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Nach Quijano impliziert Kolonialität der Macht soziale Klassifizierungen durch Kategorien wie Rasse (span. raza) und Geschlecht, die aus einer eurozentrischen Perspektive formuliert (Kolonialität des Wissens) und im kolonialen Zeitalter global handlungsleitend wurden (Kolonialität des Wissens). Dekolonialität soll derartige „Muster der Macht“ (span. patrón de poder) historisch aufweisen und mit verschiedenen epistemischen Strategien zu dekonstruieren. Dussels Ethik der Befreiung ist dabei auf die Dekolonialisierung von Subjektivität gerichtet. Sie fordert auf zur Übernahme der Perspektive materiell und diskursiv Benachteiligter. Die leibhaftige Präsenz vielfach ausgeschlossener Menschen begründet eine Pflicht zur Kritik an den herrschenden gesellschaftlichen Verhältnissen. Sie weist auf den blinden Fleck abstrakter, vom fiktiven Standpunkt der Allgemeinheit formulierter liberaler Gerechtigkeitsvorstellungen hin: Sie blenden identitätsbasierte Formen der Exklusion methodisch aus. Individuelle, aber nicht zugleich kontingent gemachte Erfahrungen der Diskriminierung aufgrund der Herkunft, der Hautfarbe oder des Geschlechts können von der Mehrheitskultur einer Gesellschaft oft nicht ausreichend nachvollzogen werden. Mit Dussel lässt sich begründen, dass wir dennoch verpflichtet sind, uns mit den teilweise unbekannten und manchmal auch unbequemen Perspektiven der Anderen auseinanderzusetzten. Ein solcher Prozess der Konfrontation muss dabei jedoch jederzeit frei von Hass und Gewalt bleiben. Das Recht auf Freiheit des Ausdrucks wird überstrapaziert, wenn es die Fortsetzung diskriminierender Reden und ausgrenzender gesellschaftlicher Praktiken bedeutet. 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摘要
阿根廷哲学家恩里克·杜塞尔很少出现在德语世界。他的《非殖民化解放伦理学》(Dussel 2000)致力于边缘化群体的物质和话语排斥经历。自我斗争的主体类型表示自欧洲殖民主义以来一直处于不利地位的全球南方人民在道德上相关的“呼救”。杜塞尔的道德观是在围绕权力殖民主义概念形成的非殖民化理论中定义的(span。colonialid del poder)定位、追溯其起源,并与当前的宽容、多元化和言论自由问题有关。与安巴尔·奎亚诺(Aníbal Quijano)和沃尔特·米格诺洛(Walter Mignolo)一样,恩里克·杜塞尔(Enrique Dussel)也假定了欧洲殖民主义时期建立的特定权力结构的持久性。根据Quijano的说法,权力的殖民性意味着通过种族(西班牙语raza)和性别等类别进行社会分类,从欧洲中心的角度(知识的殖民性)制定,并在殖民时代成为全球领导者(知识的殖民化)。非殖民化旨在创造这样的“权力模式”(西班牙语patrón de poder)并运用不同的认识策略进行解构。杜塞尔的解放伦理学关注的是主体性的非殖民化。它呼吁采用物质上和话语上处于不利地位的人的观点。经常被排斥在外的人的实际存在构成了批评当前社会条件的义务。它指出了从公众虚构的角度形成的抽象自由主义正义观的盲点:它们有条不紊地隐藏着基于身份的排斥形式。一个社会的多数文化往往无法充分理解基于出身、肤色或性别的歧视的个人经历,但同时又不一定是偶然的。杜塞尔解释说,尽管如此,我们还是有义务处理他人部分未知、有时令人不安的观点。然而,这种对抗进程必须始终没有仇恨和暴力。如果言论自由权意味着歧视性言论和排斥性社会习俗的延续,那么这一权利就被过度扩张了。它遭到少数群体明显的不公正经历的反对,这些经历侵犯了他们的尊严。
Dekoloniale Ethik und die Grenzen der Redefreiheit
Der argentinische Philosoph Enrique Dussel ist im deutschen Sprachraum kaum noch präsent. Seine dekoloniale Ethik der Befreiung (Dussel 2000) widmet sich den von marginalisierten Gruppen gemachten Erfahrungen materieller und diskursiver Ausgrenzung. Der Subjekttypus des ego clamo bezeichnet einen ethisch relevanten „Hilfeschrei“ der seit dem europäischen Kolonialismus benachteiligten Menschen des globalen Südens. Dussels Ethik wird innerhalb der dekolonialen Theoriebildung um das Konzept der Kolonialität der Macht (span. colonialidad del poder) verortet, in ihrer Entstehung nachgezeichnet und auf aktuelle Fragestellungen der Toleranz, Pluralität und Meinungsfreiheit bezogen. Wie Aníbal Quijano und Walter Mignolo geht auch Enrique Dussel von der Persistenz spezifischer Machtstrukturen aus, die sich während des europäischen Kolonialismus etabliert haben. Nach Quijano impliziert Kolonialität der Macht soziale Klassifizierungen durch Kategorien wie Rasse (span. raza) und Geschlecht, die aus einer eurozentrischen Perspektive formuliert (Kolonialität des Wissens) und im kolonialen Zeitalter global handlungsleitend wurden (Kolonialität des Wissens). Dekolonialität soll derartige „Muster der Macht“ (span. patrón de poder) historisch aufweisen und mit verschiedenen epistemischen Strategien zu dekonstruieren. Dussels Ethik der Befreiung ist dabei auf die Dekolonialisierung von Subjektivität gerichtet. Sie fordert auf zur Übernahme der Perspektive materiell und diskursiv Benachteiligter. Die leibhaftige Präsenz vielfach ausgeschlossener Menschen begründet eine Pflicht zur Kritik an den herrschenden gesellschaftlichen Verhältnissen. Sie weist auf den blinden Fleck abstrakter, vom fiktiven Standpunkt der Allgemeinheit formulierter liberaler Gerechtigkeitsvorstellungen hin: Sie blenden identitätsbasierte Formen der Exklusion methodisch aus. Individuelle, aber nicht zugleich kontingent gemachte Erfahrungen der Diskriminierung aufgrund der Herkunft, der Hautfarbe oder des Geschlechts können von der Mehrheitskultur einer Gesellschaft oft nicht ausreichend nachvollzogen werden. Mit Dussel lässt sich begründen, dass wir dennoch verpflichtet sind, uns mit den teilweise unbekannten und manchmal auch unbequemen Perspektiven der Anderen auseinanderzusetzten. Ein solcher Prozess der Konfrontation muss dabei jedoch jederzeit frei von Hass und Gewalt bleiben. Das Recht auf Freiheit des Ausdrucks wird überstrapaziert, wenn es die Fortsetzung diskriminierender Reden und ausgrenzender gesellschaftlicher Praktiken bedeutet. Ihm stehen manifeste Unrechtserfahrungen von Minderheiten entgegen, die deren Würde verletzen.