[Fit for Europe?].

Q Medicine Forschende Komplementarmedizin Pub Date : 2007-06-01 DOI:10.1159/000102059
Bettina Reiter
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Abstract

Die Komplementärmedizin (CAM) macht zweifellos Fortschritte. Immer mehr Patienten sehen es als selbstverständlich an, dass ihnen neben der konventionellen (Schul-)Medizin auch Gesundheitsleistungen angeboten werden, die sich um einen anderen, komplementären Zugang zu ihren Problemen bemühen. Für junge Mediziner gehört es zum guten postgradualen Ton, sich zusätzlich zum akademischen Studium in einer komplementärmedizinischen Methode auszubilden; demgemäß gibt es zunehmend Bemühungen, CAM in den Studienbetrieb einzubauen [1, 2] und/oder für fundierte postgraduale Weiterbildungsangebote zu sorgen. In England gibt es sicher die meisten universitären Lehrund Forschungseinrichtungen für CAM, aber auch in der Schweiz, in Deutschland, Norwegen und Ungarn wird CAM an den Universitäten immerhin schon angeboten. Und selbst in Österreich hat der Krankenanstaltenverbund der Gemeinde Wien (KAV), der größte Ärzteausbilder Europas, die Akademie für Ganzheitsmedizin (Gamed) beauftragt, einen einjährigen Lehrgang «Integrative Health Care» als Blended-Learning-Programm zu entwickeln und aufzubauen. Auch bei den Hochschullehrern scheint sich ein Umdenken anzubahnen, wenn man den Ergebnissen der Umfrageuntersuchung von Brinkhaus et al. glauben darf: Demnach sind rund 60% der Institutsleiter dafür, dass CAM unterrichtet und auch in die klinische Praxis integriert wird. Auf den ersten Blick mag man denken, das seien viele. Bei Patientenbefragungen liegt der Anteil derer, die CAM für eine sinnvolle Angebotserweiterung halten allerdings regelmäßig höher. Außerdem ist anzunehmen, dass es sich bei den Angaben vieler Hochschullehrer eher um ein Lippenbekenntnis handelt – es kostet ja nichts, prinzipiell dafür zu sein, dass CAM unterrichtet wird. In Österreich ist die Situation der fehlenden akademischen Anbindung der Komplementärmedizin besonders krass: Keine einzige universitäre medizinische Abteilung widmet sich CAM, weder klinisch noch lehrend und schon gar nicht forschend, geschweige denn, dass es einen Lehrstuhl für CAM gäbe. Demgegenüber stehen geschätzte 4500 (von insgesamt etwa 16 000) niedergelassene ÄrztInnen, die eine oder mehrere komplementärmedizinische Methoden in ihrem Praxisalltag integriert anwenden und deren Aus-, Fortund Weiterbildung exklusiv außeruniversitär stattfindet. Ähnlich, wenn auch nicht ganz so krass, ist es ja auch in anderen Ländern. Dennoch – die Fortschritte sind auch hier nicht zu übersehen. Die Debatte um den Sinn der Komplementärmedizin verschiebt sich von einer aggressiv und erkenntnistheoretisch oft ahnungslos geführten Wirksamkeitsdebatte immer mehr hin zu pragmatischeren Fragen, z.B. der ökonomischen. Das Kostenargument hat als «Joker» das Argument von der «Unschädlichkeit» und «Nebenwirkungsfreiheit» von CAM abgelöst [4]. Die Komplementärmediziner werben für ihre Sache nun nicht mehr so sehr, indem sie zu beweisen suchen, dass sie ebenso gute RCTs (randomized controlled trials) machen wie ihre Kollegen von der konventionellen Medizin; sie haben sich insofern durchgesetzt, als die Patienten sie brauchen und wollen und es eine große Dichte von Angeboten – im niedergelassenen Bereich! – bereits gibt. Also verschieben sich die Kampffelder mehr in Richtung Verteilung. Und das Argument «wir sind billiger» ist – scheinbar! – unschlagbar, auch in den Augen der Komplementärmediziner selbst. So hörte ich bei einem Workshop der European Public Health Alliance in Bratislava Mitte April dieses Jahres von nahezu allen anwesenden CAM-Kollegen aus den neuen Mitgliedsländern der EU, dass sie sich vom Kostenargument den entscheidenden Schub erwarten, der ihre Regierungen und öffentlichen Stellen dazu veranlassen wird, ihre Wünsche nach Anerkennung und Förderung von CAM zu hören (www.conference2007. epha.org/). Ähnliches kann man auch bei uns überall hören. Es war ja auch eine der Erwartungen, die mit dem Schweizer PEK (Projekt Evaluation Komplementärmedizin; www.bag.admin.ch/
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