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Abstract
Geht es um die Frage, welche Faktoren zur Akzeptanz und Verbreitung von Verschwörungserzählungen beitragen, so verweist die Forschungsliteratur zur Erklärung oft auf sehr allgemeine Bedürfnisse, die in der Regel als anthropologische Gegebenheiten aufgefasst werden, wie etwa das Bedürfnis nach Sinngebung und Orientierung. Der vorliegende Artikel weist auf die möglichen Probleme einer anthropologischen Verkürzung der Sachlage bei solchen Erklärungsansätzen hin und formuliert einen genealogischen Ansatz, der es erlaubt, jene Bedürfnisse, die den Verschwörungsglauben begünstigen, als Resultat eines historisch voraussetzungsreichen Subjektivierungsprozesses zu begreifen. Zur Beschreibung jenes Prozesses werden in Auseinandersetzung mit Nietzsches Genealogie der Moral insbesondere die Motive des Ressentiments und der Schuld als Triebkräfte herangezogen, die insbesondere unter säkularen Bedingungen Projektionsweisen befördern, auf denen Verschwörungserzählungen beruhen.