{"title":"‚Policey‘ in der Krise? Zur Neujustierung der Rolle der Polizei und von Sicherheit und Ordnung in einer Gesellschaftim Wandel – ein Essay","authors":"Rafael Behr","doi":"10.5771/9783748905295-19","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Sicherheit ist eine permanente Mangelerscheinung – von ihr gibt es immer zu wenig. Daran ändert sich über die Jahre nichts. Auch zu wenig Polizei gibt es, seit es Polizei gibt, für die einen zu viel von ihr für die anderen. Daran ändert sich auch nichts. Weil es unbestimmte Begriffe sind. Unter Fachleuten einigermaßen konsensfähig ist aber auch die Annahme, dass nicht die Quantität der Polizistinnen und Polizisten über ein sicheres Leben in der Gesellschaft entscheiden, sondern die Qualität der Polizeiarbeit. Unsere Vorstellung von »guter Ordnung«1 im Allgemeinen und von »Sicherheit« im Besonderen ist einem ständigen Wandel unterworfen. Wurde noch vor ca. 70 Jahren Sicherheit als Abwesenheit von Krieg, Zerstörung, äußeren Feinden und Chaos gesehen, so entwickelte sich der Sicherheitsbegriff später in das Innere der Gesellschaft. Bedroht wurde nun der Staat aus dem gesellschaftlichen Protestpotential und in jüngster Zeit wird »soziale Sicherheit«, sozialer Frieden, Geborgenheit und Vertrauen in die staatlichen Institutionen damit verbunden. Wurde früher dem Staat eine führende Rolle in der Sicherheitsgewährleistung zugestanden. So erstarkten in den 1980er und 1990er Jahren Partizipationsund Emanzipationsbewegungen, die den Fokus von der staatlichen Autorität zur gesellschaftlichen Teilhabe und von der Repression zur Prävention verschoben. Die spannende Frage ist nun, wie sich das Verständnis von »Sicherheit« angesichts globaler Verwerfungen und Spannungen verändern und wie sich das auf lokale/regionale Sicherheitsempfindungen auswirken wird. Denn zweierlei ist evident: Sicherheit ist kein nationales Thema mehr und es ist kein alleiniges Thema mehr für die Polizei. Auch die Grenzen zwischen innerer und äußerer Sicherheit scheinen zu verschwimmen und damit auch die Veränderung der Handlungsimperative von einer rein polizeilichen in eine polizeilich-militärische","PeriodicalId":268410,"journal":{"name":"Innere Sicherheit als geteilte Verantwortung","volume":"22 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"1900-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"2","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Innere Sicherheit als geteilte Verantwortung","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.5771/9783748905295-19","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Sicherheit ist eine permanente Mangelerscheinung – von ihr gibt es immer zu wenig. Daran ändert sich über die Jahre nichts. Auch zu wenig Polizei gibt es, seit es Polizei gibt, für die einen zu viel von ihr für die anderen. Daran ändert sich auch nichts. Weil es unbestimmte Begriffe sind. Unter Fachleuten einigermaßen konsensfähig ist aber auch die Annahme, dass nicht die Quantität der Polizistinnen und Polizisten über ein sicheres Leben in der Gesellschaft entscheiden, sondern die Qualität der Polizeiarbeit. Unsere Vorstellung von »guter Ordnung«1 im Allgemeinen und von »Sicherheit« im Besonderen ist einem ständigen Wandel unterworfen. Wurde noch vor ca. 70 Jahren Sicherheit als Abwesenheit von Krieg, Zerstörung, äußeren Feinden und Chaos gesehen, so entwickelte sich der Sicherheitsbegriff später in das Innere der Gesellschaft. Bedroht wurde nun der Staat aus dem gesellschaftlichen Protestpotential und in jüngster Zeit wird »soziale Sicherheit«, sozialer Frieden, Geborgenheit und Vertrauen in die staatlichen Institutionen damit verbunden. Wurde früher dem Staat eine führende Rolle in der Sicherheitsgewährleistung zugestanden. So erstarkten in den 1980er und 1990er Jahren Partizipationsund Emanzipationsbewegungen, die den Fokus von der staatlichen Autorität zur gesellschaftlichen Teilhabe und von der Repression zur Prävention verschoben. Die spannende Frage ist nun, wie sich das Verständnis von »Sicherheit« angesichts globaler Verwerfungen und Spannungen verändern und wie sich das auf lokale/regionale Sicherheitsempfindungen auswirken wird. Denn zweierlei ist evident: Sicherheit ist kein nationales Thema mehr und es ist kein alleiniges Thema mehr für die Polizei. Auch die Grenzen zwischen innerer und äußerer Sicherheit scheinen zu verschwimmen und damit auch die Veränderung der Handlungsimperative von einer rein polizeilichen in eine polizeilich-militärische