{"title":"宗教艺术形式。Lore Knapp的Peter Handke Christoph Schlingesief(评论)","authors":"Sarah Pogoda","doi":"10.1353/fmt.2021.0029","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"wissen (S. 36). Dennoch wäre es notwendig gewesen, dass Fülle die eigenen Auswahlkriterien für sein Quellenmaterial transparent macht und auf die notwendigenAusklammerungenverweist; stattdessen fehlt eine Reflexion der eigenen theaterhistoriographischen Methoden. So blendet Fülle alle jene Dokumente und Publikationen aus, die eine andere Erzählung als die der von ihm immer wieder aufgerufenen „Teilung der Theaterlandschaft“ (S. 11, 13 etc.) aufzeigen könnten: etwa die einer engen, unter anderem durch geteilte politische Forderungen und kritische Theorien motivierten Wechselwirkung zwischen den theatralen ProtestundKunstformen außerhalb der professionellen Theaterinstitutionen und denjenigen innerhalb derselben in den 1960er und 1970er Jahren. Dass Fülle die Geschichte der äußerst experimentierund selbstkritikfreudigen Jahre um und ab 1968 somit lediglich knapp als gescheiterte erzählt – „Impulse zu seiner Umwälzung münden rasch in heilund fruchtlose Debatten um (gewerkschaftliche) Mitbestimmung an den Theatern“ (S. 268) –, führt ihn zur Diagnose „der künstlerischen ‚Rückständigkeit‘ des westdeutschen Theaterwesens“ (S. 268). Er stellt ohne weitere Ausführungen lediglich fest: „die Impulse struktureller und ästhetischer Modernisierung werden zunächst kaum umgesetzt“ (S. 268). Zunächst kaum? Und so schreibt Fülle die neuen, auf gemeinsamen Entscheidungen basierenden Arbeitsweisen und Dramaturgien, die Einbeziehung neuer Publikumsgruppen (wie „kulturferne Schichten“, Kinderund Jugendliche, S. 270) oder die damalige „oppositionelle Sehnsucht nach ‚anders leben, anders arbeiten‘“ (S. 271), die im Theaterbereich zu einer Reflexion der eigenen Produktionsweisen führte, ausschließlich dem Freien Theater zu. DiealleinigeFokussierungaufeineGeschichte Freien Theaters, das sich ab Mitte der 1970er in verschiedenen Stadien neu und alternativ konstituierte (S. 271), wäre nicht zu kritisieren – die gleichzeitige Ableitung weitgehender Schlussfolgerungen aus dem Nichtbeachten jener anderen, ebenfalls wechselhaften Stadttheatergeschichte(n) aber ist es schon.","PeriodicalId":55908,"journal":{"name":"FORUM MODERNES THEATER","volume":"32 1","pages":"308 - 310"},"PeriodicalIF":0.1000,"publicationDate":"2021-12-16","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Formen des Kunstreligiösen. Peter Handke—Christoph Schlingensief by Lore Knapp (review)\",\"authors\":\"Sarah Pogoda\",\"doi\":\"10.1353/fmt.2021.0029\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"wissen (S. 36). Dennoch wäre es notwendig gewesen, dass Fülle die eigenen Auswahlkriterien für sein Quellenmaterial transparent macht und auf die notwendigenAusklammerungenverweist; stattdessen fehlt eine Reflexion der eigenen theaterhistoriographischen Methoden. So blendet Fülle alle jene Dokumente und Publikationen aus, die eine andere Erzählung als die der von ihm immer wieder aufgerufenen „Teilung der Theaterlandschaft“ (S. 11, 13 etc.) aufzeigen könnten: etwa die einer engen, unter anderem durch geteilte politische Forderungen und kritische Theorien motivierten Wechselwirkung zwischen den theatralen ProtestundKunstformen außerhalb der professionellen Theaterinstitutionen und denjenigen innerhalb derselben in den 1960er und 1970er Jahren. Dass Fülle die Geschichte der äußerst experimentierund selbstkritikfreudigen Jahre um und ab 1968 somit lediglich knapp als gescheiterte erzählt – „Impulse zu seiner Umwälzung münden rasch in heilund fruchtlose Debatten um (gewerkschaftliche) Mitbestimmung an den Theatern“ (S. 268) –, führt ihn zur Diagnose „der künstlerischen ‚Rückständigkeit‘ des westdeutschen Theaterwesens“ (S. 268). Er stellt ohne weitere Ausführungen lediglich fest: „die Impulse struktureller und ästhetischer Modernisierung werden zunächst kaum umgesetzt“ (S. 268). Zunächst kaum? Und so schreibt Fülle die neuen, auf gemeinsamen Entscheidungen basierenden Arbeitsweisen und Dramaturgien, die Einbeziehung neuer Publikumsgruppen (wie „kulturferne Schichten“, Kinderund Jugendliche, S. 270) oder die damalige „oppositionelle Sehnsucht nach ‚anders leben, anders arbeiten‘“ (S. 271), die im Theaterbereich zu einer Reflexion der eigenen Produktionsweisen führte, ausschließlich dem Freien Theater zu. DiealleinigeFokussierungaufeineGeschichte Freien Theaters, das sich ab Mitte der 1970er in verschiedenen Stadien neu und alternativ konstituierte (S. 271), wäre nicht zu kritisieren – die gleichzeitige Ableitung weitgehender Schlussfolgerungen aus dem Nichtbeachten jener anderen, ebenfalls wechselhaften Stadttheatergeschichte(n) aber ist es schon.\",\"PeriodicalId\":55908,\"journal\":{\"name\":\"FORUM MODERNES THEATER\",\"volume\":\"32 1\",\"pages\":\"308 - 310\"},\"PeriodicalIF\":0.1000,\"publicationDate\":\"2021-12-16\",\"publicationTypes\":\"Journal Article\",\"fieldsOfStudy\":null,\"isOpenAccess\":false,\"openAccessPdf\":\"\",\"citationCount\":\"0\",\"resultStr\":null,\"platform\":\"Semanticscholar\",\"paperid\":null,\"PeriodicalName\":\"FORUM MODERNES THEATER\",\"FirstCategoryId\":\"1085\",\"ListUrlMain\":\"https://doi.org/10.1353/fmt.2021.0029\",\"RegionNum\":4,\"RegionCategory\":\"艺术学\",\"ArticlePicture\":[],\"TitleCN\":null,\"AbstractTextCN\":null,\"PMCID\":null,\"EPubDate\":\"\",\"PubModel\":\"\",\"JCR\":\"0\",\"JCRName\":\"THEATER\",\"Score\":null,\"Total\":0}","platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"FORUM MODERNES THEATER","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1353/fmt.2021.0029","RegionNum":4,"RegionCategory":"艺术学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"0","JCRName":"THEATER","Score":null,"Total":0}
Formen des Kunstreligiösen. Peter Handke—Christoph Schlingensief by Lore Knapp (review)
wissen (S. 36). Dennoch wäre es notwendig gewesen, dass Fülle die eigenen Auswahlkriterien für sein Quellenmaterial transparent macht und auf die notwendigenAusklammerungenverweist; stattdessen fehlt eine Reflexion der eigenen theaterhistoriographischen Methoden. So blendet Fülle alle jene Dokumente und Publikationen aus, die eine andere Erzählung als die der von ihm immer wieder aufgerufenen „Teilung der Theaterlandschaft“ (S. 11, 13 etc.) aufzeigen könnten: etwa die einer engen, unter anderem durch geteilte politische Forderungen und kritische Theorien motivierten Wechselwirkung zwischen den theatralen ProtestundKunstformen außerhalb der professionellen Theaterinstitutionen und denjenigen innerhalb derselben in den 1960er und 1970er Jahren. Dass Fülle die Geschichte der äußerst experimentierund selbstkritikfreudigen Jahre um und ab 1968 somit lediglich knapp als gescheiterte erzählt – „Impulse zu seiner Umwälzung münden rasch in heilund fruchtlose Debatten um (gewerkschaftliche) Mitbestimmung an den Theatern“ (S. 268) –, führt ihn zur Diagnose „der künstlerischen ‚Rückständigkeit‘ des westdeutschen Theaterwesens“ (S. 268). Er stellt ohne weitere Ausführungen lediglich fest: „die Impulse struktureller und ästhetischer Modernisierung werden zunächst kaum umgesetzt“ (S. 268). Zunächst kaum? Und so schreibt Fülle die neuen, auf gemeinsamen Entscheidungen basierenden Arbeitsweisen und Dramaturgien, die Einbeziehung neuer Publikumsgruppen (wie „kulturferne Schichten“, Kinderund Jugendliche, S. 270) oder die damalige „oppositionelle Sehnsucht nach ‚anders leben, anders arbeiten‘“ (S. 271), die im Theaterbereich zu einer Reflexion der eigenen Produktionsweisen führte, ausschließlich dem Freien Theater zu. DiealleinigeFokussierungaufeineGeschichte Freien Theaters, das sich ab Mitte der 1970er in verschiedenen Stadien neu und alternativ konstituierte (S. 271), wäre nicht zu kritisieren – die gleichzeitige Ableitung weitgehender Schlussfolgerungen aus dem Nichtbeachten jener anderen, ebenfalls wechselhaften Stadttheatergeschichte(n) aber ist es schon.