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Gerüchte, klatsch und propaganda. Der florentinische herrscherwechsel im jahr 1537
Dieser Beitrag zeigt an einem historischen Fallbeispiel, wie die Anwendung sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse über die Entstehung, Verbreitung und Funktion von Gerüchten für die historische Gerüchteforschung fruchtbar gemacht werden kann. Die Ermordung des ersten florentinischen Herzogs Alessandro de‘ Medici und die Thronbesteigung Cosimo de‘ Medicis im Jahr 1537 war von einem Cluster von Gerüchten begleitet. Im Rekurs auf wegweisende sozialpsychologische Theorien, insbesondere die Arbeiten von Tamutsu Shibutani, kann die Produktion von Gerüchten als kommunikativer Sinnstiftungsprozess in einer als krisenhaft verstandenen Situation begriffen werden. Da der Erfolg von Gerüchten von deren Glaubwürdigkeit abhängt, können überdies Rückschlüsse darauf gezogen werden, wie der Thronwechsel jenseits offizieller Kanäle bewertet wurde. Da Menschen auf der Basis dessen handeln, was sie als glaubwürdig empfinden (nicht dessen, was nachweislich richtig ist), ist die Instrumentalisierung von Gerüchten für persönliche und politische Zwecke attraktiv. Die Möglichkeit einer solchen Manipulation improvisierter Kommunikation wird in der Forschung kontrovers diskutiert. Im analysierten Fallbeispiel wird sie am Beispiel Kardinal Cibos untersucht, der die Selektion von Gerüchten über die bewusste Generierung von symbolträchtigen Bildern für seine Zwecke zu manipulieren suchte. Die Analyse zeigt, dass Gerüchte, wenn sie nicht auf ihren Wahrheitsgehalt, sondern auf ihre Inhalte und Funktionen hin untersucht werden, neue Einsichten auf historische Prozesse ermöglichen können.