{"title":"Stabilität – ein (un)demokratisches Versprechen?","authors":"Grit Strassenberger, E. Hausteiner","doi":"10.5771/9783845295176-81","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Die im Titel aufgeworfene Frage, ob es sich bei Stabilität tatsächlich um ein demokratisches Versprechen handelt, enthält eine Reihe weiterführender Fragen: Welche Stabilität beziehungsweise welches Maß an Stabilität kann eine politische Ordnung bieten, die auf gesellschaftliche Dynamik, öffentliche Debatte und zivilen Protest abstellt, also das Versprechen auf Veränderung bestehender sozialer und politischer Strukturen enthält? Und worin genau besteht dieses Versprechen auf Veränderung: in mehr Gleichheit – und wenn ja: Gleichheit in Bezug worauf? Oder in mehr Freiheit – und welche Freiheit ist hier gemeint? Und wie verhalten sich Stabilität und Pluralismus zueinander? Sind beide Normen universalistisch oder partikularistisch verstanden? Destabilisiert ein Zuviel an Pluralismus, einschließlich der mit einem gesteigerten Pluralismus notwendigerweise einhergehenden Konflikte, die demokratische Ordnung, oder verhält es sich gerade umgekehrt: Destabilisieren übertriebene Stabilitätserwartungen und diese Erwartungen bedienende Sicherheitspolitiken demokratische Ordnungen? Ist Pluralismus überhaupt ein Wert wie Freiheit und Gleichheit, der normativ schon allein deshalb anzustreben wäre, weil eine Demokratie ohne Pluralismus keine Demokratie wäre?1 Diese Fragen verweisen darauf, dass nicht nur das, was „wir“ unter Demokratie verstehen, umstritten ist; umstritten ist auch der ordnungspolitische Begriff der Stabilität. Die Frage, ob Stabilität ein demokratisches Versprechen ist oder dem normativen Versprechen der Demokratie gerade zuwiderläuft, verweist ins Zentrum der demokratietheoretischen Debatten um die Leistungsfähigkeit der Demokratie, denn zumindest in modernen Gesellschaften birgt das Wort Demokratie „eine Reihe von Versprechen, auf deren Erfüllung ihre Bürger nicht verzichten wollen“.2 Zugleich schwingt in diesem Sprechen über die Versprechen der Demokratie „eine noch unabgegoltene Normati1.","PeriodicalId":265879,"journal":{"name":"Eine Werteordnung für die Welt?","volume":"5 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"1900-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Eine Werteordnung für die Welt?","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.5771/9783845295176-81","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
引用次数: 0
Abstract
Die im Titel aufgeworfene Frage, ob es sich bei Stabilität tatsächlich um ein demokratisches Versprechen handelt, enthält eine Reihe weiterführender Fragen: Welche Stabilität beziehungsweise welches Maß an Stabilität kann eine politische Ordnung bieten, die auf gesellschaftliche Dynamik, öffentliche Debatte und zivilen Protest abstellt, also das Versprechen auf Veränderung bestehender sozialer und politischer Strukturen enthält? Und worin genau besteht dieses Versprechen auf Veränderung: in mehr Gleichheit – und wenn ja: Gleichheit in Bezug worauf? Oder in mehr Freiheit – und welche Freiheit ist hier gemeint? Und wie verhalten sich Stabilität und Pluralismus zueinander? Sind beide Normen universalistisch oder partikularistisch verstanden? Destabilisiert ein Zuviel an Pluralismus, einschließlich der mit einem gesteigerten Pluralismus notwendigerweise einhergehenden Konflikte, die demokratische Ordnung, oder verhält es sich gerade umgekehrt: Destabilisieren übertriebene Stabilitätserwartungen und diese Erwartungen bedienende Sicherheitspolitiken demokratische Ordnungen? Ist Pluralismus überhaupt ein Wert wie Freiheit und Gleichheit, der normativ schon allein deshalb anzustreben wäre, weil eine Demokratie ohne Pluralismus keine Demokratie wäre?1 Diese Fragen verweisen darauf, dass nicht nur das, was „wir“ unter Demokratie verstehen, umstritten ist; umstritten ist auch der ordnungspolitische Begriff der Stabilität. Die Frage, ob Stabilität ein demokratisches Versprechen ist oder dem normativen Versprechen der Demokratie gerade zuwiderläuft, verweist ins Zentrum der demokratietheoretischen Debatten um die Leistungsfähigkeit der Demokratie, denn zumindest in modernen Gesellschaften birgt das Wort Demokratie „eine Reihe von Versprechen, auf deren Erfüllung ihre Bürger nicht verzichten wollen“.2 Zugleich schwingt in diesem Sprechen über die Versprechen der Demokratie „eine noch unabgegoltene Normati1.