{"title":"Mayors »in Dialogue«","authors":"Stephan Habscheid","doi":"10.1007/s41244-023-00319-w","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Zusammenfassung In der Kommunalpolitik werden Kontroversen konstituiert und Entscheidungen ausgehandelt in einem Kräftefeld zwischen (1) engagierten (und mehr oder weniger informierten) Bürgerinnen und Bürgern (z. B. in Vereinen), (2) kommunalen Verwaltungen, (3) Kommunalparlamenten und (4) Bürgermeister*innen. Bürokratisches Expertenwissen stellt in diesem Kontext eine wesentliche Herrschaftsressource dar, da (nur) auf dieser Basis bzw. in diesem Rahmen legal gehandelt und gestaltet werden kann. In der Tradition politischer Selbstaufklärung im Licht des Performativitätsbegriffs »nach 1968« wurden seit den 1990er Jahren in Deutschland formelle Verfahren und informelle Praktiken der Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene gestärkt. Die damit einher gehende Popularisierung von Politik soll zur demokratischen Konfliktbewältigung und Legitimation von Entscheidungen beitragen, wird aber in institutioneller Perspektive auch als ein mögliches Einfallstor für unerwünschte Popularisierung (»Populismus«), etwa die Ausgrenzung von Minderheiten, wahrgenommen. Politisch gestärkt wurde durch die Reform nicht zuletzt auch die Rolle der Bürgermeister*innen: Sie verfügen aufgrund ihrer Zwischenstellung einerseits über das gestaltungsrelevante und autoritative Wissen der kommunalen Bürokratie, andererseits als direkt gewählte Repräsentant*innen der Bürgerschaft über eine besondere demokratische Legitimation und mediale Popularität gegenüber der Verwaltung und den kommunalen Parlamenten. Dies prädestiniert sie – im Zusammenspiel mit ihrer Expertenbürokratie – einerseits als einflussreiche Gestalter, andererseits (wie Experten überhaupt) als Vermittler zwischen (pluralen) Laienansprüchen, legalen Gestaltungsmöglichkeiten und politischen Entscheidungen. Der vorliegende Beitrag geht anhand von Fallbeispielen – einschließlich einer detaillierten Analyse der Mikro-Organisation von Partizipation in einem Bürgergespräch – der Frage nach, wie bürokratisches Experten- sowie Laienwissen als Ressourcen in kommunalpolitischen Vermittlungs- und Entscheidungsprozessen genutzt werden kann. Ein besonderer Fokus liegt auf der Rolle der Bürgermeister*innen.","PeriodicalId":42074,"journal":{"name":"LILI-ZEITSCHRIFT FUR LITERATURWISSENSCHAFT UND LINGUISTIK","volume":"46 6","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.1000,"publicationDate":"2023-10-27","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"LILI-ZEITSCHRIFT FUR LITERATURWISSENSCHAFT UND LINGUISTIK","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1007/s41244-023-00319-w","RegionNum":4,"RegionCategory":"文学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"0","JCRName":"LANGUAGE & LINGUISTICS","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Zusammenfassung In der Kommunalpolitik werden Kontroversen konstituiert und Entscheidungen ausgehandelt in einem Kräftefeld zwischen (1) engagierten (und mehr oder weniger informierten) Bürgerinnen und Bürgern (z. B. in Vereinen), (2) kommunalen Verwaltungen, (3) Kommunalparlamenten und (4) Bürgermeister*innen. Bürokratisches Expertenwissen stellt in diesem Kontext eine wesentliche Herrschaftsressource dar, da (nur) auf dieser Basis bzw. in diesem Rahmen legal gehandelt und gestaltet werden kann. In der Tradition politischer Selbstaufklärung im Licht des Performativitätsbegriffs »nach 1968« wurden seit den 1990er Jahren in Deutschland formelle Verfahren und informelle Praktiken der Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene gestärkt. Die damit einher gehende Popularisierung von Politik soll zur demokratischen Konfliktbewältigung und Legitimation von Entscheidungen beitragen, wird aber in institutioneller Perspektive auch als ein mögliches Einfallstor für unerwünschte Popularisierung (»Populismus«), etwa die Ausgrenzung von Minderheiten, wahrgenommen. Politisch gestärkt wurde durch die Reform nicht zuletzt auch die Rolle der Bürgermeister*innen: Sie verfügen aufgrund ihrer Zwischenstellung einerseits über das gestaltungsrelevante und autoritative Wissen der kommunalen Bürokratie, andererseits als direkt gewählte Repräsentant*innen der Bürgerschaft über eine besondere demokratische Legitimation und mediale Popularität gegenüber der Verwaltung und den kommunalen Parlamenten. Dies prädestiniert sie – im Zusammenspiel mit ihrer Expertenbürokratie – einerseits als einflussreiche Gestalter, andererseits (wie Experten überhaupt) als Vermittler zwischen (pluralen) Laienansprüchen, legalen Gestaltungsmöglichkeiten und politischen Entscheidungen. Der vorliegende Beitrag geht anhand von Fallbeispielen – einschließlich einer detaillierten Analyse der Mikro-Organisation von Partizipation in einem Bürgergespräch – der Frage nach, wie bürokratisches Experten- sowie Laienwissen als Ressourcen in kommunalpolitischen Vermittlungs- und Entscheidungsprozessen genutzt werden kann. Ein besonderer Fokus liegt auf der Rolle der Bürgermeister*innen.
期刊介绍:
Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik (LiLi) (“Journal for Literary Studies and Linguistics”) has been offering a programmatic bridge between German linguistics and German literary studies since 1971. All issues are published in alternate editions as topical issues of modern literary studies, medieval studies and linguistics, focusing on media and cultural studies and combining theoretical and historical approaches. The Labor (“Laboratory”) section contains research contributions in German or English language that are independent of the respective thematic issue and contribute to the transitional area between Germanic linguistics, German literary studies, and cultural studies.
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