Olivia R. Negris, Julie M. Bittar, Vida Ehyaee, Kyle T. Amber
{"title":"Ausgedehnte konfluierende und netzartige Papillomatose nach Therapiebeginn mit Paclitaxel und Carboplatin","authors":"Olivia R. Negris, Julie M. Bittar, Vida Ehyaee, Kyle T. Amber","doi":"10.1111/ddg.15540_g","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"<p>Sehr geehrte Herausgeber,</p><p>Die konfluierende retikuläre Papillomatose (<i>confluent and reticulated papillomatosis</i>, CARP) ist eine seltene Erkrankung, die erstmals 1927 von Gourgerot und Carteuad beschrieben wurde.<span><sup>1</sup></span> Sie gilt heute als Erkrankung der Epidermis mit gestörter Keratinisierung, die chronisch verläuft und spontan abklingen und wieder auftreten kann.<span><sup>2</sup></span> CARP tritt häufiger bei hellhäutigen Europäern auf und hat ein Verhältnis von 1,4: 1 zwischen Männern und Frauen. Die Erkrankung beginnt typischerweise zwischen dem 8. und 32. Lebensjahr und erreicht ihren Höhepunkt kurz nach der Pubertät.<span><sup>3</sup></span> Familiäres Auftreten wurde ebenfalls berichtet. CARP ist auf die Haut beschränkt, ohne systemische Beteiligung. Sie ist weitgehend asymptomatisch, kann manchmal jedoch jucken.<span><sup>4-6</sup></span> Meistens manifestieren sich am oberen Rumpf und in den Axillen multiple, subzentimetergroße hyperpigmentierte braune Papeln mit Schuppung, Hyperkeratose oder Atrophie, die zu Plaques konfluieren können.<span><sup>6</sup></span> Bis heute gibt es keinen Konsens über die Ursache von CARP, obwohl mehrere Theorien vorgeschlagen wurden. Dazu gehören ein bakterieller Auslöser durch <i>Dietzia papillomatosis</i>, eine überschießende Reaktion auf <i>Malassezia furfur</i>, Insulinresistenz, durch ultraviolettes Licht induzierte Veränderungen, Amyloidablagerungen und eine <i>loss-of-function</i>-Mutation in Keratin 16.<span><sup>6</sup></span> Es wurde jedoch nicht postuliert, dass CARP durch Medikamente ausgelöst wird.</p><p>Hier berichten wir über einen ungewöhnlichen Fall von schwerem CARP im Zusammenhang mit einem spindelhemmenden und einem alkylierenden Chemotherapeutikum.</p><p>Eine 65-jährige afroamerikanische Frau stellte sich zur dermatologischen Untersuchung vor, weil sie neue und ausgedehnte, hyperpigmentierte Läsionen am Rumpf, an den Innenseiten der Oberschenkel, an den Unterarmen und am Hals bemerkte, die sich im letzten Jahr entwickelt hatten. Anamnestisch bestand ein primäres Adenokarzinom im Unterlappen der linken Lunge, das ein Jahr zuvor operativ entfernt worden war. Sieben komplette Chemotherapiezyklen mit Paclitaxel und Carboplatin wurden durchgeführt. Sie gab an, dass die Hyperpigmentierung während der Chemotherapie und nicht vor der chirurgischen Resektion aufgetreten sei, und sie verneinte jede signifikante persönliche oder familiäre dermatologische Vorgeschichte.</p><p>Klinisch fielen zahlreiche indolente, raue, dunkle, konfluierende Papeln und Plaques unterschiedlicher Größe am gesamten Oberkörper und im Gesicht auf (Abbildung 1). Zur Unterstützung der Diagnose erfolgte eine Shavebiopsie einer Läsion am rechten Arm. Da der Verdacht auf CARP bestand, wurde die Patientin empirisch mit Minocyclin 100 mg zweimal täglich behandelt und angewiesen, sich in 2–3 Monaten wieder in der Klinik vorzustellen.</p><p>Mikroskopisch zeigten sich übereinstimmend mit CARP eine Verdünnung der Epidermis mit Papillomatose und verstärkter basaler Pigmentierung ohne Zunahme der Melanozytenzahl sowie wenige verstreute dermale Melanophagen (Abbildung 2). Bei der Wiedervorstellung nach 3 Monaten zeigte die Patientin eine deutliche Verbesserung (Abbildung 1). Es wurde ihr empfohlen, Minocyclin für weitere 3 Monate fortzusetzen, zusätzlich zur zweimal täglichen topischen Ammoniumlactat-Lotion.</p><p>Ätiologie und Pathogenese von CARP sind nicht vollständig geklärt. Nach unserer Kenntnis ist dies der erste Fall im Zusammenhang mit dem Spindelgift Paclitaxel und dem Alkylans Carboplatin. Bei verschiedenen Chemotherapeutika, einschließlich Spindelinhibitoren und Alkylierungsmitteln, wurden viele Pigmentstörungen beschrieben. Charakteristisch für Taxane sind jedoch netzartige und gewundene supravenöse Hyperpigmentierungen durch Schädigung des Gefäßendothels sowie basaler Keratinozyten und Melanozyten.<span><sup>7</sup></span> Außerdem geht man davon aus, dass Alkylanzien Melanogenese und Hyperpigmentierung durch DNA-Interkalation fördern.<span><sup>8</sup></span> Bei unserer Patientin entwickelte sich CARP während der Chemotherapie mit Paclitaxel und Carboplatin. Auch die rasche und schwere Ausprägung wirft die Frage auf, ob es sich tatsächlich um eine medikamenteninduzierte Erkrankung handelt. Keiner der beiden Wirkstoffe wurde unseres Wissens bisher als Ursache von CARP beschrieben.</p><p>Darüber hinaus gibt es keinen Behandlungsstandard für CARP und nur begrenzte Anhaltspunkte für die Behandlung von durch Chemotherapie verursachten Pigmentveränderungen. Dokumentierte Behandlungen für CARP umfassen Salicylsäure, Hydrochinon, Harnstoff, Strahlentherapie, Antimykotika, Isotretinoin, Azithromycin und Minocyclin; Minocyclin wird von einigen Experten aufgrund seiner Wirksamkeit als Standardtherapie angesehen.<span><sup>2, 9</sup></span> Dieser Fallbericht bestätigt erneut den Nutzen von Minocyclin bei dieser ungewöhnlichen Form von CARP.</p><p>Keiner.</p>","PeriodicalId":14758,"journal":{"name":"Journal Der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft","volume":"22 11","pages":"1557-1559"},"PeriodicalIF":5.5000,"publicationDate":"2024-11-07","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1111/ddg.15540_g","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Journal Der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft","FirstCategoryId":"3","ListUrlMain":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/ddg.15540_g","RegionNum":4,"RegionCategory":"医学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"Q1","JCRName":"DERMATOLOGY","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Sehr geehrte Herausgeber,
Die konfluierende retikuläre Papillomatose (confluent and reticulated papillomatosis, CARP) ist eine seltene Erkrankung, die erstmals 1927 von Gourgerot und Carteuad beschrieben wurde.1 Sie gilt heute als Erkrankung der Epidermis mit gestörter Keratinisierung, die chronisch verläuft und spontan abklingen und wieder auftreten kann.2 CARP tritt häufiger bei hellhäutigen Europäern auf und hat ein Verhältnis von 1,4: 1 zwischen Männern und Frauen. Die Erkrankung beginnt typischerweise zwischen dem 8. und 32. Lebensjahr und erreicht ihren Höhepunkt kurz nach der Pubertät.3 Familiäres Auftreten wurde ebenfalls berichtet. CARP ist auf die Haut beschränkt, ohne systemische Beteiligung. Sie ist weitgehend asymptomatisch, kann manchmal jedoch jucken.4-6 Meistens manifestieren sich am oberen Rumpf und in den Axillen multiple, subzentimetergroße hyperpigmentierte braune Papeln mit Schuppung, Hyperkeratose oder Atrophie, die zu Plaques konfluieren können.6 Bis heute gibt es keinen Konsens über die Ursache von CARP, obwohl mehrere Theorien vorgeschlagen wurden. Dazu gehören ein bakterieller Auslöser durch Dietzia papillomatosis, eine überschießende Reaktion auf Malassezia furfur, Insulinresistenz, durch ultraviolettes Licht induzierte Veränderungen, Amyloidablagerungen und eine loss-of-function-Mutation in Keratin 16.6 Es wurde jedoch nicht postuliert, dass CARP durch Medikamente ausgelöst wird.
Hier berichten wir über einen ungewöhnlichen Fall von schwerem CARP im Zusammenhang mit einem spindelhemmenden und einem alkylierenden Chemotherapeutikum.
Eine 65-jährige afroamerikanische Frau stellte sich zur dermatologischen Untersuchung vor, weil sie neue und ausgedehnte, hyperpigmentierte Läsionen am Rumpf, an den Innenseiten der Oberschenkel, an den Unterarmen und am Hals bemerkte, die sich im letzten Jahr entwickelt hatten. Anamnestisch bestand ein primäres Adenokarzinom im Unterlappen der linken Lunge, das ein Jahr zuvor operativ entfernt worden war. Sieben komplette Chemotherapiezyklen mit Paclitaxel und Carboplatin wurden durchgeführt. Sie gab an, dass die Hyperpigmentierung während der Chemotherapie und nicht vor der chirurgischen Resektion aufgetreten sei, und sie verneinte jede signifikante persönliche oder familiäre dermatologische Vorgeschichte.
Klinisch fielen zahlreiche indolente, raue, dunkle, konfluierende Papeln und Plaques unterschiedlicher Größe am gesamten Oberkörper und im Gesicht auf (Abbildung 1). Zur Unterstützung der Diagnose erfolgte eine Shavebiopsie einer Läsion am rechten Arm. Da der Verdacht auf CARP bestand, wurde die Patientin empirisch mit Minocyclin 100 mg zweimal täglich behandelt und angewiesen, sich in 2–3 Monaten wieder in der Klinik vorzustellen.
Mikroskopisch zeigten sich übereinstimmend mit CARP eine Verdünnung der Epidermis mit Papillomatose und verstärkter basaler Pigmentierung ohne Zunahme der Melanozytenzahl sowie wenige verstreute dermale Melanophagen (Abbildung 2). Bei der Wiedervorstellung nach 3 Monaten zeigte die Patientin eine deutliche Verbesserung (Abbildung 1). Es wurde ihr empfohlen, Minocyclin für weitere 3 Monate fortzusetzen, zusätzlich zur zweimal täglichen topischen Ammoniumlactat-Lotion.
Ätiologie und Pathogenese von CARP sind nicht vollständig geklärt. Nach unserer Kenntnis ist dies der erste Fall im Zusammenhang mit dem Spindelgift Paclitaxel und dem Alkylans Carboplatin. Bei verschiedenen Chemotherapeutika, einschließlich Spindelinhibitoren und Alkylierungsmitteln, wurden viele Pigmentstörungen beschrieben. Charakteristisch für Taxane sind jedoch netzartige und gewundene supravenöse Hyperpigmentierungen durch Schädigung des Gefäßendothels sowie basaler Keratinozyten und Melanozyten.7 Außerdem geht man davon aus, dass Alkylanzien Melanogenese und Hyperpigmentierung durch DNA-Interkalation fördern.8 Bei unserer Patientin entwickelte sich CARP während der Chemotherapie mit Paclitaxel und Carboplatin. Auch die rasche und schwere Ausprägung wirft die Frage auf, ob es sich tatsächlich um eine medikamenteninduzierte Erkrankung handelt. Keiner der beiden Wirkstoffe wurde unseres Wissens bisher als Ursache von CARP beschrieben.
Darüber hinaus gibt es keinen Behandlungsstandard für CARP und nur begrenzte Anhaltspunkte für die Behandlung von durch Chemotherapie verursachten Pigmentveränderungen. Dokumentierte Behandlungen für CARP umfassen Salicylsäure, Hydrochinon, Harnstoff, Strahlentherapie, Antimykotika, Isotretinoin, Azithromycin und Minocyclin; Minocyclin wird von einigen Experten aufgrund seiner Wirksamkeit als Standardtherapie angesehen.2, 9 Dieser Fallbericht bestätigt erneut den Nutzen von Minocyclin bei dieser ungewöhnlichen Form von CARP.
期刊介绍:
The JDDG publishes scientific papers from a wide range of disciplines, such as dermatovenereology, allergology, phlebology, dermatosurgery, dermatooncology, and dermatohistopathology. Also in JDDG: information on medical training, continuing education, a calendar of events, book reviews and society announcements.
Papers can be submitted in German or English language. In the print version, all articles are published in German. In the online version, all key articles are published in English.