复杂样品红外光谱分子解释的挑战

Tarek Eissa, Liudmila Voronina, Marinus Huber, Frank Fleischmann, Mihaela Žigman
{"title":"复杂样品红外光谱分子解释的挑战","authors":"Tarek Eissa,&nbsp;Liudmila Voronina,&nbsp;Marinus Huber,&nbsp;Frank Fleischmann,&nbsp;Mihaela Žigman","doi":"10.1002/ange.202411596","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"<p>Die Infrarotspektroskopie (IR-Spektroskopie) wird traditionell als eine leistungsstarke Methode zur Analyse der Struktur einzelner organischer Verbindungen, zur Identifizierung einfacher Chemikalien oder im industriellen Einsatz zur Qualitätskontrolle und Prozessüberwachung genutzt.<span><sup>1-5</sup></span> Mittlerweile haben sich ihre Anwendungen auf die quantitative Analyse komplexer multimolekularer Mischungen ausgeweitet, einschließlich innovativer Anwendungen in der biomedizinischen Spektroskopie und Photonik.<span><sup>1, 2, 6-14</sup></span> Diese Ausweitung ist teilweise auf Fortschritte in der Instrumentierung zurückzuführen – wie verbesserte spektrale Auflösung, eine breitere Verfügbarkeit von Fourier-Transformations-IR-Spektrometern (FTIR) und zunehmend auch laserbasierte spektroskopische Methoden.<span><sup>1, 2, 15-19</sup></span> Darüber hinaus haben Fortschritte in der Computertechnik und der Molekularbiologie die IR-Spektroskopie zu einem wichtigen Werkzeug für die Hochdurchsatz-Untersuchung biologischer Proben gemacht.<span><sup>1, 2, 8, 20</sup></span></p><p>Die IR-Spektroskopie untersucht die Zusammensetzung einer gegebenen Mischung, indem sie gleichzeitig die resonante Schwingungsantwort der vorhandenen molekularen Strukturen misst, wenn diese durch IR-Strahlung angeregt werden. Der Hauptvorteil dieser Methode liegt in ihrer Fähigkeit, Informationen über eine Vielzahl molekularer Bestandteile innerhalb einer Probe in einer einzigen, markierungsfreien Messung zu liefern, die weder Vorkenntnisse noch eine aufwändige Probenvorbereitung erfordert. Bei der Analyse einzelner Substanzen oder Mischungen aus wenigen organischen Molekülen ist es in der Regel möglich, zwischen den spektroskopischen Signaturen verschiedener molekularer funktionaler Gruppen zu unterscheiden, sich auf gut definierte spektrale Bandenmuster zu verlassen und spezifische Substanzen mit hoher Sicherheit zu identifizieren.<span><sup>1, 3, 4</sup></span> Dies trifft jedoch nicht auf die Analyse von Spektren komplexerer multimolekularer Proben wie Bioflüssigkeiten, Zellbestandteilen oder anderen biologischen Medien zu. Die Überlappung von Absorptionsmaxima oder Wechselwirkungen zwischen verschiedenen molekularen Komponenten erschwert es, spektrale Signale verschiedener Funktionsgruppen spezifischen Substanzen oder gar molekularen Klassen (z. B. Kohlenhydrate, Lipide oder Proteine) zuzuordnen. Während die IR-Spektroskopie also sehr spezifisch für die Identifizierung von funktionalen Gruppen ist, kann die molekulare Interpretation von Absorptionsbanden eine Herausforderung darstellen. Zudem leidet die Methode bei der Analyse komplexer Mischungen, insbesondere zur Charackterisierung biologischer Systeme, häufig unter einer geringen molekularen Spezifität.<span><sup>21-25</sup></span></p><p>Dennoch ist der Wunsch, spektrale Signale in klinischen Szenarien spezifischen Substanzen zuzuordnen allgegenwärtig, und Fehlinterpretationen komplexer Spektren sind in der veröffentlichten Fachliteratur weit verbreitet. Nach unserer Erfahrung taucht in wissenschaftlichen Diskussionen häufig die Frage nach dem molekularen Ursprung der spektralen Signatur auf. Dies ist in der Regel jedoch nicht die richtige Fragestellung oder Sichtweise, da die Antworten oft auf zu stark vereinfachten Annahmen basieren. Diese Situation verdeutlicht ein grundlegenderes Problem: Die klassische Lehre der IR-Spektroskopie, die sich gut für einfache Matrizen eignet, lässt sich nicht direkt auf die Analyse molekular komplexer biologischer Medien übertragen. Obwohl viele Experten in diesem Bereich sich dieser Perspektive bewusst sind und sie teilen, besteht weiterhin ein dringender Bedarf an einem breiteren Paradigmenwechsel in der Art und Weise, wie spektrale Daten interpretiert und präsentiert werden. Es sollte ein Rahmen geschaffen werden, der die Komplexität biologischer Systeme angemessen berücksichtigt.</p><p>In diesem Scientific Perspective Artikel untersuchen wir kritisch die Grenzen bei der Analyse komplexer Spektren – ein Thema, das unserer Meinung nach direkter und umfassender in der wissenschaftlichen Literatur behandelt werden sollte. Unser Fokus liegt auf der IR-Spektroskopie von menschlichen Blutderivaten – nativem Serum und Plasma. Wir beleuchten Beispiele aus früheren Studien, bei denen molekulare Interpretationen von vernünftigen und höchstwahrscheinlich korrekten Schlussfolgerungen bis hin zu hoch spekulativen und fragwürdigen Ergebnissen reichen. Anhand von Daten aus mehreren Fall-Kontroll- und Gesundheitsdiagnostik-Szenarien, die wir bereits untersucht haben, zeigen wir auf: (i) wie molekulare Interpretationen durch die Überlappung spektral ähnlicher, aber biologisch sehr unterschiedlicher Substanzen in die Irre geführt werden können; (ii) wie die Vorverarbeitung von Messdaten die Interpretation beeinflussen kann; und (iii) wie die Verknüpfung von niedrig konzentrierten Substanzen, z. B. DNA/RNA oder Protein-Biomarkern wie Krebsantigen 125 (CA125) oder Prostata-spezifischem Antigen (PSA), mit spektralen Signalen durch die Messsensitivität und Hintergrundvariabilität beeinträchtigt wird. Unsere Analysen und Schlussfolgerungen basieren auf verschiedenen Fallbeispielen von Molekülen, die in zellfreiem menschlichen Blut vorkommen – Proteine, Lipidpartikel, Nukleinsäuren und wasserlösliche Metaboliten (Ergänzende Tabelle S1), für die wir IR-Spektren gemessen haben. Darüber hinaus nutzen wir Spektren von mehreren tausend Blutserum- und Plasmaproben, die in den letzten zehn Jahren in unserem Labor experimentell gewonnen wurden.</p><p>Letztendlich fordern wir Anwender und Fachleute im Bereich der biomedizinischen IR-Spektroskopie auf, die Fingerabdruck-Natur dieses Ansatzes zu akzeptieren, welcher inhärent nicht über ausreichende molekulare Spezifität verfügt. Wichtig ist jedoch, dass diese Eigenschaft nicht verhindert, dass IR-Spektren spezifisch für eine Person oder einen physiologischen Zustand sein können. Um den Informationsgehalt von IR-molekularen Fingerabdrücken vollständig zu erfassen, können geeignete maschinelle Lernmethoden verwendet werden.<span><sup>1, 7, 24, 26-28</sup></span> In Anwendungsszenarien, in denen eine molekulare Interpretation experimenteller IR-spektroskopischer Signaturen erforderlich ist, sollten orthogonale, molekularspezifische Ansätze einbezogen oder die Proben auf eine Weise vorbereitet werden, die ihre molekulare Komplexität reduziert.<span><sup>10, 29-33</sup></span> Obwohl wir uns auf die IR-Spektroskopie von flüssigen Blutderivaten konzentrieren, gelten die von uns diskutierten Prinzipien allgemein für die Vibrationsspektroskopie unterschiedlicher biologischer Proben (z. B. Liquor oder interstitielle Flüssigkeit).<span><sup>34</sup></span> Wir möchten dazu beitragen und anleiten, die Schwingungsspektroskopie als zuverlässiges biomedizinisches Werkzeug zu etablieren, während wir gleichzeitig ihre Grenzen anerkennen. Wir sind überzeugt, dass der vorgeschlagene Ansatz zu einer breiteren Akzeptanz der technologischen Stärken dieser Technik führen und dazu beitragen wird, die Lücke zu schließen, um die Technologie näher an klinische Anwendungen heranzuführen.</p><p>In dieser Perspektive haben wir die kritischen, aber oft übersehenen Feinheiten bei der Analyse von Schwingungsspektraldaten hervorgehoben, insbesondere der IR-Spektroskopie von zellfreiem Blut. Die Fähigkeit der Methode, molekulare Fingerabdrücke zu liefern, ist in ihrer Einfachheit, Geschwindigkeit und molekularen Breite unübertroffen – was sie zu einem erstklassigen Kandidaten für die Aufnahme in diagnostische Arbeitsabläufe mit hohem Durchsatz macht. Um die Technologie weiter voranzubringen und sie für die praktische Anwendung in der medizinischen Diagnostik nutzbar zu machen, muss man sich jedoch stets ihrer Grenzen bewusst sein.</p><p>In unseren diskutierten Fallstudien wurden Tausende von blutbasierten Spektren verwendet, zusätzlich zu den Spektren der vorherrschenden Proteine, der wichtigsten Lipidpartikel und der wichtigsten Metaboliten. Diese Einzelkomponentenspektren bilden zusammen die Hauptbestandteile des zellfreien Blutes. Wir räumen jedoch ein, dass dies keine erschöpfende Liste aller Blutbestandteile ist und dass unser Ansatz intermolekulare Wechselwirkungen nicht berücksichtigt hat.<span><sup>92</sup></span> Wie unsere Analyse jedoch zeigt, wird die Isolierung des Signals spezifischer Moleküle in komplexen Mischungen noch schwieriger, wenn man den Umfang der analysierten Substanzen erweitert und die Wechselwirkungen zwischen diesen molekularen Komponenten berücksichtigt.</p><p>Für die Zukunft plädieren wir für mehr Vorsicht bei der Interpretation von IR-Spektren, um spekulative Schlussfolgerungen zu vermeiden, was die Anwendung und Akzeptanz von Forschungsergebnissen, insbesondere im klinischen Umfeld, untergraben könnte. Stattdessen sollte die Hochdurchsatz-Fingerabdruck-Natur des Ansatzes akzeptiert werden. Indem wir sowohl die Möglichkeiten als auch die Grenzen dieses Ansatzes akzeptieren, können wir robuste spektroskopische Analyseverfahren effektiver gestalten.</p><p>Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.</p><p><i>Tarek Eissa begann sein Studium der Informatik an der American University in Kairo, bevor er an die Technische Universität München wechselte, wo er seinen Master in Data Engineering and Analytics machte. Derzeit promoviert er im Team von Broadband Infrared Diagnostics (BIRD) am Lehrstuhl für Laserphysik der Ludwig-Maximilians-Universität München in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Bioinformatik der Technischen Universität München. Angetrieben von seinem Interesse an Datenwissenschaft, konzentriert sich Tareks Forschung auf die Analyse von blutbasierten Infrarotspektren für die klinische Diagnostik</i>.</p><p><i>Liudmila Voronina studierte am Moskauer Institut für Physik und Technologie, bevor sie an die Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne wechselte, wo sie ihren Doktortitel in Physikalischer Chemie erwarb. Im Jahr 2017 trat sie als Postdoc.Mobility-Stipendiatin des Schweizerischen Nationalfonds der Broadband Infrared Diagnostics Gruppe am Lehrstuhl für Laserphysik der Ludwig-Maximilians-Universität München bei. Seitdem ist Liudmila als leitende Wissenschaftlerin tätig und hat ihre Forschungsinteressen von der Spektroskopie einzelner Biomoleküle auf Anwendungen von Flüssigbiopsien ausgeweitet</i>.</p><p><i>Marinus Huber studierte Physik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Ludwig-Maximilians-Universität München und schloss seine Masterarbeit an der Harvard University ab. Für seine Promotion an der Ludwig-Maximilians-Universität entwickelte er neue laserbasierte Infrarotspektroskopie-Methoden für die medizinische Diagnostik. Diese Arbeit setzte er als Postdoktorand am Max-Planck-Institut für Quantenoptik, an der Friedrich-Schiller-Universität sowie an der Universität Kaiserslautern-Landau fort, wobei er sich auf innovative Anwendungen der Infrarotspektroskopie zur Analyse von Flüssigkeiten und Zellen konzentrierte</i>.</p><p><i>Frank Fleischmann studierte Biologie an der Technischen Universität München und promovierte dort im Fach Phytopathologie. Nach seiner Postdoktorandenforschung in der Forstpathologie an derselben Universität arbeitete er beim Genetik-Dienstleister IMGM Laboratories in Martinsried. Im Jahr 2018 schloss sich Frank dem Broadband Infrared Diagnostics (BIRD) Team am Lehrstuhl für Laserphysik der Ludwig-Maximilians-Universität München an, wo er sich auf die Etablierung und Anwendung der Infrarot-Molekülspektroskopie zur Analyse komplexer menschlicher Proben konzentriert</i>.</p><p><i>Mihaela Žigman studierte Molekularbiologie an der Universität Ljubljana und promovierte an der Universität Wien. Während ihrer Postdoktorandenforschung am Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien und am Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle untersuchte sie molekulare Mechanismen, die die Zellteilung steuern. Nach ihrer Forschung an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg kam sie 2015 an die Ludwig-Maximilians-Universität München. Mihaela etablierte dort die Forschungsgruppe Broadband Infrared Diagnostics (BIRD), die Infrarot-Molekülspektroskopie zur Analyse und Kartierung der menschlichen Gesundheit einsetzt</i>.</p>","PeriodicalId":7803,"journal":{"name":"Angewandte Chemie","volume":"136 50","pages":""},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2024-11-07","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1002/ange.202411596","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Die Herausforderungen der molekularen Interpretationen von Infrarotspektren komplexer Proben\",\"authors\":\"Tarek Eissa,&nbsp;Liudmila Voronina,&nbsp;Marinus Huber,&nbsp;Frank Fleischmann,&nbsp;Mihaela Žigman\",\"doi\":\"10.1002/ange.202411596\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"<p>Die Infrarotspektroskopie (IR-Spektroskopie) wird traditionell als eine leistungsstarke Methode zur Analyse der Struktur einzelner organischer Verbindungen, zur Identifizierung einfacher Chemikalien oder im industriellen Einsatz zur Qualitätskontrolle und Prozessüberwachung genutzt.<span><sup>1-5</sup></span> Mittlerweile haben sich ihre Anwendungen auf die quantitative Analyse komplexer multimolekularer Mischungen ausgeweitet, einschließlich innovativer Anwendungen in der biomedizinischen Spektroskopie und Photonik.<span><sup>1, 2, 6-14</sup></span> Diese Ausweitung ist teilweise auf Fortschritte in der Instrumentierung zurückzuführen – wie verbesserte spektrale Auflösung, eine breitere Verfügbarkeit von Fourier-Transformations-IR-Spektrometern (FTIR) und zunehmend auch laserbasierte spektroskopische Methoden.<span><sup>1, 2, 15-19</sup></span> Darüber hinaus haben Fortschritte in der Computertechnik und der Molekularbiologie die IR-Spektroskopie zu einem wichtigen Werkzeug für die Hochdurchsatz-Untersuchung biologischer Proben gemacht.<span><sup>1, 2, 8, 20</sup></span></p><p>Die IR-Spektroskopie untersucht die Zusammensetzung einer gegebenen Mischung, indem sie gleichzeitig die resonante Schwingungsantwort der vorhandenen molekularen Strukturen misst, wenn diese durch IR-Strahlung angeregt werden. 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Nach unserer Erfahrung taucht in wissenschaftlichen Diskussionen häufig die Frage nach dem molekularen Ursprung der spektralen Signatur auf. Dies ist in der Regel jedoch nicht die richtige Fragestellung oder Sichtweise, da die Antworten oft auf zu stark vereinfachten Annahmen basieren. Diese Situation verdeutlicht ein grundlegenderes Problem: Die klassische Lehre der IR-Spektroskopie, die sich gut für einfache Matrizen eignet, lässt sich nicht direkt auf die Analyse molekular komplexer biologischer Medien übertragen. Obwohl viele Experten in diesem Bereich sich dieser Perspektive bewusst sind und sie teilen, besteht weiterhin ein dringender Bedarf an einem breiteren Paradigmenwechsel in der Art und Weise, wie spektrale Daten interpretiert und präsentiert werden. Es sollte ein Rahmen geschaffen werden, der die Komplexität biologischer Systeme angemessen berücksichtigt.</p><p>In diesem Scientific Perspective Artikel untersuchen wir kritisch die Grenzen bei der Analyse komplexer Spektren – ein Thema, das unserer Meinung nach direkter und umfassender in der wissenschaftlichen Literatur behandelt werden sollte. Unser Fokus liegt auf der IR-Spektroskopie von menschlichen Blutderivaten – nativem Serum und Plasma. Wir beleuchten Beispiele aus früheren Studien, bei denen molekulare Interpretationen von vernünftigen und höchstwahrscheinlich korrekten Schlussfolgerungen bis hin zu hoch spekulativen und fragwürdigen Ergebnissen reichen. Anhand von Daten aus mehreren Fall-Kontroll- und Gesundheitsdiagnostik-Szenarien, die wir bereits untersucht haben, zeigen wir auf: (i) wie molekulare Interpretationen durch die Überlappung spektral ähnlicher, aber biologisch sehr unterschiedlicher Substanzen in die Irre geführt werden können; (ii) wie die Vorverarbeitung von Messdaten die Interpretation beeinflussen kann; und (iii) wie die Verknüpfung von niedrig konzentrierten Substanzen, z. B. DNA/RNA oder Protein-Biomarkern wie Krebsantigen 125 (CA125) oder Prostata-spezifischem Antigen (PSA), mit spektralen Signalen durch die Messsensitivität und Hintergrundvariabilität beeinträchtigt wird. Unsere Analysen und Schlussfolgerungen basieren auf verschiedenen Fallbeispielen von Molekülen, die in zellfreiem menschlichen Blut vorkommen – Proteine, Lipidpartikel, Nukleinsäuren und wasserlösliche Metaboliten (Ergänzende Tabelle S1), für die wir IR-Spektren gemessen haben. Darüber hinaus nutzen wir Spektren von mehreren tausend Blutserum- und Plasmaproben, die in den letzten zehn Jahren in unserem Labor experimentell gewonnen wurden.</p><p>Letztendlich fordern wir Anwender und Fachleute im Bereich der biomedizinischen IR-Spektroskopie auf, die Fingerabdruck-Natur dieses Ansatzes zu akzeptieren, welcher inhärent nicht über ausreichende molekulare Spezifität verfügt. Wichtig ist jedoch, dass diese Eigenschaft nicht verhindert, dass IR-Spektren spezifisch für eine Person oder einen physiologischen Zustand sein können. Um den Informationsgehalt von IR-molekularen Fingerabdrücken vollständig zu erfassen, können geeignete maschinelle Lernmethoden verwendet werden.<span><sup>1, 7, 24, 26-28</sup></span> In Anwendungsszenarien, in denen eine molekulare Interpretation experimenteller IR-spektroskopischer Signaturen erforderlich ist, sollten orthogonale, molekularspezifische Ansätze einbezogen oder die Proben auf eine Weise vorbereitet werden, die ihre molekulare Komplexität reduziert.<span><sup>10, 29-33</sup></span> Obwohl wir uns auf die IR-Spektroskopie von flüssigen Blutderivaten konzentrieren, gelten die von uns diskutierten Prinzipien allgemein für die Vibrationsspektroskopie unterschiedlicher biologischer Proben (z. B. Liquor oder interstitielle Flüssigkeit).<span><sup>34</sup></span> Wir möchten dazu beitragen und anleiten, die Schwingungsspektroskopie als zuverlässiges biomedizinisches Werkzeug zu etablieren, während wir gleichzeitig ihre Grenzen anerkennen. Wir sind überzeugt, dass der vorgeschlagene Ansatz zu einer breiteren Akzeptanz der technologischen Stärken dieser Technik führen und dazu beitragen wird, die Lücke zu schließen, um die Technologie näher an klinische Anwendungen heranzuführen.</p><p>In dieser Perspektive haben wir die kritischen, aber oft übersehenen Feinheiten bei der Analyse von Schwingungsspektraldaten hervorgehoben, insbesondere der IR-Spektroskopie von zellfreiem Blut. Die Fähigkeit der Methode, molekulare Fingerabdrücke zu liefern, ist in ihrer Einfachheit, Geschwindigkeit und molekularen Breite unübertroffen – was sie zu einem erstklassigen Kandidaten für die Aufnahme in diagnostische Arbeitsabläufe mit hohem Durchsatz macht. Um die Technologie weiter voranzubringen und sie für die praktische Anwendung in der medizinischen Diagnostik nutzbar zu machen, muss man sich jedoch stets ihrer Grenzen bewusst sein.</p><p>In unseren diskutierten Fallstudien wurden Tausende von blutbasierten Spektren verwendet, zusätzlich zu den Spektren der vorherrschenden Proteine, der wichtigsten Lipidpartikel und der wichtigsten Metaboliten. Diese Einzelkomponentenspektren bilden zusammen die Hauptbestandteile des zellfreien Blutes. Wir räumen jedoch ein, dass dies keine erschöpfende Liste aller Blutbestandteile ist und dass unser Ansatz intermolekulare Wechselwirkungen nicht berücksichtigt hat.<span><sup>92</sup></span> Wie unsere Analyse jedoch zeigt, wird die Isolierung des Signals spezifischer Moleküle in komplexen Mischungen noch schwieriger, wenn man den Umfang der analysierten Substanzen erweitert und die Wechselwirkungen zwischen diesen molekularen Komponenten berücksichtigt.</p><p>Für die Zukunft plädieren wir für mehr Vorsicht bei der Interpretation von IR-Spektren, um spekulative Schlussfolgerungen zu vermeiden, was die Anwendung und Akzeptanz von Forschungsergebnissen, insbesondere im klinischen Umfeld, untergraben könnte. Stattdessen sollte die Hochdurchsatz-Fingerabdruck-Natur des Ansatzes akzeptiert werden. Indem wir sowohl die Möglichkeiten als auch die Grenzen dieses Ansatzes akzeptieren, können wir robuste spektroskopische Analyseverfahren effektiver gestalten.</p><p>Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.</p><p><i>Tarek Eissa begann sein Studium der Informatik an der American University in Kairo, bevor er an die Technische Universität München wechselte, wo er seinen Master in Data Engineering and Analytics machte. Derzeit promoviert er im Team von Broadband Infrared Diagnostics (BIRD) am Lehrstuhl für Laserphysik der Ludwig-Maximilians-Universität München in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Bioinformatik der Technischen Universität München. Angetrieben von seinem Interesse an Datenwissenschaft, konzentriert sich Tareks Forschung auf die Analyse von blutbasierten Infrarotspektren für die klinische Diagnostik</i>.</p><p><i>Liudmila Voronina studierte am Moskauer Institut für Physik und Technologie, bevor sie an die Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne wechselte, wo sie ihren Doktortitel in Physikalischer Chemie erwarb. Im Jahr 2017 trat sie als Postdoc.Mobility-Stipendiatin des Schweizerischen Nationalfonds der Broadband Infrared Diagnostics Gruppe am Lehrstuhl für Laserphysik der Ludwig-Maximilians-Universität München bei. Seitdem ist Liudmila als leitende Wissenschaftlerin tätig und hat ihre Forschungsinteressen von der Spektroskopie einzelner Biomoleküle auf Anwendungen von Flüssigbiopsien ausgeweitet</i>.</p><p><i>Marinus Huber studierte Physik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Ludwig-Maximilians-Universität München und schloss seine Masterarbeit an der Harvard University ab. 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摘要

传统上,红外光谱被用作一种强大的方法来分析单个有机化合物的结构,识别简单的化学物质,或在工业中用于质量控制和过程监测。15,现在自己的扩大,应用量化分析的复杂multimolekularer混合物,包括创新应用在生物医学光谱和Photonik.1二6-14这种扩张,部分来自Instrumentierung的进步——如何改进spektrale解散,更广泛地供应Fourier-Transformations-IR-Spektrometern (FTIR)和越来越多的laserbasierte spektroskopische Methoden.1二15-19此外,计算机技术和分子生物学的进步使红外光谱成为生物样品高通量分析的重要工具。1,2,8,20红外光谱通过同时测量现有分子结构在红外辐射刺激下的共振振动反应来研究给定混合物的组成。这种方法的主要优点是,它能够在一个单一的、无标记的测量中提供关于样品中各种分子成分的信息,不需要事先的知识或复杂的样品制备。在分析单个物质或少数有机分子的混合物时,通常可以区分不同分子官能团的光谱特征,依靠定义良好的光谱带模式,并高度确定地识别特定的物质。1,3,4然而,这不适用于更复杂的多分子样品的光谱分析,如生物液体、细胞成分或其他生物介质。吸收最大值的重叠或不同分子组分之间的相互作用使得很难将不同官能团的光谱信号转化为特定物质甚至分子类别(例如:“碳水化合物、脂质或蛋白质”。因此,虽然红外光谱在识别官能团方面非常具体,但吸收带的分子解释可能是一个挑战。此外患方法在分析复杂概念的、尤其是Charackterisierung用于生物系统,容易出现一个低分子Spezifität.21-25Dennoch spektrale渴望信号在临床情景具体物质无处不在,Fehlinterpretationen种类复杂Spektren是出版书刊.广泛传播根据我们的经验,光谱特征的分子起源问题经常出现在科学讨论中。然而,这通常不是正确的问题或观点,因为答案往往是基于过于简单的假设。这种情况说明了一个更根本的问题:红外光谱的经典理论,适用于简单的矩阵,不能直接应用于分子复杂的生物介质的分析。虽然这一领域的许多专家认识到这一观点并分享这一观点,但在解释和呈现光谱数据的方式方面仍然迫切需要进行更广泛的范式转变。应该建立一个适当考虑到生物系统复杂性的框架。在这篇《科学视角》文章中,我们批判性地探讨了复杂光谱分析的局限性——我们认为这是一个应该在科学文献中更直接、更全面地处理的主题。我们的重点是人类血液衍生物的红外光谱-原生血清和血浆。我们从以前的研究中突出了一些例子,在这些例子中,分子解释的范围从合理的和最有可能正确的结论到高度推测和可疑的结果。利用我们已经研究过的几个病例控制和健康诊断场景的数据,我们展示了(i)分子解释是如何通过重叠光谱相似但生物学上非常不同的物质来误导的;(ii)测量数据的预处理如何影响解释;(iii)如低浓度物质的结合,例如:DNA/RNA或蛋白质生物标志物,如癌抗原125 (CA125)或前列腺特异性抗原(PSA),其光谱信号受测量敏感性和背景可变性的影响。 我们的分析和结论是基于存在于无细胞人类血液中的分子的各种案例——蛋白质、脂质颗粒、核酸和水溶性代谢物(补充表S1),我们测量了这些分子的红外光谱。此外,我们使用了过去十年在我们的实验室中实验获得的数千个血清和血浆样本的光谱。最后,我们呼吁生物医学红外波谱领域的用户和专业人员接受这种方法的指纹性质,它固有地缺乏足够的分子特异性。然而,重要的是,这一特性并不妨碍红外光谱可能是特定于个人或生理状态的。为了完全捕获红外分子指纹的信息内容,可以使用适当的机器学习方法。1,7,24,26 -28在需要对实验红外光谱特征进行分子解释的应用场景中,应采用正交的分子特异性方法或以降低其分子复杂性的方式制备样品。10,29 -33虽然我们的重点是液态血液衍生物的红外光谱,但我们讨论的原理一般适用于不同生物样品的振动光谱(例如:“液体或间歇液体”。我们希望帮助和指导建立振动光谱学作为一个可靠的生物医学工具,同时认识到它的局限性。我们相信,拟议的方法将导致更广泛地接受该技术的技术优势,并将有助于缩小这一差距,使该技术更接近临床应用。从这个角度来看,我们强调了振动光谱数据分析中关键但经常被忽视的细微差别,特别是无细胞血液的红外光谱。该方法提供分子指纹的能力在简单性、速度和分子宽度方面是无与伦比的,这使它成为进入高通量诊断程序的主要候选者。然而,为了进一步发展这项技术并使其能够用于医疗诊断的实际应用,我们必须始终意识到它的局限性。在我们讨论的案例研究中,除了主要蛋白质、主要脂质颗粒和主要代谢物的光谱外,还使用了数千个基于血液的光谱。这些成分共同构成了无细胞血液的主要成分。然而,我们承认,这并不是所有血液成分的详尽清单,我们的方法没有考虑到分子间的相互作用。但是,正如我们的分析所表明的那样,当我们扩大所分析物质的范围并考虑到这些分子成分之间的相互作用时,分离复杂混合物中特定分子的信号就变得更加困难。展望未来,我们呼吁在解释红外光谱时更加谨慎,以避免投机性结论,这可能会破坏研究结果的应用和接受,特别是在临床环境中。相反,应该接受这种方法的高通量指纹特性。通过接受这种方法的可能性和局限性,我们可以使健壮的光谱分析方法更有效。作者声称不存在利益冲突。Tarek Eissa在开罗的美国大学开始学习计算机科学,然后转到慕尼黑工业大学,在那里他获得了数据工程和分析硕士学位。目前,他在慕尼黑大学激光物理系宽带红外诊断(BIRD)团队与慕尼黑工业大学生物信息学系主任合作攻读博士学位。由于他对数据科学的兴趣,Tarek的研究重点是分析基于血液的红外光谱用于临床诊断。柳德米拉·沃罗妮娜(Lyudmila Voronina)曾就读于莫斯科物理与技术学院(Moscow Institute of Physics and Technology),之后转至洛桑联邦理工学院(Federal Institute of Technology Lausanne),在那里她获得了物理化学博士学位。2017年,她成为一名博士后。慕尼黑大学激光物理系瑞士国家宽带红外诊断小组移动奖学金获得者。 从那时起,Ludmila一直担任首席科学家,并将她的研究兴趣从单个生物分子光谱扩展到液体活检的应用。Marinus胡贝尔大学学习物理和Ludwig-Maximilians-Universität慕尼黑和他的哈佛大学的硕士关闭. Ludwig-Maximilians-Universität任他的博士学位。他设计了新的laserbasierte Infrarotspektroskopie-Methoden医疗诊断.他继续在马克斯·普朗克量子光学研究所、弗里德里希·席勒大学和凯泽斯劳滕-朗道大学进行博士后研究,专注于红外光谱在液体和细胞分析中的创新应用。弗兰克·弗莱施曼(Frank Fleischmann)在慕尼黑工业大学(Munich University of Technology)学习生物学,获得植物病理学博士学位。在同一所大学进行森林病理学博士后研究后,他在位于马丁斯里德的基因服务提供商IMGM实验室工作。2018年,Frank加入了慕尼黑大学激光物理系的宽带红外诊断(BIRD)团队,在那里他专注于红外分子光谱在复杂人体样本分析中的建立和应用。Mihaela Žigman在卢布尔雅那大学学习分子生物学,并在维也纳大学获得博士学位。在维也纳的奥地利科学院分子生物技术研究所和西雅图的弗雷德·哈钦森癌症研究中心进行博士后研究期间,她研究了控制细胞分裂的分子机制。在海德堡大学进行研究后,她于2015年来到慕尼黑路德维希·马西米兰大学。在那里,Mihaela成立了宽带红外诊断(BIRD)研究小组,利用红外分子光谱分析和绘制人类健康地图。
本文章由计算机程序翻译,如有差异,请以英文原文为准。

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Die Herausforderungen der molekularen Interpretationen von Infrarotspektren komplexer Proben

Die Infrarotspektroskopie (IR-Spektroskopie) wird traditionell als eine leistungsstarke Methode zur Analyse der Struktur einzelner organischer Verbindungen, zur Identifizierung einfacher Chemikalien oder im industriellen Einsatz zur Qualitätskontrolle und Prozessüberwachung genutzt.1-5 Mittlerweile haben sich ihre Anwendungen auf die quantitative Analyse komplexer multimolekularer Mischungen ausgeweitet, einschließlich innovativer Anwendungen in der biomedizinischen Spektroskopie und Photonik.1, 2, 6-14 Diese Ausweitung ist teilweise auf Fortschritte in der Instrumentierung zurückzuführen – wie verbesserte spektrale Auflösung, eine breitere Verfügbarkeit von Fourier-Transformations-IR-Spektrometern (FTIR) und zunehmend auch laserbasierte spektroskopische Methoden.1, 2, 15-19 Darüber hinaus haben Fortschritte in der Computertechnik und der Molekularbiologie die IR-Spektroskopie zu einem wichtigen Werkzeug für die Hochdurchsatz-Untersuchung biologischer Proben gemacht.1, 2, 8, 20

Die IR-Spektroskopie untersucht die Zusammensetzung einer gegebenen Mischung, indem sie gleichzeitig die resonante Schwingungsantwort der vorhandenen molekularen Strukturen misst, wenn diese durch IR-Strahlung angeregt werden. Der Hauptvorteil dieser Methode liegt in ihrer Fähigkeit, Informationen über eine Vielzahl molekularer Bestandteile innerhalb einer Probe in einer einzigen, markierungsfreien Messung zu liefern, die weder Vorkenntnisse noch eine aufwändige Probenvorbereitung erfordert. Bei der Analyse einzelner Substanzen oder Mischungen aus wenigen organischen Molekülen ist es in der Regel möglich, zwischen den spektroskopischen Signaturen verschiedener molekularer funktionaler Gruppen zu unterscheiden, sich auf gut definierte spektrale Bandenmuster zu verlassen und spezifische Substanzen mit hoher Sicherheit zu identifizieren.1, 3, 4 Dies trifft jedoch nicht auf die Analyse von Spektren komplexerer multimolekularer Proben wie Bioflüssigkeiten, Zellbestandteilen oder anderen biologischen Medien zu. Die Überlappung von Absorptionsmaxima oder Wechselwirkungen zwischen verschiedenen molekularen Komponenten erschwert es, spektrale Signale verschiedener Funktionsgruppen spezifischen Substanzen oder gar molekularen Klassen (z. B. Kohlenhydrate, Lipide oder Proteine) zuzuordnen. Während die IR-Spektroskopie also sehr spezifisch für die Identifizierung von funktionalen Gruppen ist, kann die molekulare Interpretation von Absorptionsbanden eine Herausforderung darstellen. Zudem leidet die Methode bei der Analyse komplexer Mischungen, insbesondere zur Charackterisierung biologischer Systeme, häufig unter einer geringen molekularen Spezifität.21-25

Dennoch ist der Wunsch, spektrale Signale in klinischen Szenarien spezifischen Substanzen zuzuordnen allgegenwärtig, und Fehlinterpretationen komplexer Spektren sind in der veröffentlichten Fachliteratur weit verbreitet. Nach unserer Erfahrung taucht in wissenschaftlichen Diskussionen häufig die Frage nach dem molekularen Ursprung der spektralen Signatur auf. Dies ist in der Regel jedoch nicht die richtige Fragestellung oder Sichtweise, da die Antworten oft auf zu stark vereinfachten Annahmen basieren. Diese Situation verdeutlicht ein grundlegenderes Problem: Die klassische Lehre der IR-Spektroskopie, die sich gut für einfache Matrizen eignet, lässt sich nicht direkt auf die Analyse molekular komplexer biologischer Medien übertragen. Obwohl viele Experten in diesem Bereich sich dieser Perspektive bewusst sind und sie teilen, besteht weiterhin ein dringender Bedarf an einem breiteren Paradigmenwechsel in der Art und Weise, wie spektrale Daten interpretiert und präsentiert werden. Es sollte ein Rahmen geschaffen werden, der die Komplexität biologischer Systeme angemessen berücksichtigt.

In diesem Scientific Perspective Artikel untersuchen wir kritisch die Grenzen bei der Analyse komplexer Spektren – ein Thema, das unserer Meinung nach direkter und umfassender in der wissenschaftlichen Literatur behandelt werden sollte. Unser Fokus liegt auf der IR-Spektroskopie von menschlichen Blutderivaten – nativem Serum und Plasma. Wir beleuchten Beispiele aus früheren Studien, bei denen molekulare Interpretationen von vernünftigen und höchstwahrscheinlich korrekten Schlussfolgerungen bis hin zu hoch spekulativen und fragwürdigen Ergebnissen reichen. Anhand von Daten aus mehreren Fall-Kontroll- und Gesundheitsdiagnostik-Szenarien, die wir bereits untersucht haben, zeigen wir auf: (i) wie molekulare Interpretationen durch die Überlappung spektral ähnlicher, aber biologisch sehr unterschiedlicher Substanzen in die Irre geführt werden können; (ii) wie die Vorverarbeitung von Messdaten die Interpretation beeinflussen kann; und (iii) wie die Verknüpfung von niedrig konzentrierten Substanzen, z. B. DNA/RNA oder Protein-Biomarkern wie Krebsantigen 125 (CA125) oder Prostata-spezifischem Antigen (PSA), mit spektralen Signalen durch die Messsensitivität und Hintergrundvariabilität beeinträchtigt wird. Unsere Analysen und Schlussfolgerungen basieren auf verschiedenen Fallbeispielen von Molekülen, die in zellfreiem menschlichen Blut vorkommen – Proteine, Lipidpartikel, Nukleinsäuren und wasserlösliche Metaboliten (Ergänzende Tabelle S1), für die wir IR-Spektren gemessen haben. Darüber hinaus nutzen wir Spektren von mehreren tausend Blutserum- und Plasmaproben, die in den letzten zehn Jahren in unserem Labor experimentell gewonnen wurden.

Letztendlich fordern wir Anwender und Fachleute im Bereich der biomedizinischen IR-Spektroskopie auf, die Fingerabdruck-Natur dieses Ansatzes zu akzeptieren, welcher inhärent nicht über ausreichende molekulare Spezifität verfügt. Wichtig ist jedoch, dass diese Eigenschaft nicht verhindert, dass IR-Spektren spezifisch für eine Person oder einen physiologischen Zustand sein können. Um den Informationsgehalt von IR-molekularen Fingerabdrücken vollständig zu erfassen, können geeignete maschinelle Lernmethoden verwendet werden.1, 7, 24, 26-28 In Anwendungsszenarien, in denen eine molekulare Interpretation experimenteller IR-spektroskopischer Signaturen erforderlich ist, sollten orthogonale, molekularspezifische Ansätze einbezogen oder die Proben auf eine Weise vorbereitet werden, die ihre molekulare Komplexität reduziert.10, 29-33 Obwohl wir uns auf die IR-Spektroskopie von flüssigen Blutderivaten konzentrieren, gelten die von uns diskutierten Prinzipien allgemein für die Vibrationsspektroskopie unterschiedlicher biologischer Proben (z. B. Liquor oder interstitielle Flüssigkeit).34 Wir möchten dazu beitragen und anleiten, die Schwingungsspektroskopie als zuverlässiges biomedizinisches Werkzeug zu etablieren, während wir gleichzeitig ihre Grenzen anerkennen. Wir sind überzeugt, dass der vorgeschlagene Ansatz zu einer breiteren Akzeptanz der technologischen Stärken dieser Technik führen und dazu beitragen wird, die Lücke zu schließen, um die Technologie näher an klinische Anwendungen heranzuführen.

In dieser Perspektive haben wir die kritischen, aber oft übersehenen Feinheiten bei der Analyse von Schwingungsspektraldaten hervorgehoben, insbesondere der IR-Spektroskopie von zellfreiem Blut. Die Fähigkeit der Methode, molekulare Fingerabdrücke zu liefern, ist in ihrer Einfachheit, Geschwindigkeit und molekularen Breite unübertroffen – was sie zu einem erstklassigen Kandidaten für die Aufnahme in diagnostische Arbeitsabläufe mit hohem Durchsatz macht. Um die Technologie weiter voranzubringen und sie für die praktische Anwendung in der medizinischen Diagnostik nutzbar zu machen, muss man sich jedoch stets ihrer Grenzen bewusst sein.

In unseren diskutierten Fallstudien wurden Tausende von blutbasierten Spektren verwendet, zusätzlich zu den Spektren der vorherrschenden Proteine, der wichtigsten Lipidpartikel und der wichtigsten Metaboliten. Diese Einzelkomponentenspektren bilden zusammen die Hauptbestandteile des zellfreien Blutes. Wir räumen jedoch ein, dass dies keine erschöpfende Liste aller Blutbestandteile ist und dass unser Ansatz intermolekulare Wechselwirkungen nicht berücksichtigt hat.92 Wie unsere Analyse jedoch zeigt, wird die Isolierung des Signals spezifischer Moleküle in komplexen Mischungen noch schwieriger, wenn man den Umfang der analysierten Substanzen erweitert und die Wechselwirkungen zwischen diesen molekularen Komponenten berücksichtigt.

Für die Zukunft plädieren wir für mehr Vorsicht bei der Interpretation von IR-Spektren, um spekulative Schlussfolgerungen zu vermeiden, was die Anwendung und Akzeptanz von Forschungsergebnissen, insbesondere im klinischen Umfeld, untergraben könnte. Stattdessen sollte die Hochdurchsatz-Fingerabdruck-Natur des Ansatzes akzeptiert werden. Indem wir sowohl die Möglichkeiten als auch die Grenzen dieses Ansatzes akzeptieren, können wir robuste spektroskopische Analyseverfahren effektiver gestalten.

Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

Tarek Eissa begann sein Studium der Informatik an der American University in Kairo, bevor er an die Technische Universität München wechselte, wo er seinen Master in Data Engineering and Analytics machte. Derzeit promoviert er im Team von Broadband Infrared Diagnostics (BIRD) am Lehrstuhl für Laserphysik der Ludwig-Maximilians-Universität München in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Bioinformatik der Technischen Universität München. Angetrieben von seinem Interesse an Datenwissenschaft, konzentriert sich Tareks Forschung auf die Analyse von blutbasierten Infrarotspektren für die klinische Diagnostik.

Liudmila Voronina studierte am Moskauer Institut für Physik und Technologie, bevor sie an die Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne wechselte, wo sie ihren Doktortitel in Physikalischer Chemie erwarb. Im Jahr 2017 trat sie als Postdoc.Mobility-Stipendiatin des Schweizerischen Nationalfonds der Broadband Infrared Diagnostics Gruppe am Lehrstuhl für Laserphysik der Ludwig-Maximilians-Universität München bei. Seitdem ist Liudmila als leitende Wissenschaftlerin tätig und hat ihre Forschungsinteressen von der Spektroskopie einzelner Biomoleküle auf Anwendungen von Flüssigbiopsien ausgeweitet.

Marinus Huber studierte Physik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Ludwig-Maximilians-Universität München und schloss seine Masterarbeit an der Harvard University ab. Für seine Promotion an der Ludwig-Maximilians-Universität entwickelte er neue laserbasierte Infrarotspektroskopie-Methoden für die medizinische Diagnostik. Diese Arbeit setzte er als Postdoktorand am Max-Planck-Institut für Quantenoptik, an der Friedrich-Schiller-Universität sowie an der Universität Kaiserslautern-Landau fort, wobei er sich auf innovative Anwendungen der Infrarotspektroskopie zur Analyse von Flüssigkeiten und Zellen konzentrierte.

Frank Fleischmann studierte Biologie an der Technischen Universität München und promovierte dort im Fach Phytopathologie. Nach seiner Postdoktorandenforschung in der Forstpathologie an derselben Universität arbeitete er beim Genetik-Dienstleister IMGM Laboratories in Martinsried. Im Jahr 2018 schloss sich Frank dem Broadband Infrared Diagnostics (BIRD) Team am Lehrstuhl für Laserphysik der Ludwig-Maximilians-Universität München an, wo er sich auf die Etablierung und Anwendung der Infrarot-Molekülspektroskopie zur Analyse komplexer menschlicher Proben konzentriert.

Mihaela Žigman studierte Molekularbiologie an der Universität Ljubljana und promovierte an der Universität Wien. Während ihrer Postdoktorandenforschung am Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien und am Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle untersuchte sie molekulare Mechanismen, die die Zellteilung steuern. Nach ihrer Forschung an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg kam sie 2015 an die Ludwig-Maximilians-Universität München. Mihaela etablierte dort die Forschungsgruppe Broadband Infrared Diagnostics (BIRD), die Infrarot-Molekülspektroskopie zur Analyse und Kartierung der menschlichen Gesundheit einsetzt.

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Angewandte Chemie 化学科学, 有机化学, 有机合成
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