Die Psychologie der Fehldiagnose

Q4 Medicine Aktuelle Neurologie Pub Date : 2017-12-01 DOI:10.1055/S-0043-121998
M. Endres
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Grundlegende Arbeiten hierzu stammen von Tversky und Kahneman mit der Formulierung der „Prospect Theory“, welche erklärt, wie wir in risikobehafteten Situationen Entscheidungen treffen und die später mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde (empfohlen sei hier auch der Klassiker „Thinking, fast and slow“ von Daniel Kahneman). Diese Erkenntnisse dann auf die Medizin zu übertragen, ist insbesondere eine Leistung von Donald Redelmeier aus Toronto, der sich unter anderem mit der kognitiven Psychologie der Fehldiagnose beschäftigt hat. In unserem medizinischen Alltag nutzen wir häufig Erfahrungswerte und Analogschlüsse (also „Heuristik“), um Diagnosen zu stellen. Letztlich kommen wir also häufig durch eine Reihe von geistigen „Abkürzungen“ zum Ziel: Meistens führt dies zum richtigen Ergebnis, es ist pragmatisch (wohl auch ökonomisch) und für unseren medizinischen Alltag damit sinnvoll. Die kognitive Psychologie beschreibt nun aber mehrere Mechanismen, wie es hierbei zu Fehlern kommen kann: 1. Availability („Verfügbarkeit“): Als wahrscheinlich wird das erachtet, was uns als Erstes in den Sinn kommt. Ein allgemeines Beispiel hierfür ist z. B., dass uns auf die Frage, ob es mehr deutsche Wörter mit dem Buchstaben „R“ an erster vs. an dritter Stelle gibt, spontan mehr Wörter einfallen, die mit einem „R“ beginnen (diese sind „verfügbarer“). So ist es auch mit Diagnosen – meistens kommt uns eine bestimmte Diagnose sofort in den Sinn (sie „springt uns an“ – und häufig genug ist sie auch richtig), wohingegen z. B. eine systematische Analyse von Symptomen, Befunden und epidemiologischen Häufigkeiten häufig nicht erfolgt. 2. Anchoring („Verankerung“): Eine einmal getroffene Einschätzung wird nicht mehr verlassen; im medizinischen Kontext bedeutet dies insbesondere, dass, nachdem eine Diagnose einmal gestellt ist, wir dazu nicht passende Befunde nicht genügend berücksichtigen (geistig „in den Skat drücken“ – dann auch als 3. Premature closure bezeichnet). 4. Framing („Einrahmen“): Insbesondere bei komplexen Zusammenhängen wird unsere Entscheidung davon geleitet, wie uns die Information präsentiert wird. Dies spielt nicht nur bei der Diagnosestellung eine Rolle, sondern auf Patientenseite insbesondere bei der Entscheidung für die eine oder andere Therapie: Wird eine Therapie mit 5% Mortalität angegeben, wird sie weniger häufig vom Patienten angenommen, als wenn diese mit 95% Überlebenswahrscheinlichkeit angegeben wird. 5. Als weitere Mechanismen kommen noch das unkritische Übernehmen und Gläubigkeit („overreliance“) an technische oder bildgebende Befunde sowie der blinde Gehorsam („blind obedience“) in autoritären Klinikhierarchien hinzu. Glücklicherweise sind ja „klare“ und auch schwere Fehldiagnosen in unserem Alltag eher selten. Komplizierter wird es meiner Meinung nach jedoch bei häufigen Differenzialdiagnosen, die nicht endgültig aufgelöst werden (können), bei der aber psychologische, medikolegale oder auch ökonomische Faktoren unsere Entscheidungen beeinflussen können. Zwei Beispiele: Das erste ist die differenzialdiagnostische Zuordnung zu einer vermeintlich harmlosen Erkrankung (wie einer konvulsiven Synkope) vs. einer schwerer wiegenden Diagnose (z. B. epileptischer Anfall). Auch aus der Motivation, nichts falsch zu machen, besteht die Neigung, die schwerer wiegende Diagnose zu favorisieren (oder zumindest den „Verdacht auf“ zu formulieren) mit allen Konsequenzen wie Fahrverbot und möglicherweise einer antikonvulsiven Medikation. 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Abstract

die Faszination für spannende neurologische Syndrome, ungewöhnliche Präsentationen und ausgefallene Diagnosen hat für viele von uns den Ausschlag gegeben, sich für „unser“ Fach zu entscheiden. Bei aller medizinischen Sorgfalt kommt es jedoch im klinischen Alltag zu Fehlern und auch zu Fehldiagnosen. Natürlich werden diese in aller Regel rasch korrigiert und (hoffentlich) auch diskutiert, dennoch sollten wir uns mit den Mechanismen, die zu Fehldiagnosen führen, beschäftigen: Einige davon sind durch die Erkenntnisse der kognitiven Psychologie, die sich damit beschäftigt, wie wir schlussfolgern, beurteilen und Entscheidungen treffen, zu beantworten. Grundlegende Arbeiten hierzu stammen von Tversky und Kahneman mit der Formulierung der „Prospect Theory“, welche erklärt, wie wir in risikobehafteten Situationen Entscheidungen treffen und die später mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde (empfohlen sei hier auch der Klassiker „Thinking, fast and slow“ von Daniel Kahneman). Diese Erkenntnisse dann auf die Medizin zu übertragen, ist insbesondere eine Leistung von Donald Redelmeier aus Toronto, der sich unter anderem mit der kognitiven Psychologie der Fehldiagnose beschäftigt hat. In unserem medizinischen Alltag nutzen wir häufig Erfahrungswerte und Analogschlüsse (also „Heuristik“), um Diagnosen zu stellen. Letztlich kommen wir also häufig durch eine Reihe von geistigen „Abkürzungen“ zum Ziel: Meistens führt dies zum richtigen Ergebnis, es ist pragmatisch (wohl auch ökonomisch) und für unseren medizinischen Alltag damit sinnvoll. Die kognitive Psychologie beschreibt nun aber mehrere Mechanismen, wie es hierbei zu Fehlern kommen kann: 1. Availability („Verfügbarkeit“): Als wahrscheinlich wird das erachtet, was uns als Erstes in den Sinn kommt. Ein allgemeines Beispiel hierfür ist z. B., dass uns auf die Frage, ob es mehr deutsche Wörter mit dem Buchstaben „R“ an erster vs. an dritter Stelle gibt, spontan mehr Wörter einfallen, die mit einem „R“ beginnen (diese sind „verfügbarer“). So ist es auch mit Diagnosen – meistens kommt uns eine bestimmte Diagnose sofort in den Sinn (sie „springt uns an“ – und häufig genug ist sie auch richtig), wohingegen z. B. eine systematische Analyse von Symptomen, Befunden und epidemiologischen Häufigkeiten häufig nicht erfolgt. 2. Anchoring („Verankerung“): Eine einmal getroffene Einschätzung wird nicht mehr verlassen; im medizinischen Kontext bedeutet dies insbesondere, dass, nachdem eine Diagnose einmal gestellt ist, wir dazu nicht passende Befunde nicht genügend berücksichtigen (geistig „in den Skat drücken“ – dann auch als 3. Premature closure bezeichnet). 4. Framing („Einrahmen“): Insbesondere bei komplexen Zusammenhängen wird unsere Entscheidung davon geleitet, wie uns die Information präsentiert wird. Dies spielt nicht nur bei der Diagnosestellung eine Rolle, sondern auf Patientenseite insbesondere bei der Entscheidung für die eine oder andere Therapie: Wird eine Therapie mit 5% Mortalität angegeben, wird sie weniger häufig vom Patienten angenommen, als wenn diese mit 95% Überlebenswahrscheinlichkeit angegeben wird. 5. Als weitere Mechanismen kommen noch das unkritische Übernehmen und Gläubigkeit („overreliance“) an technische oder bildgebende Befunde sowie der blinde Gehorsam („blind obedience“) in autoritären Klinikhierarchien hinzu. Glücklicherweise sind ja „klare“ und auch schwere Fehldiagnosen in unserem Alltag eher selten. Komplizierter wird es meiner Meinung nach jedoch bei häufigen Differenzialdiagnosen, die nicht endgültig aufgelöst werden (können), bei der aber psychologische, medikolegale oder auch ökonomische Faktoren unsere Entscheidungen beeinflussen können. Zwei Beispiele: Das erste ist die differenzialdiagnostische Zuordnung zu einer vermeintlich harmlosen Erkrankung (wie einer konvulsiven Synkope) vs. einer schwerer wiegenden Diagnose (z. B. epileptischer Anfall). Auch aus der Motivation, nichts falsch zu machen, besteht die Neigung, die schwerer wiegende Diagnose zu favorisieren (oder zumindest den „Verdacht auf“ zu formulieren) mit allen Konsequenzen wie Fahrverbot und möglicherweise einer antikonvulsiven Medikation. Ein anderes Beispiel sind Patienten, die sich mit akuten Schwindelsymptomen Die Psychologie der Fehldiagnose The Psychology of Missed Diagnoses
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关于误诊的心理学
对令人兴奋的神经系统综合征、异常表现和异常诊断的着迷一直是我们许多人的决定因素,选择“我们的”主题。尽管有所有的医疗护理,但错误和误诊在日常临床生活中都会发生。当然,这些通常会很快得到纠正,而且(希望)然而,我们应该看看导致误诊的机制:其中一些可以通过认知心理学的发现来回答,认知心理学涉及我们如何得出结论、判断和做出决定。这方面的基础性工作来自特维斯基和卡尼曼,他们提出了“前景理论”,解释了我们如何在危险的情况下做出决定,该理论后来被授予诺贝尔奖(丹尼尔·卡尼曼的经典著作《思考,快与慢》也在这里推荐)。将这些发现转移到医学上是来自多伦多的Donald Redelmeier的一项特别成就,他处理了误诊的认知心理学等问题。在我们的日常医疗生活中,我们经常使用经验值和类似的结论(即“启发式”)来进行诊断。最终,我们经常通过一系列心理“缩写”来达到我们的目标:这通常会导致正确的结果,它是务实的(可能也是经济的)。从而对我们的日常医疗生活有用。认知心理学现在描述了错误发生的几种机制:1。可用性:我们脑海中浮现的第一件事被认为是可能的,例如。例如,当被问及是否有更多的德语单词以字母“R”排在第一位与第三位时,我们会自然而然地想到更多以“R”开头的单词(这些单词“更可用”)。诊断也是如此——通常会立即想到某个诊断(它“跳到我们身上”——通常也是正确的),而例如。通常没有对症状、发现和流行病学频率进行系统分析。2.锚定:一旦做出评估,它就不再被放弃;在医学背景下,这尤其意味着一旦做出诊断,我们就没有充分考虑不适当的发现(在精神上“进入skat”——也就是3。过早闭合)。4.框架尤其是在复杂的环境中,我们的决策是由信息如何呈现给我们来指导的。这不仅在诊断中起作用,而且在患者方面也起作用,尤其是在决定一种或另一种治疗时:如果指示的治疗死亡率为5%,则患者接受的频率低于指示的95%生存概率。5.其他机制是不加批判地接受和过度依赖技术或成像结果,以及专制医院等级制度中的盲从。“在我们的日常生活中,严重的误诊也很少发生。然而,在我看来,随着频繁的鉴别诊断,这种诊断变得更加复杂,无法最终解决。”。心理、医学或经济因素会影响我们的决策。两个例子:第一个是对本应无害的疾病(如抽搐性晕厥)与更严重的诊断(如癫痫发作)的鉴别诊断。同样,不做错事的动机也是一种倾向另一个例子是患有急性头晕症状的患者误诊心理学
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Aktuelle Neurologie
Aktuelle Neurologie 医学-临床神经学
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期刊介绍: Cessation.
期刊最新文献
Myoepithelioma- An Uncommon Parotid Tumour in An Adolescent. Dedicated Chalazion Clinic as a Tool for Early Surgical Education in Ophthalmology Residency. Genetics in Behcet's Disease: An Update Review. Modelling Genetic Benefits and Financial Costs of Integrating Biobanking into the Captive Management of Koalas. Preclinical PERCIST and 25% of SUVmax Threshold: Precision Imaging of Response to Therapy in Co-clinical 18F-FDG PET Imaging of Triple-Negative Breast Cancer Patient-Derived Tumor Xenografts.
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