auf den letzten Seiten des vorliegenden Beitrags gezeigt, führte die Auseinandersetzung mit der eigenen (Fach−)Geschichte zu ausgiebigen Diskussionen. Verschiedene Perspektiven und unterschiedliche Meinungen stießen aufeinander und erst nach teils hitzigen Verhandlungen konnten die Beteiligten sich auf ein bestimmtes Vorgehen einigen. Man kann Tropp wohl auch darin zustimmen, dass sich dieser Prozess „formalen Strukturen“ entzog – und gerade damit, folgt man den Worten des Mathematikers noch weiter, einen wichtigen Gegenstand für die Geschichtswissenschaften liefert.</p><p>In the twentieth century […] revolutionary inventions seem almost a daily experience. […] I think that an awareness of this has something to do with the unusual receptivity of computer people to history, to my knowledge unequalled in any other field except nuclear physics.<sup>100</sup></p><p>Zu dieser Einschätzung kam Multhauf in seiner Antwort auf Sammets Bitte, die Aufsätze der HOPL-Konferenz zu kommentieren. In der Tat kann man dem Historiker in gleich dreifacher Hinsicht zustimmen: Die Projekte, in denen sich InformatikerInnen mit der eigenen Fachgeschichte befassten, lassen sich als Ausdruck eines ausgeprägten Geschichtsbewusstseins deuten, wie es Multhauf den Computer-Fachleuten attestierte. Es lag noch keine zehn Jahre zurück, dass sich die Informatik bzw. Computer Science als eigenständige Disziplin an US-amerikanischen und europäischen Universitäten hatte etablieren können.<sup>101</sup> Es war dementsprechend auch nicht die lang zurückreichende Vergangenheit, auf die sich die „geschichtsbewussten“ InformatikerInnen bei ihren historischen Aktivitäten beriefen, sondern der tiefgreifende Wandel von Wissenschaft und Gesellschaft, den die Entwicklung des Computers nach Einschätzung der Forschenden angestoßen hatte.<sup>102</sup> Die als „revolutionär“ empfundenen wissenschaftlichen Errungenschaften, wie es Multhauf scharfsinnig vermutete, weckten auch im Fall der von ihm eingangs erwähnten PhysikerInnen einen großen „historischen Bedarf“.<sup>103</sup> Zu diesem Ergebnis kommt Anke te Heesen in ihrer Arbeit über das von Kuhn geleitete Sources-for-History-of-Quantum-Physics-Projekt (SHQP).<sup>104</sup> HOPL zeigt, dass die PhysikerInnen mit ihren Selbsthistorisierungs-Projekten in bester Gesellschaft waren.</p><p>Es ist vielleicht wenig überraschend, dass „Revolution“ auch zu einem Schlagwort unter WissenschaftshistorikerInnen wurde.<sup>105</sup> Noch während Kuhn am SHQP arbeitete, veröffentlichte er 1962 <i>The Structure of Scientific Revolutions</i>.<sup>106</sup> Die Arbeit sollte in den kommenden Jahren und Jahrzehnten auf große Resonanz in der Wissenschaftsgeschichte stoßen.<sup>107</sup> Das Fach befand sich in einer Umbruchsphase, die ihren Ausdruck in den lebhaften Diskussionen der WissenschaftshistorikerInnen zu zentralen Fragen der eigenen Disziplin fand. Es ging darum, wie Entwicklungen in den Wissenschaften erforscht und beschrieben werden konnten (oder sollten) und von wem. Die Debatten kreisten um die Frage nach der Bedeutung internalistischer oder externalistischer Geschichtsschreibung und nach dem Erkenntniswert wissenschaftshistorischer Forschung. Es wurde nach dem Verhältnis zwischen HistorikerInnen und WissenschaftlerInnen gefragt und danach, wie man mit neuartigen (zeitgeschichtlichen, mündlichen) Quellen umgehen sollte. Es ging schlussendlich um die Frage nach der Autonomie der Wissenschaftsgeschichte und deren Verhältnis zu anderen Disziplinen.<sup>108</sup></p><p>Viele der Probleme, mit denen sich eine neue Generation von WissenschaftshistorikerInnen auseinandersetzte, wurden auch von den VeranstalterInnen der HOPL-Konferenz verhandelt. Ihr Anspruch war es, etwas anderes zu bieten als die historischen Beiträge, wie sie häufig zu Jubiläen oder Jahrestagen anzutreffen waren. Doch schon der vermeintlich klare Gegenstand der Konferenz – die Geschichte der Programmiersprachen – entpuppte sich als Ausgangspunkt für Kontroversen. Welche Programmiersprachen sollten vorgestellt werden und, noch heikler, wer sollte sie vorstellen? Einig waren sich die VeranstalterInnen in der Einsicht, dass auch „soziologische“ Faktoren eine Rolle gespielt hatten, doch war unklar, wie man mit diesen umgehen sollte. Die Richtlinien, die der „consulting historian“ hierfür anfertigte, zeigen, dass man für dieses Problem keine eindeutige Lösung bereitstellen konnte. Insgesamt scheinen die Beteiligten immer wieder mit ihrer Rolle gehadert zu haben, in der sie die Vergangenheit beschreiben sollten. Wie tatsachengetreu und vollständig konnten sie über etwas berichten, in das sie selbst involviert gewesen waren?</p><p>Die HOPL-Konferenz zeigt, dass der Kontakt zur Wissenschaftsgeschichte von Seiten der Computer-Fachwelt gesucht wurde, sich der Austausch jedoch letzten Endes schwierig gestaltete. Sammet etwa konnte wenig mit den Rückmeldungen Sterns und Multhaufs anfangen, und den HistorikerInnen ging es wohl umgekehrt genauso – zumindest fühlten sie sich offensichtlich nicht von der Konferenz angesprochen, wie der Blick auf die Anwesenheitsliste nahelegt. Retrospektiv lässt sich beobachten, dass für professionelle HistorikerInnen andere (Selbst−)Historisierungsprojekte, wie etwa die Gründung des Charles Babbage Institute oder die neue Zeitschrift <i>Annals of the History of Computing</i> in den Jahren nach 1980 wichtige Impulse gaben, sich mit der Geschichte des Computers und der Informatik auseinanderzusetzen.<sup>109</sup> Weitere Forschung, die sich mit dem Austausch zwischen HistorikerInnen und WissenschaftlerInnen befasst, verspricht neue Einblicke sowohl in die Geschichte der Wissenschaften als auch in die Geschichte der Wissenschaftsgeschichte.</p>","PeriodicalId":55388,"journal":{"name":"Berichte zur Wissenschaftsgeschichte","volume":"47 3","pages":"262-286"},"PeriodicalIF":0.6000,"publicationDate":"2024-07-24","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1002/bewi.202300032","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"„History is touchy“ Die History-of-Programming-Languages-Konferenz, 1978\",\"authors\":\"Amelie Mittlmeier\",\"doi\":\"10.1002/bewi.202300032\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"<p>Im Jahr 1967 feierte die Association for Computing Machinery (ACM) ihr 20-jähriges Bestehen. Die zu diesem Zeitpunkt größte und älteste US-amerikanische Computer-Gesellschaft lud ausgewählte Pioniere des Faches nach Washington D. C. ein, um auf die eigene Geschichte zurückzublicken. Mit Hilfe eines Audiorecorders zeichnete man die Sitzung auf und überlieferte so die Anekdoten und Erinnerungen der anwesenden Pioniere für die Nachwelt.<sup>1</sup> Eine solche Selbsthistorisierung wissenschaftlicher Gesellschaften war und ist nichts Ungewöhnliches. Jubiläen und Jahrestage bieten häufig Anlass, sich mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen, und sie tragen so zur „Ausbildung eines fachkulturellen Gedächtnisses“ bei.<sup>2</sup></p><p>Ab Mitte der 1970er Jahre startete ein weiteres Projekt, bei dem die Informatik auf ihre Vergangenheit zurückblickte.<sup>3</sup> Gut zehn Jahre nach der Jubiläumsfeier der ACM, im Mai 1978, fand in Los Angeles die erste History of Programming Languages Conference (im Folgenden HOPL-Konferenz) statt. Organisiert wurde die Tagung von einer Gruppe InformatikerInnen, und das Programm umfasste die Vorträge ausgewählter Pioniere, die von der Entwicklung besonders bedeutsamer Programmiersprachen berichten sollten. Obwohl die Veranstaltung auf den ersten Blick Parallelen zu dem Jubiläum von 1967 aufweist (die Pioniere des Faches erzählen „ihre“ Geschichte), war ein solcher Zugang genau das, was die OrganisatorInnen mit ihrer Konferenz <i>nicht</i> im Sinn hatten. Dies betonten sie, noch bevor das Vorhaben einen Namen trug: „This [planned history conference] is <span>not</span> supposed to be a group of people just coming together to provide a set of reminiscences.“<sup>4</sup></p><p>Tatsächlich unterschied sich die HOPL-Konferenz wesentlich von anderen Selbsthistorisierungsprojekten – wie etwa der Jubiläumsfeier 1967. Im Folgenden soll gezeigt werden, dass es der Anspruch der OrganisatorInnen war, aus einer möglichst objektiven Perspektive auf die eigene Vergangenheit zu blicken, sie zu erforschen und eine detailreiche, umfassende sowie korrekte Darstellung der Geschichte zu präsentieren; es ging also gerade nicht darum, das eigene Mitwirken an den vergangenen Entwicklungen zu erinnern, wie im Fall der erzählenden Pioniere. Bemerkenswert ist dieses Vorhaben nicht nur durch seine Abgrenzung zu anderen Selbsthistorisierungsprojekten. Der Anspruch der HOPL-OrganisatorInnen, einen Beitrag zur Wissenschaftsgeschichte zu leisten, verortet die Konferenz in den Kontext der sich wandelnden Wissenschaftsgeschichte jener Zeit. Der folgende Text soll daher auch eine neue Perspektive auf die Geschichte der akademischen Wissenschaftsgeschichte eröffnen.</p><p>Bei der Vorbereitung der HOPL-Konferenz kam es bald zu Diskussionen, in denen Herausforderungen einer (wissenschafts−)geschichtlichen Arbeit zur Sprache kamen. Die umfassend überlieferte Dokumentation der Veranstaltung<sup>5</sup> bietet nicht nur Einblicke in die Auseinandersetzungen unter den Beteiligten, sondern zeigt auch, dass es einen Austausch zwischen den OrganisatorInnen der Konferenz und professionellen HistorikerInnen gab. Letztere reagierten jedoch skeptisch auf das Vorhaben der InformatikerInnen. Die detaillierte Rekonstruktion der Vergangenheit, wie sie auf der HOPL-Konferenz präsentiert wurde, genügte offenbar nicht den Ansprüchen der professionalisierten Wissenschaftsgeschichte.</p><p>Dass es einen Zusammenhang zwischen solchen Selbsthistorisierungsprojekten verschiedener Wissenschaftsdisziplinen und der Entwicklung der Wissenschaftsgeschichte gab, wurde erst kürzlich von Anke te Heesen in ihrer Monographie <i>Revolutionäre im Interview</i> gezeigt. Die Autorin befasst sich darin mit dem Sources for History of Quantum Physics Project (SHQP), welches Ende der 1950er Jahre von PhysikerInnen initiiert und zwischen 1961 und 1964 unter der Leitung von Thomas S. Kuhn durchgeführt wurde. Im Zentrum des Projekts stand die Sammlung von Interviews mit bedeutenden VertreterInnen der Physik. Die Arbeit mit den Pionieren stellte Kuhn und sein Team vor Probleme, die neue Lösungen forderten. Die Oral History-Interviews boten den WissenschaftlerInnen eine bislang unbekannte Bühne innerhalb der ergebnisorientierten Wissenschaftsgeschichte.<sup>6</sup> Durch die Interviews wurden sie auf neue Art in den Arbeitsprozess der Geschichtswissenschaft integriert, was von vielen HistorikerInnen als besondere Herausforderung wahrgenommen wurde. In ihren Versuchen, mit dieser Herausforderung umzugehen, weisen das SHQP und die HOPL-Konferenz auffallende Parallelen auf.</p><p>Kuhns Projekt etablierte die Oral History als eine neue Methode in der Wissenschaftsgeschichte und führte mit dem transkribierten Interview eine neue Art historischen Dokuments ein. Te Heesen arbeitet in ihrer Studie heraus, wie sehr das innovative Vorgehen die Entwicklung der Wissenschaftsgeschichte beeinflusste.<sup>7</sup> Die Veränderungen des Fachs werden auch mit Blick auf den Austausch und die Konflikte zwischen den InformatikerInnen der HOPL-Konferenz und den professionellen HistorikerInnen greifbar. Für Letztere bot die Konferenz – wie die Oral History-Interviews auch – zunächst einmal Quellenmaterial zur weiteren Auswertung, nicht jedoch einen bereits reflektierten, ohne weiteres anschlussfähigen Beitrag zur Disziplin der Wissenschaftsgeschichte. Das Interesse der HistorikerInnen galt den politischen und wirtschaftlichen Einflüssen auf das Wissenschaftsgeschehen und dessen Einbettung in die Gesellschaft. Die Analyse einzelner Erkenntnisschritte und deren chronologische Darstellung dagegen erfüllten nicht die Anforderungen, die die HistorikerInnen einer professionalisierten Wissenschaftsgeschichte an ihre Zunft stellten.</p><p>Bislang wurden die Zusammenhänge zwischen den Umbrüchen in der Wissenschaftsgeschichte und den verschiedenen Selbsthistorisierungsprojekten, die ab den 1950er Jahren angestoßen wurden, kaum in der Literatur erörtert.<sup>8</sup> Weitere Forschung verspricht ein besseres Verständnis sowohl für die jeweiligen Fachgeschichten als auch für die Geschichte der Wissenschaftsgeschichte. Exemplarisch soll im Folgenden die HOPL-Konferenz in den Blick genommen werden, wobei besonders die Frage interessiert, wie sich die Computer-Fachwelt eine Veranstaltung vorstellte, die sich mit der eigenen Geschichte befasste. Welches Programm legten die OrganisatorInnen fest? Welche Kriterien bestimmten sie für ihre Auswahl? Und welches Format wählten sie? Anschließend ist auf die Herausforderungen einzugehen, denen sich die TeilnehmerInnen schon bald gegenübersahen. Welche Lösungen überlegte man sich, um etwa mit der eigenen Befangenheit umzugehen? In einem nächsten Schritt schließlich werden die Konflikte zwischen den Beteiligten beschrieben, bei denen unterschiedliche Auffassungen aufeinanderstießen, wie mit der eigenen Vergangenheit umgegangen werden sollte. Mit dem Anspruch, einen <i>historiographischen</i> Beitrag zur Informatikgeschichte zu liefern, suchten die OrganisatorInnen gezielt den Anschluss an die Wissenschaftsgeschichte. Dem daraus erwachsenen Austausch zwischen den Computer-Fachleuten und professionellen HistorikerInnen ist daher ein weiteres Kapitel gewidmet. Abschließend werden Überlegungen angestellt, inwiefern sich die HOPL-Konferenz in einen breiteren Kontext einbetten lässt und damit Einblicke in die Geschichte der Wissenschaftsgeschichte bieten kann.</p><p>Die Idee, eine Konferenz über die Geschichte der Programmiersprachen auszurichten, reichte bis in das Jahr 1971 zurück. Jean E. Sammet, zu diesem Zeitpunkt Informatikerin bei der International Business Machines Corporation (IBM), erinnerte sich in einem Brief 1975, dass der Anstoß dazu ein Vortrag war, den sie an der University of California (UCLA) halten sollte, und zwar „on how and why COBOL was designed“.<sup>9</sup> Sammet war Teil der Arbeitsgruppe gewesen, die die Programmiersprache COBOL Ende der 1950er Jahre entwickelt hatte. In ihrem Brief von 1975 berichtete sie, dass</p><p>even without really adequate preparation and even without having the proper documentation on hand, it was possible to describe enough historical material to interest a random group of [computer science] students who had no particular motivation to be interested at all!!!<sup>10</sup></p><p>Aus dieser Erfahrung folgerte Sammet, dass es womöglich ein breiteres Interesse an der Geschichte von Programmiersprachen geben könnte. Sie wandte sich kurze Zeit später an die Special Interest Group on Programming Languages (SIGPLAN), einen Arbeitsausschuss der ACM, und schlug vor, eine Geschichts-Konferenz zu organisieren.</p><p>Sammets Idee stieß nicht nur bei den Mitgliedern der SIGPLAN auf positive Resonanz. Anfang 1972 kontaktierte sie Walter M. Carlson, der ihr die finanzielle Unterstützung der American Federation of Information Processing Society (AFIPS) in Aussicht stellte.<sup>11</sup> Carlson empfahl außerdem, dass sich Sammet an Henry S. Tropp wenden solle, der seit 1970 als „principal investigator“ in einem Oral-History-Projekt der AFIPS tätig war.<sup>12</sup> Tropp arbeitete als Professor für Mathematik an der Humboldt State University in Arcata, Kalifornien, und hatte in den 1970er Jahren mehrere Aufsätze für die Zeitschrift <i>Historia Mathematica</i> verfasst, darunter auch über die Bedeutung von Oral History.<sup>13</sup> Mit diesem Hintergrund war er für Sammet ein geeigneter Kandidat, die Rolle des „Historical Consultant“<sup>14</sup> zu übernehmen.</p><p>Obwohl alle Seiten ihr Interesse an dem Vorhaben bekräftigten, verzögerte sich dessen Realisierung, sodass es erst am 19. Mai 1977 zu einem (offiziellen) Planungstreffen kam.<sup>15</sup> Möglicherweise trug eine andere Konferenz dazu bei, Sammets Vorhaben wieder ins Rollen zu bringen:<sup>16</sup>1976 fand die International Research Conference on the History of Computing in Los Alamos, New Mexico, statt. Dies war die erste große Veranstaltung, die die Computer-Fachwelt der Geschichte des eigenen Fachs widmete. Als Ziele der Tagung nannte eine Ankündigung die folgenden drei Punkte:</p><p>1) it [i. e., the conference] will encourage research of high quality into the history of computing; 2) it will record „living history“ in the context of discussions among the pioneers in the origins of electronic computing; and 3) it will provide computer scientists – especially those who are pursuing historical interests – with an insight into the discipline of historiography.<sup>17</sup></p><p>Hervorragende Arbeiten zur Geschichte des „computing“ wurden ebenso versprochen wie die Möglichkeit, durch bloße Anwesenheit selbst Geschichte zu schreiben. Darüber hinaus stellte die Anzeige Einblicke in die „discipline of historiography“ in Aussicht – wohl mit dem Hintergedanken, dem/der interessierten InformatikerIn dadurch das Werkzeug in die Hand zu geben, die eigene Vergangenheit zu erforschen und zu dokumentieren. Die Konferenz stieß auf großes Interesse. Zahlreiche Pioniere des Faches reisten an den geschichtsträchtigen Ort, um sich drei Tage lang mit Geschichte auseinanderzusetzen.</p><p>Sammets Vorhaben unterschied sich durch den Anspruch, eine objektive, möglichst neutrale Perspektive auf die Vergangenheit zu präsentieren. Demgegenüber wurde auf der Konferenz in Los Alamos ausgiebig die Frage verhandelt, wem oder was die Ehre zukam, Priorität und Originalität beanspruchen zu können: Welches Land entwickelte die ersten modernen Computer? Welche Maschine war der erste moderne Computer? Wer hatte den ersten modernen Computer entwickelt und wer ihn das erste Mal programmiert?<sup>18</sup></p><p>Auf dem ersten Planungstreffen der HOPL-OrganisatorInnen im Mai 1977 war die Frage nach geeigneten RednerInnen zentrales Thema. Eine „[c]ritical Mass of Speakers [was] needed“, denn „[u]nlike other conferences, there are very few substitute speakers who can be used for this one.“ Dass die Konferenz „unusual“ war, lag an ihrer „general philosophy“: ein ausgewählter Kreis an RednerInnen sollte über die Geschichte einer ausgewählten Reihe von Programmiersprachen berichten.<sup>19</sup> Dieses Format hatte sich Sammet ausgedacht, wie ihre Notizen von 1971/72 belegen.<sup>20</sup> Sammet hatte schon vorab viele Aspekte der Konferenz (in Eigenregie) festgelegt. Beispielsweise geht aus einem Brief an den Programmausschuss in spe hervor, dass sie bereits mehrere KandidatInnen für die Vorträge kontaktiert hatte: „The criteria I used […] was simply that both the language and the speaker were so obvious that nobody would challenge their necessity“. Nur bei jenen „more questionable“ Personen, wollte sie die Entscheidung dem Programmausschuss der Konferenz überlassen.<sup>21</sup></p><p>Dabei lag die Auswahl der Programmiersprachen für die Konferenz nicht unbedingt auf der Hand. Das zeigt ein Blick auf die Situation um 1977. Zu diesem Zeitpunkt existierte eine Vielzahl an „Sprachen“, mit denen die Programme geschrieben wurden, die den Computern sagten, was sie tun sollten. Noch zwanzig Jahre zuvor sah die Lage anders aus. Ende der 1950er Jahre wurden die Maschinen häufig noch „von Hand“ mit Befehlen „gefüttert“. Anweisung für Anweisung musste hierfür in einer zuvor festgelegten Menge an Zeichen codiert werden – wobei das Set an zugelassenen Zeichen meist nur für eine spezifische Maschine galt. Dies machte die Programmierung zu einer zeitintensiven und fehleranfälligen Aufgabe. Darüber hinaus verhinderten die maschinen-gebundenen Sprachen den Austausch innerhalb der Fachcommunity über die jeweils ausgearbeiteten Programme. Dies führte zu Versuchen, die Menge an Zeichen sowie die Regeln zu ihrer Verwendung zu vereinheitlichen. Sogenannte höhere Programmiersprachen wurden entwickelt. Mit ihnen konnten nun Programme geschrieben werden, die nicht mehr nur auf einer spezifischen Maschine bzw. einem Maschinentyp liefen, sondern im Prinzip auf allen Computern – deren Anzahl und Verbreitung kontinuierlich anstieg. Doch der Wunsch der Fachwelt, <i>eine</i> allgemeingültige Programmiersprache zu entwickeln, erfüllte sich nicht. Ganz im Gegenteil, die Entwicklung der ersten höheren Programmiersprachen – allen voran FORTRAN, ALGOL und COBOL – rief alsbald Kritik und Verbesserungsvorschläge hervor. In der Folge entstanden immer weitere, neue Programmiersprachen – alle von ihnen mit eigenen Besonderheiten, Vor- und Nachteilen und meist mit einem mehr oder weniger festumgrenzten Kreis an überzeugten BenutzerInnen.<sup>22</sup></p><p>Es war also alles andere als eindeutig, welche Programmiersprachen für die Konferenz ausgewählt werden sollten. Als Kriterien schlug Sammet vor, dass die Sprachen „(a) are in use today directly or by way of dialects or descendants and (b) were developed before 1967“.<sup>23</sup> Die umständliche Formulierung deutet an, dass es sich bei den Kriterien um einen Kompromiss handelte: Sie waren notwendig, um das Programm der Konferenz zu rechtfertigen – selbstverständlich waren sie jedoch nicht. Noch verzwickter war die Lage bei der Auswahl der RednerInnen. Denn in den meisten Fällen waren die Programmiersprachen nicht das Ergebnis der Arbeit einer einzelnen Person, sondern vielmehr einer Gruppe oder gar eines Komitees. Einen öffentlichen Aufruf zur Teilnahme scheinen die OrganisatorInnen nicht erwogen zu haben; stattdessen legten sie nach einigem Hin und Her die RednerInnen eigenhändig fest. Das Ergebnis dieses Vorgehens waren Reaktionen wie etwa: „Two other names missing from the list of participants“<sup>24</sup>; oder auch „I was disappointed at not being invited to become involved“<sup>25</sup>.</p><p>In der ersten Bekanntmachung formulierte man das Ziel der Konferenz:</p><p>The purpose of the conference is to create a permanent historical record of the significant events that created the need for the development of the individual languages, of the environment in which decisions were made, and of the rationale behind the decisions which lead to the particular language style.<sup>26</sup></p><p>Der breite Fokus der Veranstaltung wird hier deutlich: Es sollten die soziale oder institutionelle Umgebung der Entwicklungen ebenso in den Blick genommen werden wie die verschiedenen Beweggründe der Beteiligten. Das Programm, mit dem man dieses Ziel erreichen wollte, umfasste 13 Sitzungen, die jeweils einer Sprache gewidmet waren. Im Zentrum jeder Sitzung standen Aufsätze, die von einer/einem der EntwicklerInnen im Voraus geschrieben und während der Konferenz vorgestellt werden sollten. Nach den Vorträgen sollten Diskussionen stattfinden, in denen teils vorbereitete und teils vom Publikum eingebrachte Fragen beantwortet werden konnten. Gerahmt wurde das Programm von einer Eröffnungsansprache der Informatikerin Grace Murray Hopper und einem „Banquet“ mit „Anekdoten“. Die gesamte Konferenz sollte als Video aufgezeichnet werden, ebenfalls geplant war die Herausgabe eines Tagungsberichts im Anschluss an die Konferenz.<sup>27</sup></p><p>Von Anfang an kamen Fragen zum Umgang mit der eigenen Fachgeschichte auf. Im August 1977 gestand Ralph E. Griswold, eingeladener Redner für die Programmiersprache SNOBOL, dass ihm die Anfertigung seines Aufsatzes Schwierigkeiten bereitete:</p><p>I immediately ran into a major policy and philosophical problem, which can be characterized as “level of candor”. Certainly in my material, and doubtlessly in others, there are sensitive areas with respect to persons and organizations. On the one hand, historical accuracy dictates discussion of conflicts and situations that were truly relevant to the development of the languages. On the other hand, some of this material may be potentially embarrassing to the persons and organizations involved and subsequently may lead to bad feelings. Since many authors are involved and likely to face this problem on different levels, it would be helpful to have a policy statement from you on how to handle this matter […]. I'll abide by your decision on this matter. For my part I would prefer historical accuracy, as matter-of-fact as possible, but without personality overtones.<sup>28</sup></p><p>Griswold, der SNOBOL gemeinsam mit zwei Kollegen entwickelt hatte, sah sich mit der Herausforderung konfrontiert, die „sensitive areas“ seiner Geschichte darzustellen. Wie waren historische Genauigkeit vereinbar mit dem Anliegen, niemanden in schlechtem Licht dastehen zu lassen? Bei einem solch zeithistorischem Thema – dessen AkteurInnen zumeist noch am Leben waren – erschien die Sorge vor „bad feelings“ nicht unbegründet. Ungeachtet dieser Schwierigkeiten, so Griswolds Schlussworte in seinem Brief an Sammet, sei die Arbeit an dem Aufsatz aber äußerst spannend: „As I get into the writing, I become more and more interested and at the same time more and more conscious of the effort that is needed.“<sup>29</sup></p><p>Von Anfang an boten Sammet und der Programmausschuss den eingeladenen RednerInnen an, sie bei ihrer Aufgabe zu unterstützen. Einen Aufsatz über ein geschichtliches Thema zu schreiben, war für die InformatikerInnen Neuland. Zum einen sollten sogenannte „Language Coordinators“ bei der Auswahl des Materials für die Aufsätze helfen.<sup>30</sup> Allen RednerInnen wurden jeweils zwei Personen zur Seite gestellt, die ebenfalls an der Entwicklung der jeweiligen Programmiersprache beteiligt gewesen waren und insofern über das nötige (Fach−)Wissen verfügten. Ihre Rolle erklärte Sammet den KoordinatorInnen wie folgt: „While the speakers are in some sense the ‚stars‘ of the performance, the Language Coordinators are the essential supporting cast.“ Ihre Aufgabe läge insbesondere darin, eine „neutrale“ Perspektive auf die Geschichte(n) der Sprachen einzubringen. Entsprechend riet sie den KoordinatorInnen, dass sie Fragen entwickeln sollten, selbst wenn sie die Antworten bereits kannten: „Remember that you are not trying to elicit information for yourselves, but rather you are trying to help the speaker provide a valid permanent record of the thinking which went into the original language development.“<sup>31</sup></p><p>Zum anderen hatte der Programmausschuss einen umfangreichen Fragebogen erstellt. Den Plan zu einem solchen Katalog hatte Sammet früh gefasst.<sup>32</sup> Aus einer Notiz geht hervor, dass die Entwicklung von Fragen zu den Kernaufgaben des Programmausschusses gehören sollte.<sup>33</sup> Diese zentrale Rolle gründete auf der Vorstellung davon, worum es bei der Konferenz gehen sollte (und worum nicht). In dem Fragebogen wurden die RednerInnen aufgefordert, vor der Beantwortung der Fragen Dokumente zu prüfen und KollegInnen zu konsultieren.<sup>34</sup> Bei den Aufsätzen und Vorträgen sollte es sich nicht um individuelle Rückblicke handeln, anders formuliert, nicht Memoiren waren das Ziel, sondern eine möglichst vollständige Sammlung aller wichtigen Quellen und Sachverhalte: „Wherever possible, please quote from original documents and indicate the source.“ Und Sammet begründete dies so: „[…] this is the best time to elicit this detailed information so it is available for future historians.“<sup>35</sup> Der Bogen umfasste Fragen nach der finanziellen Förderung ebenso wie nach den „Language Design Principles“. Dieses Vorgehen erinnert an die Methoden der Oral History-Interviews. Die Fragen zielten darauf, dass die InformatikerInnen trotz ihrer persönlichen Befangenheit mit wissenschaftlicher Distanz auf die Vergangenheit blickten. Sammet und der Programmausschuss griffen damit auf eine Methode zurück, die sich seit den 1960er Jahren zunehmend in der Geschichtswissenschaft etabliert und auch in der professionalisierten Wissenschaftsgeschichte Einzug gehalten hatte.<sup>36</sup> Und dennoch sollte die HOPL-Konferenz nur zurückhaltend von professionellen HistorikerInnen aufgenommen werden. Die Gründe hierfür lassen sich nicht mit Verweis auf das methodische Vorgehen der HOPL-VeranstalterInnen erklären. Es waren vielmehr die unterschiedlichen Vorstellungen von Geschichtsschreibung, die einer Verständigung zwischen den AkteurInnen im Weg standen.</p><p>Dass die Computer-Fachleute Anachronismen als Problem erkannten, wie etwa im Fall jener „Language Design Principles“, legt eine Notiz nahe, die auf den 20. Juni 1977 datiert und mit „Prepared by John Goodenough“<sup>37</sup> überschrieben ist. Darin heißt es:</p><p>In understanding how any scientific field has developed, it is necessary to understand what issues were considered important at each [any given] point in the field's development. […] The idea would be to distill, from individual designers’ recollections of why certain design decisions were made, an understanding of influences, both technical and sociological<sup>38</sup>, on language design and how these influences have changed over the years.<sup>39</sup></p><p>Die ZeitzeugInnen sollten nicht nur ihre persönlichen, individuellen Motive, sondern auch mögliche äußere Einflussfaktoren benennen. Eine Unterscheidung traf Goodenough hierbei zwischen „technischen“ und „soziologischen“ Einflüssen, wobei zu letzteren beispielsweise Faktoren wie „who had the stronger personality and dominated decisions, the background of dominant decision makers, etc.“ zählten. Den OrganisatorInnen war klar, dass diese „soziologischen“ Faktoren eine Rolle spielten bei der Entwicklung von Programmiersprachen. Die meisten wussten aus eigener Erfahrung, dass Auseinandersetzungen nicht immer durch überzeugendere Argumente entschieden wurden. Solche Aspekte aus einer historischen Betrachtung außen vor zu lassen, „is likely to make the design process sound more rational than it really is“.<sup>40</sup></p><p>Die historiographische Aufarbeitung der Vergangenheit sollte in einen strengen Rahmen eingebettet werden: Die RednerInnen wurden ausgewählt und hatten zur Aufgabe, klaren Richtlinien und einem Fragebogen folgend, die Geschichte der Programmiersprachen zu dokumentieren. Mit dieser Methode wollten die Beteiligten das Ziel erreichen, die Vergangenheit nachvollziehbar und detailliert zu rekonstruieren.<sup>41</sup></p><p>Weder die OrganisatorInnen der Konferenz noch die RednerInnen nahmen die Aufgabe, über die eigene Geschichte zu schreiben, auf die leichte Schulter. Sammet reagierte in einem ausführlichen Brief auf die Bitte Griswolds nach weiterer Unterstützung. Darin sicherte sie Griswold zu, gemeinsam mit dem Programmausschuss allgemeine Richtlinien zu entwickeln. Ihrer Meinung nach hatte bezüglich der „historical accuracy“ die <i>Vollständigkeit</i> der Berichte oberste Priorität – wenn möglich, solle aber auf abwertende Bemerkungen verzichtet werden.<sup>42</sup></p><p>Nach mehreren Anläufen lieferte Tropp den RednerInnen schließlich „Suggested Guidelines for Sensitive Materials“.<sup>43</sup> Er plädierte dafür, auch „sensibles Material“ nicht zurückzuhalten. Es sei insbesondere wichtig, zwischen Sachverhalten zu unterscheiden, die dokumentiert waren, und solchen, die ausschließlich auf den Erinnerungen der Beteiligten beruhten – letztere „may be faulty“.<sup>44</sup> Er empfahl außerdem, nicht über die Motive der Involvierten zu spekulieren: „Stick to the facts, and leave the probing of motivation for the reader and future scholar.“ Es sei wichtig, „to give a balanced picture of the contributions“. Tropp schließt seine Richtlinien mit dem Hinweis darauf, dass „the only thing that is absolutely prohibited is the use of a paper as a vehicle for a personal attack on a specific individual or an organization“.<sup>45</sup></p><p>Sowohl Tropp als auch Sammet betonten die Bedeutung von „historical accuracy“. Diese Priorisierung begründete auch, weshalb „decisions related to the treatment of sensitive materials cannot be made by regulation or by committee. The author must be the final judge of what appears.“<sup>46</sup> Als ZeitzeugInnen standen die RednerInnen vor anderen Herausforderungen als diejenigen, die später aus zeitlicher Distanz über die Geschichte der Programmiersprachen schreiben würden. Es blieb Tropp demnach nichts anderes übrig, als auf „future scholars“ zu verweisen, die sich aus einer solchen, d. h. unbeteiligten Perspektive dem Gegenstand nähern. Die HOPL-VeranstalterInnen entwickelten verschiedene Strategien für den Umgang mit der eigenen Geschichte. Allerdings bemerkten die Involvierten schnell, dass sie mit diesen nur einige, jedoch nicht alle Probleme lösen konnten.</p><p>Die RednerInnen wussten, dass sie in einer mitunter verzwickten Lage steckten. Sie betonten wiederholt, dass vieles, was „heute“, d. h. 1977/78, ganz selbstverständlich sei, den AkteurInnen von damals – also ihnen selbst – nicht bewusst war. Beispielsweise schrieb John Backus in seinem Aufsatz über FORTRAN: „In our naїve unawareness of language design problems – of course we knew nothing of many issues which were later thought to be important“<sup>47</sup> – und charakterisierte damit seinen damaligen Kenntnisstand beinahe entschuldigend als „naiv“. Den AutorInnen war klar, dass sie nicht unbefangen über die Geschichte ihrer jeweiligen Programmiersprache berichten konnten und kommunizierten dies auch explizit in ihren Aufsätzen.<sup>48</sup> Es war vor allem die Frage der Anerkennung wissenschaftlicher Leistung („credits“), die die eigene Befangenheit in den Augen der AutorInnen zum Problem werden ließ. In John McCarthys Aufsatz heißt es etwa: „Except where I give credit to someone else for an idea or decision, I should be regarded as tentatively claiming credit for it or else regarding it as a consequence of previous decisions. However, I have made mistakes about such matters in the past […].“<sup>49</sup></p><p>Der Anspruch der VeranstalterInnen, eine geschichtswissenschaftliche Konferenz zu halten und keine Feier zu Ehren der Pioniere, wird besonders deutlich in einer Auseinandersetzung zwischen Sammet und dem Präsidenten der ACM Herbert J. Grosch. Als Sammet im Juni 1977 darum bat, Finanzmittel von dritter Seite zu beantragen, lehnte Grosch dies ab.<sup>50</sup> Stattdessen ermutigte er Sammet, „to make a major and important expansion of plan, or contraction of title and present scope. The expansion is what I would prefer, but I think it improper to force it on you.“<sup>51</sup> Außerdem stellte Grosch eine Liste von Personen auf, die an der Konferenz teilnehmen sollten. Sammet war offenbar irritiert von Groschs Vorstoß und schickte ihm als Reaktion weitere Informationen bezüglich ihrer Planungen.<sup>52</sup></p><p>Doch damit sollte die Sache noch nicht erledigt sein: Die Vorstellungen der beiden, welche Geschichte auf der Konferenz präsentiert werden sollte, klafften zu weit auseinander. Dies geht aus Groschs Antwortschreiben hervor:</p><p>But Jean, both as a history buff, and as an ACM officer and a professional deeply concerned for the honesty, and the <span>appearance</span> of honesty, of what our Association does, I have to plead with you to be more responsive to the suggestions I've made already […].</p><p>[…] To say to a Charlie Phillips, „Come – at your own expense, of course, and we haven't arranged for you to say anything, but come“ is pretty close to an insult. And he won't come: The Father of COBOL!</p><p>You will remember the Silver Anniversary ACM party. Everybody knew Ed Berkeley would make a scene, and he did. But we invited him anyhow; how could you have a Founder's Day without the founder? Now, how can you have a history program without Bob Bemer? You can't! Sure, he has lots of enemies, including probably some of your program committee. But you have to honor him anyhow. […]</p><p>I've never been a software man myself, but I was there when the breed appeared. Several of the pioneers worked for me. I want to see the honors distributed fairly, not just reserved for a select group. I want it for the profession; I want it for ACM.</p><p>I can hear you say, „This isn't an honors convocation; it's a technical conference.“ History is different, Jean; every paper, every meeting, every piece of publicity is touchy. Even the very best efforts will generate some ill-feeling; you and your people can yet do a great deal more to minimize the amount. Please, try!<sup>53</sup></p><p>Für Grosch war klar, dass Geschichtsschreibung bedeutete, Anerkennung zu verteilen und den historischen AkteurInnen Ehren für ihre Verdienste zukommen zu lassen. Daher war die Frage der Fairness zentral, und ebenso galt es mögliche (emotionale) Konsequenzen zu berücksichtigen. Ein weiterer Punkt, in dem sich Sammets und Groschs Vorstellungen fundamental unterschieden, betraf das Thema, für wen die Konferenz veranstaltet werden sollte. Für Grosch richtete sie sich an die eigene Fachwelt; Sammet dagegen zielte darauf, ein möglichst breites Publikum für die Geschichte der Informatik zu gewinnen.</p><p>Den Brief an Sammet verschickte Grosch zeitgleich mit einem offenen Schreiben an die Mitglieder des Programmausschusses sowie weitere ACM-AmtsträgerInnen. Darin wiederholte er seine Forderung, die Konferenz anders zu gestalten. Insbesondere plädierte er dafür, die Auswahl der Programmiersprachen zu überdenken und früher entwickelte Sprachen mit aufzunehmen sowie die Liste der Eingeladenen auszuweiten – denn, „history is touchy“.<sup>54</sup> Sollte sich Grosch erhofft haben, Unterstützung für sein Anliegen von Seiten des Adressatenkreises zu erhalten, so erfüllte sich dieser Wunsch nicht. Die Antworten der anderen machen deutlich, dass Grosch mit seinen Plänen für die Konferenz allein dastand. Diplomatisch meinte etwa ein Mitglied des Programmausschusses, Grosch und die VeranstalterInnen hätten sehr unterschiedliche Zielvorstellungen, aber er stimme dem Präsidenten zu, dass „[w]e must indeed ‚carefully record … the explanation of the choice of languages‘ and speakers“.<sup>55</sup></p><p>Weniger diplomatisch fiel die Reaktion Robert M. Grahams aus, Vorsitzender der SIGPLAN-Gruppe. Er sei „schockiert“ von Groschs Vorgehen, in dem er die Ausübung präsidialen Drucks auf den Programmausschuss erkennen könne.<sup>56</sup> Grosch verstünde offensichtlich die „Philosophie“ der Konferenz nicht, „to <span>avoid</span> bestowing any honors on anyone“.<sup>57</sup> Auch ein weiterer Adressat von Groschs Brief sah sich genötigt, die „Philosophie“ der Konferenz zu erklären und listete hierfür auf, was die Konferenz <i>nicht</i> sein solle. Wiederholt betonten die OrganisatorInnen, dass es sich um eine „technische“ Veranstaltung handle – ohne dies jedoch weiter zu erläutern.</p><p>Grosch fühlte sich offenbar missverstanden, und auch den Vorwurf Grahams, seine Position als Präsident der ACM zu missbrauchen, wollte er nicht auf sich sitzen lassen. In einem weiteren Brief verteidigte er sich. Er habe sehr wohl die „Philosophie“ der Konferenz verstanden – „that the world began in 1957, Hallelujah!“ –, allerdings sei „the part that went before […] the part that is in danger of being lost“.<sup>58</sup> Schließlich, und damit hielt Grosch den Finger auf einen wunden Punkt, sei die Frage der Anerkennung nicht gänzlich zu umgehen: „There is an honored guest list. You may not call it that; the people not on it will do so.“<sup>59</sup> Wie erwähnt, sahen sich mit diesem Aspekt auch die AutorInnen der zu präsentierenden Aufsätze wiederholt konfrontiert. Die eigene Beteiligung und die zeitliche Nähe zu den Ereignissen erschwerten es ihnen, einen angemessenen Umgang mit der Vergangenheit auszuloten; der Grat zwischen neutraler Darstellung und (subjektiver) Beurteilung war in der Wahrnehmung der AutorInnen denkbar schmal.</p><p>Grosch ging in seinem Schreiben auch auf die Motive für seinen Einsatz in der Angelegenheit ein: „Bob [i. e., Robert M. Graham], I don't have a personal stake in this. I'm not a software man or a software pioneer. But, unlike you, and long before Jean, I was <span>there</span>“. Die Angelegenheit betraf Grosch, weil er „dabei gewesen war“ – und nicht nur er: „every oldster in the business will be stirred up“<sup>60</sup>.</p><p>Wie sehr Grosch betroffen war, wird an seinem weiteren Vorgehen deutlich: Er bat Victor Schneider, Herausgeber des SIGPLAN-Rundbriefs, einen offenen Brief in der Oktoberausgabe drucken zu lassen. Damit weitete er das Publikum der Kontroverse aus. Auch in diesem Schreiben brachte er seine Bedenken („History is touchy stuff“) bezüglich des geplanten Programms zum Ausdruck, ging dann jedoch einen Schritt weiter:</p><p>This letter is a protest. You – that is, SIGPLAN – have a wonderful idea: to contribute to the history of software. […] But to focus on the minutiae of ALGOL and APL, and ignore the human scene of the late Forties and early Fifties, is technology, not history. Poets look out across the ruins of the Forum and sigh, „Ah, if these stones could only speak!“ Well, dammit, one of them has. Is anybody listening?<sup>61</sup></p><p>Dieses Vorgehen von Grosch stieß auf teils heftige Gegenreaktionen. Schneider erklärte sich zwar bereit, den offenen Brief zu drucken, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass Grosch seine Formulierungen abschwächte.<sup>62</sup> Darüber hinaus wollte er den OrganisatorInnen der Konferenz die Gelegenheit geben, eine Antwort vorzubereiten, die zusammen mit Groschs Brief gedruckt werden sollte. Doch Grosch weigerte sich, seinen „well-known, perhaps even notorious, style“<sup>63</sup> aufzugeben und drohte damit, den Brief stattdessen in der Zeitschrift der ACM, die einen „President's Letter space“ vorsah, zu veröffentlichen: „This makes Bob Graham's complaint come true after all, of course: use of presidential power! But then, it only follows use of editorial power, doesn't it?”<sup>64</sup> Um eine weitere Eskalation des Konflikts zu verhindern, lenkte der Leiter von SIGPLAN – unter Protest – schließlich ein, Groschs Brief in der Dezemberausgabe zu drucken.<sup>65</sup></p><p>Nun meldete sich auch Sammet wieder zu Wort, die auf den vorherigen Brief von Grosch geschwiegen hatte. Ihr Vorwurf lautete, dass es Grosch nicht um konstruktive Kritik gehe, sondern darum, die eigenen Vorstellungen durchzusetzen; Grosch sei nicht dazu bereit, „to recognize that there are other good ways to do things than your way“,<sup>66</sup> und solange dies der Fall sei, würde Sammet ihn wohl oder übel ignorieren müssen: „I […] will try very hard to ignore your future outbursts on this.“<sup>67</sup> Zeitgleich bereitete sie ihre Antwort auf Groschs offenen Brief für den Newsletter vor. Einen Entwurf hierfür verschickte sie an die Mitglieder des Programmausschusses mit der Bitte um Kommentare, wobei sie daran erinnerte: „[I]t is important to realize that the circulation of SIGPLAN Notices is over 7,000 and this is a permanent archival publication in practice if not in theory.“<sup>68</sup> Dieses Geschichtsbewusstsein findet sich erneut im Post Skriptum ihres Briefes, in dem sie anfügte: „To the extent that the documentation for the preparation of the conference itself is of historical importance […], I would just as soon [sic] not have this type of nonsense included.“<sup>69</sup> Die Vorstellung, dass auch der Konflikt mit Grosch, in den (für ein Archiv vorgesehenen) Unterlagen wiederzufinden sein könnte, gefiel Sammet wohl weniger.<sup>70</sup></p><p>Obwohl sich Sammet Grosch gegenüber in ihrem Vorhaben unbeirrt zeigte, gingen ihr seine Einwände anscheinend doch nahe. So konsultierte sie etwa einen früheren Kollegen, um dessen Bestätigung für ihren eigenen Aufsatz zur Geschichte der Programmiersprache COBOL einzuholen.<sup>71</sup> Es war eben doch keinem der Beteiligten sofort klar, wer nun eine Programmiersprache „erfunden“ hatte, wer dies beurteilen sollte und ob dies überhaupt die entscheidenden Fragen waren. So erklärte Grosch: „I never thought of Charlie Phillips as having written any of COBOL […]. But he <span>is</span> thought of as the Father of the Language, the man who got it rolling“; und führte weiter aus: „I said in my very first letters […] that the <span>appearance</span> of fairness, the being above suspicion, was vital. You have had your head down, watching the furrow, reading the records, balancing the books. That isn't enough! You're on camera; people will be watching: it's history.“<sup>72</sup> Die Konferenz, so Grosch, <i>behandle</i> Geschichte, das heißt, vergangene Ereignisse; doch damit <i>mache</i> sie auch Geschichte – und hierbei galt es, fair zu sein.</p><p>Als im Dezember 1977 der SIGPLAN Newsletter erschien, nahm der Streit darüber, wie HOPL veranstaltet werden solle, ganze neun Seiten in Anspruch. Gedruckt war der zweiseitige Brief Groschs, dem verschiedene Beiträge der OrganisatorInnen sowie weiterer Beteiligter folgten. In ihrem vierseitigen Beitrag („I apologize in advance for its length“) setzte sich Sammet in neun Punkten mit den Vorwürfen Groschs auseinander, nachdem sie darauf hingewiesen hatte, dass „we [i. e., the program committee] know history is particularly touchy“. Der erste Punkt befasste sich mit der Frage nach Fairness – die im Auge des Betrachters liege. Die Wahl der Sprachen und Vortragenden, so Sammet, sei zum Teil schwierig gewesen – „but most were obvious“. Sammet „belegt“ diese Aussage mit dem Ergebnis einer Befragung von „people who are not deeply involved with languages“. Herausgestellt hatte sich hierbei, dass „in most cases they made between 75 % and 90 % of the choices made by the Program Committee“.<sup>73</sup></p><p>In den weiteren Punkten widersprach sie dem Vorwurf, sie sei nicht auf Groschs Einwände eingegangen, erklärte, warum Groschs Vorschläge dem Projekt nicht „dienlich“ seien, und betonte, dass es keine „Ehrengäste“ auf ihrer Konferenz geben würde. Die Veranstaltung sei dazu da, „to impart information to the attendees and the readers of the papers; it is <span>not</span> meant to provide glorification to anyone“.<sup>74</sup></p><p>Besonders der achte Punkt in Sammets Beitrag fällt ins Auge. Dort schreibt sie:</p><p>Finally, it should be obvious to everyone that there is much work to be done in describing and recording history. Nobody associated with this conference would claim this is the only way, and I certainly hope it is not the last conference to be held on the history of programming languages. It is <span>one</span> way of obtaining valuable historical information; it is only a beginning.<sup>75</sup></p><p>Vor dem Hintergrund der dargestellten Kontroverse wirkt die Behauptung Sammets, es sei <i>offensichtlich</i>, dass die Auseinandersetzung mit der Geschichte herausfordernd sei und es hierbei verschiedene Perspektiven und Zugänge gebe, fragwürdig. Es lässt sich eher beobachten, dass eben erst der Konflikt zwischen Grosch und den KonferenzplanerInnen diese Einsichten zu Tage förderte.</p><p>In einem Leserbrief heißt es in Reaktion auf die Diskussion im SIGPLAN-Rundbrief: „Are computer people really historians or only interested in personal enhancement, now?“ Dem Leser zufolge musste Ersteres verneint werden: Computer-Fachleute waren keine HistorikerInnen. Denn, so die Begründung des Lesers, da die Computer-Fachleute meistens an ihren eigenen historischen Darstellungen weitgehend festhielten („Will the coordinators continue to add to the record after the conference or will they go on to other things as has been done historically?“), bleibe es eben bei <i>einer</i> Darstellung, was die Tatsache verschleiere, dass es mehrere Perspektiven auf die Vergangenheit gebe.<sup>76</sup></p><p>Grosch hätte auf die Frage des Lesers wohl geantwortet, dass Computer-Fachleute nicht anders <i>konnten</i>, als bei der Darstellung der eigenen Geschichte auch an einer „persönlichen Besserstellung“ interessiert zu sein. Man kam aus der Position des Zeitzeugen eben nicht heraus und damit konnte man (nur) historiographische Darstellungen liefern, die auch nach Fairness beurteilt werden mussten. Sammet und der Programmausschuss verfolgten den Anspruch, eine „technische“ Konferenz zu veranstalten, auf der sie mittels ihrer <i>technischen</i> Expertise, die vergangenen <i>technischen</i> Entwicklungen rekonstruieren wollten. Dass sie hierbei „soziologische“ Aspekte zu berücksichtigen hatten, stellte die AutorInnen der Konferenzbeiträge vor Herausforderungen. Zumindest wird diese Einschätzung durch ihr Ringen beim Schreiben der Aufsätze nahegelegt. In anderen Worten, sie kamen zu der Einsicht, dass ihnen eben (nur) „<span>one</span> way of obtaining valuable historical information“<sup>77</sup> zur Verfügung stand.</p><p>Die zahlreichen „offenen“ Briefe in der Dezemberausgabe des Newsletters versetzte die SIGPLAN-Mitglieder offensichtlich nicht groß in Aufruhr. Ende Januar 1978 berichtete der Vorsitzende der SIGPLAN an Sammet, dass „[t]o date I have received exactly one letter with respect to Herb Grosch's comment […]. I held up sending it out expecting others but none have arrived. I therefore presume the issue is dead.“<sup>78</sup></p><p>Nachdem sich die Streitereien mit Grosch beruhigt hatten, verliefen die ausstehenden Vorbereitungen weitgehend reibungslos. Im Juli 1978 sollte die HOPL-Konferenz nun endlich stattfinden: um die 350 Computer-Fachleute aus den USA und Europa lockte die Tagung nach Los Angeles; den Audiotranskripten lässt sich entnehmen, dass die Diskussion in den Sitzungen lebhaft verlief und sich die Anwesenden mit Fragen und Kommentaren rege beteiligten. Das Format kam bei den InformatikerInnen gut an und so folgte 1993 HOPL II, wieder mit Sammet und Lee im Programmausschuss.<sup>79</sup></p><p>Allerdings liefen die Bemühungen der VeranstalterInnen, Aufmerksamkeit für ihr Anliegen unter professionellen HistorikerInnen zu bekommen, ins Leere. Soweit ersichtlich, war unter den Teilnehmenden nur eine Vertreterin der Zunft vor Ort. Die Technik- und Wirtschaftshistorikerin Nancy Stern arbeitete an der State University of New York at Stony Brook und veröffentlichte im Anschluss der Tagung einen Bericht. Darin hob sie hervor, dass „the proceedings and recording of this conference will undoubtedly become a major source of primary material for future historians attempting to trace the development of programming languages“ – und das trotz der „obvious biases“ der Vortragenden. Die Tagung hätte ein Forum eröffnet, auf dem die Pioniere „a relatively accurate account“ über die Entwicklung der gewählten Programmiersprachen präsentiert hätten – auf deren Inhalte Stern in ihrem Bericht jedoch nicht weiter einging.<sup>80</sup> Stern beendete im Jahr der Konferenz ihre Dissertation,<sup>81</sup> in den Worten eines Rezensenten „the first book on the history of computers to be written by a ‚professional‘ historian“.<sup>82</sup> Darin hatte sie unter anderem mit Oral History-Interviews gearbeitet und war wohl zu dem Schluss gekommen, dass die Pioniere in der Regel mit „obvious biases“ auf die Vergangenheit blickten.</p><p>Entsprechend verflocht sie die HOPL-Konferenz mit einer „significant controversy among historians as to the validity and accuracy of the recollections of pioneers in any development“<sup>83</sup>. Laut Stern stand hierbei zur Debatte, welche Bedeutung die Beiträge jener hatten, die in das Geschehene involviert gewesen waren. Es war die Frage nach „the objectivity of Newton and Leibniz when reporting on the development of their respective calculi.“ An dieser Stelle nun behauptete Stern, dass es die Pioniere selbst waren – in diesem Fall die RednerInnen der HOPL-Konferenz – die erkannten, dass sie (nur) <i>eine</i> Perspektive auf die Geschichte bieten – und insofern auch nicht „objektiv“ von der Vergangenheit berichten konnten. Stern untermauerte mit dieser Feststellung offensichtlich ihre eigene Position in der angesprochenen Kontroverse. Sie tat dies noch an anderer Stelle mit der Bemerkung: „Moreover, many speakers seemed to <i>inherently realize</i> that history is not so much the study of facts and dates as it is the understanding of the <i>process</i> which gives rise to important developments.“<sup>84</sup> Stern vertrat die Auffassung, dass sich die Wissenschaftsgeschichte mit Prozessen befasste, in Abgrenzung zu technischen Details, und untermauerte ihre Sicht, indem sie auf das „historische Gespür“ der RednerInnen verwies, die zu derselben Einsicht gelangt seien. Letzten Endes spielte damit die Validität der ZeitzeugInnen-Berichte nur eine untergeordnete Rolle. Denn Sterns Interesse richtete sich nicht auf die akkurate Abfolge technischer Entwicklungsschritte, sondern auf die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Prozesse, die das Wissenschaftsgeschehen beeinflussten. Auch in ihrer Dissertation hatte sie ihren Fokus auf „externe Faktoren“<sup>85</sup> gelegt, indem sie der Frage nachging, welche Rolle Vermarktung und Finanzierung bei der Entwicklung der Computer gespielt hatten.<sup>86</sup></p><p>Wie ließen sich wissenschaftliche Entwicklungen – zum Beispiel die Gestaltung einer Programmiersprache – historiographisch aufarbeiten und beschreiben? Welche Rolle spielten, in den Worten Goodenoughs, die „technischen“, welche die „soziologischen“ Faktoren? Aus welcher Perspektive sollte die Vergangenheit erzählt werden? Oder in anderen Worten: Wer konnte und sollte die Geschichte der Wissenschaften schreiben? Sterns Bemerkung über eine „significant controversy among historians“ deutet an, dass nicht nur die OrganisatorInnen der HOPL-Konferenz Antworten auf diese Fragen auszuhandeln hatten – sondern sich auch die Wissenschaftsgeschichte diesbezüglich positionieren musste.<sup>87</sup> Für Stern zumindest war klar, dass die Bedeutung der Veranstaltung weniger darin begründet lag, nun eine historiographische Darstellung der Geschichte von Programmiersprachen zu haben: „Rather, the distinction made here between history and sources for historians represents an effort to remind audiences that what they hear from a participant or read in a proceedings is not a total picture but one side of an often complex story.“<sup>88</sup> Insofern sei die Konferenz bedeutsam für „future historians“, die nun an der Reihe seien, den nächsten Schritt zu gehen, „toward understanding the total picture“.<sup>89</sup></p><p>Stern war bereits im Vorfeld in die Planung der Konferenz involviert gewesen. Sie hatte auf die Bitte Sammets den Aufsatzentwurf über die Geschichte der Programmiersprache APL gegengelesen. Ihren ausführlichen Kommentar hatte sie in fünf Abschnitte gegliedert: Unter der Überschrift „Usefulness“ klärte sie Sammet auf, dass „to the historian, it [i. e., the paper] is not, in and of itself, history“.<sup>90</sup> So liefere der Aufsatz zwar „nützliche“ Hinweise, doch biete er letzten Endes lediglich eine subjektive Perspektive auf die Geschehnisse. Darüber hinaus sei „the emphasis on rational reconstruction […] decidedly ahistorical“ – HistorikerInnen versuchten nicht zu erklären, wie man in der Gegenwart angekommen sei, sondern beschrieben die vergangenen Situationen und Gegebenheiten, um dadurch ein Verständnis für die damals getroffenen Entscheidungen und Handlungen der AkteurInnen zu bekommen. Bezüglich der Frage nach „Technical Detail in Historical Work“ belehrte Stern Sammet, dass in der Wissenschaftsgeschichte zwischen internalistischer und externalistischer Geschichtsschreibung unterschieden werde – den Aufsatz zählte sie offensichtlich zu ersterer Sorte. Sammet konnte offenbar nicht viel mit Sterns Rückmeldung anfangen. So fände sie die Kommentare zwar „interesting“ und werde sie an die Autoren weiterleiten, doch rückte sie von ihrem ursprünglichen Plan ab, den Aufsatz mit Sterns Bemerkungen an die anderen OrganisatorInnen als Vorlage weiterzuleiten: „it would only confuse matters“.<sup>91</sup></p><p>Auch an den Historiker Robert P. Multhauf wandten sich die OrganisatorInnen. Multhauf war bereits seit 1967 in die historischen Aktivitäten der InformatikerInnen involviert. Als Direktor des National Museum of History and Technology in Washington D. C. leitete er das AFIPS-Smithsonian Oral-History-Projekt, bei dem auch Tropp mitgearbeitet hatte.<sup>92</sup> Sammet bat Multhauf, ob er sich die Aufsätze der AutorInnen für den Tagungsband ansehen könne. In ihrem Brief hob sie wiederholt hervor, dass „[e]verybody involved with this conference, except for Hank [i. e., Henry] Tropp, is an absolute amateur in trying to document scientific history and we certainly can use all the advice we can get“.<sup>93</sup></p><p>Sein Antwortschreiben begann Multhauf mit der Feststellung, dass „[i]t didn't take long to discover that I could not make the kind of critique that you apparently had in mind“.<sup>94</sup> Er als Historiker könne die Aufsätze nicht beurteilen, da es sich um keine historiographischen Arbeiten handle. Wie bereits Stern unterstrich Multhauf, dass die Texte „reconstructions“ seien, die vor allem auf den Erinnerungen der Beteiligten beruhten. „Contributions of this kind“, führte er fort, „can only be criticized for being unclear or conspicuously biased“. Mit dieser Aussage griff Multhauf einen Aspekt auf, der bereits in den Auseinandersetzungen zwischen Sammet und Grosch aufgekommen war: Der Historiker vertrat an dieser Stelle die Haltung Groschs, nämlich dass für die Beurteilung der Arbeiten Kriterien wie Fairness und Vorurteilsfreiheit anzulegen seien.</p><p>Multhauf sprach auch Sterns Hinweis an, dass es sich bei den Texten um wichtige <i>Quellen</i> handle, die den interessierten HistorikerInnen sicherlich von Nutzen sein würden. Auffallend ist, dass Multhauf die Arbeit professioneller und nicht-professioneller HistorikerInnen anhand anderer Kriterien als Stern unterschied. Während diese vor allem den „ahistorischen“ Ansatz der ZeitzeugInnen und deren internalistische Geschichtsschreibung als Unterscheidungsmerkmal benannte, sah Multhauf als wesentliches Kriterium die <i>Verständlichkeit</i> der Darstellungen. Eine professionelle Geschichte des Computers „would be an analysis, <i>shorn of jargon</i>, of how the computer came about and of its consequences for the world at large“.<sup>95</sup> Die Aufsätze der HOPL-Konferenz „are intended for insiders“. Zwar könne selbst er als „Laie“ erkennen, dass „there surely is a history here“, doch sei der „exponentielle“ Anstieg an „Jargon“ Anlass zur Sorge. Denn, so schloss er seinen Brief, „science and technology are not self-sufficient“.<sup>96</sup> Multhauf sah demnach die Arbeit des/der HistorikerIn darin, die Geschichte (der Technik und der Wissenschaften) zu analysieren und von esoterischem „Jargon“ zu befreien, um so deren Sinn und Nutzen auch dem Laien verständlich zu machen. Multhaufs eigene Arbeiten bestätigen, dass das Interesse des Historikers auf den <i>Auswirkungen</i> von Wissenschaft und Technik auf andere Bereiche des Lebens lag. Beispielsweise befasste er sich mit der Geschichte des Salzes und mit der Frage, welche Rolle die Entwicklung von Salzförderung und -verwertung auf die Gesellschaft hatten.<sup>97</sup> Die Wissenschaftsgeschichte, die Multhauf hier betrieb, war keine auf Ideen fokussierte Fachgeschichte der Chemie. Die HOPL-Konferenz präsentierte jedoch genau das: eine Fachgeschichte der Informatik von InformatikerInnen für InformatikerInnen.</p><p>Wie bereits im Fall von Sterns Kommentaren war Sammet wohl nicht zufrieden mit den Rückmeldungen des Historikers. In ihrer Antwort an Multhauf heißt es entsprechend kühl:</p><p>Thank you for your interesting letter […]. I can well understand why you might be unable to provide detailed critiques for them, and I certainly appreciate your trying. Obviously you were able to elicit some basic information from them judging from the comments on page 2 of your letter. Since the preprints are not likely to do you much good in the future I would appreciate it if you could return them.<sup>98</sup></p><p>Ob Sammet Multhaufs Haltung tatsächlich verstand oder diese schlicht nicht teilte, lässt sich nicht feststellen. Es wird jedoch deutlich, dass sich der Austausch zwischen Sammet und professionellen HistorikerInnen insgesamt schwierig gestaltete. Sammets Anspruch, einen genuinen Beitrag zur historiographischen Aufarbeitung der Geschichte der Programmiersprachen zu leisten, wurde von Stern und Multhauf zurückgewiesen. Diese skeptische Reaktion ist bezeichnend, muss sie doch als Hinweis darauf gewertet werden, dass sich das Verständnis von Wissenschaftsgeschichte offenkundig gewandelt hatte. Stern und Multhauf wollten eine andere Geschichte – die auch nur von anderen, also von professionellen HistorikerInnen geschrieben werden konnte. Nach Meinung der beiden lieferten Sammet und die HOPL-Konferenz zwar wertvolles Quellenmaterial, welches dann jedoch erst durch die Analyse und in der Darstellung eines/einer professionellen Historikers/in zu einer objektiven, wissenschaftshistorischen Geschichtsschreibung verarbeitet werden könne.</p><p>Die HOPL-Konferenz zeigt eindrucksvoll, wie viel Zeit und Arbeit die Fachleute in die Erforschung und Präsentation ihrer eigenen Vergangenheit investierten. Sie zeigt darüber hinaus die verschiedenen Meinungen dazu, wie man hierbei vorgehen sollte. Sammet zielte auf eine objektive Rekonstruktion der Vergangenheit. Grosch dagegen wies diese Bemühungen mit der Begründung zurück, dass es den Beteiligten an zeitlicher und emotionaler Distanz mangele. Tropp, der ein eigenes Oral-History-Projekt geleitet hatte und in dieser Funktion „beratender Historiker“ der Konferenz war, teilte wohl am ehesten die Auffassung der beiden professionellen HistorikerInnen Stern und Multauf. In einem Brief an Sammet bemerkte er, dass die Konferenz die Fakten bereitstellen würde, die er („if I were a historian“) bräuchte, um die Geschichte einer Programmiersprache erzählen zu können. Für die Computer-Fachwelt biete die Konferenz die Gelegenheit zusammenzukommen, wobei „[a]n important, but unpredictable result, will be the resulting interaction. This part may be the most important to historical research, but it is also the most unpredictable. […] This aspect is so tenuous that it's impossible to create proper formal structure.“<sup>99</sup> Tropp sollte Recht behalten. Wie auf den letzten Seiten des vorliegenden Beitrags gezeigt, führte die Auseinandersetzung mit der eigenen (Fach−)Geschichte zu ausgiebigen Diskussionen. Verschiedene Perspektiven und unterschiedliche Meinungen stießen aufeinander und erst nach teils hitzigen Verhandlungen konnten die Beteiligten sich auf ein bestimmtes Vorgehen einigen. Man kann Tropp wohl auch darin zustimmen, dass sich dieser Prozess „formalen Strukturen“ entzog – und gerade damit, folgt man den Worten des Mathematikers noch weiter, einen wichtigen Gegenstand für die Geschichtswissenschaften liefert.</p><p>In the twentieth century […] revolutionary inventions seem almost a daily experience. […] I think that an awareness of this has something to do with the unusual receptivity of computer people to history, to my knowledge unequalled in any other field except nuclear physics.<sup>100</sup></p><p>Zu dieser Einschätzung kam Multhauf in seiner Antwort auf Sammets Bitte, die Aufsätze der HOPL-Konferenz zu kommentieren. In der Tat kann man dem Historiker in gleich dreifacher Hinsicht zustimmen: Die Projekte, in denen sich InformatikerInnen mit der eigenen Fachgeschichte befassten, lassen sich als Ausdruck eines ausgeprägten Geschichtsbewusstseins deuten, wie es Multhauf den Computer-Fachleuten attestierte. Es lag noch keine zehn Jahre zurück, dass sich die Informatik bzw. Computer Science als eigenständige Disziplin an US-amerikanischen und europäischen Universitäten hatte etablieren können.<sup>101</sup> Es war dementsprechend auch nicht die lang zurückreichende Vergangenheit, auf die sich die „geschichtsbewussten“ InformatikerInnen bei ihren historischen Aktivitäten beriefen, sondern der tiefgreifende Wandel von Wissenschaft und Gesellschaft, den die Entwicklung des Computers nach Einschätzung der Forschenden angestoßen hatte.<sup>102</sup> Die als „revolutionär“ empfundenen wissenschaftlichen Errungenschaften, wie es Multhauf scharfsinnig vermutete, weckten auch im Fall der von ihm eingangs erwähnten PhysikerInnen einen großen „historischen Bedarf“.<sup>103</sup> Zu diesem Ergebnis kommt Anke te Heesen in ihrer Arbeit über das von Kuhn geleitete Sources-for-History-of-Quantum-Physics-Projekt (SHQP).<sup>104</sup> HOPL zeigt, dass die PhysikerInnen mit ihren Selbsthistorisierungs-Projekten in bester Gesellschaft waren.</p><p>Es ist vielleicht wenig überraschend, dass „Revolution“ auch zu einem Schlagwort unter WissenschaftshistorikerInnen wurde.<sup>105</sup> Noch während Kuhn am SHQP arbeitete, veröffentlichte er 1962 <i>The Structure of Scientific Revolutions</i>.<sup>106</sup> Die Arbeit sollte in den kommenden Jahren und Jahrzehnten auf große Resonanz in der Wissenschaftsgeschichte stoßen.<sup>107</sup> Das Fach befand sich in einer Umbruchsphase, die ihren Ausdruck in den lebhaften Diskussionen der WissenschaftshistorikerInnen zu zentralen Fragen der eigenen Disziplin fand. Es ging darum, wie Entwicklungen in den Wissenschaften erforscht und beschrieben werden konnten (oder sollten) und von wem. Die Debatten kreisten um die Frage nach der Bedeutung internalistischer oder externalistischer Geschichtsschreibung und nach dem Erkenntniswert wissenschaftshistorischer Forschung. Es wurde nach dem Verhältnis zwischen HistorikerInnen und WissenschaftlerInnen gefragt und danach, wie man mit neuartigen (zeitgeschichtlichen, mündlichen) Quellen umgehen sollte. Es ging schlussendlich um die Frage nach der Autonomie der Wissenschaftsgeschichte und deren Verhältnis zu anderen Disziplinen.<sup>108</sup></p><p>Viele der Probleme, mit denen sich eine neue Generation von WissenschaftshistorikerInnen auseinandersetzte, wurden auch von den VeranstalterInnen der HOPL-Konferenz verhandelt. Ihr Anspruch war es, etwas anderes zu bieten als die historischen Beiträge, wie sie häufig zu Jubiläen oder Jahrestagen anzutreffen waren. Doch schon der vermeintlich klare Gegenstand der Konferenz – die Geschichte der Programmiersprachen – entpuppte sich als Ausgangspunkt für Kontroversen. Welche Programmiersprachen sollten vorgestellt werden und, noch heikler, wer sollte sie vorstellen? Einig waren sich die VeranstalterInnen in der Einsicht, dass auch „soziologische“ Faktoren eine Rolle gespielt hatten, doch war unklar, wie man mit diesen umgehen sollte. Die Richtlinien, die der „consulting historian“ hierfür anfertigte, zeigen, dass man für dieses Problem keine eindeutige Lösung bereitstellen konnte. Insgesamt scheinen die Beteiligten immer wieder mit ihrer Rolle gehadert zu haben, in der sie die Vergangenheit beschreiben sollten. Wie tatsachengetreu und vollständig konnten sie über etwas berichten, in das sie selbst involviert gewesen waren?</p><p>Die HOPL-Konferenz zeigt, dass der Kontakt zur Wissenschaftsgeschichte von Seiten der Computer-Fachwelt gesucht wurde, sich der Austausch jedoch letzten Endes schwierig gestaltete. Sammet etwa konnte wenig mit den Rückmeldungen Sterns und Multhaufs anfangen, und den HistorikerInnen ging es wohl umgekehrt genauso – zumindest fühlten sie sich offensichtlich nicht von der Konferenz angesprochen, wie der Blick auf die Anwesenheitsliste nahelegt. Retrospektiv lässt sich beobachten, dass für professionelle HistorikerInnen andere (Selbst−)Historisierungsprojekte, wie etwa die Gründung des Charles Babbage Institute oder die neue Zeitschrift <i>Annals of the History of Computing</i> in den Jahren nach 1980 wichtige Impulse gaben, sich mit der Geschichte des Computers und der Informatik auseinanderzusetzen.<sup>109</sup> Weitere Forschung, die sich mit dem Austausch zwischen HistorikerInnen und WissenschaftlerInnen befasst, verspricht neue Einblicke sowohl in die Geschichte der Wissenschaften als auch in die Geschichte der Wissenschaftsgeschichte.</p>\",\"PeriodicalId\":55388,\"journal\":{\"name\":\"Berichte zur Wissenschaftsgeschichte\",\"volume\":\"47 3\",\"pages\":\"262-286\"},\"PeriodicalIF\":0.6000,\"publicationDate\":\"2024-07-24\",\"publicationTypes\":\"Journal Article\",\"fieldsOfStudy\":null,\"isOpenAccess\":false,\"openAccessPdf\":\"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1002/bewi.202300032\",\"citationCount\":\"0\",\"resultStr\":null,\"platform\":\"Semanticscholar\",\"paperid\":null,\"PeriodicalName\":\"Berichte zur Wissenschaftsgeschichte\",\"FirstCategoryId\":\"98\",\"ListUrlMain\":\"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/bewi.202300032\",\"RegionNum\":2,\"RegionCategory\":\"哲学\",\"ArticlePicture\":[],\"TitleCN\":null,\"AbstractTextCN\":null,\"PMCID\":null,\"EPubDate\":\"\",\"PubModel\":\"\",\"JCR\":\"Q2\",\"JCRName\":\"HISTORY & PHILOSOPHY OF SCIENCE\",\"Score\":null,\"Total\":0}","platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Berichte zur Wissenschaftsgeschichte","FirstCategoryId":"98","ListUrlMain":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/bewi.202300032","RegionNum":2,"RegionCategory":"哲学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"Q2","JCRName":"HISTORY & PHILOSOPHY OF SCIENCE","Score":null,"Total":0}
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摘要

例如,萨姆梅特对斯特恩和穆尔索夫的反馈意见无能为力,而历史学家们的感受可能恰恰相反--至少他们显然没有感受到会议的意义,这一点从与会者名单上就能看出。回过头来看,我们可以发现,其他(自我)历史化项目,如查尔斯-巴贝奇研究所(Charles Babbage Institute)的成立,或 1980 年后新出版的《计算机史年鉴》(Annals of the History of Computing),都为专业历史学家参与计算机和计算机科学的历史提供了重要的推动力。 33 这一核心作用基于会议应该(和不应该)讨论什么的想法。在调查问卷中,发言人被要求在回答问题前查阅文件并咨询同事。34 文章和演讲不是个人回顾,换句话说,目的不是制作回忆录,而是尽可能完整地收集所有重要资料和事实:"请尽可能引用原始文件并注明出处"。萨梅特对此解释如下:"[......]现在是获取这些详细信息的最佳时机,以便为未来的历史学家提供这些信息。"35 问卷包括有关财政支持以及 "语言设计原则 "的问题。这种方法让人想起口述历史访谈中使用的方法。这些问题的目的是确保计算机科学家能够以科学的眼光看待过去,尽管他们有个人偏见。因此,萨姆梅特和项目委员会采用了一种自 20 世纪 60 年代以来在历史研究中日益成熟的方法,这种方法也被专业化的科学史所采用36。其原因不能用 HOPL 组织者的方法论来解释。37 一份日期为 1977 年 6 月 20 日、标题为 "由约翰-古德诺编写 "的说明37 表明,计算机专家认识到不合时宜是一个问题,就像 "语言设计原则 "一样。该文件指出:要了解任何科学领域是如何发展的,就必须了解在该领域发展的每个[任何给定的]阶段,哪些问题被认为是重要的。[......]我们的想法是从设计师个人对为何做出某些设计决定的回忆中,提炼出对语言设计的技术和社会学38 影响的理解,以及这些影响是如何随着时间的推移而变化的。古德诺在这里对 "技术 "和 "社会学 "影响作了区分,后者包括 "谁的个性更强、谁主导决策、主导决策者的背景等"。组织者清楚地认识到,这些 "社会学 "因素在编程语言的发展过程中发挥了作用。他们中的大多数人从自己的经验中了解到,争议并不总是由更有说服力的论据来决定。将这些方面排除在历史考量之外,"很可能会使设计过程听起来比实际情况更加合理 "40:发言人是经过挑选的,他们的任务是按照明确的指导原则和调查问卷记录编程语言的历史。41 无论是会议组织者还是演讲者,都没有轻言放弃撰写自己历史的任务。萨梅特在一封详细的信中回复了格里斯沃尔德关于进一步支持的请求。她在信中向格里斯沃尔德保证,她将与计划委员会一起制定总体指导方针。她认为,在 "历史准确性 "方面,报告的完整性是最重要的--但如果可能的话,应避免贬损性言论。42 经过多次尝试,特洛普最终向发言人提供了 "敏感材料建议准则 "43 。尤其重要的是,要区分有据可查的事实和仅凭当事人回忆的事实--后者 "可能是错误的"。44 他还建议不要猜测当事人的动机:"坚持事实,把对动机的探究留给读者和未来的学者"。重要的是,"要平衡地介绍所作贡献"。特洛普在指导原则的最后指出,"唯一绝对禁止的是利用论文对特定个人或组织进行人身攻击"。 格罗希在给萨梅特写信的同时,还写了一封公开信给会议日程委员会成员和 ACM 的其他官员。在信中,他再次呼吁以不同的方式组织会议。特别是,他主张重新考虑编程语言的选择,纳入以前开发的语言,并扩大受邀者名单--因为 "历史是敏感的 "54。54 如果格罗施希望他的要求能得到目标群体的支持,那么他的愿望并没有实现。其他人的回应清楚地表明,格罗施在会议计划上是孤军奋战。例如,一位计划委员会成员在外交辞令中表示,格罗希与组织者的目标截然不同,但他同意主席的观点,即 "我们确实必须'仔细记录......对语言选择的解释'和发言人"。他对格罗希的行为感到 "震惊",因为他意识到这是总统对会议日程委员会施加的压力。56 格罗希显然没有理解会议的 "理念",即 "避免授予任何人任何荣誉"。格罗希显然觉得自己被误解了,他也不愿意接受格雷厄姆关于他滥用 ACM 主席职务的指控。他在另一封信中为自己辩护。他当然理解这次会议的 "理念"--"世界始于 1957 年,哈利路亚!"--但 "之前的那部分[......]那部分有可能被遗忘"。59 如前所述,即将发表的论文的作者们也一再面临这方面的问题。格罗希在信中也谈到了他参与此事的动机:"鲍勃(即罗伯特-M-格雷厄姆),我个人与此事并无利害关系。我不是软件人,也不是软件先驱。但是,与你不同的是,早在让之前,我就在那里了"。这件事与格罗希有关,因为他 "曾经在那里"--而且不仅仅是他:"这个行业中的每一个老人都会被激怒。"60 格罗希受到影响的程度从他随后的行动中可以清楚地看出:他要求 SIGPLAN 时事通讯的编辑维克多-施耐德(Victor Schneider)在十月刊上刊登一封公开信。他这样做扩大了争议的受众范围。在这封信中,他也表达了对计划方案的担忧("历史是敏感的东西"),但他更进一步说:"这封信是一种抗议。你们--也就是 SIGPLAN--有一个很好的想法:为软件史做出贡献。[......]但是,只关注 ALGOL 和 APL 的细枝末节,而忽视 40 年代末和 50 年代初的人类场景,这只是技术,而不是历史。诗人望着论坛的废墟,感叹道:"啊,要是这些石头会说话就好了!"该死的,其中一块石头会说话了。有人在听吗?61 格罗希的做法有时会遭到激烈反弹。施耐德同意刊登这封公开信,但条件是格罗希必须缓和措辞。62 他还希望给会议组织者一个机会,让他们准备一份回应,与格罗希的信一起刊登。但格罗希拒绝放弃他 "众所周知、甚至是臭名昭著的风格 "63 ,并威胁要在 ACM 的期刊上发表这封信,因为该期刊提供了一个 "主席来信版面":"当然,这使得鲍勃-格雷厄姆的抱怨终究成真:总统权力的使用!64 为了防止冲突进一步升级,SIGPLAN 的负责人最终在抗议声中同意在 12 月刊上刊登格罗希的信。 65 对格罗施的前一封信保持沉默的萨梅特现在又开口了。她指责格罗希对建设性的批评不感兴趣,而是一味地推行自己的想法;格罗希不准备 "承认除了你的方法之外,还有其他好的方法 "66 ,只要是这种情况,萨姆梅特无论好坏都不得不对他置之不理:"我[......]会努力不理会你今后在这方面的发飙 "67 。她将这封信的草稿寄给了计划委员会成员并征求意见,同时提醒他们:"重要的是要认识到 SIGPLAN 期刊的发行量已超过 7000 份,即使理论上不是,实际上也是一份永久性的档案出版物。"68 她在信的后记中再次体现了这种历史意识,她补充道:"如果会议筹备文件本身具有历史意义[......],我也希望[原文如此]不要把这类无稽之谈包括在内。 69 与格罗希的冲突也可以在文件中找到(打算存档),这种想法对萨姆梅特来说可能不太有吸引力。尽管萨梅特对格罗希的计划并不担心,但他的反对意见显然也引起了她的关注。例如,她咨询了一位前同事,希望得到他对自己关于 COBOL 编程语言历史的文章的肯定71。谁 "发明 "了一种编程语言,谁应该对此作出评判,以及这些问题是否具有决定性意义,这些问题都没有立即明确。格罗希解释说:"我从未认为查理-菲利普斯是 COBOL 的作者[......]。但人们认为他是语言之父,是他推动了语言的发展";他接着说:"我在第一封信中就说过[......],表面上的公正、不受怀疑是至关重要的。你一直低着头,看着犁沟,阅读记录,平衡账目。这还不够!72 格罗希认为,会议处理的是历史,即过去的事件;但在这样做的同时,它也创造了历史--公平是非常重要的。72 1977 年 12 月,当 SIGPLAN 时事通讯出版时,关于如何组织 HOPL 的争论占了整整九页。格罗希的两页信件被刊登出来,随后是组织者和其他参与者的各种贡献。萨梅特在她长达四页的来稿中("我预先对其篇幅表示歉意"),在指出 "我们(即计划委员会)知道历史特别敏感 "之后,分九点回应了格罗希的指责。第一点涉及公平问题--这是看人的眼光。据 Sammet 称,语言和发言人的选择有时很困难--"但大多数是显而易见的"。萨姆特用对 "与语言关系不大的人 "的调查结果来 "支持 "这一说法。73 在其他方面,她驳斥了关于她没有回应格罗希反对意见的指责,解释了为什么格罗希的建议对项目没有 "用处",并强调在她的会议上不会有 "贵宾"。这次活动 "是为了向与会者和论文读者传递信息,而不是为了美化任何人"。她写道:"最后,每个人都应该清楚,在描述和记录历史方面还有许多工作要做。与本次会议有关的任何人都不会声称这是唯一的方法,我当然希望这不是最后一次举行编程语言历史会议。75 在上述争论的背景下,萨姆梅特关于处理历史问题显然具有挑战性、存在不同观点和方法的论断似乎值得商榷。相反,我们可以看到,正是格罗希与会议策划者之间的冲突才使这些见解得以彰显,正如一封针对 SIGPLAN 时事通讯中的讨论而写给编辑的信:"现在,计算机人是真正的历史学家,还是只对个人提升感兴趣?读者认为,前者的答案必须是否定的:计算机专业人员不是历史学家。
本文章由计算机程序翻译,如有差异,请以英文原文为准。
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„History is touchy“ Die History-of-Programming-Languages-Konferenz, 1978

Im Jahr 1967 feierte die Association for Computing Machinery (ACM) ihr 20-jähriges Bestehen. Die zu diesem Zeitpunkt größte und älteste US-amerikanische Computer-Gesellschaft lud ausgewählte Pioniere des Faches nach Washington D. C. ein, um auf die eigene Geschichte zurückzublicken. Mit Hilfe eines Audiorecorders zeichnete man die Sitzung auf und überlieferte so die Anekdoten und Erinnerungen der anwesenden Pioniere für die Nachwelt.1 Eine solche Selbsthistorisierung wissenschaftlicher Gesellschaften war und ist nichts Ungewöhnliches. Jubiläen und Jahrestage bieten häufig Anlass, sich mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen, und sie tragen so zur „Ausbildung eines fachkulturellen Gedächtnisses“ bei.2

Ab Mitte der 1970er Jahre startete ein weiteres Projekt, bei dem die Informatik auf ihre Vergangenheit zurückblickte.3 Gut zehn Jahre nach der Jubiläumsfeier der ACM, im Mai 1978, fand in Los Angeles die erste History of Programming Languages Conference (im Folgenden HOPL-Konferenz) statt. Organisiert wurde die Tagung von einer Gruppe InformatikerInnen, und das Programm umfasste die Vorträge ausgewählter Pioniere, die von der Entwicklung besonders bedeutsamer Programmiersprachen berichten sollten. Obwohl die Veranstaltung auf den ersten Blick Parallelen zu dem Jubiläum von 1967 aufweist (die Pioniere des Faches erzählen „ihre“ Geschichte), war ein solcher Zugang genau das, was die OrganisatorInnen mit ihrer Konferenz nicht im Sinn hatten. Dies betonten sie, noch bevor das Vorhaben einen Namen trug: „This [planned history conference] is not supposed to be a group of people just coming together to provide a set of reminiscences.“4

Tatsächlich unterschied sich die HOPL-Konferenz wesentlich von anderen Selbsthistorisierungsprojekten – wie etwa der Jubiläumsfeier 1967. Im Folgenden soll gezeigt werden, dass es der Anspruch der OrganisatorInnen war, aus einer möglichst objektiven Perspektive auf die eigene Vergangenheit zu blicken, sie zu erforschen und eine detailreiche, umfassende sowie korrekte Darstellung der Geschichte zu präsentieren; es ging also gerade nicht darum, das eigene Mitwirken an den vergangenen Entwicklungen zu erinnern, wie im Fall der erzählenden Pioniere. Bemerkenswert ist dieses Vorhaben nicht nur durch seine Abgrenzung zu anderen Selbsthistorisierungsprojekten. Der Anspruch der HOPL-OrganisatorInnen, einen Beitrag zur Wissenschaftsgeschichte zu leisten, verortet die Konferenz in den Kontext der sich wandelnden Wissenschaftsgeschichte jener Zeit. Der folgende Text soll daher auch eine neue Perspektive auf die Geschichte der akademischen Wissenschaftsgeschichte eröffnen.

Bei der Vorbereitung der HOPL-Konferenz kam es bald zu Diskussionen, in denen Herausforderungen einer (wissenschafts−)geschichtlichen Arbeit zur Sprache kamen. Die umfassend überlieferte Dokumentation der Veranstaltung5 bietet nicht nur Einblicke in die Auseinandersetzungen unter den Beteiligten, sondern zeigt auch, dass es einen Austausch zwischen den OrganisatorInnen der Konferenz und professionellen HistorikerInnen gab. Letztere reagierten jedoch skeptisch auf das Vorhaben der InformatikerInnen. Die detaillierte Rekonstruktion der Vergangenheit, wie sie auf der HOPL-Konferenz präsentiert wurde, genügte offenbar nicht den Ansprüchen der professionalisierten Wissenschaftsgeschichte.

Dass es einen Zusammenhang zwischen solchen Selbsthistorisierungsprojekten verschiedener Wissenschaftsdisziplinen und der Entwicklung der Wissenschaftsgeschichte gab, wurde erst kürzlich von Anke te Heesen in ihrer Monographie Revolutionäre im Interview gezeigt. Die Autorin befasst sich darin mit dem Sources for History of Quantum Physics Project (SHQP), welches Ende der 1950er Jahre von PhysikerInnen initiiert und zwischen 1961 und 1964 unter der Leitung von Thomas S. Kuhn durchgeführt wurde. Im Zentrum des Projekts stand die Sammlung von Interviews mit bedeutenden VertreterInnen der Physik. Die Arbeit mit den Pionieren stellte Kuhn und sein Team vor Probleme, die neue Lösungen forderten. Die Oral History-Interviews boten den WissenschaftlerInnen eine bislang unbekannte Bühne innerhalb der ergebnisorientierten Wissenschaftsgeschichte.6 Durch die Interviews wurden sie auf neue Art in den Arbeitsprozess der Geschichtswissenschaft integriert, was von vielen HistorikerInnen als besondere Herausforderung wahrgenommen wurde. In ihren Versuchen, mit dieser Herausforderung umzugehen, weisen das SHQP und die HOPL-Konferenz auffallende Parallelen auf.

Kuhns Projekt etablierte die Oral History als eine neue Methode in der Wissenschaftsgeschichte und führte mit dem transkribierten Interview eine neue Art historischen Dokuments ein. Te Heesen arbeitet in ihrer Studie heraus, wie sehr das innovative Vorgehen die Entwicklung der Wissenschaftsgeschichte beeinflusste.7 Die Veränderungen des Fachs werden auch mit Blick auf den Austausch und die Konflikte zwischen den InformatikerInnen der HOPL-Konferenz und den professionellen HistorikerInnen greifbar. Für Letztere bot die Konferenz – wie die Oral History-Interviews auch – zunächst einmal Quellenmaterial zur weiteren Auswertung, nicht jedoch einen bereits reflektierten, ohne weiteres anschlussfähigen Beitrag zur Disziplin der Wissenschaftsgeschichte. Das Interesse der HistorikerInnen galt den politischen und wirtschaftlichen Einflüssen auf das Wissenschaftsgeschehen und dessen Einbettung in die Gesellschaft. Die Analyse einzelner Erkenntnisschritte und deren chronologische Darstellung dagegen erfüllten nicht die Anforderungen, die die HistorikerInnen einer professionalisierten Wissenschaftsgeschichte an ihre Zunft stellten.

Bislang wurden die Zusammenhänge zwischen den Umbrüchen in der Wissenschaftsgeschichte und den verschiedenen Selbsthistorisierungsprojekten, die ab den 1950er Jahren angestoßen wurden, kaum in der Literatur erörtert.8 Weitere Forschung verspricht ein besseres Verständnis sowohl für die jeweiligen Fachgeschichten als auch für die Geschichte der Wissenschaftsgeschichte. Exemplarisch soll im Folgenden die HOPL-Konferenz in den Blick genommen werden, wobei besonders die Frage interessiert, wie sich die Computer-Fachwelt eine Veranstaltung vorstellte, die sich mit der eigenen Geschichte befasste. Welches Programm legten die OrganisatorInnen fest? Welche Kriterien bestimmten sie für ihre Auswahl? Und welches Format wählten sie? Anschließend ist auf die Herausforderungen einzugehen, denen sich die TeilnehmerInnen schon bald gegenübersahen. Welche Lösungen überlegte man sich, um etwa mit der eigenen Befangenheit umzugehen? In einem nächsten Schritt schließlich werden die Konflikte zwischen den Beteiligten beschrieben, bei denen unterschiedliche Auffassungen aufeinanderstießen, wie mit der eigenen Vergangenheit umgegangen werden sollte. Mit dem Anspruch, einen historiographischen Beitrag zur Informatikgeschichte zu liefern, suchten die OrganisatorInnen gezielt den Anschluss an die Wissenschaftsgeschichte. Dem daraus erwachsenen Austausch zwischen den Computer-Fachleuten und professionellen HistorikerInnen ist daher ein weiteres Kapitel gewidmet. Abschließend werden Überlegungen angestellt, inwiefern sich die HOPL-Konferenz in einen breiteren Kontext einbetten lässt und damit Einblicke in die Geschichte der Wissenschaftsgeschichte bieten kann.

Die Idee, eine Konferenz über die Geschichte der Programmiersprachen auszurichten, reichte bis in das Jahr 1971 zurück. Jean E. Sammet, zu diesem Zeitpunkt Informatikerin bei der International Business Machines Corporation (IBM), erinnerte sich in einem Brief 1975, dass der Anstoß dazu ein Vortrag war, den sie an der University of California (UCLA) halten sollte, und zwar „on how and why COBOL was designed“.9 Sammet war Teil der Arbeitsgruppe gewesen, die die Programmiersprache COBOL Ende der 1950er Jahre entwickelt hatte. In ihrem Brief von 1975 berichtete sie, dass

even without really adequate preparation and even without having the proper documentation on hand, it was possible to describe enough historical material to interest a random group of [computer science] students who had no particular motivation to be interested at all!!!10

Aus dieser Erfahrung folgerte Sammet, dass es womöglich ein breiteres Interesse an der Geschichte von Programmiersprachen geben könnte. Sie wandte sich kurze Zeit später an die Special Interest Group on Programming Languages (SIGPLAN), einen Arbeitsausschuss der ACM, und schlug vor, eine Geschichts-Konferenz zu organisieren.

Sammets Idee stieß nicht nur bei den Mitgliedern der SIGPLAN auf positive Resonanz. Anfang 1972 kontaktierte sie Walter M. Carlson, der ihr die finanzielle Unterstützung der American Federation of Information Processing Society (AFIPS) in Aussicht stellte.11 Carlson empfahl außerdem, dass sich Sammet an Henry S. Tropp wenden solle, der seit 1970 als „principal investigator“ in einem Oral-History-Projekt der AFIPS tätig war.12 Tropp arbeitete als Professor für Mathematik an der Humboldt State University in Arcata, Kalifornien, und hatte in den 1970er Jahren mehrere Aufsätze für die Zeitschrift Historia Mathematica verfasst, darunter auch über die Bedeutung von Oral History.13 Mit diesem Hintergrund war er für Sammet ein geeigneter Kandidat, die Rolle des „Historical Consultant“14 zu übernehmen.

Obwohl alle Seiten ihr Interesse an dem Vorhaben bekräftigten, verzögerte sich dessen Realisierung, sodass es erst am 19. Mai 1977 zu einem (offiziellen) Planungstreffen kam.15 Möglicherweise trug eine andere Konferenz dazu bei, Sammets Vorhaben wieder ins Rollen zu bringen:161976 fand die International Research Conference on the History of Computing in Los Alamos, New Mexico, statt. Dies war die erste große Veranstaltung, die die Computer-Fachwelt der Geschichte des eigenen Fachs widmete. Als Ziele der Tagung nannte eine Ankündigung die folgenden drei Punkte:

1) it [i. e., the conference] will encourage research of high quality into the history of computing; 2) it will record „living history“ in the context of discussions among the pioneers in the origins of electronic computing; and 3) it will provide computer scientists – especially those who are pursuing historical interests – with an insight into the discipline of historiography.17

Hervorragende Arbeiten zur Geschichte des „computing“ wurden ebenso versprochen wie die Möglichkeit, durch bloße Anwesenheit selbst Geschichte zu schreiben. Darüber hinaus stellte die Anzeige Einblicke in die „discipline of historiography“ in Aussicht – wohl mit dem Hintergedanken, dem/der interessierten InformatikerIn dadurch das Werkzeug in die Hand zu geben, die eigene Vergangenheit zu erforschen und zu dokumentieren. Die Konferenz stieß auf großes Interesse. Zahlreiche Pioniere des Faches reisten an den geschichtsträchtigen Ort, um sich drei Tage lang mit Geschichte auseinanderzusetzen.

Sammets Vorhaben unterschied sich durch den Anspruch, eine objektive, möglichst neutrale Perspektive auf die Vergangenheit zu präsentieren. Demgegenüber wurde auf der Konferenz in Los Alamos ausgiebig die Frage verhandelt, wem oder was die Ehre zukam, Priorität und Originalität beanspruchen zu können: Welches Land entwickelte die ersten modernen Computer? Welche Maschine war der erste moderne Computer? Wer hatte den ersten modernen Computer entwickelt und wer ihn das erste Mal programmiert?18

Auf dem ersten Planungstreffen der HOPL-OrganisatorInnen im Mai 1977 war die Frage nach geeigneten RednerInnen zentrales Thema. Eine „[c]ritical Mass of Speakers [was] needed“, denn „[u]nlike other conferences, there are very few substitute speakers who can be used for this one.“ Dass die Konferenz „unusual“ war, lag an ihrer „general philosophy“: ein ausgewählter Kreis an RednerInnen sollte über die Geschichte einer ausgewählten Reihe von Programmiersprachen berichten.19 Dieses Format hatte sich Sammet ausgedacht, wie ihre Notizen von 1971/72 belegen.20 Sammet hatte schon vorab viele Aspekte der Konferenz (in Eigenregie) festgelegt. Beispielsweise geht aus einem Brief an den Programmausschuss in spe hervor, dass sie bereits mehrere KandidatInnen für die Vorträge kontaktiert hatte: „The criteria I used […] was simply that both the language and the speaker were so obvious that nobody would challenge their necessity“. Nur bei jenen „more questionable“ Personen, wollte sie die Entscheidung dem Programmausschuss der Konferenz überlassen.21

Dabei lag die Auswahl der Programmiersprachen für die Konferenz nicht unbedingt auf der Hand. Das zeigt ein Blick auf die Situation um 1977. Zu diesem Zeitpunkt existierte eine Vielzahl an „Sprachen“, mit denen die Programme geschrieben wurden, die den Computern sagten, was sie tun sollten. Noch zwanzig Jahre zuvor sah die Lage anders aus. Ende der 1950er Jahre wurden die Maschinen häufig noch „von Hand“ mit Befehlen „gefüttert“. Anweisung für Anweisung musste hierfür in einer zuvor festgelegten Menge an Zeichen codiert werden – wobei das Set an zugelassenen Zeichen meist nur für eine spezifische Maschine galt. Dies machte die Programmierung zu einer zeitintensiven und fehleranfälligen Aufgabe. Darüber hinaus verhinderten die maschinen-gebundenen Sprachen den Austausch innerhalb der Fachcommunity über die jeweils ausgearbeiteten Programme. Dies führte zu Versuchen, die Menge an Zeichen sowie die Regeln zu ihrer Verwendung zu vereinheitlichen. Sogenannte höhere Programmiersprachen wurden entwickelt. Mit ihnen konnten nun Programme geschrieben werden, die nicht mehr nur auf einer spezifischen Maschine bzw. einem Maschinentyp liefen, sondern im Prinzip auf allen Computern – deren Anzahl und Verbreitung kontinuierlich anstieg. Doch der Wunsch der Fachwelt, eine allgemeingültige Programmiersprache zu entwickeln, erfüllte sich nicht. Ganz im Gegenteil, die Entwicklung der ersten höheren Programmiersprachen – allen voran FORTRAN, ALGOL und COBOL – rief alsbald Kritik und Verbesserungsvorschläge hervor. In der Folge entstanden immer weitere, neue Programmiersprachen – alle von ihnen mit eigenen Besonderheiten, Vor- und Nachteilen und meist mit einem mehr oder weniger festumgrenzten Kreis an überzeugten BenutzerInnen.22

Es war also alles andere als eindeutig, welche Programmiersprachen für die Konferenz ausgewählt werden sollten. Als Kriterien schlug Sammet vor, dass die Sprachen „(a) are in use today directly or by way of dialects or descendants and (b) were developed before 1967“.23 Die umständliche Formulierung deutet an, dass es sich bei den Kriterien um einen Kompromiss handelte: Sie waren notwendig, um das Programm der Konferenz zu rechtfertigen – selbstverständlich waren sie jedoch nicht. Noch verzwickter war die Lage bei der Auswahl der RednerInnen. Denn in den meisten Fällen waren die Programmiersprachen nicht das Ergebnis der Arbeit einer einzelnen Person, sondern vielmehr einer Gruppe oder gar eines Komitees. Einen öffentlichen Aufruf zur Teilnahme scheinen die OrganisatorInnen nicht erwogen zu haben; stattdessen legten sie nach einigem Hin und Her die RednerInnen eigenhändig fest. Das Ergebnis dieses Vorgehens waren Reaktionen wie etwa: „Two other names missing from the list of participants“24; oder auch „I was disappointed at not being invited to become involved“25.

In der ersten Bekanntmachung formulierte man das Ziel der Konferenz:

The purpose of the conference is to create a permanent historical record of the significant events that created the need for the development of the individual languages, of the environment in which decisions were made, and of the rationale behind the decisions which lead to the particular language style.26

Der breite Fokus der Veranstaltung wird hier deutlich: Es sollten die soziale oder institutionelle Umgebung der Entwicklungen ebenso in den Blick genommen werden wie die verschiedenen Beweggründe der Beteiligten. Das Programm, mit dem man dieses Ziel erreichen wollte, umfasste 13 Sitzungen, die jeweils einer Sprache gewidmet waren. Im Zentrum jeder Sitzung standen Aufsätze, die von einer/einem der EntwicklerInnen im Voraus geschrieben und während der Konferenz vorgestellt werden sollten. Nach den Vorträgen sollten Diskussionen stattfinden, in denen teils vorbereitete und teils vom Publikum eingebrachte Fragen beantwortet werden konnten. Gerahmt wurde das Programm von einer Eröffnungsansprache der Informatikerin Grace Murray Hopper und einem „Banquet“ mit „Anekdoten“. Die gesamte Konferenz sollte als Video aufgezeichnet werden, ebenfalls geplant war die Herausgabe eines Tagungsberichts im Anschluss an die Konferenz.27

Von Anfang an kamen Fragen zum Umgang mit der eigenen Fachgeschichte auf. Im August 1977 gestand Ralph E. Griswold, eingeladener Redner für die Programmiersprache SNOBOL, dass ihm die Anfertigung seines Aufsatzes Schwierigkeiten bereitete:

I immediately ran into a major policy and philosophical problem, which can be characterized as “level of candor”. Certainly in my material, and doubtlessly in others, there are sensitive areas with respect to persons and organizations. On the one hand, historical accuracy dictates discussion of conflicts and situations that were truly relevant to the development of the languages. On the other hand, some of this material may be potentially embarrassing to the persons and organizations involved and subsequently may lead to bad feelings. Since many authors are involved and likely to face this problem on different levels, it would be helpful to have a policy statement from you on how to handle this matter […]. I'll abide by your decision on this matter. For my part I would prefer historical accuracy, as matter-of-fact as possible, but without personality overtones.28

Griswold, der SNOBOL gemeinsam mit zwei Kollegen entwickelt hatte, sah sich mit der Herausforderung konfrontiert, die „sensitive areas“ seiner Geschichte darzustellen. Wie waren historische Genauigkeit vereinbar mit dem Anliegen, niemanden in schlechtem Licht dastehen zu lassen? Bei einem solch zeithistorischem Thema – dessen AkteurInnen zumeist noch am Leben waren – erschien die Sorge vor „bad feelings“ nicht unbegründet. Ungeachtet dieser Schwierigkeiten, so Griswolds Schlussworte in seinem Brief an Sammet, sei die Arbeit an dem Aufsatz aber äußerst spannend: „As I get into the writing, I become more and more interested and at the same time more and more conscious of the effort that is needed.“29

Von Anfang an boten Sammet und der Programmausschuss den eingeladenen RednerInnen an, sie bei ihrer Aufgabe zu unterstützen. Einen Aufsatz über ein geschichtliches Thema zu schreiben, war für die InformatikerInnen Neuland. Zum einen sollten sogenannte „Language Coordinators“ bei der Auswahl des Materials für die Aufsätze helfen.30 Allen RednerInnen wurden jeweils zwei Personen zur Seite gestellt, die ebenfalls an der Entwicklung der jeweiligen Programmiersprache beteiligt gewesen waren und insofern über das nötige (Fach−)Wissen verfügten. Ihre Rolle erklärte Sammet den KoordinatorInnen wie folgt: „While the speakers are in some sense the ‚stars‘ of the performance, the Language Coordinators are the essential supporting cast.“ Ihre Aufgabe läge insbesondere darin, eine „neutrale“ Perspektive auf die Geschichte(n) der Sprachen einzubringen. Entsprechend riet sie den KoordinatorInnen, dass sie Fragen entwickeln sollten, selbst wenn sie die Antworten bereits kannten: „Remember that you are not trying to elicit information for yourselves, but rather you are trying to help the speaker provide a valid permanent record of the thinking which went into the original language development.“31

Zum anderen hatte der Programmausschuss einen umfangreichen Fragebogen erstellt. Den Plan zu einem solchen Katalog hatte Sammet früh gefasst.32 Aus einer Notiz geht hervor, dass die Entwicklung von Fragen zu den Kernaufgaben des Programmausschusses gehören sollte.33 Diese zentrale Rolle gründete auf der Vorstellung davon, worum es bei der Konferenz gehen sollte (und worum nicht). In dem Fragebogen wurden die RednerInnen aufgefordert, vor der Beantwortung der Fragen Dokumente zu prüfen und KollegInnen zu konsultieren.34 Bei den Aufsätzen und Vorträgen sollte es sich nicht um individuelle Rückblicke handeln, anders formuliert, nicht Memoiren waren das Ziel, sondern eine möglichst vollständige Sammlung aller wichtigen Quellen und Sachverhalte: „Wherever possible, please quote from original documents and indicate the source.“ Und Sammet begründete dies so: „[…] this is the best time to elicit this detailed information so it is available for future historians.“35 Der Bogen umfasste Fragen nach der finanziellen Förderung ebenso wie nach den „Language Design Principles“. Dieses Vorgehen erinnert an die Methoden der Oral History-Interviews. Die Fragen zielten darauf, dass die InformatikerInnen trotz ihrer persönlichen Befangenheit mit wissenschaftlicher Distanz auf die Vergangenheit blickten. Sammet und der Programmausschuss griffen damit auf eine Methode zurück, die sich seit den 1960er Jahren zunehmend in der Geschichtswissenschaft etabliert und auch in der professionalisierten Wissenschaftsgeschichte Einzug gehalten hatte.36 Und dennoch sollte die HOPL-Konferenz nur zurückhaltend von professionellen HistorikerInnen aufgenommen werden. Die Gründe hierfür lassen sich nicht mit Verweis auf das methodische Vorgehen der HOPL-VeranstalterInnen erklären. Es waren vielmehr die unterschiedlichen Vorstellungen von Geschichtsschreibung, die einer Verständigung zwischen den AkteurInnen im Weg standen.

Dass die Computer-Fachleute Anachronismen als Problem erkannten, wie etwa im Fall jener „Language Design Principles“, legt eine Notiz nahe, die auf den 20. Juni 1977 datiert und mit „Prepared by John Goodenough“37 überschrieben ist. Darin heißt es:

In understanding how any scientific field has developed, it is necessary to understand what issues were considered important at each [any given] point in the field's development. […] The idea would be to distill, from individual designers’ recollections of why certain design decisions were made, an understanding of influences, both technical and sociological38, on language design and how these influences have changed over the years.39

Die ZeitzeugInnen sollten nicht nur ihre persönlichen, individuellen Motive, sondern auch mögliche äußere Einflussfaktoren benennen. Eine Unterscheidung traf Goodenough hierbei zwischen „technischen“ und „soziologischen“ Einflüssen, wobei zu letzteren beispielsweise Faktoren wie „who had the stronger personality and dominated decisions, the background of dominant decision makers, etc.“ zählten. Den OrganisatorInnen war klar, dass diese „soziologischen“ Faktoren eine Rolle spielten bei der Entwicklung von Programmiersprachen. Die meisten wussten aus eigener Erfahrung, dass Auseinandersetzungen nicht immer durch überzeugendere Argumente entschieden wurden. Solche Aspekte aus einer historischen Betrachtung außen vor zu lassen, „is likely to make the design process sound more rational than it really is“.40

Die historiographische Aufarbeitung der Vergangenheit sollte in einen strengen Rahmen eingebettet werden: Die RednerInnen wurden ausgewählt und hatten zur Aufgabe, klaren Richtlinien und einem Fragebogen folgend, die Geschichte der Programmiersprachen zu dokumentieren. Mit dieser Methode wollten die Beteiligten das Ziel erreichen, die Vergangenheit nachvollziehbar und detailliert zu rekonstruieren.41

Weder die OrganisatorInnen der Konferenz noch die RednerInnen nahmen die Aufgabe, über die eigene Geschichte zu schreiben, auf die leichte Schulter. Sammet reagierte in einem ausführlichen Brief auf die Bitte Griswolds nach weiterer Unterstützung. Darin sicherte sie Griswold zu, gemeinsam mit dem Programmausschuss allgemeine Richtlinien zu entwickeln. Ihrer Meinung nach hatte bezüglich der „historical accuracy“ die Vollständigkeit der Berichte oberste Priorität – wenn möglich, solle aber auf abwertende Bemerkungen verzichtet werden.42

Nach mehreren Anläufen lieferte Tropp den RednerInnen schließlich „Suggested Guidelines for Sensitive Materials“.43 Er plädierte dafür, auch „sensibles Material“ nicht zurückzuhalten. Es sei insbesondere wichtig, zwischen Sachverhalten zu unterscheiden, die dokumentiert waren, und solchen, die ausschließlich auf den Erinnerungen der Beteiligten beruhten – letztere „may be faulty“.44 Er empfahl außerdem, nicht über die Motive der Involvierten zu spekulieren: „Stick to the facts, and leave the probing of motivation for the reader and future scholar.“ Es sei wichtig, „to give a balanced picture of the contributions“. Tropp schließt seine Richtlinien mit dem Hinweis darauf, dass „the only thing that is absolutely prohibited is the use of a paper as a vehicle for a personal attack on a specific individual or an organization“.45

Sowohl Tropp als auch Sammet betonten die Bedeutung von „historical accuracy“. Diese Priorisierung begründete auch, weshalb „decisions related to the treatment of sensitive materials cannot be made by regulation or by committee. The author must be the final judge of what appears.“46 Als ZeitzeugInnen standen die RednerInnen vor anderen Herausforderungen als diejenigen, die später aus zeitlicher Distanz über die Geschichte der Programmiersprachen schreiben würden. Es blieb Tropp demnach nichts anderes übrig, als auf „future scholars“ zu verweisen, die sich aus einer solchen, d. h. unbeteiligten Perspektive dem Gegenstand nähern. Die HOPL-VeranstalterInnen entwickelten verschiedene Strategien für den Umgang mit der eigenen Geschichte. Allerdings bemerkten die Involvierten schnell, dass sie mit diesen nur einige, jedoch nicht alle Probleme lösen konnten.

Die RednerInnen wussten, dass sie in einer mitunter verzwickten Lage steckten. Sie betonten wiederholt, dass vieles, was „heute“, d. h. 1977/78, ganz selbstverständlich sei, den AkteurInnen von damals – also ihnen selbst – nicht bewusst war. Beispielsweise schrieb John Backus in seinem Aufsatz über FORTRAN: „In our naїve unawareness of language design problems – of course we knew nothing of many issues which were later thought to be important“47 – und charakterisierte damit seinen damaligen Kenntnisstand beinahe entschuldigend als „naiv“. Den AutorInnen war klar, dass sie nicht unbefangen über die Geschichte ihrer jeweiligen Programmiersprache berichten konnten und kommunizierten dies auch explizit in ihren Aufsätzen.48 Es war vor allem die Frage der Anerkennung wissenschaftlicher Leistung („credits“), die die eigene Befangenheit in den Augen der AutorInnen zum Problem werden ließ. In John McCarthys Aufsatz heißt es etwa: „Except where I give credit to someone else for an idea or decision, I should be regarded as tentatively claiming credit for it or else regarding it as a consequence of previous decisions. However, I have made mistakes about such matters in the past […].“49

Der Anspruch der VeranstalterInnen, eine geschichtswissenschaftliche Konferenz zu halten und keine Feier zu Ehren der Pioniere, wird besonders deutlich in einer Auseinandersetzung zwischen Sammet und dem Präsidenten der ACM Herbert J. Grosch. Als Sammet im Juni 1977 darum bat, Finanzmittel von dritter Seite zu beantragen, lehnte Grosch dies ab.50 Stattdessen ermutigte er Sammet, „to make a major and important expansion of plan, or contraction of title and present scope. The expansion is what I would prefer, but I think it improper to force it on you.“51 Außerdem stellte Grosch eine Liste von Personen auf, die an der Konferenz teilnehmen sollten. Sammet war offenbar irritiert von Groschs Vorstoß und schickte ihm als Reaktion weitere Informationen bezüglich ihrer Planungen.52

Doch damit sollte die Sache noch nicht erledigt sein: Die Vorstellungen der beiden, welche Geschichte auf der Konferenz präsentiert werden sollte, klafften zu weit auseinander. Dies geht aus Groschs Antwortschreiben hervor:

But Jean, both as a history buff, and as an ACM officer and a professional deeply concerned for the honesty, and the appearance of honesty, of what our Association does, I have to plead with you to be more responsive to the suggestions I've made already […].

[…] To say to a Charlie Phillips, „Come – at your own expense, of course, and we haven't arranged for you to say anything, but come“ is pretty close to an insult. And he won't come: The Father of COBOL!

You will remember the Silver Anniversary ACM party. Everybody knew Ed Berkeley would make a scene, and he did. But we invited him anyhow; how could you have a Founder's Day without the founder? Now, how can you have a history program without Bob Bemer? You can't! Sure, he has lots of enemies, including probably some of your program committee. But you have to honor him anyhow. […]

I've never been a software man myself, but I was there when the breed appeared. Several of the pioneers worked for me. I want to see the honors distributed fairly, not just reserved for a select group. I want it for the profession; I want it for ACM.

I can hear you say, „This isn't an honors convocation; it's a technical conference.“ History is different, Jean; every paper, every meeting, every piece of publicity is touchy. Even the very best efforts will generate some ill-feeling; you and your people can yet do a great deal more to minimize the amount. Please, try!53

Für Grosch war klar, dass Geschichtsschreibung bedeutete, Anerkennung zu verteilen und den historischen AkteurInnen Ehren für ihre Verdienste zukommen zu lassen. Daher war die Frage der Fairness zentral, und ebenso galt es mögliche (emotionale) Konsequenzen zu berücksichtigen. Ein weiterer Punkt, in dem sich Sammets und Groschs Vorstellungen fundamental unterschieden, betraf das Thema, für wen die Konferenz veranstaltet werden sollte. Für Grosch richtete sie sich an die eigene Fachwelt; Sammet dagegen zielte darauf, ein möglichst breites Publikum für die Geschichte der Informatik zu gewinnen.

Den Brief an Sammet verschickte Grosch zeitgleich mit einem offenen Schreiben an die Mitglieder des Programmausschusses sowie weitere ACM-AmtsträgerInnen. Darin wiederholte er seine Forderung, die Konferenz anders zu gestalten. Insbesondere plädierte er dafür, die Auswahl der Programmiersprachen zu überdenken und früher entwickelte Sprachen mit aufzunehmen sowie die Liste der Eingeladenen auszuweiten – denn, „history is touchy“.54 Sollte sich Grosch erhofft haben, Unterstützung für sein Anliegen von Seiten des Adressatenkreises zu erhalten, so erfüllte sich dieser Wunsch nicht. Die Antworten der anderen machen deutlich, dass Grosch mit seinen Plänen für die Konferenz allein dastand. Diplomatisch meinte etwa ein Mitglied des Programmausschusses, Grosch und die VeranstalterInnen hätten sehr unterschiedliche Zielvorstellungen, aber er stimme dem Präsidenten zu, dass „[w]e must indeed ‚carefully record … the explanation of the choice of languages‘ and speakers“.55

Weniger diplomatisch fiel die Reaktion Robert M. Grahams aus, Vorsitzender der SIGPLAN-Gruppe. Er sei „schockiert“ von Groschs Vorgehen, in dem er die Ausübung präsidialen Drucks auf den Programmausschuss erkennen könne.56 Grosch verstünde offensichtlich die „Philosophie“ der Konferenz nicht, „to avoid bestowing any honors on anyone“.57 Auch ein weiterer Adressat von Groschs Brief sah sich genötigt, die „Philosophie“ der Konferenz zu erklären und listete hierfür auf, was die Konferenz nicht sein solle. Wiederholt betonten die OrganisatorInnen, dass es sich um eine „technische“ Veranstaltung handle – ohne dies jedoch weiter zu erläutern.

Grosch fühlte sich offenbar missverstanden, und auch den Vorwurf Grahams, seine Position als Präsident der ACM zu missbrauchen, wollte er nicht auf sich sitzen lassen. In einem weiteren Brief verteidigte er sich. Er habe sehr wohl die „Philosophie“ der Konferenz verstanden – „that the world began in 1957, Hallelujah!“ –, allerdings sei „the part that went before […] the part that is in danger of being lost“.58 Schließlich, und damit hielt Grosch den Finger auf einen wunden Punkt, sei die Frage der Anerkennung nicht gänzlich zu umgehen: „There is an honored guest list. You may not call it that; the people not on it will do so.“59 Wie erwähnt, sahen sich mit diesem Aspekt auch die AutorInnen der zu präsentierenden Aufsätze wiederholt konfrontiert. Die eigene Beteiligung und die zeitliche Nähe zu den Ereignissen erschwerten es ihnen, einen angemessenen Umgang mit der Vergangenheit auszuloten; der Grat zwischen neutraler Darstellung und (subjektiver) Beurteilung war in der Wahrnehmung der AutorInnen denkbar schmal.

Grosch ging in seinem Schreiben auch auf die Motive für seinen Einsatz in der Angelegenheit ein: „Bob [i. e., Robert M. Graham], I don't have a personal stake in this. I'm not a software man or a software pioneer. But, unlike you, and long before Jean, I was there“. Die Angelegenheit betraf Grosch, weil er „dabei gewesen war“ – und nicht nur er: „every oldster in the business will be stirred up“60.

Wie sehr Grosch betroffen war, wird an seinem weiteren Vorgehen deutlich: Er bat Victor Schneider, Herausgeber des SIGPLAN-Rundbriefs, einen offenen Brief in der Oktoberausgabe drucken zu lassen. Damit weitete er das Publikum der Kontroverse aus. Auch in diesem Schreiben brachte er seine Bedenken („History is touchy stuff“) bezüglich des geplanten Programms zum Ausdruck, ging dann jedoch einen Schritt weiter:

This letter is a protest. You – that is, SIGPLAN – have a wonderful idea: to contribute to the history of software. […] But to focus on the minutiae of ALGOL and APL, and ignore the human scene of the late Forties and early Fifties, is technology, not history. Poets look out across the ruins of the Forum and sigh, „Ah, if these stones could only speak!“ Well, dammit, one of them has. Is anybody listening?61

Dieses Vorgehen von Grosch stieß auf teils heftige Gegenreaktionen. Schneider erklärte sich zwar bereit, den offenen Brief zu drucken, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass Grosch seine Formulierungen abschwächte.62 Darüber hinaus wollte er den OrganisatorInnen der Konferenz die Gelegenheit geben, eine Antwort vorzubereiten, die zusammen mit Groschs Brief gedruckt werden sollte. Doch Grosch weigerte sich, seinen „well-known, perhaps even notorious, style“63 aufzugeben und drohte damit, den Brief stattdessen in der Zeitschrift der ACM, die einen „President's Letter space“ vorsah, zu veröffentlichen: „This makes Bob Graham's complaint come true after all, of course: use of presidential power! But then, it only follows use of editorial power, doesn't it?”64 Um eine weitere Eskalation des Konflikts zu verhindern, lenkte der Leiter von SIGPLAN – unter Protest – schließlich ein, Groschs Brief in der Dezemberausgabe zu drucken.65

Nun meldete sich auch Sammet wieder zu Wort, die auf den vorherigen Brief von Grosch geschwiegen hatte. Ihr Vorwurf lautete, dass es Grosch nicht um konstruktive Kritik gehe, sondern darum, die eigenen Vorstellungen durchzusetzen; Grosch sei nicht dazu bereit, „to recognize that there are other good ways to do things than your way“,66 und solange dies der Fall sei, würde Sammet ihn wohl oder übel ignorieren müssen: „I […] will try very hard to ignore your future outbursts on this.“67 Zeitgleich bereitete sie ihre Antwort auf Groschs offenen Brief für den Newsletter vor. Einen Entwurf hierfür verschickte sie an die Mitglieder des Programmausschusses mit der Bitte um Kommentare, wobei sie daran erinnerte: „[I]t is important to realize that the circulation of SIGPLAN Notices is over 7,000 and this is a permanent archival publication in practice if not in theory.“68 Dieses Geschichtsbewusstsein findet sich erneut im Post Skriptum ihres Briefes, in dem sie anfügte: „To the extent that the documentation for the preparation of the conference itself is of historical importance […], I would just as soon [sic] not have this type of nonsense included.“69 Die Vorstellung, dass auch der Konflikt mit Grosch, in den (für ein Archiv vorgesehenen) Unterlagen wiederzufinden sein könnte, gefiel Sammet wohl weniger.70

Obwohl sich Sammet Grosch gegenüber in ihrem Vorhaben unbeirrt zeigte, gingen ihr seine Einwände anscheinend doch nahe. So konsultierte sie etwa einen früheren Kollegen, um dessen Bestätigung für ihren eigenen Aufsatz zur Geschichte der Programmiersprache COBOL einzuholen.71 Es war eben doch keinem der Beteiligten sofort klar, wer nun eine Programmiersprache „erfunden“ hatte, wer dies beurteilen sollte und ob dies überhaupt die entscheidenden Fragen waren. So erklärte Grosch: „I never thought of Charlie Phillips as having written any of COBOL […]. But he is thought of as the Father of the Language, the man who got it rolling“; und führte weiter aus: „I said in my very first letters […] that the appearance of fairness, the being above suspicion, was vital. You have had your head down, watching the furrow, reading the records, balancing the books. That isn't enough! You're on camera; people will be watching: it's history.“72 Die Konferenz, so Grosch, behandle Geschichte, das heißt, vergangene Ereignisse; doch damit mache sie auch Geschichte – und hierbei galt es, fair zu sein.

Als im Dezember 1977 der SIGPLAN Newsletter erschien, nahm der Streit darüber, wie HOPL veranstaltet werden solle, ganze neun Seiten in Anspruch. Gedruckt war der zweiseitige Brief Groschs, dem verschiedene Beiträge der OrganisatorInnen sowie weiterer Beteiligter folgten. In ihrem vierseitigen Beitrag („I apologize in advance for its length“) setzte sich Sammet in neun Punkten mit den Vorwürfen Groschs auseinander, nachdem sie darauf hingewiesen hatte, dass „we [i. e., the program committee] know history is particularly touchy“. Der erste Punkt befasste sich mit der Frage nach Fairness – die im Auge des Betrachters liege. Die Wahl der Sprachen und Vortragenden, so Sammet, sei zum Teil schwierig gewesen – „but most were obvious“. Sammet „belegt“ diese Aussage mit dem Ergebnis einer Befragung von „people who are not deeply involved with languages“. Herausgestellt hatte sich hierbei, dass „in most cases they made between 75 % and 90 % of the choices made by the Program Committee“.73

In den weiteren Punkten widersprach sie dem Vorwurf, sie sei nicht auf Groschs Einwände eingegangen, erklärte, warum Groschs Vorschläge dem Projekt nicht „dienlich“ seien, und betonte, dass es keine „Ehrengäste“ auf ihrer Konferenz geben würde. Die Veranstaltung sei dazu da, „to impart information to the attendees and the readers of the papers; it is not meant to provide glorification to anyone“.74

Besonders der achte Punkt in Sammets Beitrag fällt ins Auge. Dort schreibt sie:

Finally, it should be obvious to everyone that there is much work to be done in describing and recording history. Nobody associated with this conference would claim this is the only way, and I certainly hope it is not the last conference to be held on the history of programming languages. It is one way of obtaining valuable historical information; it is only a beginning.75

Vor dem Hintergrund der dargestellten Kontroverse wirkt die Behauptung Sammets, es sei offensichtlich, dass die Auseinandersetzung mit der Geschichte herausfordernd sei und es hierbei verschiedene Perspektiven und Zugänge gebe, fragwürdig. Es lässt sich eher beobachten, dass eben erst der Konflikt zwischen Grosch und den KonferenzplanerInnen diese Einsichten zu Tage förderte.

In einem Leserbrief heißt es in Reaktion auf die Diskussion im SIGPLAN-Rundbrief: „Are computer people really historians or only interested in personal enhancement, now?“ Dem Leser zufolge musste Ersteres verneint werden: Computer-Fachleute waren keine HistorikerInnen. Denn, so die Begründung des Lesers, da die Computer-Fachleute meistens an ihren eigenen historischen Darstellungen weitgehend festhielten („Will the coordinators continue to add to the record after the conference or will they go on to other things as has been done historically?“), bleibe es eben bei einer Darstellung, was die Tatsache verschleiere, dass es mehrere Perspektiven auf die Vergangenheit gebe.76

Grosch hätte auf die Frage des Lesers wohl geantwortet, dass Computer-Fachleute nicht anders konnten, als bei der Darstellung der eigenen Geschichte auch an einer „persönlichen Besserstellung“ interessiert zu sein. Man kam aus der Position des Zeitzeugen eben nicht heraus und damit konnte man (nur) historiographische Darstellungen liefern, die auch nach Fairness beurteilt werden mussten. Sammet und der Programmausschuss verfolgten den Anspruch, eine „technische“ Konferenz zu veranstalten, auf der sie mittels ihrer technischen Expertise, die vergangenen technischen Entwicklungen rekonstruieren wollten. Dass sie hierbei „soziologische“ Aspekte zu berücksichtigen hatten, stellte die AutorInnen der Konferenzbeiträge vor Herausforderungen. Zumindest wird diese Einschätzung durch ihr Ringen beim Schreiben der Aufsätze nahegelegt. In anderen Worten, sie kamen zu der Einsicht, dass ihnen eben (nur) „one way of obtaining valuable historical information“77 zur Verfügung stand.

Die zahlreichen „offenen“ Briefe in der Dezemberausgabe des Newsletters versetzte die SIGPLAN-Mitglieder offensichtlich nicht groß in Aufruhr. Ende Januar 1978 berichtete der Vorsitzende der SIGPLAN an Sammet, dass „[t]o date I have received exactly one letter with respect to Herb Grosch's comment […]. I held up sending it out expecting others but none have arrived. I therefore presume the issue is dead.“78

Nachdem sich die Streitereien mit Grosch beruhigt hatten, verliefen die ausstehenden Vorbereitungen weitgehend reibungslos. Im Juli 1978 sollte die HOPL-Konferenz nun endlich stattfinden: um die 350 Computer-Fachleute aus den USA und Europa lockte die Tagung nach Los Angeles; den Audiotranskripten lässt sich entnehmen, dass die Diskussion in den Sitzungen lebhaft verlief und sich die Anwesenden mit Fragen und Kommentaren rege beteiligten. Das Format kam bei den InformatikerInnen gut an und so folgte 1993 HOPL II, wieder mit Sammet und Lee im Programmausschuss.79

Allerdings liefen die Bemühungen der VeranstalterInnen, Aufmerksamkeit für ihr Anliegen unter professionellen HistorikerInnen zu bekommen, ins Leere. Soweit ersichtlich, war unter den Teilnehmenden nur eine Vertreterin der Zunft vor Ort. Die Technik- und Wirtschaftshistorikerin Nancy Stern arbeitete an der State University of New York at Stony Brook und veröffentlichte im Anschluss der Tagung einen Bericht. Darin hob sie hervor, dass „the proceedings and recording of this conference will undoubtedly become a major source of primary material for future historians attempting to trace the development of programming languages“ – und das trotz der „obvious biases“ der Vortragenden. Die Tagung hätte ein Forum eröffnet, auf dem die Pioniere „a relatively accurate account“ über die Entwicklung der gewählten Programmiersprachen präsentiert hätten – auf deren Inhalte Stern in ihrem Bericht jedoch nicht weiter einging.80 Stern beendete im Jahr der Konferenz ihre Dissertation,81 in den Worten eines Rezensenten „the first book on the history of computers to be written by a ‚professional‘ historian“.82 Darin hatte sie unter anderem mit Oral History-Interviews gearbeitet und war wohl zu dem Schluss gekommen, dass die Pioniere in der Regel mit „obvious biases“ auf die Vergangenheit blickten.

Entsprechend verflocht sie die HOPL-Konferenz mit einer „significant controversy among historians as to the validity and accuracy of the recollections of pioneers in any development“83. Laut Stern stand hierbei zur Debatte, welche Bedeutung die Beiträge jener hatten, die in das Geschehene involviert gewesen waren. Es war die Frage nach „the objectivity of Newton and Leibniz when reporting on the development of their respective calculi.“ An dieser Stelle nun behauptete Stern, dass es die Pioniere selbst waren – in diesem Fall die RednerInnen der HOPL-Konferenz – die erkannten, dass sie (nur) eine Perspektive auf die Geschichte bieten – und insofern auch nicht „objektiv“ von der Vergangenheit berichten konnten. Stern untermauerte mit dieser Feststellung offensichtlich ihre eigene Position in der angesprochenen Kontroverse. Sie tat dies noch an anderer Stelle mit der Bemerkung: „Moreover, many speakers seemed to inherently realize that history is not so much the study of facts and dates as it is the understanding of the process which gives rise to important developments.“84 Stern vertrat die Auffassung, dass sich die Wissenschaftsgeschichte mit Prozessen befasste, in Abgrenzung zu technischen Details, und untermauerte ihre Sicht, indem sie auf das „historische Gespür“ der RednerInnen verwies, die zu derselben Einsicht gelangt seien. Letzten Endes spielte damit die Validität der ZeitzeugInnen-Berichte nur eine untergeordnete Rolle. Denn Sterns Interesse richtete sich nicht auf die akkurate Abfolge technischer Entwicklungsschritte, sondern auf die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Prozesse, die das Wissenschaftsgeschehen beeinflussten. Auch in ihrer Dissertation hatte sie ihren Fokus auf „externe Faktoren“85 gelegt, indem sie der Frage nachging, welche Rolle Vermarktung und Finanzierung bei der Entwicklung der Computer gespielt hatten.86

Wie ließen sich wissenschaftliche Entwicklungen – zum Beispiel die Gestaltung einer Programmiersprache – historiographisch aufarbeiten und beschreiben? Welche Rolle spielten, in den Worten Goodenoughs, die „technischen“, welche die „soziologischen“ Faktoren? Aus welcher Perspektive sollte die Vergangenheit erzählt werden? Oder in anderen Worten: Wer konnte und sollte die Geschichte der Wissenschaften schreiben? Sterns Bemerkung über eine „significant controversy among historians“ deutet an, dass nicht nur die OrganisatorInnen der HOPL-Konferenz Antworten auf diese Fragen auszuhandeln hatten – sondern sich auch die Wissenschaftsgeschichte diesbezüglich positionieren musste.87 Für Stern zumindest war klar, dass die Bedeutung der Veranstaltung weniger darin begründet lag, nun eine historiographische Darstellung der Geschichte von Programmiersprachen zu haben: „Rather, the distinction made here between history and sources for historians represents an effort to remind audiences that what they hear from a participant or read in a proceedings is not a total picture but one side of an often complex story.“88 Insofern sei die Konferenz bedeutsam für „future historians“, die nun an der Reihe seien, den nächsten Schritt zu gehen, „toward understanding the total picture“.89

Stern war bereits im Vorfeld in die Planung der Konferenz involviert gewesen. Sie hatte auf die Bitte Sammets den Aufsatzentwurf über die Geschichte der Programmiersprache APL gegengelesen. Ihren ausführlichen Kommentar hatte sie in fünf Abschnitte gegliedert: Unter der Überschrift „Usefulness“ klärte sie Sammet auf, dass „to the historian, it [i. e., the paper] is not, in and of itself, history“.90 So liefere der Aufsatz zwar „nützliche“ Hinweise, doch biete er letzten Endes lediglich eine subjektive Perspektive auf die Geschehnisse. Darüber hinaus sei „the emphasis on rational reconstruction […] decidedly ahistorical“ – HistorikerInnen versuchten nicht zu erklären, wie man in der Gegenwart angekommen sei, sondern beschrieben die vergangenen Situationen und Gegebenheiten, um dadurch ein Verständnis für die damals getroffenen Entscheidungen und Handlungen der AkteurInnen zu bekommen. Bezüglich der Frage nach „Technical Detail in Historical Work“ belehrte Stern Sammet, dass in der Wissenschaftsgeschichte zwischen internalistischer und externalistischer Geschichtsschreibung unterschieden werde – den Aufsatz zählte sie offensichtlich zu ersterer Sorte. Sammet konnte offenbar nicht viel mit Sterns Rückmeldung anfangen. So fände sie die Kommentare zwar „interesting“ und werde sie an die Autoren weiterleiten, doch rückte sie von ihrem ursprünglichen Plan ab, den Aufsatz mit Sterns Bemerkungen an die anderen OrganisatorInnen als Vorlage weiterzuleiten: „it would only confuse matters“.91

Auch an den Historiker Robert P. Multhauf wandten sich die OrganisatorInnen. Multhauf war bereits seit 1967 in die historischen Aktivitäten der InformatikerInnen involviert. Als Direktor des National Museum of History and Technology in Washington D. C. leitete er das AFIPS-Smithsonian Oral-History-Projekt, bei dem auch Tropp mitgearbeitet hatte.92 Sammet bat Multhauf, ob er sich die Aufsätze der AutorInnen für den Tagungsband ansehen könne. In ihrem Brief hob sie wiederholt hervor, dass „[e]verybody involved with this conference, except for Hank [i. e., Henry] Tropp, is an absolute amateur in trying to document scientific history and we certainly can use all the advice we can get“.93

Sein Antwortschreiben begann Multhauf mit der Feststellung, dass „[i]t didn't take long to discover that I could not make the kind of critique that you apparently had in mind“.94 Er als Historiker könne die Aufsätze nicht beurteilen, da es sich um keine historiographischen Arbeiten handle. Wie bereits Stern unterstrich Multhauf, dass die Texte „reconstructions“ seien, die vor allem auf den Erinnerungen der Beteiligten beruhten. „Contributions of this kind“, führte er fort, „can only be criticized for being unclear or conspicuously biased“. Mit dieser Aussage griff Multhauf einen Aspekt auf, der bereits in den Auseinandersetzungen zwischen Sammet und Grosch aufgekommen war: Der Historiker vertrat an dieser Stelle die Haltung Groschs, nämlich dass für die Beurteilung der Arbeiten Kriterien wie Fairness und Vorurteilsfreiheit anzulegen seien.

Multhauf sprach auch Sterns Hinweis an, dass es sich bei den Texten um wichtige Quellen handle, die den interessierten HistorikerInnen sicherlich von Nutzen sein würden. Auffallend ist, dass Multhauf die Arbeit professioneller und nicht-professioneller HistorikerInnen anhand anderer Kriterien als Stern unterschied. Während diese vor allem den „ahistorischen“ Ansatz der ZeitzeugInnen und deren internalistische Geschichtsschreibung als Unterscheidungsmerkmal benannte, sah Multhauf als wesentliches Kriterium die Verständlichkeit der Darstellungen. Eine professionelle Geschichte des Computers „would be an analysis, shorn of jargon, of how the computer came about and of its consequences for the world at large“.95 Die Aufsätze der HOPL-Konferenz „are intended for insiders“. Zwar könne selbst er als „Laie“ erkennen, dass „there surely is a history here“, doch sei der „exponentielle“ Anstieg an „Jargon“ Anlass zur Sorge. Denn, so schloss er seinen Brief, „science and technology are not self-sufficient“.96 Multhauf sah demnach die Arbeit des/der HistorikerIn darin, die Geschichte (der Technik und der Wissenschaften) zu analysieren und von esoterischem „Jargon“ zu befreien, um so deren Sinn und Nutzen auch dem Laien verständlich zu machen. Multhaufs eigene Arbeiten bestätigen, dass das Interesse des Historikers auf den Auswirkungen von Wissenschaft und Technik auf andere Bereiche des Lebens lag. Beispielsweise befasste er sich mit der Geschichte des Salzes und mit der Frage, welche Rolle die Entwicklung von Salzförderung und -verwertung auf die Gesellschaft hatten.97 Die Wissenschaftsgeschichte, die Multhauf hier betrieb, war keine auf Ideen fokussierte Fachgeschichte der Chemie. Die HOPL-Konferenz präsentierte jedoch genau das: eine Fachgeschichte der Informatik von InformatikerInnen für InformatikerInnen.

Wie bereits im Fall von Sterns Kommentaren war Sammet wohl nicht zufrieden mit den Rückmeldungen des Historikers. In ihrer Antwort an Multhauf heißt es entsprechend kühl:

Thank you for your interesting letter […]. I can well understand why you might be unable to provide detailed critiques for them, and I certainly appreciate your trying. Obviously you were able to elicit some basic information from them judging from the comments on page 2 of your letter. Since the preprints are not likely to do you much good in the future I would appreciate it if you could return them.98

Ob Sammet Multhaufs Haltung tatsächlich verstand oder diese schlicht nicht teilte, lässt sich nicht feststellen. Es wird jedoch deutlich, dass sich der Austausch zwischen Sammet und professionellen HistorikerInnen insgesamt schwierig gestaltete. Sammets Anspruch, einen genuinen Beitrag zur historiographischen Aufarbeitung der Geschichte der Programmiersprachen zu leisten, wurde von Stern und Multhauf zurückgewiesen. Diese skeptische Reaktion ist bezeichnend, muss sie doch als Hinweis darauf gewertet werden, dass sich das Verständnis von Wissenschaftsgeschichte offenkundig gewandelt hatte. Stern und Multhauf wollten eine andere Geschichte – die auch nur von anderen, also von professionellen HistorikerInnen geschrieben werden konnte. Nach Meinung der beiden lieferten Sammet und die HOPL-Konferenz zwar wertvolles Quellenmaterial, welches dann jedoch erst durch die Analyse und in der Darstellung eines/einer professionellen Historikers/in zu einer objektiven, wissenschaftshistorischen Geschichtsschreibung verarbeitet werden könne.

Die HOPL-Konferenz zeigt eindrucksvoll, wie viel Zeit und Arbeit die Fachleute in die Erforschung und Präsentation ihrer eigenen Vergangenheit investierten. Sie zeigt darüber hinaus die verschiedenen Meinungen dazu, wie man hierbei vorgehen sollte. Sammet zielte auf eine objektive Rekonstruktion der Vergangenheit. Grosch dagegen wies diese Bemühungen mit der Begründung zurück, dass es den Beteiligten an zeitlicher und emotionaler Distanz mangele. Tropp, der ein eigenes Oral-History-Projekt geleitet hatte und in dieser Funktion „beratender Historiker“ der Konferenz war, teilte wohl am ehesten die Auffassung der beiden professionellen HistorikerInnen Stern und Multauf. In einem Brief an Sammet bemerkte er, dass die Konferenz die Fakten bereitstellen würde, die er („if I were a historian“) bräuchte, um die Geschichte einer Programmiersprache erzählen zu können. Für die Computer-Fachwelt biete die Konferenz die Gelegenheit zusammenzukommen, wobei „[a]n important, but unpredictable result, will be the resulting interaction. This part may be the most important to historical research, but it is also the most unpredictable. […] This aspect is so tenuous that it's impossible to create proper formal structure.“99 Tropp sollte Recht behalten. Wie auf den letzten Seiten des vorliegenden Beitrags gezeigt, führte die Auseinandersetzung mit der eigenen (Fach−)Geschichte zu ausgiebigen Diskussionen. Verschiedene Perspektiven und unterschiedliche Meinungen stießen aufeinander und erst nach teils hitzigen Verhandlungen konnten die Beteiligten sich auf ein bestimmtes Vorgehen einigen. Man kann Tropp wohl auch darin zustimmen, dass sich dieser Prozess „formalen Strukturen“ entzog – und gerade damit, folgt man den Worten des Mathematikers noch weiter, einen wichtigen Gegenstand für die Geschichtswissenschaften liefert.

In the twentieth century […] revolutionary inventions seem almost a daily experience. […] I think that an awareness of this has something to do with the unusual receptivity of computer people to history, to my knowledge unequalled in any other field except nuclear physics.100

Zu dieser Einschätzung kam Multhauf in seiner Antwort auf Sammets Bitte, die Aufsätze der HOPL-Konferenz zu kommentieren. In der Tat kann man dem Historiker in gleich dreifacher Hinsicht zustimmen: Die Projekte, in denen sich InformatikerInnen mit der eigenen Fachgeschichte befassten, lassen sich als Ausdruck eines ausgeprägten Geschichtsbewusstseins deuten, wie es Multhauf den Computer-Fachleuten attestierte. Es lag noch keine zehn Jahre zurück, dass sich die Informatik bzw. Computer Science als eigenständige Disziplin an US-amerikanischen und europäischen Universitäten hatte etablieren können.101 Es war dementsprechend auch nicht die lang zurückreichende Vergangenheit, auf die sich die „geschichtsbewussten“ InformatikerInnen bei ihren historischen Aktivitäten beriefen, sondern der tiefgreifende Wandel von Wissenschaft und Gesellschaft, den die Entwicklung des Computers nach Einschätzung der Forschenden angestoßen hatte.102 Die als „revolutionär“ empfundenen wissenschaftlichen Errungenschaften, wie es Multhauf scharfsinnig vermutete, weckten auch im Fall der von ihm eingangs erwähnten PhysikerInnen einen großen „historischen Bedarf“.103 Zu diesem Ergebnis kommt Anke te Heesen in ihrer Arbeit über das von Kuhn geleitete Sources-for-History-of-Quantum-Physics-Projekt (SHQP).104 HOPL zeigt, dass die PhysikerInnen mit ihren Selbsthistorisierungs-Projekten in bester Gesellschaft waren.

Es ist vielleicht wenig überraschend, dass „Revolution“ auch zu einem Schlagwort unter WissenschaftshistorikerInnen wurde.105 Noch während Kuhn am SHQP arbeitete, veröffentlichte er 1962 The Structure of Scientific Revolutions.106 Die Arbeit sollte in den kommenden Jahren und Jahrzehnten auf große Resonanz in der Wissenschaftsgeschichte stoßen.107 Das Fach befand sich in einer Umbruchsphase, die ihren Ausdruck in den lebhaften Diskussionen der WissenschaftshistorikerInnen zu zentralen Fragen der eigenen Disziplin fand. Es ging darum, wie Entwicklungen in den Wissenschaften erforscht und beschrieben werden konnten (oder sollten) und von wem. Die Debatten kreisten um die Frage nach der Bedeutung internalistischer oder externalistischer Geschichtsschreibung und nach dem Erkenntniswert wissenschaftshistorischer Forschung. Es wurde nach dem Verhältnis zwischen HistorikerInnen und WissenschaftlerInnen gefragt und danach, wie man mit neuartigen (zeitgeschichtlichen, mündlichen) Quellen umgehen sollte. Es ging schlussendlich um die Frage nach der Autonomie der Wissenschaftsgeschichte und deren Verhältnis zu anderen Disziplinen.108

Viele der Probleme, mit denen sich eine neue Generation von WissenschaftshistorikerInnen auseinandersetzte, wurden auch von den VeranstalterInnen der HOPL-Konferenz verhandelt. Ihr Anspruch war es, etwas anderes zu bieten als die historischen Beiträge, wie sie häufig zu Jubiläen oder Jahrestagen anzutreffen waren. Doch schon der vermeintlich klare Gegenstand der Konferenz – die Geschichte der Programmiersprachen – entpuppte sich als Ausgangspunkt für Kontroversen. Welche Programmiersprachen sollten vorgestellt werden und, noch heikler, wer sollte sie vorstellen? Einig waren sich die VeranstalterInnen in der Einsicht, dass auch „soziologische“ Faktoren eine Rolle gespielt hatten, doch war unklar, wie man mit diesen umgehen sollte. Die Richtlinien, die der „consulting historian“ hierfür anfertigte, zeigen, dass man für dieses Problem keine eindeutige Lösung bereitstellen konnte. Insgesamt scheinen die Beteiligten immer wieder mit ihrer Rolle gehadert zu haben, in der sie die Vergangenheit beschreiben sollten. Wie tatsachengetreu und vollständig konnten sie über etwas berichten, in das sie selbst involviert gewesen waren?

Die HOPL-Konferenz zeigt, dass der Kontakt zur Wissenschaftsgeschichte von Seiten der Computer-Fachwelt gesucht wurde, sich der Austausch jedoch letzten Endes schwierig gestaltete. Sammet etwa konnte wenig mit den Rückmeldungen Sterns und Multhaufs anfangen, und den HistorikerInnen ging es wohl umgekehrt genauso – zumindest fühlten sie sich offensichtlich nicht von der Konferenz angesprochen, wie der Blick auf die Anwesenheitsliste nahelegt. Retrospektiv lässt sich beobachten, dass für professionelle HistorikerInnen andere (Selbst−)Historisierungsprojekte, wie etwa die Gründung des Charles Babbage Institute oder die neue Zeitschrift Annals of the History of Computing in den Jahren nach 1980 wichtige Impulse gaben, sich mit der Geschichte des Computers und der Informatik auseinanderzusetzen.109 Weitere Forschung, die sich mit dem Austausch zwischen HistorikerInnen und WissenschaftlerInnen befasst, verspricht neue Einblicke sowohl in die Geschichte der Wissenschaften als auch in die Geschichte der Wissenschaftsgeschichte.

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Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 社会科学-科学史与科学哲学
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期刊介绍: Die Geschichte der Wissenschaften ist in erster Linie eine Geschichte der Ideen und Entdeckungen, oft genug aber auch der Moden, Irrtümer und Missverständnisse. Sie hängt eng mit der Entwicklung kultureller und zivilisatorischer Leistungen zusammen und bleibt von der politischen Geschichte keineswegs unberührt.
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