Berenice M. Lang, Panagiotis Balermpas, Andrea Bauer, Andreas Blum, Thomas Dirschka, Markus Follmann, Jorge Frank, Bernhard Frerich, Klaus Fritz, Axel Hauschild, Ludwig M. Heindl, Hans-Peter Howaldt, Stephan Ihrler, Vinodh Kakkassery, Bernhard Klumpp, Albrecht Krause-Bergmann, Christoph Löser, Markus Meissner, Michael M. Sachse, Max Schlaak, Michael P. Schön, Lutz Tischendorf, Michael Tronnier, Dirk Vordermark, Julia Welzel, Michael Weichenthal, Susanne Wiegand, Roland Kaufmann, Stephan Grabbe
{"title":"S2k-Leitlinie Basalzellkarzinom der Haut (Aktualisierung 2023)","authors":"Berenice M. Lang, Panagiotis Balermpas, Andrea Bauer, Andreas Blum, Thomas Dirschka, Markus Follmann, Jorge Frank, Bernhard Frerich, Klaus Fritz, Axel Hauschild, Ludwig M. Heindl, Hans-Peter Howaldt, Stephan Ihrler, Vinodh Kakkassery, Bernhard Klumpp, Albrecht Krause-Bergmann, Christoph Löser, Markus Meissner, Michael M. Sachse, Max Schlaak, Michael P. Schön, Lutz Tischendorf, Michael Tronnier, Dirk Vordermark, Julia Welzel, Michael Weichenthal, Susanne Wiegand, Roland Kaufmann, Stephan Grabbe","doi":"10.1111/ddg.15566_g","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"<p>Dieses Kapitel ist in der AWMF-Langfassung nachzulesen.</p><p> \n </p><p>Das Basalzellkarzinom (BZK) ist der häufigste maligne Tumor des Menschen in Mitteleuropa.<span><sup>1</sup></span> Es handelt sich um eine lokal destruierende epitheliale Neoplasie mit basaloider Differenzierung, die aus Stammzellen im Bereich der Haarfollikel und interfollikulärer Epidermis entsteht.<span><sup>2</sup></span> Klinisch stellen sich hautfarbene oder rote bis rot-bräunliche Knötchen, Plaques (etwa bei sBZK) oder Ulzera dar – je nach Voranschreiten der Läsion und Lokalisation. Das klassische nBZK fällt durch eine Randbetonung der Läsionen in Form eines glänzenden perlschnurartigen Saums auf, der von Teleangiektasien durchzogen wird und zentral ulzerieren kann. Das klinische Erscheinungsbild ist variabel, folgende Erscheinungsformen werden beobachtet: noduläres BZK, superfizielles BZK, sklerodermiformes BZK, pigmentiertes BZK, ulzeriertes BZK (Ulcus rodens), destruierendes BZK (Ulcus terebrans, historischer Begriff). Die ulzero-nodulären Formen machen 60%–80% der Tumoren aus.<span><sup>3</sup></span></p><p>Die Inzidenz ist seit Jahren stetig steigend und beträgt in Deutschland laut Statistik aktuell etwa 200 pro 100 000 Einwohner und Jahr.<span><sup>4-6</sup></span> Wahrscheinlich ist die tatsächliche Zahl deutlich höher, da in den meisten Krebsregistern nur das Erstauftreten eines BZK registriert wird und multiple Tumoren nicht abgebildet werden. Für die kommenden Dekaden wird die Inzidenz als weiter steigend vorausgesagt.<span><sup>7</sup></span> Die Lebenszeitprävalenz wurde für die Bevölkerung zentral- und nordeuropäischer Ethnien auf über 10% geschätzt.<span><sup>8</sup></span> Das mittlere Erkrankungsalter in Deutschland liegt derzeit laut Daten der Krebsregister bei 73 (Männer) beziehungsweise 71 (Frauen) Jahren. Beide Geschlechter sind betroffen, wobei Männer etwas häufiger erkranken.<span><sup>4</sup></span> Das BZK wächst vor allem lokal infiltrierend und destruierend, eine Metastasierung erfolgt sehr selten (geschätzte Inzidenz 0,0028%–0,55%).<span><sup>9</sup></span> Basalzellkarzinome machen mehr als 80% aller epithelialen Hauttumoren aus und treten am häufigsten an Kopf und Hals auf, gefolgt von Rumpf und Extremitäten.<span><sup>6, 10, 11</sup></span> Basalzellkarzinome können nur an Hautarealen mit Ausbildung von Haarfollikeln entstehen; daraus folgt, dass eine primäre Manifestation an den Schleimhäuten oder an Handflächen und Fußsohlen nicht möglich ist.</p><p>Die Aktivierung des Sonic-Hedgehog (SHH)-Signalwegs spielt eine zentrale Rolle in der Entstehung von BZK. Durch eine Mutation im Inhibitor <i>Patched</i> (PTCH) des SHH kommt es zu unkontrollierter Aktivierung von <i>Smoothened</i> (SMO), was zur Apoptoseresistenz von Keratinozyten führt. Zehn Prozent der sporadischen BZK zeigen eine aktivierende Mutation in SMO, während 90% eine inaktivierende PTCH-Mutation zu Grunde liegt. Letztere ist auch für BZK bei Syndromen wie Basalzellkarzinomsyndrom und Xeroderma pigmentosum verantwortlich.<span><sup>9</sup></span> Darüber hinaus sind (UV-ausgelöste) Punktmutationen in p53 an der Entstehung von BZK beteiligt.<span><sup>12</sup></span> In einer Untersuchung aus dem Jahr 2016 wurde jedoch auch die Vielfalt genetischer Mutationen in BZK gezeigt. So zeigten zwar 85% der untersuchten BZK (n = 293) Mutationen im SHH-Signalweg (PTCH1 [73%], SMO [20%], SUFU [8%]) und 61% im TP53, jedoch wurden in 85% der BZK auch weitere Mutationen in anderen Krebs-assoziierten Genen gefunden (MYCN [30%], PPP6C [15%], STK19 [10%], LATS1 [8%], ERBB2 [4%], PIK3CA [2%], NRAS/KRAS/HRAS [2%], PTPN14 [23%], RB1 [8%], FBXW7 [5%]). Der Stellenwert dieser Mutationen muss weiter untersucht werden und könnte für die Therapie von lfBZK oder mBZK in Zukunft eine Rolle spielen.<span><sup>13</sup></span></p><p>Als Risikofaktor für die Entstehung von BZK gilt in erster Linie die intensive UV-Belastung, und zwar neben der chronischen Exposition insbesondere intermittierende hohe Expositionsspitzen (Sonnenbrand, insbesondere in der Kindheit).<span><sup>14-17</sup></span> Daraus folgend geht eine hohe Gefahr von der Nutzung von Solarien aus.<span><sup>18</sup></span> Patienten mit sehr hoher beruflicher UV-Exposition haben ein deutlich erhöhtes Risiko für die Entwicklung von BZK (<i>Odds Ratio</i> [OR] 1,43; 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,23–1,66) im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung.<span><sup>19, 20</sup></span> Der Zusammenhang ist jedoch – verglichen mit Plattenepithelkarzinomen – insgesamt weniger stark und konsistent.<span><sup>20, 21</sup></span> Derzeit liegen für BZK als Folge von beruflicher solarer UV-Exposition die rechtlichen Voraussetzungen für eine Anerkennung als BK 5103 nicht vor.<span><sup>22</sup></span> Weiterhin sind als Risikofaktoren zu nennen: männliches Geschlecht, Hauttyp I und II nach Fitzpatrick (Menschen mit genetisch festgelegter geringer Pigmentierung der Haut), BZK in der Eigenanamnese, chronische Arsenexposition, Exposition gegenüber ionisierender Strahlung, langjährige Immunsuppression sowie genetische Syndrome (Basalzellkarzinomsyndrom, Xeroderma pigmentosum). Narben und chronische Ulzerationen sind insbesondere für die Entstehung von BZK in nicht-chronisch UV-exponierten Arealen von Bedeutung.</p><p>Dieses Kapitel ist in der AWMF-Langfassung nachzulesen.</p><p> \n\n </p><p> \n\n </p><p> \n\n </p><p> \n\n </p><p> \n\n </p><p> \n\n </p><p>Im klinischen Alltag werden meist Stanz- oder Exzisionsbiopsien zur Diagnosesicherung und zur Bestimmung der Tumorparameter entnommen, anhand derer die therapeutischen Maßnahmen für den individuellen Fall festgelegt werden. Insbesondere bei multizentrischem Wachstum erlauben oft erst Stufenschnitte durch den Stanzzylinder die Diagnosestellung, weiterhin erhöhen Stufenschnitte die Genauigkeit der Subklassifizierung und der Tiefenmessung.<span><sup>38</sup></span> Grundsätzlich ist die Subtyp-Klassifikation in Stanzbiopsaten aufgrund von Tumorinhomogenitäten oft aber nicht ausreichend zuverlässig.<span><sup>39</sup></span> Die größte Genauigkeit zur histologischen Detektion subklinischer Ausläufer wird mit einer lückenlosen Randaufarbeitung erzielt.<span><sup>40, 41</sup></span> Ähnliche Probleme gelten für die Angabe des vertikalen Tumordurchmessers (Tumordicke), der als wichtiger Parameter für die Therapiewahl (operativ vs. nicht operativ) in der Praxis gilt. Zur Orientierung ist der vertikale Tumordurchmesser obligat anzugeben, gemessen – analog zur Messung bei Melanomen und Plattenepithelkarzinomen – vom Stratum granulosum bis zum tiefsten Tumoranteil. Erreicht der Tumor den unteren Rand des Biopsates ist die Tumordicke als minimale Tumordicke anzugeben. Auch bei Flachabtragungen sollte unter Angabe der Entnahmeart eine orientierende Tumordicke angegeben werden. Bei Durchführung einer konventionellen histologischen Aufarbeitung sollten nach Möglichkeit Angaben zum minimalen Resektionsabstand gemacht werden.</p><p>Messungen der horizontalen Tumorausdehnung obliegen dem Kliniker, am fixierten Gewebe sind die Angaben nicht hilfreich und oftmals nicht zu bestimmen. Die Festlegung des mikroskopischen horizontalen und tiefen Randabstandes entfällt bei Teil- oder Probeexzisionen, erübrigt sich bei getrennter Randaufarbeitung und ist bei multizentrischem Wachstum irreführend. Daher ist diese Messung nicht erforderlich, es obliegt dem Pathologen/Dermatopathologen, auf Tumorausläufer hinzuweisen, die sehr nahe an den Schnittrand heranreichen (auch abhängig vom Wachstumstyp), und deren räumliche Lokalisation anzugeben. Grundsätzlich müssen im histopathologischen Befundbericht bei Tumorexzisionen Angaben zur Vollständigkeit der Entfernung enthalten sein, die in der Kommunikation zwischen Chirurgie und Pathologie auf das gewählte Resektionsverfahren zugeschnitten sind.</p><p>Die „Ursprungszelle“ des BZK ist nicht sicher charakterisiert, neben den Basalzellen der interfollikulären Epidermis wird als Ausgangsstruktur der primitive Haarfollikel vermutet, mit dem morphologisch wie auch histochemisch viele Gemeinsamkeiten bestehen.<span><sup>42</sup></span> Manche Autoren verwenden daher die Bezeichnung „trichoblastäre Karzinome“. Wie klinisch besitzt das BZK auch histologisch eine große morphologische Bandbreite. So können die Tumoren verschiedene Differenzierungsformen, insbesondere die von Adnexstrukturen (zum Beispiel follikulär, sebozytär, adenoid-drüsig), aufweisen.</p><p>Für den Kliniker und die therapeutischen Erwägungen weit mehr von Bedeutung ist das Wachstumsmuster der Tumoren.<span><sup>43</sup></span> Da Tumoren mit schmalzapfig infiltrativem und/oder fibrosierend/sklerosierendem sowie perineuralem Wachstum häufig subklinische Ausläufer aufweisen und im Vergleich zu umschriebenen Tumoren häufiger zu Rezidiven neigen, sollte der histologische Befund einen Hinweis auf diese Charakteristika enthalten. Keine prognostische Relevanz haben verstärkte Melaninpigmentierung und Ausbildung zystischer Tumorformationen. Die Subtypenklassifikation sollte sich an den Vorgaben der WHO orientieren.<span><sup>3</sup></span> Hierbei ist besonders die Einordnung von nodulären, superfiziellen, infiltrativen und sklerodermiformen Subtypen für die weitere Therapieplanung relevant; weitere Subtypen laut dieser Klassifikation sind: mikronodulär, fibroepithelial (Pinkus-Tumor), adnexale Differenzierung, basosquamös beziehungweise metatypisch (als eigene Entität jedoch umstritten), keratotisch, zystisch, infundibulozystisch, adenoid, pigmentiert. Eine eindeutige Subtypenzuordnung ist aber oft nicht möglich, da die einem Subtyp klassischerweise zugeordneten Kriterien sehr unterschiedlich stark ausgeprägt vorliegen können, oft aber auch eine Kombination mehrerer morphologischer Kriterien zu beobachten ist.</p><p>Die histologische Diagnosestellung erfolgt am HE-gefärbten Schnittpräparat, Sonderfärbungen und immunhistologische Untersuchungen sind nur selten erforderlich. Analog zum Plattenepithelkarzinom kann eine TNM-Klassifikation (UICC) erfolgen. Allerdings ist diese im klinischen Alltag nicht hilfreich, da die T-Klassifikation zu grob ist und ein positiver N- und M-Status sehr selten vorkommen. Daher sind diese Angaben beim BZK nicht erforderlich.</p><p>Die Stadieneinteilung nach der TNM-Klassifikation ist für das BZK aufgrund des lokal destruierenden und zumeist nicht metastasierenden Wachstums klinisch nicht bedeutend (T-Klassifikation zu grob, N- und M-Status in mehr als 99% negativ). Daher wird an dieser Stelle eine Risikostratifizierung zur Einschätzung der Rezidivierungstendenz aufgezeigt, die bei der Auswahl der darauffolgenden Therapieoptionen hilfreich sein soll.\n\n </p><p> \n\n </p><p>Bei Immunsuppression sowie bei genetischen Syndromen besteht ein erhöhtes Risiko für die Entstehung von Zweittumoren. Immunsuppression erhöht das Risiko für die Entstehung eines BZK um das 4- bis 7-fache.<span><sup>59</sup></span> Basalzellkarzinome bei Organtransplantierten weisen jedoch keine erhöhte Aggressivität auf, wie bei Plattenepithelkarzinomen beschrieben.<span><sup>60</sup></span></p><p> \n\n </p><p> \n\n </p><p> \n\n </p><p> \n\n </p><p> \n\n </p><p>Mehr als 95% aller BZK lassen sich durch eine Exzision sicher und vollständig behandeln. Die operative Entfernung ist mit einer 5-Jahres-Rezidivquote von 2% bis 8% den nicht histologisch kontrollierten topischen Verfahren überlegen [Literaturübersicht bei <span><sup>65-67</sup></span>].</p><p>Die operative Entfernung erfolgt entweder als konventionelle Exzision mit einem dem Rezidivrisiko angepassten Sicherheitsabstand (Kapitel 5 „Risikostratifizierung“) und konventioneller histologischer Untersuchung oder im Rahmen eines schrittweisen Prozedere mit systematischer Randschnittkontrolle und Sicherstellung einer zu den Seiten und zur Tiefe erfolgten Tumorentfernung (mikroskopisch kontrollierte Chirurgie). Im Falle superfizieller und kleinerer BZK (vor allem am Rumpf und an den Extremitäten) kann mit vergleichbarer Heilungsrate eine Flachexzision erwogen werden.<span><sup>68, 69</sup></span></p><p>Zur besseren Sichtbarkeit der Tumorgrenzen können bei unscharfen Randbefunden – insbesondere bei Rezidiven – präoperativ bildgebende Verfahren (Kapitel 3 „Diagnostik“) hilfreich sein.<span><sup>70</sup></span></p><p> \n\n </p><p> \n\n </p><p> \n\n </p><p> \n\n </p><p>Die operative Behandlung ist der Goldstandard der lokalen Therapie des BZK. Allerdings können bestimmte Tumormerkmale (Ausdehnung, Infiltration von tiefen Strukturen, Lokalisation an Stellen, die zu mutilierenden Operationen führen), Komorbidität oder auch Patientenpräferenz zur Wahl eines nichtoperativen Verfahrens führen. In multiplen Untersuchungen (Fallserien, retrospektiven Studien, Reviews) konnten klinische Kontrollraten von 92% bis 99% für kleinere BZK und 70% bis 90% für Hochrisiko-BZK mit großer Ausdehnung, Risikolokalisation oder Rezidivsituationen zusammengetragen werden (Nachbeobachtungszeit zwischen 4 Monaten und 10 Jahren), wobei verschiedene Strahlentherapiemodalitäten zum Einsatz kamen (überwiegend Brachytherapie, zudem Elektronen, Orthovolt-Bestrahlung).<span><sup>52, 90-98</sup></span> Die einzige randomisierte Studie (n = 347), die zwischen Operation und Strahlentherapie verglichen hat (1 : 1-Randomisierung), zeigt eine signifikante Überlegenheit der Operation bezüglich lokaler Kontrolle mit 99,3% vs. 92,5% nach 4 Jahren (maximale Nachbeobachtungszeit).<span><sup>99</sup></span> Hier wurden allerdings sehr unterschiedliche, nach heutigem Standard teils unzureichende Dosis- und Fraktionierungskonzepte der Strahlentherapie benutzt.</p><p>Die Nebenwirkungen der Strahlentherapie sind relativ gering. Bezüglich des ästhetischen Ergebnisses konnte in einer Übersicht der Literatur gezeigt werden, dass über 90% der Patienten mittels Fragebogenbewertung das ästhetische Ergebnis der Behandlung als “gut” oder “exzellent” bewerteten.<span><sup>100</sup></span> Außerdem gibt es Hinweise, dass das ästhetische Ergebnis abhängig von der Einzeldosis ist. Mit einer konventionell fraktionierten oder moderat hypofraktionierten Bestrahlung (1,8 bis 3 Gy) konnten folgende Ergebnisse erzielt werden: 19 x 3 Gy, bei Olschewski et al., 94% „exzellent“ oder „gut“,<span><sup>101</sup></span> hypofraktioniertes Schema mit 3 x 10,2 Gy bei Abbatucci et al., 48% „gut“, 50% „akzeptabel“, 2% „schlecht“.<span><sup>102</sup></span> Eine Metaanalyse von Lee et al. verglich das kosmetische Ergebnis von Exzision (24 Studien), Moh‘s Surgery (13 Studien), externer Strahlentherapie (<i>external-beam radiation therapy</i>, EBRT, 19 Studien) und Brachytherapie (7 Studien) bei insgesamt 21 371 Patienten mit NMSC (keine Unterscheidung zwischen BZK und PEK). Sie kamen zu dem Schluss, dass für T1-T2 N0-Tumoren Brachytherapie und Mohs‘s Surgery der ERBT und konventionellen Exzision überlegen zu sein scheinen. Die lokale Krankheitskontrolle war ähnlich in allen vier Modalitäten.<span><sup>103, 104</sup></span></p><p>Die Indikationsstellung zur Strahlentherapie soll die Lebenserwartung in Abhängigkeit des Auftretens von strahleninduzierten Zweitmalignomen berücksichtigen.<span><sup>105</sup></span> Die Latenzzeit bis zur Entstehung eines Zweitmalignoms der Haut beträgt mindestens 10 Jahre, so dass für Patienten älter als 70 Jahre (mittleres Alter der BZK-Diagnose) das Risiko allein dadurch relativiert wird.<span><sup>106-108</sup></span></p><p>Es existiert kein direkter Vergleich unterschiedlicher Strahlentherapiemodalitäten, aber aus den vergleichbaren Ergebnissen in den oben erwähnten Fallserien lässt sich schließen, dass sowohl hochenergetische Elektronen (4 bis 10 MeV), HDR-Brachytherapie, Orthovolt- (100 bis 200 kV) oder Weichstrahltechnik (10 bis 50 kV) ähnlich effektiv sein können. Schulte et al. berichteten über insgesamt etwa 1300 Tumoren die mittels „Weichstrahltechnik“ (94,9% klinische Tumorfreiheit bei einer mittleren Nachbeobachtung von 77 Monaten) behandelt wurden.<span><sup>109</sup></span> Allerdings ist extreme Vorsicht bei tiefer infiltrierenden Läsionen geboten, da hier besonders die “weichen Röntgenstrahlen” aufgrund der geringen Eindring- und Wirktiefe Nachteile bezüglich der Tumorkontrolle zeigen (bei Tumordicke > 5 mm schon < 90% physikalische Dosis bei einer Energie von 50 kV und exponentieller Abfall in weiterer Tiefe).<span><sup>90-98</sup></span> Die Gesamtdosis sollte bei Normofraktionierung (5 x 2 Gy pro Woche) mindestens 60 Gy betragen, bei größeren Läsionen (> 2 cm horizontaler Durchmesser) ist eine Dosiserhöhung bis auf 66 Gy möglich. Bei hochbetagten Patienten können moderat hypofraktionierte (5 x 2,5 Gy/Woche bis zu einer Gesamtdosis von 55 Gy; 5 x 3 Gy/Woche bis 54 Gy) oder auch stark hypofraktionierte Schemata (5 bis 6 Gy 2 x pro Woche bis zu einer Gesamtdosis von 60 Gy) angeboten werden.<span><sup>49, 92, 104</sup></span> Allgemeine Empfehlungen zur Dosis: in der definitiven Situation normofraktioniert (1,8–2 Gy) bis zur biologisch äquivalenten Gesamtdosis (BED)<sub>10</sub> von 70–93,5 Gy und hypofraktioniert (2,1–5 Gy) bis BED<sub>10</sub> 56–88 Gy. Postoperativ könnte im Allgemeinen etwas tiefere Dosierung angewandt werden: normofraktioniert BED<sub>10</sub> 59,5–79,2 Gy und hypofraktioniert BED<sub>10</sub> 56–70,2 Gy.<span><sup>110</sup></span></p><p>Die folgenden wenigen randomisierten Daten für den Vergleich einer Strahlentherapie gegen andere nichtoperative lokale Verfahren wie Kryochirurgie oder Imiquimod zeigen folgende Ergebnisse: Hall et al. konnten schon 1986 in einer prospektiven, randomisierten Studie zeigen, dass 2 Jahre nach Strahlentherapie die klinische Rezidivrate bei Strahlentherapie 4% betrug verglichen mit 39% nach Kryochirurgie.<span><sup>111</sup></span> Des Weiteren hat eine kleine prospektive-randomisierte kontrollierte Studie mit 27 Patienten mit Augenlid-BZK gleiche Kontrollraten bei einer besseren Verträglichkeit der Bestrahlung in dieser Lokalisation gezeigt.<span><sup>112</sup></span></p><p>Eine inkomplette Resektion (R1, R2) oder ein perineurales Wachstum sind mit hohen Lokalrezidivraten assoziiert.<span><sup>34, 113, 114</sup></span> Obwohl prospektiv randomisierte Daten hierzu fehlen, ist es naheliegend, dass eine postoperative Strahlentherapie die lokale Tumorkontrolle bei inkompletter Resektion verbessern kann.<span><sup>37, 115, 116</sup></span> Retrospektive Daten an einem Kollektiv von 33 Patienten mit <i>non in sano</i> resezierten BZK im Bereich des Lidwinkels zeigen eine lokale klinische Tumorfreiheit von 100% trotz positiver Resektionsgrenzen für diese Hochrisiko-Lokalisation.<span><sup>117</sup></span> Eine Metaanalyse für R0 resezierte BZK mit perineuralem Wachstum konnte keine Verbesserung der Rezidivrate nach zusätzlicher adjuvanter Radiatio im Gegensatz zur Chirurgie alleine zeigen.<span><sup>58</sup></span> In bisherigen Studien wurde jedoch das Ausmaß der perineuralen Invasion sowie die Größe des involvierten Nervs histologisch nicht quantifiziert, was möglicherweise die Variabilität dieses Parameters hinsichtlich des Rezidivrisikos erklären könnte. Ein signifikanter Unterschied in der Prognose abhängig vom „Nervenkaliber“ konnte beim kutanen Plattenepithelkarzinoms nachgewiesen werden, sogenannte „extensive pn1“.<span><sup>118</sup></span> Generell wird eine postoperative Radiotherapie am ehesten nur in Fällen von klinisch oder radiologisch nachgewiesenem makroskopischem perineuralem Wachstum empfohlen.<span><sup>110</sup></span></p><p>Patienten, die für eine Strahlentherapie nicht in Frage kommen, sind insbesondere diejenigen mit hohem Risiko für eine Zweittumorinduktion (Alter < 40 Jahre, Patienten mit Basalzellkarzinomsyndrom oder anderen genetischen Syndromen) sowie Patienten mit Kollagenosen, die ein erhöhtes Risiko für überdurchschnittliche akute Toxizität zeigen (Lupus erythematodes, Sklerodermie).</p><p> \n\n </p><p> \n\n </p><p> \n\n </p><p> \n\n </p><p>Metastasierte Basalzellkarzinome, bei denen eine histologische Bestätigung der Metastasen vorliegt, finden sich in der Literatur ausgesprochen selten. Die geschätzte Inzidenz liegt bei 0,0028% bis 0,55%.<span><sup>9</sup></span> Eventuell wird jedoch die Anzahl von mBZK auch systematisch unterschätzt, weil bei diesem Tumor im Allgemeinen keine Untersuchungen zur Ausbreitungsdiagnostik durchgeführt werden und somit eventuelle Metastasen nicht detektiert werden können.</p><p>Die in der gesamten Literatur publizierten Fälle (n = 172) von mBZK im Zeitraum von 1970 und 2011 wurden in einer systematischen Metaanalyse hinsichtlich ihrer Prognose und ihrer Behandlung ausgewertet. Unter den 100 Fällen, die bestimmte Ein- und Ausschlusskriterien dieser Metaanalyse erfüllten, zeigten 50% regionale Metastasen, die anderen 50% Fernmetastasen. Die Patienten mit Fernmetastasen waren jünger (mittleres Alter: 58,0 Jahre) im Vergleich zu den Patienten mit regionalen Metastasen (66,3 Jahre). Von 93 der 100 Patienten lagen Informationen zur Behandlung, allerdings ohne das konkrete Behandlungsergebnis, vor. Die meisten Patienten mit Fernmetastasen erhielten eine Chemotherapie (36,2%), während bei den regionalen Metastasen die Chirurgie (87,0%) die häufigste Standardtherapie darstellte. Das mediane Überleben beim fernmetastasierten BZK lag bei 24 Monaten im Vergleich zu 87 Monaten beim regional metastasierten BZK. Aus den einzelnen Publikationen zum mBZK ist bekannt, dass vor dem Jahr 2012 zumeist platinhaltige Chemotherapien in Analogie zum metastasierten Plattenepithelkarzinom Verwendung fanden. Die Remissionsrate lag im Allgemeinen bei 20% bis 30% und die Remissionsdauer war kurz (2 bis 3 Monate).<span><sup>128</sup></span></p><p>Dieses Kapitel ist in der AWMF-Langfassung nachzulesen.</p><p>Dieses Kapitel ist in der AWMF-Langfassung nachzulesen.</p><p> \n\n </p><p> \n\n </p><p> \n\n </p><p>Dieses Kapitel ist in der AWMF-Langfassung nachzulesen.</p><p>Open access Veröffentlichung ermöglicht und organisiert durch Projekt DEAL.</p><p>Siehe AWMF-Leitlinienreport online.</p>","PeriodicalId":14758,"journal":{"name":"Journal Der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft","volume":"22 12","pages":"1697-1716"},"PeriodicalIF":5.5000,"publicationDate":"2024-12-08","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1111/ddg.15566_g","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Journal Der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft","FirstCategoryId":"3","ListUrlMain":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/ddg.15566_g","RegionNum":4,"RegionCategory":"医学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"Q1","JCRName":"DERMATOLOGY","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Dieses Kapitel ist in der AWMF-Langfassung nachzulesen.
Das Basalzellkarzinom (BZK) ist der häufigste maligne Tumor des Menschen in Mitteleuropa.1 Es handelt sich um eine lokal destruierende epitheliale Neoplasie mit basaloider Differenzierung, die aus Stammzellen im Bereich der Haarfollikel und interfollikulärer Epidermis entsteht.2 Klinisch stellen sich hautfarbene oder rote bis rot-bräunliche Knötchen, Plaques (etwa bei sBZK) oder Ulzera dar – je nach Voranschreiten der Läsion und Lokalisation. Das klassische nBZK fällt durch eine Randbetonung der Läsionen in Form eines glänzenden perlschnurartigen Saums auf, der von Teleangiektasien durchzogen wird und zentral ulzerieren kann. Das klinische Erscheinungsbild ist variabel, folgende Erscheinungsformen werden beobachtet: noduläres BZK, superfizielles BZK, sklerodermiformes BZK, pigmentiertes BZK, ulzeriertes BZK (Ulcus rodens), destruierendes BZK (Ulcus terebrans, historischer Begriff). Die ulzero-nodulären Formen machen 60%–80% der Tumoren aus.3
Die Inzidenz ist seit Jahren stetig steigend und beträgt in Deutschland laut Statistik aktuell etwa 200 pro 100 000 Einwohner und Jahr.4-6 Wahrscheinlich ist die tatsächliche Zahl deutlich höher, da in den meisten Krebsregistern nur das Erstauftreten eines BZK registriert wird und multiple Tumoren nicht abgebildet werden. Für die kommenden Dekaden wird die Inzidenz als weiter steigend vorausgesagt.7 Die Lebenszeitprävalenz wurde für die Bevölkerung zentral- und nordeuropäischer Ethnien auf über 10% geschätzt.8 Das mittlere Erkrankungsalter in Deutschland liegt derzeit laut Daten der Krebsregister bei 73 (Männer) beziehungsweise 71 (Frauen) Jahren. Beide Geschlechter sind betroffen, wobei Männer etwas häufiger erkranken.4 Das BZK wächst vor allem lokal infiltrierend und destruierend, eine Metastasierung erfolgt sehr selten (geschätzte Inzidenz 0,0028%–0,55%).9 Basalzellkarzinome machen mehr als 80% aller epithelialen Hauttumoren aus und treten am häufigsten an Kopf und Hals auf, gefolgt von Rumpf und Extremitäten.6, 10, 11 Basalzellkarzinome können nur an Hautarealen mit Ausbildung von Haarfollikeln entstehen; daraus folgt, dass eine primäre Manifestation an den Schleimhäuten oder an Handflächen und Fußsohlen nicht möglich ist.
Die Aktivierung des Sonic-Hedgehog (SHH)-Signalwegs spielt eine zentrale Rolle in der Entstehung von BZK. Durch eine Mutation im Inhibitor Patched (PTCH) des SHH kommt es zu unkontrollierter Aktivierung von Smoothened (SMO), was zur Apoptoseresistenz von Keratinozyten führt. Zehn Prozent der sporadischen BZK zeigen eine aktivierende Mutation in SMO, während 90% eine inaktivierende PTCH-Mutation zu Grunde liegt. Letztere ist auch für BZK bei Syndromen wie Basalzellkarzinomsyndrom und Xeroderma pigmentosum verantwortlich.9 Darüber hinaus sind (UV-ausgelöste) Punktmutationen in p53 an der Entstehung von BZK beteiligt.12 In einer Untersuchung aus dem Jahr 2016 wurde jedoch auch die Vielfalt genetischer Mutationen in BZK gezeigt. So zeigten zwar 85% der untersuchten BZK (n = 293) Mutationen im SHH-Signalweg (PTCH1 [73%], SMO [20%], SUFU [8%]) und 61% im TP53, jedoch wurden in 85% der BZK auch weitere Mutationen in anderen Krebs-assoziierten Genen gefunden (MYCN [30%], PPP6C [15%], STK19 [10%], LATS1 [8%], ERBB2 [4%], PIK3CA [2%], NRAS/KRAS/HRAS [2%], PTPN14 [23%], RB1 [8%], FBXW7 [5%]). Der Stellenwert dieser Mutationen muss weiter untersucht werden und könnte für die Therapie von lfBZK oder mBZK in Zukunft eine Rolle spielen.13
Als Risikofaktor für die Entstehung von BZK gilt in erster Linie die intensive UV-Belastung, und zwar neben der chronischen Exposition insbesondere intermittierende hohe Expositionsspitzen (Sonnenbrand, insbesondere in der Kindheit).14-17 Daraus folgend geht eine hohe Gefahr von der Nutzung von Solarien aus.18 Patienten mit sehr hoher beruflicher UV-Exposition haben ein deutlich erhöhtes Risiko für die Entwicklung von BZK (Odds Ratio [OR] 1,43; 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,23–1,66) im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung.19, 20 Der Zusammenhang ist jedoch – verglichen mit Plattenepithelkarzinomen – insgesamt weniger stark und konsistent.20, 21 Derzeit liegen für BZK als Folge von beruflicher solarer UV-Exposition die rechtlichen Voraussetzungen für eine Anerkennung als BK 5103 nicht vor.22 Weiterhin sind als Risikofaktoren zu nennen: männliches Geschlecht, Hauttyp I und II nach Fitzpatrick (Menschen mit genetisch festgelegter geringer Pigmentierung der Haut), BZK in der Eigenanamnese, chronische Arsenexposition, Exposition gegenüber ionisierender Strahlung, langjährige Immunsuppression sowie genetische Syndrome (Basalzellkarzinomsyndrom, Xeroderma pigmentosum). Narben und chronische Ulzerationen sind insbesondere für die Entstehung von BZK in nicht-chronisch UV-exponierten Arealen von Bedeutung.
Dieses Kapitel ist in der AWMF-Langfassung nachzulesen.
Im klinischen Alltag werden meist Stanz- oder Exzisionsbiopsien zur Diagnosesicherung und zur Bestimmung der Tumorparameter entnommen, anhand derer die therapeutischen Maßnahmen für den individuellen Fall festgelegt werden. Insbesondere bei multizentrischem Wachstum erlauben oft erst Stufenschnitte durch den Stanzzylinder die Diagnosestellung, weiterhin erhöhen Stufenschnitte die Genauigkeit der Subklassifizierung und der Tiefenmessung.38 Grundsätzlich ist die Subtyp-Klassifikation in Stanzbiopsaten aufgrund von Tumorinhomogenitäten oft aber nicht ausreichend zuverlässig.39 Die größte Genauigkeit zur histologischen Detektion subklinischer Ausläufer wird mit einer lückenlosen Randaufarbeitung erzielt.40, 41 Ähnliche Probleme gelten für die Angabe des vertikalen Tumordurchmessers (Tumordicke), der als wichtiger Parameter für die Therapiewahl (operativ vs. nicht operativ) in der Praxis gilt. Zur Orientierung ist der vertikale Tumordurchmesser obligat anzugeben, gemessen – analog zur Messung bei Melanomen und Plattenepithelkarzinomen – vom Stratum granulosum bis zum tiefsten Tumoranteil. Erreicht der Tumor den unteren Rand des Biopsates ist die Tumordicke als minimale Tumordicke anzugeben. Auch bei Flachabtragungen sollte unter Angabe der Entnahmeart eine orientierende Tumordicke angegeben werden. Bei Durchführung einer konventionellen histologischen Aufarbeitung sollten nach Möglichkeit Angaben zum minimalen Resektionsabstand gemacht werden.
Messungen der horizontalen Tumorausdehnung obliegen dem Kliniker, am fixierten Gewebe sind die Angaben nicht hilfreich und oftmals nicht zu bestimmen. Die Festlegung des mikroskopischen horizontalen und tiefen Randabstandes entfällt bei Teil- oder Probeexzisionen, erübrigt sich bei getrennter Randaufarbeitung und ist bei multizentrischem Wachstum irreführend. Daher ist diese Messung nicht erforderlich, es obliegt dem Pathologen/Dermatopathologen, auf Tumorausläufer hinzuweisen, die sehr nahe an den Schnittrand heranreichen (auch abhängig vom Wachstumstyp), und deren räumliche Lokalisation anzugeben. Grundsätzlich müssen im histopathologischen Befundbericht bei Tumorexzisionen Angaben zur Vollständigkeit der Entfernung enthalten sein, die in der Kommunikation zwischen Chirurgie und Pathologie auf das gewählte Resektionsverfahren zugeschnitten sind.
Die „Ursprungszelle“ des BZK ist nicht sicher charakterisiert, neben den Basalzellen der interfollikulären Epidermis wird als Ausgangsstruktur der primitive Haarfollikel vermutet, mit dem morphologisch wie auch histochemisch viele Gemeinsamkeiten bestehen.42 Manche Autoren verwenden daher die Bezeichnung „trichoblastäre Karzinome“. Wie klinisch besitzt das BZK auch histologisch eine große morphologische Bandbreite. So können die Tumoren verschiedene Differenzierungsformen, insbesondere die von Adnexstrukturen (zum Beispiel follikulär, sebozytär, adenoid-drüsig), aufweisen.
Für den Kliniker und die therapeutischen Erwägungen weit mehr von Bedeutung ist das Wachstumsmuster der Tumoren.43 Da Tumoren mit schmalzapfig infiltrativem und/oder fibrosierend/sklerosierendem sowie perineuralem Wachstum häufig subklinische Ausläufer aufweisen und im Vergleich zu umschriebenen Tumoren häufiger zu Rezidiven neigen, sollte der histologische Befund einen Hinweis auf diese Charakteristika enthalten. Keine prognostische Relevanz haben verstärkte Melaninpigmentierung und Ausbildung zystischer Tumorformationen. Die Subtypenklassifikation sollte sich an den Vorgaben der WHO orientieren.3 Hierbei ist besonders die Einordnung von nodulären, superfiziellen, infiltrativen und sklerodermiformen Subtypen für die weitere Therapieplanung relevant; weitere Subtypen laut dieser Klassifikation sind: mikronodulär, fibroepithelial (Pinkus-Tumor), adnexale Differenzierung, basosquamös beziehungweise metatypisch (als eigene Entität jedoch umstritten), keratotisch, zystisch, infundibulozystisch, adenoid, pigmentiert. Eine eindeutige Subtypenzuordnung ist aber oft nicht möglich, da die einem Subtyp klassischerweise zugeordneten Kriterien sehr unterschiedlich stark ausgeprägt vorliegen können, oft aber auch eine Kombination mehrerer morphologischer Kriterien zu beobachten ist.
Die histologische Diagnosestellung erfolgt am HE-gefärbten Schnittpräparat, Sonderfärbungen und immunhistologische Untersuchungen sind nur selten erforderlich. Analog zum Plattenepithelkarzinom kann eine TNM-Klassifikation (UICC) erfolgen. Allerdings ist diese im klinischen Alltag nicht hilfreich, da die T-Klassifikation zu grob ist und ein positiver N- und M-Status sehr selten vorkommen. Daher sind diese Angaben beim BZK nicht erforderlich.
Die Stadieneinteilung nach der TNM-Klassifikation ist für das BZK aufgrund des lokal destruierenden und zumeist nicht metastasierenden Wachstums klinisch nicht bedeutend (T-Klassifikation zu grob, N- und M-Status in mehr als 99% negativ). Daher wird an dieser Stelle eine Risikostratifizierung zur Einschätzung der Rezidivierungstendenz aufgezeigt, die bei der Auswahl der darauffolgenden Therapieoptionen hilfreich sein soll.
Bei Immunsuppression sowie bei genetischen Syndromen besteht ein erhöhtes Risiko für die Entstehung von Zweittumoren. Immunsuppression erhöht das Risiko für die Entstehung eines BZK um das 4- bis 7-fache.59 Basalzellkarzinome bei Organtransplantierten weisen jedoch keine erhöhte Aggressivität auf, wie bei Plattenepithelkarzinomen beschrieben.60
Mehr als 95% aller BZK lassen sich durch eine Exzision sicher und vollständig behandeln. Die operative Entfernung ist mit einer 5-Jahres-Rezidivquote von 2% bis 8% den nicht histologisch kontrollierten topischen Verfahren überlegen [Literaturübersicht bei 65-67].
Die operative Entfernung erfolgt entweder als konventionelle Exzision mit einem dem Rezidivrisiko angepassten Sicherheitsabstand (Kapitel 5 „Risikostratifizierung“) und konventioneller histologischer Untersuchung oder im Rahmen eines schrittweisen Prozedere mit systematischer Randschnittkontrolle und Sicherstellung einer zu den Seiten und zur Tiefe erfolgten Tumorentfernung (mikroskopisch kontrollierte Chirurgie). Im Falle superfizieller und kleinerer BZK (vor allem am Rumpf und an den Extremitäten) kann mit vergleichbarer Heilungsrate eine Flachexzision erwogen werden.68, 69
Zur besseren Sichtbarkeit der Tumorgrenzen können bei unscharfen Randbefunden – insbesondere bei Rezidiven – präoperativ bildgebende Verfahren (Kapitel 3 „Diagnostik“) hilfreich sein.70
Die operative Behandlung ist der Goldstandard der lokalen Therapie des BZK. Allerdings können bestimmte Tumormerkmale (Ausdehnung, Infiltration von tiefen Strukturen, Lokalisation an Stellen, die zu mutilierenden Operationen führen), Komorbidität oder auch Patientenpräferenz zur Wahl eines nichtoperativen Verfahrens führen. In multiplen Untersuchungen (Fallserien, retrospektiven Studien, Reviews) konnten klinische Kontrollraten von 92% bis 99% für kleinere BZK und 70% bis 90% für Hochrisiko-BZK mit großer Ausdehnung, Risikolokalisation oder Rezidivsituationen zusammengetragen werden (Nachbeobachtungszeit zwischen 4 Monaten und 10 Jahren), wobei verschiedene Strahlentherapiemodalitäten zum Einsatz kamen (überwiegend Brachytherapie, zudem Elektronen, Orthovolt-Bestrahlung).52, 90-98 Die einzige randomisierte Studie (n = 347), die zwischen Operation und Strahlentherapie verglichen hat (1 : 1-Randomisierung), zeigt eine signifikante Überlegenheit der Operation bezüglich lokaler Kontrolle mit 99,3% vs. 92,5% nach 4 Jahren (maximale Nachbeobachtungszeit).99 Hier wurden allerdings sehr unterschiedliche, nach heutigem Standard teils unzureichende Dosis- und Fraktionierungskonzepte der Strahlentherapie benutzt.
Die Nebenwirkungen der Strahlentherapie sind relativ gering. Bezüglich des ästhetischen Ergebnisses konnte in einer Übersicht der Literatur gezeigt werden, dass über 90% der Patienten mittels Fragebogenbewertung das ästhetische Ergebnis der Behandlung als “gut” oder “exzellent” bewerteten.100 Außerdem gibt es Hinweise, dass das ästhetische Ergebnis abhängig von der Einzeldosis ist. Mit einer konventionell fraktionierten oder moderat hypofraktionierten Bestrahlung (1,8 bis 3 Gy) konnten folgende Ergebnisse erzielt werden: 19 x 3 Gy, bei Olschewski et al., 94% „exzellent“ oder „gut“,101 hypofraktioniertes Schema mit 3 x 10,2 Gy bei Abbatucci et al., 48% „gut“, 50% „akzeptabel“, 2% „schlecht“.102 Eine Metaanalyse von Lee et al. verglich das kosmetische Ergebnis von Exzision (24 Studien), Moh‘s Surgery (13 Studien), externer Strahlentherapie (external-beam radiation therapy, EBRT, 19 Studien) und Brachytherapie (7 Studien) bei insgesamt 21 371 Patienten mit NMSC (keine Unterscheidung zwischen BZK und PEK). Sie kamen zu dem Schluss, dass für T1-T2 N0-Tumoren Brachytherapie und Mohs‘s Surgery der ERBT und konventionellen Exzision überlegen zu sein scheinen. Die lokale Krankheitskontrolle war ähnlich in allen vier Modalitäten.103, 104
Die Indikationsstellung zur Strahlentherapie soll die Lebenserwartung in Abhängigkeit des Auftretens von strahleninduzierten Zweitmalignomen berücksichtigen.105 Die Latenzzeit bis zur Entstehung eines Zweitmalignoms der Haut beträgt mindestens 10 Jahre, so dass für Patienten älter als 70 Jahre (mittleres Alter der BZK-Diagnose) das Risiko allein dadurch relativiert wird.106-108
Es existiert kein direkter Vergleich unterschiedlicher Strahlentherapiemodalitäten, aber aus den vergleichbaren Ergebnissen in den oben erwähnten Fallserien lässt sich schließen, dass sowohl hochenergetische Elektronen (4 bis 10 MeV), HDR-Brachytherapie, Orthovolt- (100 bis 200 kV) oder Weichstrahltechnik (10 bis 50 kV) ähnlich effektiv sein können. Schulte et al. berichteten über insgesamt etwa 1300 Tumoren die mittels „Weichstrahltechnik“ (94,9% klinische Tumorfreiheit bei einer mittleren Nachbeobachtung von 77 Monaten) behandelt wurden.109 Allerdings ist extreme Vorsicht bei tiefer infiltrierenden Läsionen geboten, da hier besonders die “weichen Röntgenstrahlen” aufgrund der geringen Eindring- und Wirktiefe Nachteile bezüglich der Tumorkontrolle zeigen (bei Tumordicke > 5 mm schon < 90% physikalische Dosis bei einer Energie von 50 kV und exponentieller Abfall in weiterer Tiefe).90-98 Die Gesamtdosis sollte bei Normofraktionierung (5 x 2 Gy pro Woche) mindestens 60 Gy betragen, bei größeren Läsionen (> 2 cm horizontaler Durchmesser) ist eine Dosiserhöhung bis auf 66 Gy möglich. Bei hochbetagten Patienten können moderat hypofraktionierte (5 x 2,5 Gy/Woche bis zu einer Gesamtdosis von 55 Gy; 5 x 3 Gy/Woche bis 54 Gy) oder auch stark hypofraktionierte Schemata (5 bis 6 Gy 2 x pro Woche bis zu einer Gesamtdosis von 60 Gy) angeboten werden.49, 92, 104 Allgemeine Empfehlungen zur Dosis: in der definitiven Situation normofraktioniert (1,8–2 Gy) bis zur biologisch äquivalenten Gesamtdosis (BED)10 von 70–93,5 Gy und hypofraktioniert (2,1–5 Gy) bis BED10 56–88 Gy. Postoperativ könnte im Allgemeinen etwas tiefere Dosierung angewandt werden: normofraktioniert BED10 59,5–79,2 Gy und hypofraktioniert BED10 56–70,2 Gy.110
Die folgenden wenigen randomisierten Daten für den Vergleich einer Strahlentherapie gegen andere nichtoperative lokale Verfahren wie Kryochirurgie oder Imiquimod zeigen folgende Ergebnisse: Hall et al. konnten schon 1986 in einer prospektiven, randomisierten Studie zeigen, dass 2 Jahre nach Strahlentherapie die klinische Rezidivrate bei Strahlentherapie 4% betrug verglichen mit 39% nach Kryochirurgie.111 Des Weiteren hat eine kleine prospektive-randomisierte kontrollierte Studie mit 27 Patienten mit Augenlid-BZK gleiche Kontrollraten bei einer besseren Verträglichkeit der Bestrahlung in dieser Lokalisation gezeigt.112
Eine inkomplette Resektion (R1, R2) oder ein perineurales Wachstum sind mit hohen Lokalrezidivraten assoziiert.34, 113, 114 Obwohl prospektiv randomisierte Daten hierzu fehlen, ist es naheliegend, dass eine postoperative Strahlentherapie die lokale Tumorkontrolle bei inkompletter Resektion verbessern kann.37, 115, 116 Retrospektive Daten an einem Kollektiv von 33 Patienten mit non in sano resezierten BZK im Bereich des Lidwinkels zeigen eine lokale klinische Tumorfreiheit von 100% trotz positiver Resektionsgrenzen für diese Hochrisiko-Lokalisation.117 Eine Metaanalyse für R0 resezierte BZK mit perineuralem Wachstum konnte keine Verbesserung der Rezidivrate nach zusätzlicher adjuvanter Radiatio im Gegensatz zur Chirurgie alleine zeigen.58 In bisherigen Studien wurde jedoch das Ausmaß der perineuralen Invasion sowie die Größe des involvierten Nervs histologisch nicht quantifiziert, was möglicherweise die Variabilität dieses Parameters hinsichtlich des Rezidivrisikos erklären könnte. Ein signifikanter Unterschied in der Prognose abhängig vom „Nervenkaliber“ konnte beim kutanen Plattenepithelkarzinoms nachgewiesen werden, sogenannte „extensive pn1“.118 Generell wird eine postoperative Radiotherapie am ehesten nur in Fällen von klinisch oder radiologisch nachgewiesenem makroskopischem perineuralem Wachstum empfohlen.110
Patienten, die für eine Strahlentherapie nicht in Frage kommen, sind insbesondere diejenigen mit hohem Risiko für eine Zweittumorinduktion (Alter < 40 Jahre, Patienten mit Basalzellkarzinomsyndrom oder anderen genetischen Syndromen) sowie Patienten mit Kollagenosen, die ein erhöhtes Risiko für überdurchschnittliche akute Toxizität zeigen (Lupus erythematodes, Sklerodermie).
Metastasierte Basalzellkarzinome, bei denen eine histologische Bestätigung der Metastasen vorliegt, finden sich in der Literatur ausgesprochen selten. Die geschätzte Inzidenz liegt bei 0,0028% bis 0,55%.9 Eventuell wird jedoch die Anzahl von mBZK auch systematisch unterschätzt, weil bei diesem Tumor im Allgemeinen keine Untersuchungen zur Ausbreitungsdiagnostik durchgeführt werden und somit eventuelle Metastasen nicht detektiert werden können.
Die in der gesamten Literatur publizierten Fälle (n = 172) von mBZK im Zeitraum von 1970 und 2011 wurden in einer systematischen Metaanalyse hinsichtlich ihrer Prognose und ihrer Behandlung ausgewertet. Unter den 100 Fällen, die bestimmte Ein- und Ausschlusskriterien dieser Metaanalyse erfüllten, zeigten 50% regionale Metastasen, die anderen 50% Fernmetastasen. Die Patienten mit Fernmetastasen waren jünger (mittleres Alter: 58,0 Jahre) im Vergleich zu den Patienten mit regionalen Metastasen (66,3 Jahre). Von 93 der 100 Patienten lagen Informationen zur Behandlung, allerdings ohne das konkrete Behandlungsergebnis, vor. Die meisten Patienten mit Fernmetastasen erhielten eine Chemotherapie (36,2%), während bei den regionalen Metastasen die Chirurgie (87,0%) die häufigste Standardtherapie darstellte. Das mediane Überleben beim fernmetastasierten BZK lag bei 24 Monaten im Vergleich zu 87 Monaten beim regional metastasierten BZK. Aus den einzelnen Publikationen zum mBZK ist bekannt, dass vor dem Jahr 2012 zumeist platinhaltige Chemotherapien in Analogie zum metastasierten Plattenepithelkarzinom Verwendung fanden. Die Remissionsrate lag im Allgemeinen bei 20% bis 30% und die Remissionsdauer war kurz (2 bis 3 Monate).128
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