{"title":"Nachruf auf Prof. Chiao Wei 喬偉 (1926–2021)","authors":"K. Pohl","doi":"10.1080/02549948.2021.1910183","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"In Trier gab es immer wieder Berichte von Kollegen, die Prof. Chiao gesehen hatten, wie er seine QigongÜbungen im Freien verrichtete und die davon in hohem Maße beeindruckt waren. So vermuteten wir, als seine Kollegen und Mitarbeiter, dass er, als Kenner der Philosophie und Religion des Daoismus, mit entsprechenden, wenn auch nicht Unsterblichkeitsdann doch daoistischen Langlebigkeitspraktiken vertraut war. Wir legten ihm nahe, diese Erkenntnisse, die ja durchaus eine hohe Aktualität in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit haben würden – also gleichsam im Trend liegen, wenn nicht sogar eine zeitlose Relevanz besitzen – doch im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojektes zu teilen. Denn, so die Argumentation, wenn man bei Forschungsaktivitäten auf die Unterstützung des Zeitgeistes zählen kann (wie etwa bei Klimaoder Geschlechterstudien), könne man leicht zum Drittmittelkönig an einer Universität werden. Aber er zog es vor, dieses Wissen für sich zu behalten. Es hat ihm offenbar genutzt, denn es hat ihm ein langes, 95jähriges Leben beschert: Zwei Tage nach seinem 95. Geburtstag ist Prof. Chiao in Trier friedlich entschlafen. Aber wenn wir von seinem 95. Geburtstag sprechen, so treffen wir gleich auf eine „Unbestimmtheitsstelle“ in seinem Lebenslauf. In seinem Pass steht, er sei am 22. Februar 1926 geboren. Seinen Vertrauten gegenüber bestand er jedoch immer darauf, dass dies der 22. Tag des 2. Monats nach dem traditionellen chinesischen Kalender sei, und an diesem Tag hat er auch immer seinen Geburtstag begangen. Dass man diesen Hintergrund bei seiner Einbürgerung verstanden hatte, ist eher unwahrscheinlich, und so hat man möglicherweise kurzerhand das einfache Äquivalent des Gregorianischen Kalenders genommen. Berechnet man das Datum des chinesischen Kalenders auf unseren Kalender um, wäre er am 4. April 1926 geboren – und so wäre er doch keine 95 Jahre alt geworden, sondern nur 94...Aber da man nichts Genaues weiß, lassen wir das im Dunkeln. Nicht völlig aufklären lässt sich auch sein bewegter Lebenslauf, der ihn von China über Taiwan, Spanien und Österreich schließlich nach Deutschland führte. Monumenta Serica: Journal of Oriental Studies, 69. 1, 257–266, June 2021","PeriodicalId":41653,"journal":{"name":"Monumenta Serica-Journal of Oriental Studies","volume":"5 1","pages":"257 - 266"},"PeriodicalIF":0.1000,"publicationDate":"2021-01-02","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Monumenta Serica-Journal of Oriental Studies","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1080/02549948.2021.1910183","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"0","JCRName":"ASIAN STUDIES","Score":null,"Total":0}
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Abstract
In Trier gab es immer wieder Berichte von Kollegen, die Prof. Chiao gesehen hatten, wie er seine QigongÜbungen im Freien verrichtete und die davon in hohem Maße beeindruckt waren. So vermuteten wir, als seine Kollegen und Mitarbeiter, dass er, als Kenner der Philosophie und Religion des Daoismus, mit entsprechenden, wenn auch nicht Unsterblichkeitsdann doch daoistischen Langlebigkeitspraktiken vertraut war. Wir legten ihm nahe, diese Erkenntnisse, die ja durchaus eine hohe Aktualität in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit haben würden – also gleichsam im Trend liegen, wenn nicht sogar eine zeitlose Relevanz besitzen – doch im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojektes zu teilen. Denn, so die Argumentation, wenn man bei Forschungsaktivitäten auf die Unterstützung des Zeitgeistes zählen kann (wie etwa bei Klimaoder Geschlechterstudien), könne man leicht zum Drittmittelkönig an einer Universität werden. Aber er zog es vor, dieses Wissen für sich zu behalten. Es hat ihm offenbar genutzt, denn es hat ihm ein langes, 95jähriges Leben beschert: Zwei Tage nach seinem 95. Geburtstag ist Prof. Chiao in Trier friedlich entschlafen. Aber wenn wir von seinem 95. Geburtstag sprechen, so treffen wir gleich auf eine „Unbestimmtheitsstelle“ in seinem Lebenslauf. In seinem Pass steht, er sei am 22. Februar 1926 geboren. Seinen Vertrauten gegenüber bestand er jedoch immer darauf, dass dies der 22. Tag des 2. Monats nach dem traditionellen chinesischen Kalender sei, und an diesem Tag hat er auch immer seinen Geburtstag begangen. Dass man diesen Hintergrund bei seiner Einbürgerung verstanden hatte, ist eher unwahrscheinlich, und so hat man möglicherweise kurzerhand das einfache Äquivalent des Gregorianischen Kalenders genommen. Berechnet man das Datum des chinesischen Kalenders auf unseren Kalender um, wäre er am 4. April 1926 geboren – und so wäre er doch keine 95 Jahre alt geworden, sondern nur 94...Aber da man nichts Genaues weiß, lassen wir das im Dunkeln. Nicht völlig aufklären lässt sich auch sein bewegter Lebenslauf, der ihn von China über Taiwan, Spanien und Österreich schließlich nach Deutschland führte. Monumenta Serica: Journal of Oriental Studies, 69. 1, 257–266, June 2021