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Ermöglichende und verhindernde Ausdrucksformen von ästhetischen, sprachlichen und wissenschaftlichen Artikulationen
Klaus Mollenhauer hat mehrfach eine Seite der ästhetischen Bildung metaphorisch als „ästhetische Alphabetisierung“ bezeichnet (Mollenhauer 1990: 481). Was ist damit gemeint? Eine Einführung in die Sprache der Kunst? So könnte man es nennen, wenn es dabei um Lesbarkeit und „um eine Art ‚Sprachfertigkeit‘ im Hinblick auf Zeichen anderer Art“ (ebd.: 485) geht. Sprachfertigkeit im allgemeinen Sinn von Ausdruck wird im Folgenden „Artikulation“ genannt. Sie umfasst im Ästhetischen die Fähigkeit, sich in expressiven Akten ausdrücken zu können und Kunstwerke als solche lesen zu können. Alphabetisierung bezieht sich auf eine Fähigkeit, artikulierte Ausdrücke zu codieren und zu decodieren. Kunst bzw. Künstlerisches wird damit zu einer (anderen) Art von Sprache oder artikuliertem Ausdruck. Betrachtet man Kunst demgegenüber als das Andere von Sprache, erscheinen ihre produktiven wie rezeptiven Verfahren nicht vermittelbar. Alphabetisierung wäre dann nicht nur eine Reduktion der ästhetischen Bildung, da ästhetische Erlebnisse an der Grenze des Sprachlichen stattfinden, sondern Alphabetisierung könnte unter dem Verdacht stehen, ästhetische Erlebnisse zu verhindern. Eine bestimmte Sprachfertigkeit im Ästhetischen könnte das, was sie ermöglichen soll – ein ästhetisches Erlebnis –, gleichzeitig verhindern. Kunstwerke und deren ästhetisches Erleben entziehen sich insofern der Sprachlichkeit, als sie zwischen Verstehen und Nicht-Verstehen nicht zur Ruhe kommen. Wenn Kunst so verstanden wird, dass in ihr etwas zum Ausdruck gebracht werden kann, was sich sprachlich nicht ausdrücken lässt, so kann dieser Ausdruck dem Rezipienten dennoch etwas sagen und funktioniert da-